Der Bundesrat hat in seiner 916. Sitzung am 8. November 2013 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das fortgesetzte Bemühen der Kommission, die soziale und wirtschaftliche Integration der Roma in Europa zu verbessern.
- 2. Er begrüßt außerdem das Ziel der Kommission, mit ihrem Vorschlag über eine Ratsempfehlung die Politik der Mitgliedstaaten zur Umsetzung der nationalen Strategien zur Einbeziehung von Roma zu unterstützen. Die Kommission reagiert mit diesem Vorschlag auf die bisher unzureichenden Bemühungen einiger Mitgliedstaaten, spezifische Maßnahmen für Roma zu ergreifen, um ihre von Diskriminierung, Armut und Benachteiligung geprägte Lebenssituation zu verbessern. Der Bundesrat erkennt an, dass eine unzureichende Koordination der Maßnahmen zur Integration in den Mitgliedstaaten die Erreichung dieser Ziele erschweren kann. Er teilt grundsätzlich die Einschätzung der Kommission, dass ein abgestimmtes Vorgehen auf EU-Ebene eine wertvolle Unterstützung sein kann, um zu verhindern, dass die Situation in den Mitgliedstaaten immer mehr auseinanderdriftet. Er weist aber zugleich darauf hin, dass nicht alle Handlungsfelder ein zwischen den Mitgliedstaaten abgestimmtes Vorgehen verlangen.
- 3. Der Bundesrat begrüßt auch, dass der Vorschlag, der den Mitgliedstaaten dabei helfen soll, die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen zur Integration der Roma zu erhöhen und die Umsetzung ihrer nationalen Roma-Integrationsstrategien oder politischen Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Roma voranzutreiben, unter Berücksichtigung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit, auf einen unverbindlichen Rechtsakt gerichtet ist.
- 4. Er ist äußerst besorgt über die häufig noch immer schwierigen Lebensbedingungen zahlreicher Roma, insbesondere in den mittelosteuropäischen Herkunftsländern. Der Bundesrat appelliert an die Institutionen der EU, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten konsequent und mit Nachdruck gegen Ausgrenzungen und Diskriminierungen von Roma in den Mitgliedstaaten vorzugehen und die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung solcher Ausgrenzungen und Diskriminierungen anzuhalten. Dazu gehört es auch, dass sich die Bundesregierung und die Kommission dafür einsetzen, dass die für die Herkunftsstaaten zur Verfügung stehenden erheblichen Fördermittel des Europäischen Sozialfonds zielgerichtet und effektiv zur Verbesserung der Lebenssituation in diesen Ländern eingesetzt werden.
- 5. Der Bundesrat weist auf die Feststellung der Kommission in ihrer Mitteilung vom 21. Mai 2012 (COM (2012) 226 final) hin, der zufolge die Bundesrepublik Deutschland beim Thema "Zugang zu Wohnraum einschließlich Sozialwohnungen" den Vorgaben des EU-Rahmens zur Verbesserung der Wohnsituation hinsichtlich der Merkmale "Unterstützung des allgemeinen Ziels", "konkrete Ziele zur Verringerung der Kluft beim Zugang zu Wohnraum und öffentlichen Versorgungsnetzen", "allgemeine Maßnahmen im Rahmen bestehender Strukturen" sowie "Zugang zu Wohnraum einschließlich Sozialwohnungen" nachgekommen ist. Wohnungssuchende, die aus eigener Kraft keine Wohnung finden können, unterstützt der Staat diskriminierungsfrei mit den Mitteln der Wohnraumförderung. In der Wohnraumförderung wird auch berücksichtigt, dass die Zuweisung von Wohnungen an Haushalte mit besonderen sozialen Problemen oder eine Häufung spezifischer Bewohnergruppen, zum Beispiel von ethnischen Minderheiten, nicht zur Bildung von sozialen Brennpunkten beiträgt oder solche verfestigt. Dies soll auch im Interesse der Wohnungssuchenden selbst einer Segregation entgegenwirken. Zudem ist in vielen Programmgebieten des seit 1999 bestehenden Bund-Länder-Programms "Soziale Stadt" die Integration ein wichtiges Handlungsfeld. Dabei geht es um die Integration von Menschen aus allen Bevölkerungsgruppen, die von Ausgrenzung betroffen sein könnten.
- 6. Er weist auch darauf hin, dass viele deutsche Städte mit einer weiter steigenden Zuwanderung von sozial benachteiligten Roma aus EU-Mitgliedstaaten, insbesondere aus Rumänien und Bulgarien, konfrontiert sind. Die Zuwanderung bedeutet eine Herausforderung für die Länder und Kommunen. Denn ein wesentlicher Teil der Zugewanderten hat Ausgrenzung und Diskriminierung in den Herkunftsländern erlebt und bringt geringe Schul- und Ausbildungserfahrungen mit. Die im Empfehlungsvorschlag beschriebenen Problemfelder und Bedarfe geben daher die Erfahrungen der Länder mit einem Großteil der neu zugewanderten Roma zutreffend wieder. Demzufolge sollte die Bundesregierung Unterstützungsmaßnahmen prüfen, um für die Personengruppen eine Perspektive in den Bereichen Bildung, Ausbildung und Beruf zu eröffnen. Auch in den Bereichen Gesundheit, Wohnen und Soziales besteht aktueller Handlungsdruck, der mit erheblichen Kosten verbunden ist, z.B. durch eine fehlende oder ungeklärte Absicherung im Krankheitsfall. Das Engagement der Länder und Kommunen allein reicht nicht aus, um die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Auch können die Haushalte der Länder und Kommunen die daraus resultierenden Kosten allein nicht tragen.
- 7. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich für die Annahme der vorgeschlagenen Empfehlung im Rat einzusetzen.