Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten
empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Zu Artikel 1 ( § 2 Abs. 1 VwZG)
In Artikel 1 § 2 Abs. 1 ist das Wort "Übermittlung" durch das Wort "Bekanntgabe" zu ersetzen.
Begründung
Mit der Novellierung des Verwaltungszustellungsrechts wird auch die Absicht verfolgt, das Verwaltungszustellungsrecht stärker als bisher an die Zustellungsvorschriften der ZPO anzugleichen. § 166 Abs. 1 ZPO definiert die Zustellung als die Bekanntgabe eines Schriftstückes in einer bestimmten Form. Von dieser Definition sollte im Verwaltungszustellungsrecht nicht durch die Verwendung des Begriffes "Übermittlung" abgewichen werden.
Für die Verwendung des Begriffs "Bekanntgabe" spricht auch § 41 Abs. 5 VwVfG. Danach ist die Zustellung eine besondere Form der Bekanntgabe. Das Spezialitätsverhältnis des VwZG zu § 41 Abs. 5 VwVfG würde klar gekennzeichnet.
Für die Verwendung des Begriffs "Übermittlung" im Verwaltungszustellungsrecht spricht dagegen nicht § 3a VwVfG. Die Formulierung "Bekanntgabe" ist sprachlich genauer, da unter dem Begriff der "Übermittlung" insbesondere der Prozess des Transportes, der Beförderung eines Dokuments gefasst werden kann, ohne dass damit begriffsnotwendig bereits die Bekanntgabe (vgl. § 41 Abs. 5 VwVfG) einhergeht. Dies gilt insbesondere für den Bereich der elektronischen Zustellung. E-Mails mit anhängenden elektronischen Dokumenten erreichen erst dann den Adressaten, wenn dieser über seinen E-Mail-Client die Daten eines zentralen Nachrichten-Servers (Host) abruft.
- 2. Zu Artikel 1 (§ 2 Abs. 2 Satz 1 VwZG)
In Artikel 1 § 2 Abs. 2 Satz 1 ist nach dem Wort "Postdienstleistungen" das Wort "(Post)" einzufügen.
Begründung
Der Klammerzusatz ist erforderlich, weil im nachfolgenden Gesetzestext die Erbringer von Postdienstleistungen nur als Post bezeichnet werden.
- 3. Zu Artikel 1 ( § 3 Abs. 2 VwZG)
Artikel 1 § 3 Abs. 2 ist wie folgt zu ändern:
- a) Satz 2 ist zu streichen.
- b) Satz 3 ist wie folgt zu fassen:
"Im Fall des § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung ist die Niederlegung auch bei der Behörde möglich, die den Zustellungsauftrag erteilt hat, wenn diese Behörde ihren Sitz am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts hat, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt."
Begründung
Die Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 2 VwZG ist entbehrlich. Sie wiederholt inhaltlich § 181 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung. Zudem stehen in Satz 2 die Wörter "am Ort des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt," an der falschen Stelle; sie müssten im Anschluss an die Wörter "Ort der Zustellung oder" stehen.
§ 3 Abs. 2 Satz 3 VwZG sollte beibehalten werden, um auch eine Niederlegung bei der Behörde zu ermöglichen, die den Zustellungsauftrag erteilt hat. Jedoch sollte zur Klarstellung ausdrücklich auf § 181 Abs. 1 der Zivilprozessordnung Bezug genommen werden.
- 4. Zu Artikel 1 (§ 5 Abs. 2 Satz 3 VwZG) In Artikel 1 § 5 Abs. 2 Satz 3 sind die Wörter "die den Zustellungsauftrag erteilt hat" durch die Wörter "die die Zustellung ausführt" zu ersetzen. Begründung Bei der Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis liegt in Fällen der Ersatzzustellung durch Niederlegung kein Zustellungsauftrag vor. Vielmehr erfolgt die Zustellung durch die Behörde selbst. Ferner wird durch das Wort "ausführt" klargestellt, dass in den Fällen, in denen die zustellende Behörde im Wege der Amtshilfe tätig wird, bei dieser niederzulegen ist; im Übrigen erfolgt die Niederlegung bei der Behörde, die die Zustellung als eigene Aufgabe durchführt.
