Staatsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, den 2. März 2010
Der Staatssekretär
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierung des Landes Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte
- Entschließung des Bundesrates zu den derzeit laufenden Revisionsverhandlungen des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit der Schweiz
zuzuleiten.
Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 867. Sitzung des Bundesrates am 5. März 2010 aufzunehmen. Nach Vorstellung im Plenum soll die Entschließung den Ausschüssen, mit dem Ziel der Plenumsbefassung am 26. März 2010, zur weiteren Beratung überwiesen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Hubert Wicker
Entschließung des Bundesrates zu den derzeit laufenden Revisionsverhandlungen des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit der Schweiz
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung
- 1. die derzeit laufenden Verhandlungen mit der Schweiz hinsichtlich der Revision des bestehenden Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA-Schweiz) zeitnah abzuschließen,
- 2. eine gesetzliche Klarstellung herbeizuführen, dass Bedienstete der Finanzverwaltungen, die mit dem Ankauf oder der Auswertung von Daten oder Unterlagen von Dritten, die zur Aufdeckung unbekannter Steuerquellen führen können, befasst sind, insoweit nicht von strafrechtlicher Verfolgung bedroht sind,
- 3. zu prüfen, ob die bisher geltenden Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige ( § 371 Abgabenordnung) enger gefasst werden können.
Begründung
Derzeit werden mit der Schweiz Verhandlungen zur Änderung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen geführt.
Ziel der Verhandlungen ist es insbesondere, die Regelungen zum Informationsaustausch zu erweitern. Dabei geht es vor allem um eine bessere Erfassung von Kapitaleinkünften. Kapitaleinkünfte unterliegen nach dem OECD-Musterabkommen und so auch nach dem deutschschweizerischen Abkommen dem Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats. Es wird angeregt, von der derzeit geltenden sog. "Kleinen Auskunftsklausel" zur sog. "Großen Auskunftsklausel" überzugehen.
Nach der sog. Kleinen Auskunftsklausel erteilen sich die Vertragsstaaten Auskünfte lediglich "zur Durchführung des Abkommens" (z.B. ob eine Betriebsstätte besteht). Nach der Großen Auskunftsklausel werden darüber hinaus auch Auskünfte zur Durchführung der nationalen Besteuerungsrechte erteilt (z.B. ob im Ausland Kapitaleinkünfte erzielt werden).
Die derzeitige Diskussion über die rechtliche Zulässigkeit eines Ankaufs von Daten, die den verschiedenen Länderfinanzverwaltungen von Dritten angeboten werden, ist nicht zielführend. Auch wenn bisher Bedienstete wegen des Ankaufs von Daten strafrechtlich noch nicht belangt wurden, wird in der Rechtsliteratur vielfach von Strafbarkeit ausgegangen. Unterschiedliche Sichtweisen und Herangehensweisen in den einzelnen Ländern und im Bund sprechen dafür, eine eindeutige Rechtsgrundlage zu schaffen, die sicherstellt, dass die mit diesen Sachverhalten befassten Bediensteten nicht der Gefahr einer Strafverfolgung ausgesetzt sind.
Die Selbstanzeige nach § 371 Abgabenordnung hat auch den Zweck, dem Steuerpflichtigen die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit zu erleichtern.
Durch die Selbstanzeige öffnet sich der Weg zu einer künftigen Befriedung des in der Regel auf Dauer angelegten Rechtsverhältnisses zwischen Steuerpflichtigem und Staat. Dieser Aspekt sollte bei der derzeitigen Diskussion um die generelle Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige nicht vernachlässigt werden.
Eine Strafbefreiung ist in dem Fall unbefriedigend, wenn der Hinterzieher Selbstanzeige erstattet, um einer potentiellen oder aktuellen Entdeckungsgefahr zu begegnen. Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob die Strafbefreiung schon dann ausgeschlossen werden soll, wenn die Selbstanzeige erstattet wird, weil der Täter die zeitnahe Entdeckung der Tat fürchtet.