953. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017
A
Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission im Rahmen der unter Nummer 2 vorgeschlagenen Folgemaßnahmen plant, den Regulierungsrahmen für Finanzdienstleistungen kohärenter und vorausschauender zu gestalten und dabei den Anleger- und Verbraucherschutz auszubauen.
- 2. In diesem Zusammenhang bittet der Bundesrat die Kommission, bei der geplanten Bewertung der europäischen Märkte für Kleinanlegerprodukte insbesondere festzustellen, ob und inwieweit Aussagen zu besonders risikobehafteten Produktgruppen bzw. für Kleinanleger signifikant nachteiligen Retail-Finanzdienstleistungen getroffen werden können. Hierzu sollten die gängigen auf dem Markt angebotenen Arten von Kleinanlegerprodukten auf ihre Verlustanfälligkeit und Erfüllung der Renditeerwartung bezogen auf einen in der Praxis üblichen Anlagezeitraum (zum Beispiel fünf Jahre) untersucht und hieraus konkrete Schlüsse für ihre generelle Geeignetheit für Verbraucherinnen und Verbraucher gezogen werden.
Zu berücksichtigen wäre hierbei zudem die Frage, ob innerhalb der jeweiligen Produktgruppe das statistische Verlustrisiko oder eine unterdurchschnittliche Rendite im Falle eines provisionsbasierten Vertriebs signifikant höher ist als bei Produkten, die provisionsfrei erworben wurden.
- 3. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Finanzdienstleister und Finanzprodukte insbesondere dadurch gestärkt werden kann, dass für Kleinanleger ungeeignete und mit hoher Verlustwahrscheinlichkeit behaftete Finanzprodukte nicht in den Vertrieb gelangen. Die Kommission wird daher gebeten, im Rahmen der geplanten Politikmaßnahmen und auf der Grundlage fundierter Studien sowie unter Einbeziehung der Erkenntnisse der nationalen und europäischen Aufsichtsbehörden auch produktgruppenbezogene Lösungsansätze stärker zu berücksichtigen und soweit notwendig zu verfolgen.
4. Zu Nummer 2.4. Absatz 3
- - Der Bundesrat begrüßt das Vorhaben der Kommission, den Anleger- und Verbraucherschutz kontinuierlich zu verbessern. In diesem Zusammenhang nimmt er die Einschätzung, dass Finanzdienstleister nach wie vor bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern wenig Vertrauen genießen, zur Kenntnis. Er begrüßt das Vorhaben der Kommission, wieder stärker Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher gegenüber Finanzdienstleistern schaffen zu wollen.
- - Der Bundesrat bittet daher die Kommission zu prüfen, ob im Finanzvertrieb ein Provisionsverbot eingeführt werden sollte. Provisionen geben Finanzberatern einen finanziellen Anreiz, bestimmte Produkte häufiger zu verkaufen. Sie sorgen damit für einen systemimmanenten Interessenskonflikt, der eine unabhängige und rein verbraucherorientierte Beratung kaum ermöglicht und damit Misstrauen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern entstehen lässt. Der Bundesrat verweist auf Mitgliedstaaten, in denen ein Provisionsverbot bereits praktiziert wird, und regt an, die Erfahrungen dieser Staaten auszuwerten und unter Einbindung der Verbraucherschutzorganisationen zu ermitteln, ob ein EU-weites Provisionsverbot das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in Finanzdienstleister wieder erstarken lassen kann.
5. Zu Nummer 2.4. Absatz 5
Der Bundesrat begrüßt das Anliegen der EU, den neuen Technologien Rechnung zu tragen und auch neuen Marktteilnehmern gleiche Chancen neben etablierten Finanzdienstleistern einzuräumen. Er unterstützt das Vorhaben, Risiken zu beobachten und zu minimieren, ohne den Fortschritt zu hemmen.
Er bekräftigt jedoch, dass die sogenannten "FinTechs" und "InsurTechs" in einem hochsensiblen Geschäftsfeld tätig sind, da diese Geschäftsmodelle in der Regel auf die persönlichen Finanzen der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie ihre privaten Daten ausgerichtet sind. Umso wichtiger erscheint es, dass fortlaufend auf die aktuellen technischen Entwicklungen reagiert wird und Regelungen zur Datensparsamkeit und zum Datenschutz sowie zur IT- und Cybersicherheit weiterentwickelt werden. Gleichermaßen sollte sichergestellt werden, dass auch bereits bestehende verbraucherschützende Vorschriften im Bereich der Finanzdienstleistungen auf diese neuen Geschäftsmodelle angewendet werden können.
B
- 6. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Finanzausschuss, der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.