- 5. Zu Artikel 1 (§ 5 Abs. 4 Satz 2 und Absatz 5 Satz 3 VwZG)
Artikel 1 § 5 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Absatz 4 Satz 2 sind nach den Wörtern "Datum und Unterschrift" die Wörter "oder qualifizierter elektronischer Signatur nach dem Signaturgesetz" einzufügen.
- b) In Absatz 5 Satz 3 sind nach den Wörtern "Datum und Unterschrift" die Wörter "oder qualifizierter elektronischer Signatur nach dem Signaturgesetz" einzufügen.
Begründung
Aus der bisherigen Fassung von § 5 Abs. 4 Satz 2 und § 5 Abs. 5 Satz 3 VwZG wird nicht ohne weiteres deutlich, dass wegen des Erfordernisses einer Unterschrift sich aus § 3a des Verwaltungsverfahrensgesetzes das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur für ein als elektronisches Dokument zurückgesandtes Empfangsbekenntnis ergibt. Es ist daher eine entsprechende redaktionelle Klarstellung der beiden Bestimmungen vorzunehmen.
- 6. Zu Artikel 1 (§ 7a - neu - VwZG)
In Artikel 1 ist nach § 7 folgender § 7a einzufügen:
" § 7a
Zustellung an mehrere BeteiligteBetrifft ein zusammengefasster Bescheid Ehegatten oder Ehegatten mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern, so reicht es für die Zustellung an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift zugestellt wird. Der Bescheid ist den Beteiligten einzeln zuzustellen, soweit sie dies im Einzelfall beantragt haben. Lebenspartner nach § 1 des Lebenspartnerschaftsgesetzes sind Ehegatten gleichgestellt."
Begründung
Die Vorschrift erleichtert die Zustellung zusammengefasster Bescheide an Ehegatten, an Ehegatten mit ihren Kindern oder an Alleinstehende mit ihren Kindern. Die bisherige Mehrfachzustellung, die mit hohen Zustellungskosten verbunden ist, ist in diesen Fällen entbehrlich. Die Zustellung einer gemeinsamen Ausfertigung dient außerdem der Verwaltungsvereinfachung, da Rechtsbehelfsfristen einheitlich zu laufen beginnen und es nicht mehr darauf ankommt, wann der behördliche Bescheid jedem der Adressaten im Einzelfall zuging. Es bleibt nach Satz 2 jedem der Beteiligten überlassen, einer gemeinsamen Zustellung vorher zu widersprechen. Der Antrag auf Einzelzustellung soll nur im jeweiligen Einzelfall und damit im jeweils konkreten Verwaltungsverfahren erfolgen können, womit eine Generalbeantragung für alle zukünftig möglichen Fälle ausgeschlossen ist. Solche Generalanträge würden vor allem größere Behörden dazu zwingen, Dateien über die jeweiligen Antragsteller ständig vorzuhalten und vor jeder beabsichtigten Zustellung zu überprüfen. Mit der Regelung in Satz 2 wird auch dem individuellen Datenschutz der Beteiligten Genüge getan. Mit Satz 3 werden Lebenspartner nach § 1 des Lebenspartnerschaftsgesetzes Ehegatten gleichgestellt.
- 7. Zu Artikel 1 (§ 9 Abs. 3 Satz 3 VwZG)
In Artikel 1 § 9 Abs. 3 Satz 3 sind die Wörter "am siebenten Tag" durch die Wörter "zwei Wochen" zu ersetzen.
Begründung
In Satz 3 des Entwurfs ist vorgesehen, dass das Schriftstück am siebenten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt gilt. Der Begründung ist zu entnehmen, dass diese Frist an die der vergleichbaren Fallkonstellation des § 15 Satz 2 VwVfG angeglichen wurde. Vorliegend handelt es sich aber um förmliche Zustellungen, so dass ein höheres Bedürfnis des Empfängers nach Rechtssicherheit besteht. In § 184 Abs. 2 ZPO ist eine Frist von zwei Wochen vorgesehen. Auch vorliegend ist eine Frist von zwei Wochen angemessen.
- 8. Zu Artikel 1 (§ 9 Abs. 3 Satz 3 VwZG)
In § 9 Abs. 3 Satz 3 sind die Wörter "wenn nicht feststeht, dass" durch die Wörter "es sei denn, dass" zu ersetzen.
