Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 27. Januar 2009
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Hiermit übersende ich gemäß Artikel 110 Abs. 3 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2009 (Nachtragshaushaltsgesetz 2009)
mit Begründung.
Die Entwürfe des Gesamtplans und der Einzelpläne sind beigefügt.
Federführend ist das Bundesministerium der Finanzen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 17.02.09
Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2009 (Nachtragshaushaltsgesetz 2009)
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Das Haushaltsgesetz 2009 vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2899) wird wie folgt geändert:
- 1. In § 1 wird die Zahl "290 000 000 000" durch die Zahl "297 541 000 000" ersetzt.
- 2. In § 2 Absatz 1 wird die Zahl "18 500 000 000" durch die Zahl "36 801 740 000" ersetzt.
- 3. § 3 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- a) In Satz 1 wird die Zahl "359 045 000 000" durch die Zahl "469 545 000 000" ersetzt.
- b) In Satz 1 Nummer 3 wird die Zahl "2 820 000 000" durch die Zahl "3 320 000 000" ersetzt. Nach den Wörtern "Clean Technology Fund" wird der Halbsatz "und an die "Infrastructure Crisis Facility"" eingefügt.
- c) In Satz 1 Nummer 5 wird die Zahl "140 000 000 000" durch die Zahl "240 000 000 000" ersetzt.
- d) In Satz 1 Nummer 6 wird die Zahl "46 550 000 000" durch die Zahl "56 550 000 000" ersetzt.
- 4. In § 11 Absatz 1 wird die Zahl "3 000 000 000" durch die Zahl "7 000 000 000" ersetzt.
Artikel 2
- Der Bundeshaushaltsplan 2009 wird nach Maßgabe des diesem Gesetz als Anlage beigefügten Nachtrags geändert.
Artikel 3
- Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2009 in Kraft.
Begründung
I. Allgemeiner Teil
Vorbemerkung:
Die Bundesregierung hat am 14. Januar 2009 Eckpunkte für ein Maßnahmepaket zur Bekämpfung der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise beschlossen.
Dieser "Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland" umfasst - gesamtstaatlich - Maßnahmen mit einem Volumen von rd. 50 Mrd. € in den Jahren 2009 und 2010. Mit dem Nachtragshaushalt 2009 werden für das laufende Haushaltsjahr die haushaltsmäßigen Voraussetzungen zur Umsetzung dieses Maßnahmepakets auf Bundesebene geschaffen, soweit die Maßnahmen nicht unmittelbar aus dem durch Bundesgesetz errichteten Sondervermögen "Investitionsund Tilgungsfonds" finanziert werden. Gleichzeitig werden im Nachtragshaushalt 2009 bereits feststehende Belastungen bei den Steuereinnahmen und auf dem Arbeitsmarkt abgebildet.
1. Artikel 115 Grundgesetz
Die im Haushaltsentwurf 2009 veranschlagte Nettokreditaufnahme (36,8 Mrd. €) überschreitet die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten maßgeblichen Investitionen (rd. 28,7 Mrd. €) um rd. 8,1 Mrd. €.
Im Jahr 2009 liegt eine ernsthafte und nachhaltige Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vor.
Die Abschwächung der wirtschaftlichen Aktivität in Deutschland hat sich in den letzten Monaten des Jahres 2008 rapide beschleunigt. Die aktuellen Wirtschaftsdaten zeigen dass sich Deutschland in einer Rezession befindet. Dabei hat Deutschland sowohl mit einer globalen Finanzmarktkrise als auch mit dem abrupten Einbruch der Weltkonjunktur zu kämpfen.
Besorgnis erregend ist insbesondere der derzeit stattfindende synchrone Wirtschaftsabschwung in den wichtigsten Industrienationen. Die deutsche Wirtschaft ist aufgrund ihrer Exportabhängigkeit, die sich in den letzten Jahren deutlich erhöht hat, in besonderem Maße von der Abkühlung der Weltwirtschaft betroffen. Der Aufschwung der Jahre 2006 und 2007 wurde stark durch außenwirtschaftliche Impulse begünstigt. Diese Impulse bleiben seit der 2. Jahreshälfte 2008 aus. Von der Binnenkonjunktur gehen ebenfalls kaum Impulse aus da die Schwäche des privaten Konsums anhält und 2009 deutliche Belastungen seitens der Arbeitsmarktentwicklung zu erwarten sind. Die deutlichen Preisniveausteigerungen für Energieträger und Nahrungsmittel seit Herbst 2007 haben zu Kaufkrafteinbußen geführt und die Entwicklung der Realeinkommen der privaten Haushalte stark beeinträchtigt.
Die aus dem zwischenzeitlichen Rückgang der Rohölpreise resultierenden Entlastungen reichen bei weitem nicht aus, um die negativen Auswirkungen der weltweiten Konjunkturschwäche zu kompensieren.
Für dieses Jahr wird in der Jahresprojektion 2009 der Bundesregierung von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von real rd. 2 ¼ Prozent ausgegangen.
