901. Sitzung des Bundesrates am 12. Oktober 2012
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Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Ziel der Kommission, den globalen Klimawandel auf einen Temperaturanstieg von maximal zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Wert zu begrenzen.
- 2. Der Bundesrat erkennt die Bedeutung einer wirksamen Reduktion der Treibhausgasemissionen im Verkehrsbereich an und sieht dies als Beitrag zum klimapolitischen Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2050 die CO₂-Emissionen um mindestens 80 Prozent gegenüber 1990 zu senken.
- 3. Der Bundesrat unterstützt grundsätzlich den Vorschlag der Kommission, die auf Gemeinschaftsebene bereits vereinbarte Senkung der durchschnittlichen CO₂- Emissionen neuer leichter Nutzfahrzeuge ab 2020 rechtlich bindend vorzuschreiben. Diese Regelung ist als Teil eines Gesamtkonzepts zur Verringerung der Fahrzeugemissionen in der EU notwendig.
- 4. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die durchschnittlichen Emissionen leichter Nutzfahrzeuge, die im Jahr 2007 noch bei 203 g CO₂/km lagen, bereits im Jahr 2010 auf 181 g CO₂/km abgesunken sind, somit hat sich der Abstand zur Erreichung des Zieles von 147 g CO₂/km für die Zeit ab 2020 erheblich verringert.
- 5. Der Bundesrat hält es angesichts der Klimaschutzziele, der deutlich gesunkenen prognostizierten Kosten und des bereits heute erreichten Standes der Technik bei der Verbrauchsreduktion von leichten Nutzfahrzeugen für geboten, das mit dem Vorschlag vorgesehene Ziel von 147 g CO₂/km für 2020 zu verschärfen, und fordert die Bundesregierung auf, sich bei den weiteren Verhandlungen dafür einzusetzen, dass der Zielwert für das Jahr 2020 auf 120 g CO₂/km abgesenkt wird. Dabei soll sichergestellt werden, dass es nicht zu Verzögerungen im Zeitplan kommt.
- 6. Der Bundesrat verweist auf die Folgenabschätzung, welche die Durchführbarkeit des Zieles von 147 g CO₂/km für die Zeit ab 2020 für leichte Nutzfahrzeuge zu besonders geringen Kosten bestätigt hat.
- 7. Der Bundesrat teilt die Einschätzung, dass die Entwicklung in Bezug auf spezifische CO₂-Emissionen hocheffizienter Fahrzeuge wirtschafts- und wettbewerbspolitisch für die Hersteller und Zulieferer in der Automobilindustrie von enormer Bedeutung ist.
- 8. Der Bundesrat plädiert daher mit Blick auf die Investitions- und Planungssicherheit der Automobilindustrie und die weitere CO₂-Reduktion im Verkehrsbereich, dafür schon jetzt mit der Festlegung eines Zielwertes für 2025 den nächsten Schritt zu gehen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Um effektiven Klimaschutz zu betreiben, müssen die globalen Emissionen bis 2050 weltweit um mindestens 50 Prozent gemessen an den Werten von 1990 reduziert werden. Der Europäische Rat hat das Ziel der EU bekräftigt, im Rahmen der Emissionsreduktionsverpflichtung der Gruppe der Industriestaaten bis 2050 eine Emissionsverringerung von 80 bis 95 Prozent gemessen an den Werten von 1990 zu verwirklichen.
Während die Emissionen anderer Sektoren in der Regel zurückgehen, ist der Straßenverkehr einer der wenigen Sektoren, deren Ausstoß rapide zugenommen hat - zwischen 1990 und 2008 um 26 Prozent. Im Jahr 2008 konnten etwa 70 Prozent der CO₂-Emissionen aus dem Verkehrssektor dem Straßenverkehr zugeordnet werden. Er ist folglich die zweitgrößte Treibhausgas-(THG)- Emissionsquelle in der EU und für ungefähr ein Fünftel der gesamten CO₂- Emissionen der EU verantwortlich.
Mit den derzeitigen Maßnahmen würde bis 2050 nur eine Verringerung der THG-Emissionen von 40 Prozent realisiert werden. Auch die Online-Konsultation der Kommission hat ergeben, dass die Reduktion der CO₂- Emissionen des Straßenverkehrs für die EU-Klimapolitik eine bedeutende Rolle spielt und die Festsetzung von Zielen für die Zeit nach 2020 stark befürwortet wurde.
Analog zur Regelung für neue Pkw hat die Kommission Ende 2010 auch CO₂- Zielwerte für leichte Nutzfahrzeuge (Transporter) bis 3,5 Tonnen beschlossen. Danach dürfen neue Transporter schrittweise von 2014 bis 2017 durchschnittlich 175 g CO₂/km ausstoßen. Dieser Wert soll bis 2020 auf 147 Gramm sinken. Bereits heute zeigen neue Transportermodelle, dass die Zielwerte erreichbar sind.
Die rasche Absenkung der durchschnittlichen CO₂-Emissionen seit 2007 (203 g CO₂/km) bis 2010 (181 g CO₂/km) verweist auf ein deutliches Reduktionspotenzial.
Die Folgenabschätzung zu einem Folgezielwert kommt zu dem Schluss, dass sich die durchschnittlichen Kosten zur Erreichung des Ziels von 147 g CO₂/km in 2020 auf rund 500 Euro belaufen, während frühere Folgenabschätzungen 2000 bis 3000 Euro unterstellten.
Für die Marktdurchdringung besonders sparsamer Fahrzeuge sind ambitionierte CO₂-Vorgaben die wirksamste Maßnahme. Niedrigere Grenzwerte und so weniger Verbrauch sparen Kraftstoffkosten und tragen im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen zur Kostensenkung bei.
Ambitionierte Zielwerte tragen über die notwendige Minderung der CO₂- Emissionen hinaus auch zur Verringerung der Importabhängigkeit von Kraftstoff-Rohprodukten bei. Ambitionierte Zielwertfestsetzungen mit Folgewerten für die kommenden Jahre fördern die Innovationsdynamik für die weitere Entwicklung von Hybrid- und Elektrofahrzeugen und die fortgesetzte Verbesserung der konventionellen Antriebe in der deutschen Automobilindustrie. Mit Blick auf die Entwicklungszeiten und Modellwechselzyklen ist die frühzeitige Festlegung des Folgezielwertes ein Beitrag zur Planungssicherheit. Angesichts der Zunahme der globalen Automobilität und der absehbaren Verknappung und damit Verteuerung konventioneller Kraftstoffe kann die Automobilindustrie im internationalen Wettbewerb um die besten Antriebskonzepte von Morgen nur mit hocheffizienten Fahrzeugen bestehen.
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- 9. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Finanzausschuss, der Verkehrsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.