Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 102739 - vom 2. März 2010.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 11. Februar 2010 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 27. April 2009 zu Burma/Myanmar und den gemeinsamen Standpunkt des Rates zur Erneuerung der restriktiven Maßnahmen gegen Burma,
- - unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 19. Juni 2009 bezüglich einer Erklärung zu Burma/Myanmar,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Ratsvorsitzes vom 11. Juni 2009 im Namen der Europäischen Union zu den Karen-Zivilisten, die aus Burma/Myanmar fliehen,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Ratsvorsitzes der Europäischen Union vom 23. Februar 2009, in der zu einem umfassenden Dialog zwischen den Behörden und den demokratischen Kräften in Burma/Myanmar aufgerufen wird,
- - in Kenntnis der Resolution Nr. 064/238 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 23. Dezember 2009 zur Lage der Menschenrechte in Myanmar,
- - unter Hinweis auf die Erklärung des Ratsvorsitzes vom 14. Mai 2009 im Namen der Europäischen Union zur Inhaftierung von Daw Aung San Suu Kyi,
- - in Kenntnis der Erklärung des Präsidenten der ASEAN vom 11. August 2009 zu Myanmar,
- - unter Hinweis auf seine vorangegangenen Entschließungen zu Burma/Myanmar,
- - gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich die Menschenrechtslage in Burma/Myanmar kontinuierlich verschlechtert hat, dass die politische Unterdrückung weiter eskaliert ist und dass die grundlegenden Freiheiten der burmesischen Bevölkerung systematisch verletzt werden,
B. in der Erwägung, dass das Militär seine Menschenrechtsverletzungen gegenüber Zivilisten in ethnischen Konfliktgebieten einschließlich außergerichtlichen Ermordungen, Zwangsarbeit und sexueller Gewalt unvermindert fortsetzt;
C. in der Erwägung, dass das Regime in Burma in großem Umfang und systematisch die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten fortsetzt,
D. in der Erwägung, dass Berichten zufolge in Burma 2 177 politische Gefangene, darunter 14 Reporter, inhaftiert sind, und dass mehr als 230 buddhistische Mönche, die an den Protesten im Jahre 2007 beteiligt waren, nach wie vor inhaftiert sind;
E. in der Erwägung, dass im Herbst 2010 Burma/Myanmar die ersten Parlamentswahlen seit zwei Jahrzehnten in stattfinden sollen;
F. in der Erwägung, dass die Wahlen auf einer von der Armee entworfenen Verfassung beruhen werden, deren Legitimität allenthalben in Zweifel gezogen wird; in der Erwägung ferner, dass diese neue Verfassung Wahlen im Jahre 2010 vorsieht, um fünf Jahrzehnte der Militärherrschaft zu rechtfertigen, und dem Militär 25 % der Sitze im Parlament einräumt;
G. in der Erwägung, dass der neuen Verfassung zufolge Aung San Suu Kyi, der Führer der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) und Friedensnobelpreisträger, von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen wird; in der Erwägung ferner, dass einige Oppositionsparteien und ethnische Minderheiten erklärt haben, dass sie die Wahlen boykottieren werden, während die NLD den Ausgang der Wahlen nicht akzeptieren wird, wenn es nicht zuvor zu einem Dialog zur Überarbeitung der Verfassung kommt;
H. in der Erwägung, dass Ngwe Soe Lin am 28. Januar 2010 zu 13 Jahren Haft verurteilt wurde, weil er für die ausländische Nachrichtenagentur Democratic Voice of Burma tätig war, und Hla Hla Win am 30. Dezember 2009 aufgrund vergleichbarer Anschuldigungen zu 27 Jahren Haft verurteilt wurde;
I. in der Erwägung, dass die fortgesetzte Maßregelung in Bezug auf politische Meinungsverschiedenheiten als ein Versuch der Junta gesehen werden muss, im Vorfeld der für Ende dieses Jahres vorgesehenen nationalen Wahlen eine größere Kontrolle über die Medien zu erlangen;
J. in der Erwägung, dass Daw Aung San Suu Kyi am 11. August 2009 zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, ein Urteil, das von den burmesischen Behörden zu 18 Monaten Hausarrest umgewandelt wurde; in der Erwägung ferner, dass ihre Rechtsanwälte beim Obersten Gericht von Burma gegen dieses Urteil Berufung eingelegt haben; in der Erwägung ferner, dass der ungerechtfertigte Prozess und die ungerechtfertigte Verurteilung von Daw Aung San Suu Kyi von der internationalen Gemeinschaft nachdrücklich verurteilt wurden;