Bei Erstellung des Haushaltsentwurfs 2009 war nicht abzusehen wie stark und rasant sich die Weltkonjunktur abkühlen und die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland beeinträchtigen würde. So ging der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten 2008/09 noch von einer Prognose für 2009 in Höhe von 0,0 Prozent aus (JG 2008/09, Ziffer 17).
Die weltweite Finanzmarktkrise hat den Konjunkturabschwung zusätzlich verstärkt. Aufgrund der verschlechterten weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden die Exporte im Jahr 2009 weiter zurückgehen. Auch die deutsche Binnenkonjunktur wird unter anderem aufgrund einer sich abschwächenden Investitionstätigkeit, spürbar gedämpft werden. Für 2009 ist mit einer erheblich negativen Produktionslücke zu rechnen. Die damit einhergehende Unterauslastung der gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten dürfte zu großen Belastungen für die deutsche Gesamtwirtschaft führen.
Auf dem Arbeitsmarkt wird sich das volle Ausmaß der konjunkturellen Abschwächung erfahrungsgemäß erst mit einer Verzögerung von mehreren Monaten zeigen.
Bereits im Dezember 2008 kam es aber bei der Arbeitslosigkeit zur Trendwende: Erstmals seit Februar 2006 stieg die saisonbereinigte Zahl der Arbeitslosen wieder an. Zudem ist ein spürbarer Anstieg der Kurzarbeit zu verzeichnen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Arbeitslosenzahlen im Jahresverlauf signifikant ansteigen werden.
Das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes eines gestörten gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ist angesichts der aktuellen Wirtschaftsdaten und der in die Zukunft reichenden Indikatoren eindeutig. Auch der Sachverständigenrat hat eine ernsthafte und nachhaltige Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts festgestellt und die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert:
"Die Schärfe und Tiefe der gesamtwirtschaftlichen Störungen stellen die Wirtschaftspolitik vor große Herausforderungen. Es müssen deutliche Impulse zu einer Stärkung der internen Wachstumskräfte und der Binnennachfrage gesetzt werden" (JG 2008/09, Ziffer 19). Laut Sachverständigenrat ist in Deutschland in der gegenwärtigen Lage "vor allem die Finanzpolitik gefordert. In Anbetracht der Tatsache, dass auf absehbare Zeit kaum mit nennenswerten außenwirtschaftlichen Impulsen zu rechnen ist, hängt die weitere konjunkturelle Entwicklung vor allem von der Binnennachfrage ab" (JG 2008/09, Ziffer 21).
Die Bundesregierung hat Maßnahmen ergriffen, um die wirtschaftliche Entwicklung zu stabilisieren. Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz hat dazu beigetragen, einen Kollaps der Finanzmärkte zu verhindern. Darüber hinaus sind zwei konjunkturgerechte Maßnahmepakete auf den Weg gebracht worden, um Beschäftigung zu sichern konjunkturelle Schwankungen abzumildern und die Wachstumskräfte der deutschen Volkswirtschaft zu stärken.
Die Maßnahmen der Bundesregierung sind dazu geeignet den Ungleichgewichten in der wirtschaftlichen Entwicklung entgegenzuwirken. So sieht das im Januar 2009 beschlossene Maßnahmenpaket unter anderem eine Reihe von Entlastungen vor, die sowohl den Unternehmen als auch den privaten Haushalten unmittelbar zugute kommen und so die Binnennachfrage stärken werden. Die Maßnahmen insgesamt sind so aufeinander abgestimmt, dass sie die Belebung der Binnenkonjunktur fördern und die Perspektiven zur Erreichung der wirtschaftspolitischen Ziele eines angemessenen Wirtschaftswachstums und eines hohen Beschäftigungsstandes erheblich verbessern.
Mit dem bereits am 14. Januar 2009 in seinen Grundzügen beschlossenen "Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland" wird die Bundesregierung in folgenden zentralen Bereichen Maßnahmen ergreifen: Öffentliche Investitionen, Entlastung von Abgaben und Steuern, Beschäftigung und Qualifizierung sowie Kreditversorgung der Wirtschaft.
Ein Schwerpunkt liegt auf Steuer- und Abgabenentlastungen. Diese stärken - wie auch die als Kinderbonus bezeichnete Einmalzahlung - zum einen die private Kaufkraft und verbessern zum anderen gleichzeitig die Anreize für Beschäftigung und private Investitionen. Die Senkung von Steuern und Abgaben wird ergänzt um zusätzliche öffentliche Investitionen für Infrastruktur und eine Bildungs- und Qualifizierungsoffensive, die durch das Sondervermögen "Investitions- und Tilgungsfonds" auf den Weg gebracht werden. Diese Investitionen müssen schnell umsetzbar sein, damit sie eine breite wirtschaftliche Wirkung erzielen können und unfinanzierbare Folgelasten vermieden werden. Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sind darauf ausgerichtet Entlassungen zu vermeiden und Qualifikationen auszubauen. Um die Kreditversorgung der Wirtschaft in Ergänzung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes weiter zu sichern, wird das bestehende Instrumentarium für eine sichere Kreditversorgung der Unternehmen erweitert. Insgesamt wird ein Bürgschaftsvolumen von 100 Mrd. € zur Verfügung stehen.
