Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Hinweis: vgl.
Drucksache 698/10 (PDF) = AE-Nr. 100870 und
Drucksache 732/10 (PDF) = AE-Nr. 100871
Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss - Beseitigung grenzübergreifender steuerlicher Hindernisse für die Bürgerinnen und Bürger in der EU
1. Einleitung
Seit 1992 sind die Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten gleichzeitig Bürgerinnen und Bürger der EU und ihrer Herkunftsmitgliedstaaten. Laut EU-Recht können die 500 Mio. Bürgerinnen und Bürger der EU sich in einem anderen EU-Land niederlassen, um dort zu leben, zu studieren, zu arbeiten oder ihren Ruhestand zu verbringen, und sie können in anderen EU-Ländern einkaufen und investieren.
Die Europäische Kommission kam in ihrer Strategie "Europa 2020"1 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in der EU zu dem Schluss, dass ein Weg zur Wiederankurbelung der Wirtschaft darin besteht, die EU-Bürgerinnen und -Bürger in die Lage zu versetzen, in vollem Umfang am Binnenmarkt teilzunehmen, und ihnen hierfür das nötige Vertrauen zu geben.
Tatsache ist aber, dass die EU-Bürger bei der grenzüberschreitenden Tätigkeit im Binnenmarkt viele Engpässe überwinden müssen. Die Bürger sollten aber in der Lage sein, ihre Rechte innerhalb der EU als Bürger, Verbraucher, Studierende, Arbeitnehmer, Patienten und Rentner in vollem Umfang zu nutzen. In der Binnenmarktinitiative2 und im "Bericht über die Unionsbürgerschaft "3 wurden Maßnahmen genannt, die in verschiedenen Bereichen getroffen werden müssen, damit die Rechte der EU-Bürger in vollem Umfang wirksam werden können. Einer dieser Bereiche ist das Steuerwesen.
In dieser Mitteilung sollen die dringendsten grenzübergreifenden Steuerprobleme der EU-Bürger aufgezeigt und hierfür Lösungsmöglichkeiten umrissen werden Je nach Sachverhalt könnten die Lösungen Änderungen der nationalen Steuervorschriften einzelner Mitgliedstaaten zur Beseitigung von Diskriminierung, die Einführung gemeinsamer EU-weit geltender Rechtsvorschriften oder eine engere EU-weite Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen in neuen Bereichen sowie Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen umfassen. Die Steuervorschriften sollten Einzelpersonen nicht davon abhalten, die Vorteile des Binnenmarktes zu nutzen.
2. Aktuelle Probleme der EU-Bürgerinnen -Bürger BEI der grenzübergreifenden Besteuerung
Häufig wenden sich einzelne EU-Bürger wegen Problemen bei der grenzübergreifenden Besteuerung an die Kontaktstellen der Europäischen Kommission, die auf dem YourEuropePortal4 angegeben sind. . Aus den Jahresberichten von Your Europe Advice, SOLVIT und den Europe-Direct-Kontaktzentren geht hervor, dass zahlreiche steuerbezogene Anfragen und Beschwerden von EU-Bürgern eingehen; diese machen mindestens 3-4 % aller jährlichen Anfragen und Beschwerden aus. Die zuständigen Dienststellen5 der Kommission, die europäischen Verbraucherzentren, das European Enterprise Network und das europäische Beschäftigungsnetz EURES in grenznahen Gebieten erhalten ebenfalls zahlreiche unterschiedliche Anfragen und Beschwerden zu Steuersachen. Außerdem liegen der Kommission viele Berichte von grenzübergreifenden Vereinigungen über grenzübergreifende Steuerprobleme vor. Da immer mehr EU-Bürger jenseits der Grenzen tätig sind, dürften solche Anfragen und Beschwerden in Zukunft noch zunehmen.
Ein Großteil dieser Beschwerden betrifft die Komplexität ausländischer Steuervorschriften sowie die Schwierigkeit, Informationen über diese Vorschriften und über die daraus erwachsenden Rechte und Pflichten zu erhalten. Diese Schwierigkeiten gehen häufig auf sprachliche Hindernisse zurück, aber es gibt auch Beschwerden wegen mangelnder Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden verschiedener Staaten. Andere häufige Beschwerden betreffen widersprüchliche Auskünfte unterschiedlicher Stellen der Steuerbehörden der Mitgliedstaaten und die Auswirkungen der Anwendung örtlicher Steuern auf ausländische Gebietsansässige.
