Der Bundesrat hat in seiner 926. Sitzung am 10. Oktober 2014 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Insolvenzsicherung der Rückstellungen für Stilllegung, Abbau und Entsorgung im Atombereich
- 1. Nach dem geltenden Atomrecht gilt das Verursacherprinzip. Danach haben die KKW-Betreiber uneingeschränkt sämtliche Kosten für Stilllegung und Abbau der Kernkraftwerke wie auch der Entsorgung radioaktiver Abfälle zu tragen. Es muss sichergestellt sein, dass die hierfür von den KKW-Betreibern gebildeten und gegebenenfalls noch zu bildenden Rückstellungen auf realistischen Kostenschätzungen beruhen. Darüber hinaus muss eine ausreichende Finanzierungssicherheit gegeben sein. Insbesondere muss sichergestellt sein, dass die Mittel zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden. Daher wird die Bundesregierung gebeten, unabhängige Kostenstudien in Auftrag zu geben, die die zu erwartenden Stilllegungs-, Abbau- und Entsorgungskosten transparent und differenziert nach einzelnen Kostenarten darlegen und dabei auf das Risiko von Kostensteigerungen eingehen. Ein Vorbild hierfür kann der Schweizer Stilllegungs- und Entsorgungsfonds bilden, dessen Rücklagen kürzlich unter kaufmännischen und technischen Gesichtspunkten in Bezug auf die einzelnen Kernkraftwerke der Schweiz vom TÜV Nord EnSys geprüft worden sind.
- 2. Bezüglich der Rückstellungen und Kosten für Stilllegung, Abbau und Entsorgung sollen die vier KKW-betreibenden Energiekonzerne zu einer deutlich erhöhten Transparenz gegenüber den Finanz- und atomrechtlichen Behörden verpflichtet werden. Insbesondere sollten folgende Verpflichtungen eingeführt werden:
- a) Kernkraftwerksscharfe Bilanzierung der Nuklearrückstellungen.
- b) Verpflichtung zur Differenzierung der Nuklearrückstellungen nach den unterschiedlichen Verpflichtungen.
Auch gegenüber der Öffentlichkeit müssen die Betreiber zur Transparenz der finanziellen Vorsorge für Abbau und Entsorgung verpflichtet werden.
- 3. Die Bundesregierung soll - wie vom Bundesrechnungshof 2011 gefordert - eine unabhängige Überprüfung der angemessenen Höhe und Werthaltigkeit der Nuklearrückstellungen veranlassen.
Erweisen sich die Rückstellungen als unzureichend, soll die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass die Rückstellungen auf das angemessene Maß erhöht werden und gegebenenfalls ergänzende Kriterien zur Bewertung der Kostenrisiken aufstellen.
- 4. Der Bundesrat bekräftigt, dass für Stilllegung, Abbau und Entsorgung das Verursacherprinzip dauerhaft gilt. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, geeignete Instrumente zur Verbesserung der Sicherstellung dieser Verpflichtung zu untersuchen und mit den Ländern einen Vorschlag für eine Bund-Länder-Verständigung abzustimmen.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung insbesondere zu prüfen, inwieweit eine rechtsverbindliche Verpflichtung geschaffen werden kann, die kurzfristig gewährleistet, dass die KKW-Betreibergesellschaften eine Insolvenzsicherung für den Abbau und die Entsorgung - etwa im Wege einer gesetzlichen Verpflichtung zum Abschluss von Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträgen oder die Abgabe von Patronatserklärungen der Konzernmütter für ihre Kernkraftwerke betreibenden Töchter - schaffen. Wesentlicher Inhalt der Prüfung soll sein, wie gewährleistet werden kann, dass im Fall einer Insolvenz einer KKW-Betreibergesellschaft der jeweilige Mutterkonzern voll und zeitlich unbegrenzt für alle Verbindlichkeiten bzw. Verluste einzustehen hat.
- 6. Der Bundesrat vertritt dabei die Auffassung, dass KKW-Betreibergesellschaften für von ihnen betriebene, öffentlich finanzierte Reaktoren von den vorstehend vorgesehenen Verpflichtungen auszunehmen sind.