881. Sitzung des Bundesrates am 18. März 2011
A
Der federführende Rechtsausschuss (R) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:
1. Zu Artikel 2 (§ 62 Absatz 1 Satz 2 - neu - BeurkG)
Artikel 2 ist wie folgt zu fassen:
'Artikel 2
Änderung des Beurkundungsgesetzes
Dem § 62 Absatz 1 des Beurkundungsgesetzes vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1513), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:
"Die Länder können durch Gesetz außerdem die Zuständigkeit aller oder einzelner Amtsgerichte für die öffentliche Beglaubigung von Erklärungen zum Vereinsregister anordnen." '
Folgeänderungen:
- a) Das Vorblatt ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Abschnitt A Absatz 1 Satz 5 sind die Wörter "der Abbau überflüssiger bürokratischer Hürden" durch die Wörter "ein an die landestypischen Gegebenheiten angepasstes Verfahren" zu ersetzen.
- bb) Abschnitt B Absatz 3 ist wie folgt zu fassen:
"Der Entwurf sieht weiter vor, dass durch Landesgesetz die Zuständigkeit der Amtsgerichte für die öffentliche Beglaubigung von Erklärungen zum Vereinsregister angeordnet werden kann. Entsprechend den unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten kann damit bei Bedarf die Möglichkeit eröffnet werden, neben der Zuständigkeit der Notare auch eine Zuständigkeit aller oder einzelner Amtsgerichte in diesem Bereich zu begründen."
- cc) In Abschnitt D Nummer 2 Satz 2 sind nach dem Wort "künftig" die Wörter "aufgrund Landesgesetzes" einzufügen.
- b) Die allgemeine Begründung ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Absatz 1 Satz 3 ist das Wort "bürokratische" zu streichen.
- bb) Absatz 4 ist wie folgt zu ändern:
- aaa) In Satz 1 sind die Wörter "zum Zwecke des Abbaus überflüssiger Bürokratie vorgeschlagenen" zu streichen und nach den Wörtern "erreicht werden" die Wörter ", dass dort, wo der Landesgesetzgeber einen Bedarf dafür sieht" einzufügen.
- bbb) Satz 2 ist zu streichen.
- c) In der Einzelbegründung zu Artikel 2 ist Absatz 3 wie folgt zu fassen:
"Durch die Ergänzung des § 62 Absatz 1 soll erreicht werden, dass die mit der Anmeldung zum Vereinsregister verbundenen Förmlichkeiten, nämlich die öffentliche Beglaubigung der an die registerführende Stelle zu richtenden Erklärung, auch vor den Amtsgerichten erledigt werden können, soweit dies ein Landesgesetz anordnet. An dem Grundsatz, dass die Beglaubigungszuständigkeit bei den Notaren konzentriert sein sollte, um die Gerichte zu entlasten und Rechtspflegeaufgaben zweckmäßig zu verteilen (vgl. BR-Drs. 297/68 , S. 24 und 25), wird dabei festgehalten. Jedoch soll der Landesgesetzgeber dort, wo aufgrund der örtlichen Gegebenheiten ein Bedürfnis dafür besteht, die Möglichkeit erhalten, daneben auch eine Zuständigkeit aller oder einzelner Amtsgerichte für die öffentliche Beglaubigung von Erklärungen zum Vereinsregister vorzusehen."
Begründung (nur für das Plenum):
An der Konzentration der Beglaubigungszuständigkeit bei den Notaren ist grundsätzlich festzuhalten. Die Beglaubigung von Erklärungen zum Vereinsregister geht in der Praxis zumeist mit Beratungsbedarf einher, der derzeit von den Notaren angemessen und gegen geringe Gebühren befriedigt wird. Soweit aufgrund landesspezifischer Gegebenheiten jedoch ein Bedürfnis dafür besteht, auch eine öffentliche Beglaubigung von Erklärungen zum Vereinsregister durch die Amtsgerichte zuzulassen, soll dem Landesgesetzgeber aus föderalen Gesichtspunkten die Möglichkeit eingeräumt werden, eine solche Zuständigkeit anzuordnen.
2. Zu Artikel 4 (§ 34 Absatz 1 Satz 3 - neu - und § 69 AO)
Artikel 4 ist zu streichen.