Außerdem beschweren sich
- - EU-Bürger, die ins Ausland ziehen, um dort befristet oder dauerhaft zu arbeiten, oder die täglich die Grenzen überqueren, um im Ausland zu arbeiten, über die Schwierigkeit, bei ausländischen Steuerbehörden Freibeträge oder Steuerermäßigungen bzw. -abzüge zu erhalten. Ebenso beschweren sie sich häufig über höhere progressive Steuersätze für Gebietsfremde sowie eine stärkere Besteuerung ausländischer Einkommen. Häufig genannt werden außerdem Probleme infolge von Doppelbesteuerung, die sich aus Konflikten im Zusammenhang mit dem steuerlichen Wohnsitz ergeben, der Begrenzung von Steuergutschriftsbeträgen im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen und in einigen Fällen sogar aus dem Fehlen solcher Abkommen;
- - EU-Bürger, die Immobilien in anderen Ländern als dem ihres Wohnsitzes kaufen, wegen des Fehlens von Steuerbefreiungen für ausländische Immobilien, fehlender Abzugs- und Verrechnungsmöglichkeiten für Gebietsfremde bei Verlusten im Rahmen der Grundsteuer sowie wegen höherer Gebühren bei Grundbucheintragungen für Gebietsfremde.
- - Personen, die in bewegliche Wirtschaftsgüter im Ausland investieren, über Schwierigkeiten bei der Beantragung von Quellensteuererleichterungen;
- - Personen, die in ausländische Pensionsfonds einzahlen, insbesondere wegen der Nichtabzugsfähigkeit dieser Beiträge, wegen der Doppelbesteuerung von 4 http:// ec.europa.eu/youreurope/citizens/index_en.htm Altersversorgungsbezügen und der steuerlichen Hürden für die grenzübergreifende Überweisung von Kapital, das für die Altersversorgung angesammelt wurde;
- - viele EU-Bürger, die Immobilien in einem anderen Land erben, u.a. wegen des Fehlens von Bestimmungen zur Verringerung der Doppelbesteuerung von Erbschaften und höheren Erbschaftsteuern für Gebietsfremde;
- - Verbraucher insbesondere wegen der doppelten Zulassungs- bzw. Kraftfahrzeugsteuern, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres ständigen Wohnsitzes einen Pkw kaufen oder das Fahrzeug in einen anderen Mitgliedstaat als den, in dem es angemeldet ist, verbringen. Viele können kaum verstehen, wie die EU-Vorschriften zur Freizügigkeit auf die Besteuerung angewendet werden, und nehmen fälschlich an, dass die Kfz-Steuervorschriften in der EU harmonisiert sind oder sein sollten. Außerdem beschweren sie sich wegen steuerlicher Hürden beim grenzübergreifenden Kauf von Waren im Internet sowie wegen Problemen beim grenzübergreifenden Einkauf. Ebenso gibt es Beschwerden wegen der Unterschiede zwischen den Ländern bei den Steuern auf Alkohol und Tabak sowie wegen der Schwierigkeiten bei der Einfuhr solcher Waren;
- - Vereinigungen von Künstlern und Musikern sowie anderen selbständigen Dienstleistern wegen der Verzögerungen bei der Erstattung der auf ihre Honorare einbehaltenen Steuern, wegen des Fehlens einer einzigen Anlaufstelle in den Steuerverwaltungen, wegen der strengen, kaum einzuhaltenden Fristen, die ihnen die Steuerbehörden setzen, und wegen der Probleme bei der Handhabung komplizierter, von Land zu Land unterschiedlicher Steuerformulare.
- - Unternehmen weisen oft darauf hin, dass Steuerhindernisse ein Hemmnis für die grenzübergreifende Einstellung von Mitarbeitern sind und unterschiedliche Steuersysteme miteinander in Wechselwirkung treten.
Ziel dieser Mitteilung ist es zu erläutern, wie die Kommission den EU-Bürgern helfen kann, Lösungen zu den von ihnen festgestellten Problemen der Steuerdiskriminierung zu finden.
