Der Bundesrat hat in seiner 908. Sitzung am 22. März 2013 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat erkennt die Bedeutung der Förderung unternehmerischen Lernens in der allgemeinen, beruflichen und in der Hochschulbildung an. Bereits heute unterstützen die Länder zahlreiche Initiativen zur Stärkung des Unternehmergeists bei den Lernenden. Das Engagement von Schülerinnen und Schülern etwa in Schülerfirmen ist längst bundesweiter Alltag. Dabei ist es dem Bundesrat wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Förderung von unternehmerischem Lernen und die damit verbundene verstärkte Ausrichtung der Bildung auf die Bedürfnisse der Wirtschaft die grundsätzlichere Aufgabe der Bildung, die Gesamtpersönlichkeit zur Entfaltung zu bringen, Werte zu vermitteln und zur Verantwortung zu erziehen, nicht dominieren darf, sondern, nach Maßgabe der für die Gestaltung von Lehrinhalten verantwortlichen Stellen, nur ergänzen kann.
Insbesondere darf Hochschulbildung nicht ausschließlich auf die Vermittlung eines maßgeschneiderten, auf einen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen gerichteten Wissens, wie etwa zur Unternehmensgründung, reduziert werden. Für eine zukunftsfähige Entwicklung von Wissenschaft und Wirtschaft ist ein umfassender Bildungsauftrag der Hochschulen unverzichtbar.
- 2. Der Bundesrat erinnert an die Kompetenzverteilung im Bildungsbereich gemäß Artikel 165f. AEUV und weist die Aufforderungen der Kommission an die Mitgliedstaaten, die Schlüsselkompetenz "Unternehmertum" vor Ende 2015 in die Lehrpläne der Primar-, Sekundar-, Berufs-, Hochschul- und Erwachsenenbildung aufzunehmen, sowie die Aufforderung, Möglichkeiten für praktische unternehmerische Erfahrungen vor dem Ende der Pflichtschulbildung einzurichten, mit Nachdruck als alleinige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zurück. In Deutschland gehört darüber hinaus die eigenverantwortliche Konzeption von Lehrangeboten zum verfassungsrechtlich verbrieften Recht von Hochschulen und Hochschullehrern. Auch die Erwachsenenbildung genießt Freiheit bei der Erstellung der Lehrpläne, die einen staatlichen Eingriff verbietet. Der Bundesrat begegnet im Übrigen den Vorhaben der Kommission, die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten auszubauen, um die Einführung praxisorientierter Initiativen zur unternehmerischen Bildung in den einzelnen Ländern zu evaluieren, sowie gemeinsam mit der OECD einen Orientierungsrahmen für die Entwicklung unternehmerisch ausgerichteter Schulen und Berufsbildungseinrichtungen zu erarbeiten, vor diesem Hintergrund mit Zurückhaltung. Gleiches gilt für die angekündigte Einführung eines europaweiten "Tags des europäischen Unternehmertums".
- 3. Der Bundesrat begrüßt die Möglichkeit, unternehmerische Bildung für junge Menschen und Erwachsene mit Strukturfondsmitteln, vor allem aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF), im Einklang mit dem nationalen Beschäftigungsplan fördern zu können. Er lehnt aber die Aufforderung der Kommission ab, unternehmerische Schulungsprogramme für Arbeitslose als zweiten Bildungsweg innerhalb der Bildungssysteme für die allgemeine und berufliche Bildung einzurichten und durchzuführen, da dergleichen nicht in den Aufgabenbereich der allgemeinen und beruflichen Bildung fällt. Hier ist an andere Schulungsprogramme anzuknüpfen, um Arbeitslosen den (Wieder-)Einstieg ins Berufsleben durch eine Unternehmertätigkeit zu ermöglichen.
- 4. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die pauschale Aussage der Kommission, Investitionen in das unternehmerische Lernen gehörten zu den lohnenswertesten Investitionen, die Europa tätigen könne, unter anderem im Hinblick darauf differenziert zu betrachten ist, dass Zweifel an der Belastbarkeit und der Eignung der in Abschnitt 2.1. der Vorlage benannten Erkenntnisquelle bestehen.