Folgeänderungen:
- a) Der bisherige Artikel 5 wird Artikel 4.
- b) Das Vorblatt ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Abschnitt B ist Absatz 2 zu streichen.
- bb) In Abschnitt D Nummer 1 sind die beiden Sätze durch das Wort "Keine" zu ersetzen.
- c) Die allgemeine Begründung ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Absatz 1 Satz 4 sind das Komma durch das Wort "und" zu ersetzen und die Wörter "und die Abgabenordnung" zu streichen.
- bb) Absatz 3 ist zu streichen.
- d) Die Einzelbegründung zu Artikel 4 ist zu streichen.
- e) Die Einzelbegründung zu Artikel 5 wird Einzelbegründung zu Artikel 4.
Begründung (nur für das Plenum):
Eine Begrenzung der Haftung der ehrenamtlich und unentgeltlich tätigen Mitglieder des Vorstandes eines nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreiten Vereins entsprechend ihrer vorweg schriftlich festgelegten Aufgabenverteilung ist im steuerlichen Bereich nicht sachgerecht.
Dem Vorstand eines Vereins obliegt sowohl die Geschäftsführung als auch die Vertretung des Vereins. Folgerichtig bestimmt § 34 Absatz 1 Satz 1 AO, dass die gesetzlichen Vertreter juristischer Personen die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.
Sind mehrere gesetzliche Vertreter bestellt, so trifft nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jeden von ihnen die Pflicht zur Geschäftsführung im Ganzen, d.h. grundsätzlich hat auch jeder von ihnen alle steuerlichen Pflichten zu erfüllen, die der juristischen Person auferlegt sind. Der Grundsatz der Gesamtverantwortung eines jeden gesetzlichen Vertreters (Geschäftsführers) verlangt zumindest eine gewisse Überwachung der Geschäftsführung im Ganzen (vgl. BFH, Urteil vom 23. Juni 1998, - VII R 4/98 -, BStBl. 1998 II S.761 m.w. N.).
Die vorgeschlagene Gesetzesänderung würde dazu führen, dass dem Fiskus regelmäßig nur ein Haftungsschuldner für die Steuern des Vereins zur Verfügung stehen würde, da den nicht für Steuern zuständigen Vorstandsmitgliedern die Kenntnis von Pflichtverletzungen des verantwortlichen Vorstandsmitglieds kaum nachweisbar sein dürfte. Das Risiko von Steuerausfällen würde im Vergleich zur geltenden Rechtslage zu einem großen Teil auf die öffentliche Hand und infolgedessen auf die Allgemeinheit abgewälzt. Da die betreffenden Vereine über die Steuerbefreiung bereits steuerlich privilegiert werden, widerspräche die Übertragung zusätzlicher Risiken auf die öffentliche Hand dem fiskalischen Interesse der Allgemeinheit. Diese darf erwarten, dass die steuerlichen Pflichten des von der öffentlichen Hand ohnehin steuerlich begünstigten Vereins ordnungsgemäß erfüllt werden. Eine zusätzliche "Haftung" der Allgemeinheit im Falle der Verletzung steuerlicher Pflichten durch einzelne Vorstandsmitglieder überschreitet das erforderliche Maß.
Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, wieso die Voraussetzungen für die Haftung der Mitglieder des Vorstandes gegenüber dem Finanzamt schärfer sein sollen (Vorsatz erforderlich) als gegenüber dem Verein (grobe Fahrlässigkeit reicht).
Wenn im Einzelfall innerhalb einer Vereinsvorstandschaft Einigkeit über eine Haftungsbegrenzung nach Aufgabenbereichen besteht, kann dies bereits heute durch entsprechende Satzungsregelungen im Innenverhältnis des Vereins umgesetzt werden. Im Gegensatz zum Gesetzentwurf wäre neben dem Interesse der ehrenamtlich und unentgeltlich tätigen Vorstandsmitglieder auch das fiskalische Interesse der Allgemeinheit gewahrt.
B
- 3. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Ausschuss für Kulturfragen empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
C
- 4. Der federführende Rechtsausschuss schlägt dem Bundesrat vor, Minister Prof. Dr. Ulrich Goll (Baden-Württemberg) gemäß § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum Beauftragten des Bundesrates für die Beratung des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag und seinen Ausschüssen zu bestellen.