K. in der Erwägung, dass im Mai 2009 Attacken der Armee und der Armee der Demokratischen Karen-Buddhisten (DKBA) zur Verschleppung von Tausenden von Zivilisten und zur Vertreibung von schätzungsweise 5 000 Flüchtlingen nach Thailand geführt haben; in der Erwägung ferner, dass die ernsthafte Gefahr besteht, dass die Karen-Flüchtlinge nach ihrer Rückkehr schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen einschließlich Zwangsarbeit und Vergewaltigung durch Soldaten der Armee von Burma ausgesetzt sein werden;
L. in der Erwägung, dass es schätzungsweise eine halbe Million intern verschleppter Personen in Ostburma gibt, 140 000 Flüchtlinge in neun Flüchtlingslagern entlang der Grenze zu Thailand und mehr als 200 000 Rohingyas in Flüchtlingslagern leben oder über das südöstliche Bangladesh verstreut sind; in der Erwägung ferner, dass Millionen von burmesischen Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden in Thailand, Indien, Bangladesh und Malaysia leben und gelegentlich Opfer von Menschenschleppern werden;
M. in der Erwägung, dass die Strafverfolgungsbehörden von Bangladesh ab dem 2. Januar 2010 auf bislang einmalige Art und Weise gegen nichtregistrierte Rohingya-Flüchtlinge vorgegangen sind, die sich außerhalb der zwei offiziellen Flüchtlingslager im Distrikt Cox"s Bazar niedergelassen hatten; in der Erwägung ferner, dass über 500 Rohingyas seitdem inhaftiert wurden und einige von ihnen über die burmesische Grenze zurück geschickt wurden, andere dagegen auf der Grundlage der Einwanderungsgesetze angeklagt und inhaftiert wurden;
N. in der Erwägung, dass mehr als 5 000 in Bangladesh ansässige Rohingya ihre Häuser verlassen und auf der Suche nach Sicherheit sich in das provisorische Lager Kutupalong in Ukhia begeben haben, das mittlerweile auf schätzungsweise 30 000 Flüchtlinge angeschwollen ist, die keine Lebensmittelhilfe erhalten und denen nunmehr der Zugang zur Existenzsicherung verwehrt wird, da sie festgenommen würden, wenn sie auf der Suche nach Arbeit das Lager verlassen würden;
- 1. verurteilt energisch die anhaltenden und systematischen Verstöße gegen die Menschenrechte, die Grundfreiheiten und die grundlegenden demokratischen Rechte der Bevölkerung von Burma/Myanmar;
- 2. bekundet seine ernsthafte Besorgnis angesichts des jüngsten Prozesses, des Urteils und der Verurteilung von Daw Aung San Suu Kyi und fordert ihre unverzügliche und bedingungslose Freilassung; verlangt, dass sie das Recht erhält, an den Wahlen teilzunehmen;
- 3. nimmt den Beschluss der Regierung von Burma/Myanmar, Wahlen zu organisieren, zur Kenntnis, und besteht darauf, dass diese Wahlen nach den derzeitigen Voraussetzungen nicht als frei und demokratisch betrachtet werden können, und kritisiert vor allem den Umstand, dass Aung San Suu Kyi untersagt wird, als Kandidatin aufzutreten;
- 4. fordert die Regierung von Burma/Myanmar auf, unverzüglich einen eingehenden Dialog mit der Nationalen Liga für Demokratie sowie allen übrigen Oppositionsparteien und ethnischen Gruppierungen aufzunehmen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Vermittlungsbemühungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und seines Sonderberichterstatters zu den Menschenrechten in Burma/Myanmar;
- 5. fordert die Regierung von Burma/Myanmar nachdrücklich auf, unverzüglich die erforderlichen Schritte einzuleiten, um einen freien, fairen, transparenten und alle beteiligten Parteien einbeziehenden Wahlprozess auf der Grundlage internationaler Normen zu gewährleisten und dazu auch die erforderlichen Wahlgesetze in Kraft zu setzen und die Beteiligung aller Wähler und aller politischen Parteien im Wahlprozess zuzulassen und der Präsenz internationaler Beobachter zuzustimmen;
- 6. verurteilt die willkürlichen Anschuldigungen, die hinter den Verhaftungen politischer Oppositioneller gegen das burmesische Regime oder von Dissidenten stehen, insbesondere die fortgesetzte Unterdrückung und Einschüchterung der buddhistischen Mönche; drängt die burmesischen Behörden darauf, auf weitere politisch motivierte Verhaftungen zu verzichten und alle Inhaftierten aus Gewissensgründen einschließlich der Mönche unverzüglich und bedingungslos und unter vollständiger Wiederherstellung ihrer politischen Rechte freizulassen;
- 7. verurteilt die Beschränkungen der Versammlungsfreiheit, der Vereinigungsfreiheit sowie der Bewegungs- und Ausdrucksfreiheit in Burma/Myanmar; fordert die burmesischen Behörden nachdrücklich auf, diese Beschränkungen aufzuheben, auch diejenigen, die freien und unabhängigen Medien auferlegt wurden;
