904. Sitzung des Bundesrates am 14. Dezember 2012
A
Der Ausschuss für Frauen und Jugend empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat erachtet es als notwendig, dass durch die Reform des EU-Vergaberechts keine Rechtsunsicherheit bei der Rechtsanwendung entsteht. Im Rahmen des Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie des Parlaments und des Rates über die öffentliche Auftragsvergabe, COM (2011) 896 final,
wird ausdrücklich eine verstärkte Berücksichtigung unter anderem von sozialen Aspekten, das heißt auch von gleichstellungspolitischen Aspekten, in der öffentlichen Auftragsvergabe gefordert. Dies soll auch das Kernziel der Strategie "Europa 2020", die Beschäftigungsquote bei den 20- bis 64-Jährigen - unter anderem durch die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen - auf 75 Prozent anzuheben, befördern. - 2. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, in den Ratsverhandlungen darauf hinzuwirken, dass größere vergaberechtliche Spielräume zur Berücksichtigung von gleichstellungspolitischen Zielen eröffnet werden. Grundsätzlich wird eine Klarstellung der Rechtslage im Rahmen der europäischen Vergaberechtsnovelle begrüßt. Andererseits wird die Chance, die öffentliche Auftragsvergabe zukünftig stärker auch für die Umsetzung von sozialpolitischen Zielen in der Strategie "Europa 2020" zu öffnen, nicht genutzt. Der aktuell in der Diskussion stehende Richtlinienvorschlag (Ratsdokument 16190/12 vom 14. November 2012) setzt einen unmittelbaren Zusammenhang der vertraglichen Ausführungsbedingungen mit dem Auftragsgegenstand voraus. Würde dies zur Geltung gelangen, dürfte die Nutzung vergaberechtlicher Instrumente zur Förderung gleichstellungspolitischer Ziele praktisch nicht mehr möglich sein. Der Bundesrat fordert einen flexibleren EU-Rechtsrahmen, der den Mitgliedstaaten Regelungsspielräume einräumt, öffentliche Aufträge beispielsweise nur an solche Unternehmen zu vergeben, die sich bei der Angebotsabgabe verpflichten, bei der Ausführung des Auftrags Maßnahmen zur Frauenförderung und zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im eigenen Unternehmen durchzuführen oder einzuleiten sowie das geltende Gleichbehandlungsrecht zu beachten.
B
- 3. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union empfiehlt dem Bundesrat, von einer weiteren Stellungnahme gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG zu der Vorlage abzusehen.
Begründung (nur für das Plenum):
Der Richtlinienvorschlag soll bereits am 10./11. Dezember 2012 im Wettbewerbsfähigkeitsrat verabschiedet werden.
Es gibt nur einen Restbereich, in dem keine gleichstellungspolitischen Aspekte berücksichtigt werden können.
In dem aktuell zur Diskussion stehenden Text werden sozialen Kriterien stärker Rechnung getragen als in dem ursprünglichen Vorschlag.