Der "Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland" enthält in den Jahren 2009 und 2010 - gesamtstaatlich - neue Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von rd. 50 Mrd. €. Zusammen mit dem schon im Jahr 2008 beschlossenen "Maßnahmepaket zur Senkung der steuerlichen Belastung, Stabilisierung der Sozialversicherungsabgaben und für Investitionen in Familien" und dem 15-Punkte-Programm "Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung" setzt die Politik damit insgesamt über 80 Mrd. € gezielt für die Überwindung der Krise und die umfassende Modernisierung des Landes ein. Zusätzlich zu den beschlossenen Politikmaßnahmen baut die Bundesregierung auf die Wirkung der automatischen Stabilisatoren. Sie wird konjunkturbedingte Einnahmeausfälle und Mehrausgaben nicht durch Einsparungen auffangen sondern mit zusätzlicher Kreditaufnahme ausgleichen und damit eine mögliche Verschärfung der binnenkonjunkturellen Schwäche vermeiden. Einen weiteren Impuls bringt die Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Pendlerpauschale, die im Jahr 2009 zu Mindereinnahmen von rd. 2,5 Mrd. € führen wird.
2. Auswirkungen auf das Preisniveau
Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere die Verbraucherpreise, sind nicht zu erwarten.
3. Kosten für die Wirtschaft
Der Bundeshaushalt ermächtigt die Bundesregierung, Ausgaben zu leisten und Verpflichtungen einzugehen, von denen viele den Wirtschaftsunternehmen zugute kommen. Ansprüche oder Verpflichtungen werden durch den Bundeshaushalt weder begründet noch aufgehoben.
Dies gilt auch für den durch den Nachtragshaushalt geänderten Haushaltsplan. Kosten für die Wirtschaft entstehen dadurch nicht.
4. Gleichstellung von Frauen und Männern
Unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung wurden die Regelungen des Nachtragshaushaltsgesetzes 2009 daraufhin untersucht, ob sie den unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern gerecht werden. Dabei wurde festgestellt, dass mit dem Nachtragshaushaltsgesetz 2009 im engeren Sinne, dem Gesamtplan und den Übersichten zum Nachtragshaushaltsgesetz 2009 sowie den Einzelplänen lediglich der finanzielle Rahmen der Fachpolitiken beschrieben wird. Mit dem Haushalt werden daher geschlechtsspezifische Rollen- und Aufgabenverteilungen nicht festgeschrieben oder verändert. Es bleibt Aufgabe der jeweiligen Fachpolitik, bei Inanspruchnahme des finanziellen Ermächtigungsrahmens "Gender-Wirkungen" zu berücksichtigen.
5. Bürokratiekosten
Mit dem Nachtragshaushaltsgesetz 2009 werden gegenüber dem Haushaltsgesetz 2009 keine Informationspflichten für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
II. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Nummer 1 und 2
Anpassungen an das neue Volumen des Gesamtabschlusses und an die zur Deckung dieser Ausgaben erforderliche Höhe der Kreditermächtigung nach § 2 Abs. 1.
Nummer 3
Buchstabe a)
Anpassung der Gesamtsumme des Gewährleistungsrahmens an die in diesem Nachtrag in den Buchstaben b) bis d) geänderten Ermächtigungstatbestände.
Buchstabe b)
Es wird eine Ermächtigungsgrundlage für eine Bundesgarantie für einen KfW-Kredit an die "Infrastructure Crisis Facility" der Weltbank geschaffen.
Buchstabe c)
Erhöhung des Ermächtigungsbedarfs um 100 Mrd. € zur Sicherung der Kreditversorgung von Unternehmen.
Buchstabe d)
Der Ermächtigungsbedarf hat sich aufgrund der Stammkapitalerhöhung der Europäischen Investitionsbank um 10 384 394 096,08 € (deutscher Anteil) erhöht.
Nummer 4
Erhöhung des Ermächtigungsrahmens in Anbetracht zusätzlicher Haushaltsbelastungen der Bundesagentur für Arbeit infolge von Beitragssatzsenkungen, konjunktur- und programmbedingten Mehrausgaben sowie zur Absicherung unterjähriger Liquidität wegen der Verschiebung des Zahlungszeitpunktes des Zuschusses des Bundes zur Arbeitsförderung auf das Jahresende.
Zu Artikel 2
Anpassung des Bundeshaushaltsplans 2009 an die durch diesen Nachtrag geänderten Haushaltsansätze und Ermächtigungen.
Zu Artikel 3
Die Vorschrift regelt den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Nachtragshaushaltsgesetzes.
Entwurf
Nachtrag Bundeshaushaltsplan 2009
Der Entwurf befindet sich im PDF-Dokument.