Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 0918 - vom 4. Februar 2009.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 15. Januar 2009 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 7. Juli 2005 zu Srebrenica1,
- - unter Hinweis auf das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften einerseits und Bosnien und Herzegowina andererseits, das am 16. Juni 2008 in Luxemburg unterzeichnet wurde, und auf die Möglichkeit einer EU-Mitgliedschaft, die allen Ländern des Westbalkans auf dem EU-Gipfel 2003 in Thessaloniki in Aussicht gestellt wurde,
- - gestützt auf Artikel 103 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die bosnische Stadt Srebrenica, damals eine isolierte Enklave, die durch eine Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 16. April 1993 zur Schutzzone erklärt worden war, im Juli 1995 in die Hände der serbischen Miliz fiel, die von General Ratko Mladiæ angeführt wurde und dem Befehl des damaligen Präsidenten der Republik Srpska, Radovan Karadiæ, unterstand,
B. in der Erwägung, dass während des mehrere Tage andauernden Massakers nach dem Fall von Srebrenica bosnischserbische Soldaten unter dem Kommando von General Mladiæ und paramilitärische Einheiten, darunter auch irreguläre serbische Polizeieinheiten, die von Serbien aus in bosnisches Hoheitsgebiet eingedrungen waren, Massenhinrichtungen von mehr als 8 000 muslimischen Männern und Jungen verübten, die in diesem der Schutztruppe der Vereinten Nationen (UNPROFOR) unterstehenden Gebiet Schutz gesucht hatten; in der Erwägung, dass an die 25 000 Frauen, Kinder und alte Menschen zwangsverschleppt wurden, was diese Ereignisse zum schwersten Kriegsverbrechen macht, das seit Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa begangen worden ist,
C. in der Erwägung, dass sich diese Tragödie, die vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) als Völkermord eingestuft wird, in einem von den Vereinten Nationen zur Schutzzone erklärten Gebiet abspielte und sie somit das Unvermögen der internationalen Gemeinschaft symbolisiert, in den Konflikt einzugreifen und die Zivilbevölkerung zu schützen,
D. in der Erwägung, dass die bosnischserbischen Truppen durch die an der Zivilbevölkerung von Srebrenica begangenen Verbrechen - darunter die Verschleppung von Tausenden Frauen, Kindern und alten Menschen und Massenvergewaltigungen - in vielfacher Hinsicht gegen die Genfer Konventionen verstoßen haben,
E. in der Erwägung, dass zwar gewaltige Anstrengungen unternommen werden, um Massen- und Einzelgräber zu finden, die Leichen zu exhumieren und die getöteten Opfer zu identifizieren, dass sich jedoch mit den bisher durchgeführten Untersuchungen die Ereignisse in und um Srebrenica nicht vollständig rekonstruieren lassen,
F. in der Erwägung, dass es ohne Gerechtigkeit keinen echten Frieden geben kann, und in der Erwägung, dass für die Länder des Westbalkans eine umfassende und uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem ICTY nach wie vor eine Grundvoraussetzung für die Fortsetzung des Prozesses der Integration in die EU ist,
G. in der Erwägung, dass General Radislav Krstiæ von der bosnischserbischen Armee als erste Person vom ICTY der Beihilfe zum Völkermord von Srebrenica für schuldig befunden wurde, dass sich jedoch die bekannteste beschuldigte Person, Ratko Mladiæ, beinahe vierzehn Jahre nach den tragischen Ereignissen immer noch auf freiem Fuß befindet; in der Erwägung, dass es zu begrüßen ist, dass Radovan Karadiæ inzwischen an den ICTY überstellt worden ist,
H. in der Erwägung, dass die Einrichtung eines Gedenktags der beste Weg ist, den Opfern des Massakers ein ehrendes Andenken zu bewahren und eine deutliche Botschaft an die zukünftigen Generationen zu richten,
- 1. gedenkt aller Menschen, die während der Kriege im ehemaligen Jugoslawien Opfer von Gewalttaten wurden, und zollt ihnen Respekt; spricht den Angehörigen der Opfer, die oftmals keine endgültige Gewissheit über das Schicksal ihrer Verwandten haben, sein Mitgefühl aus und bekundet seine Solidarität mit ihnen; erkennt an, dass der anhaltende Schmerz noch dadurch vergrößert wird, dass die Urheber dieser Taten bislang nicht vor Gericht gestellt wurden;
- 2. fordert den Rat und die Kommission auf, des Jahrestags des Völkermords von Srebrenica/Potoèari in angemessener Weise zu gedenken, indem sie seine Initiative unterstützen, den 11. Juli in der ganzen Union zum Tag des Gedenkens an den Völkermord von Srebrenica zu erklären, und alle Länder des Westbalkans aufzufordern, dasselbe zu tun;
- 3. fordert weitere Anstrengungen, um die restlichen Flüchtigen vor Gericht zu stellen, bringt seine uneingeschränkte Unterstützung für die wertvolle und schwierige Tätigkeit des ICTY zum Ausdruck und hebt hervor, dass es einen bedeutenden Schritt in Richtung Frieden und Stabilität in der Region darstellt, wenn diejenigen vor Gericht gestellt werden, die die Verantwortung für die Massaker in und um Srebrenica tragen; wiederholt in diesem Zusammenhang, dass Verfahren wegen Kriegsverbrechen auf innerstaatlicher Ebene stärkere Beachtung geschenkt werden muss;
- 4. hebt die Bedeutung von Aussöhnung als Teil des europäischen Integrationsprozesses hervor; unterstreicht die wichtige Rolle der Religionsgemeinschaften, der Medien und des Bildungssystems in diesem Prozess, damit die Angehörigen aller ethnischen Gruppen die Spannungen der Vergangenheit überwinden und im Interesse von dauerhaftem Frieden, dauerhafter Stabilität und einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum von nun an in Frieden und Aufrichtigkeit miteinander leben können; fordert alle Länder eindringlich auf, weitere Anstrengungen zu unternehmen, um eine von Problemen und Konflikten geprägte Vergangenheit aufzuarbeiten und zu bewältigen;
- 5. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen der Mitgliedstaaten, der Regierung und dem Parlament von Bosnien und Herzegowina und seinen Entitäten sowie den Regierungen und Parlamenten der Länder des Westbalkans zu übermitteln.
- 1 ABl. C 157 E vom 6.7.2006, S. 468.