- 8. bekundet seine Besorgnis angesichts der fortgesetzten Diskriminierungen, Menschenrechtsverletzungen, Gewalt, der anhaltenden Kinder- und Zwangsarbeit, der Verschleppungen und der unterschiedlichen Formen von Unterdrückung, unter denen zahlreiche ethnische und religiöse Minderheiten leiden, und fordert die Regierung von Burma/Myanmar auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um eine Verbesserung der jeweiligen Lage herbeizuführen;
- 9. bekundet seine ernsthafte Besorgnis angesichts der fortgesetzten Praxis der willkürlichen Inhaftierungen, der Zwangsverschleppungen, der Fälle von Vergewaltigung und anderen Formen von sexueller Gewalt, von Folter und grausamer, menschenverachtender und erniedrigender Behandlung, und fordert die Regierung von Burma/Myanmar eindringlich auf, eine umfassende, transparente, effiziente, unparteiische und unabhängige Untersuchung aller Berichte über Menschenrechtsverletzungen zu gewährleisten und die dafür Verantwortlichen vor Gericht zu stellen, um der Straffreiheit für derartige Verbrechen ein Ende zu setzen;
- 10. fordert die Militärjunta von Burma/Myanmar eindringlich auf, die fortgesetzte Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldaten unverzüglich einzustellen, Maßnahmen zur Gewährleistung des Schutzes von Kindern vor bewaffneten Konflikten zu intensivieren und ihre Zusammenarbeit mit dem Sonderbeauftragten des Generalsekretärs für Kinder und bewaffnete Konflikte fortzusetzen;
- 11. verurteilt energisch die von der burmesischen Regierung betriebenen ethnischen Säuberungen, die gegen die Minderheiten gerichtet sind, auch gegen jene, die in den Nachbarländern Zuflucht suchen;
- 12. fordert die königliche Thai-Regierung auf, den Karen-Flüchtlingen, die vor den Missbräuchen in Burma/Myanmar fliehen, auch weiterhin Aufnahme und Schutz zu gewähren, und mit dem Amt des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), dem Grenzkonsortium Thai-Burma (TBBC) und der internationalen Gemeinschaft zusammenzuarbeiten, um eine alternative Lösung zu finden, mit der die Sicherheit der 3.000 Karen-Flüchtlinge gewährleistet wird;
- 13. fordert die Kommission auf, vor dem Hintergrund des anhaltenden Konfliktes an der Grenze von Thailand zu Burma die Unterstützung der Generaldirektion Humanitäre Hilfe (ECHO) für die Unterstützung von Flüchtlingen in diesem Gebiet Jahre 2010 beizubehalten;
- 14. begrüßt den Umstand, dass die Regierung von Bangladesch eine Erkundungsmission seiner Delegation für Südasien genehmigt, um in der kommenden Woche die Lage der Rohingya-Bevölkerung in den Distrikten Cox"s Basar und Bandarban zu prüfen und fordert die Regierung von Bangladesch auf, anzuerkennen, dass die nicht registrierten Rohingyas staatenlose Asylsuchende sind, die vor der Verfolgung in Burma/Myanmar geflüchtet sind und internationalen Schutz benötigen; fordert sie ferner auf, diesen Menschen einen angemessenen Schutz, den Zugang zu einer Existenzgrundlage und anderen Grunddienstleistungen zu bieten;
- 15. fordert die Regierungen von China, Indien und Russland auf, ihr wirtschaftliches und politisches Gewicht gegenüber den burmesischen Behörden einzubringen, um substantielle Verbesserungen im Land herbeizuführen, und die Lieferung von Waffen und anderen strategischen Ressourcen an das burmesische Regime einzustellen;
- 16. fordert den Rat auf, die gegen das Regime in Burma/Myanmar gerichteten restriktiven Maßnahmen beizubehalten, bis fühlbare Demokratisierungsfortschritte erzielt worden sind; fordert den Rat gleichzeitig auf, die Effizienz der restriktiven Maßnahmen zu beurteilen;
- 17. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung der Vizepräsidentin und Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem EU-Sonderbeauftragten für Burma/Myanmar, dem burmesischen Staatsrat für Frieden und Entwicklung, den Regierungen der ASEAN und den Mitgliedstaaten der ASEM, den Regierungen von Bangladesch und Russland, dem Sekretariat der ASEM, der Interparlamentarischen ASEAN Myanmar Caucus, Daw Aung San Suu Kyi, der Nationalen Liga für Demokratie, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, dem Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte und dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für die Menschenrechte in Burma/Myanmar zu übermitteln.