Begründung
Die Änderung dient der Klarstellung des Gewollten. Sie entspricht zugleich der sprachlichen Systematik des § 4 Abs. 2 Satz 2.
- 9. Zu Artikel 1 (§ 10 Abs. 1 Satz 1 VwZG)
Artikel 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 ist wie folgt zu fassen:
(1) Die Zustellung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, wenn
- 1. der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist,
- 2. eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht oder
- 3. die Zustellung nicht erfolgen kann, weil der Ort der Zustellung die Wohnung einer Person ist, die nach den §§ 18 bis 20 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Gerichtsbarkeit nicht unterliegt."
Begründung
Abweichend vom Gesetzentwurf werden in Angleichung an § 185 Nr. 1 ZPO die Nummern 1 und 2 in Nummer 1 zusammengeführt. Die dort genannten Anforderungen müssen nicht alternativ, sondern kumulativ erfüllt sein.
Nummer 2 entspricht inhaltlich Nummer 3 des Gesetzentwurfs, ist aber redaktionell an § 185 Nr. 2 ZPO angeglichen worden.
Die neue Nummer 3 übernimmt im Interesse der Rechtseinheitlichkeit die Regelung des § 185 Nr. 3 ZPO. Es handelt sich um die Zulassung der öffentlichen Zustellung für den Fall, dass ein exterritorialer Dienstherr das Betreten seiner Wohnung zur Vornahme der Zustellung an einen nicht exterritorialen ausländischen oder deutschen Hausgenossen nicht zulässt.
- 10. Zu Artikel 1 (§ 10 Abs. 2 Satz 6 VwZG)
In Artikel 1 § 10 Abs. 2 Satz 6 sind die Wörter "zwei Wochen vergangen sind" durch die Wörter "ein Monat vergangen ist" zu ersetzen.
Begründung
Es ist nicht ersichtlich, warum von der geltenden Zustellungsfiktion für Ladungen (ein Monat) abgewichen werden soll. Auch in § 188 ZPO ist eine Zustellungsfiktion bei öffentlichen Zustellungen von einem Monat vorgesehen. Die Fiktion von einem Monat wird bei Dokumenten, die öffentlich zugestellt und mit deren Zustellung Fristen in Gang gesetzt werden, nach deren Ablauf Rechtsverluste drohen, als angemessen angesehen (siehe auch Sadler RN 19 zu § 15 VwZG).
- 11. Zu Artikel 2 Abs. 8 ( § 51 OWiG)
Artikel 2 Abs. 8 Nr. 1 ist wie folgt zu fassen:
'1. § 51 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter "vom 3. Juli 1952 (BGBl. I S. 379) in der jeweils geltenden Fassung" gestrichen,
- b) Absatz 5 wird wie folgt geändert:
aa) In Satz 1 wird die Angabe " § 7" durch die Angabe " § 6" ersetzt.
bb) In Satz 2 wird die Angabe " § 8" durch die Angabe " § 7" ersetzt.
cc) Satz 3 wird aufgehoben.'
Begründung
Angleichung der Paragraphenangaben in Absatz 5 Sätze 1 und 2 an die geänderte Paragraphenfolge des VwZG.
In § 51 Abs. 5 Satz 3 reicht hingegen eine Korrektur der Paragraphenangabe nicht aus. Vielmehr muss Satz 3 aufgehoben werden, weil sonst abweichend von § 8 VwZG (bisher § 9 VwZG) die Heilung von Zustellungsmängeln ausgeschlossen wäre. Damit stünde die Vorschrift weiterhin nicht in Einklang mit den Regelungen im Zustellungsreformgesetz. Nach der Begründung zum Zustellungsreformgesetz (BR Drucksache. 492/00 , S. 26) sollen Zustellungsmängel unbeachtlich bleiben, wenn der Zustellungszweck erreicht ist. Das soll auch dann gelten, wenn durch die Zustellung der Lauf einer Notfrist in Gang gesetzt werden soll. Dementsprechend wurde durch Artikel 2 Abs.. 12 ZustRG die zu § 51 Abs. 5 Satz 3 parallele Vorschrift des § 37 Abs. 1 StPO entsprechend geändert.