Durch die Inanspruchnahme der Problemlösungsdienste der Kommission und die Anwendung der Regeln des EU-Vertrags lassen sich viele Probleme lösen, die den Bürgern durch Steuerdiskriminierung bei grenzübergreifenden Tätigkeiten entstehen. Andere Probleme jedoch, die sich aus der Doppelbesteuerung aufgrund der Anwendbarkeit von zwei Steuersystemen und deren Unvereinbarkeit ergeben, lassen sich so nicht lösen. Selbst dort, wo die Steuervorschriften der Mitgliedstaaten eigentlich nicht in Widerspruch zu den Vorschriften der Verträge stehen, ist es nach Auffassung der Kommission in einem Binnenmarkt nicht angebracht, dass Probleme wie Doppelbesteuerung, Unvereinbarkeiten zwischen unterschiedlichen Steuersystemen oder fehlender Zugang zu Informationen über die Steuervorschriften von Mitgliedstaaten Einzelpersonen davon abhalten, eine grenzübergreifende Tätigkeit aufzunehmen, oder sie dabei benachteiligen. Eine Harmonisierung der Steuervorschriften der Mitgliedstaaten in allen Aspekten ist weder notwendig noch machbar. Aber es sind Lösungen gefordert, die den legitimen Interessen der Bürgerinnen und Bürger in einem Bereich der Freizügigkeit, wie dem, der in den Verträgen verankert ist, Rechnung tragen. Dies kann durchaus bedeuten, dass die Lösung verschiedenartiger Steuerprobleme unterschiedliche Grade von Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten erfordert.
Aus diesem Grund hält die Kommission es auch für erforderlich, dass die EU Maßnahmen ergreift, um die unterschiedlichen Steuersysteme der Mitgliedstaaten besser miteinander in Einklang zu bringen. In dieser Mitteilung werden die entsprechenden Pläne dargelegt und der Rat, das Parlament und alle Interessengruppen aufgefordert, sich in einer gemeinsamen Strategie im Interesse der EU-Bürger aktiv an der Lösung dieser Probleme zu beteiligen.
3. Abbau von Diskriminierung in den Steuergesetzen der Mitgliedstaaten
Die Kommission hält es für sehr wichtig, diskriminierende Steuervorschriften in den Mitgliedstaaten abzubauen, um es den Bürgerinnen und Bürgern zu erleichtern, ihre Freiheit zur Ausübung grenzübergreifender Tätigkeiten zu nutzen. Eine unterschiedliche Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder ungerechtfertigte Beschränkungen der Ausübung der vier in den EU-Verträgen garantierten Grundfreiheiten sind den Mitgliedstaaten nicht gestattet. Ein Mitgliedstaat darf grenzübergreifende und inländische Sachverhalte nur dann unterschiedlich behandeln, wenn dies durch die unterschiedlichen Umstände beim betreffenden Steuerzahler gerechtfertigt ist.
Im Laufe der Jahre und mit zunehmender grenzübergreifender Tätigkeit der EU-Bürger wurde deutlich, dass viele Aspekte der Steuergesetze in den Mitgliedstaaten in Widerspruch zu diesen Vorschriften der Verträge stehen. Viele Probleme wurden bereits angegangen und gelöst. Sie betreffen zumeist Vorschriften für grenzüberschreitende Einkünfte, Grundbesitz im Ausland, Altersversorgungsbezüge, Dividenden oder die Einfuhr von Kraftfahrzeugen bzw. Alkohol und Tabak. Eine genaue Übersicht über solche Fälle findet sich im Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen6, das dieser Mitteilung beigefügt ist. Dieses Arbeitspapier enthält Informationen zu den Problemlösungsdiensten der Kommission, die den EU-Bürgern zur Verfügung stehen, und nennt Beispiele für die Arten von Steuervorschriften in den Mitgliedstaaten, die als unvereinbar mit den EU-Verträgen gelten.
Die Kommission fordert die Bürgerinnen und Bürger auf, sie auf Probleme mit den Steuergesetzen der EU-Mitgliedstaaten hinzuweisen, die sie als unvereinbar mit dem EU-Recht ansehen. Alle EU-Bürgerinnen und -Bürger können sich an die Kontaktstellen wenden, die in dem in Kapitel 2 genannten YourEurope-Portal eingerichtet wurden. Außerdem haben alle EU-Bürgerinnen und -Bürger das Recht, sich bei der Europäischen Kommission wegen einer Praxis zu beschweren, die sie für mit den EU-Verträgen unvereinbar halten.
Die Kommission will sich ihrerseits verstärkt bemühen,
- - anhand der Beschwerden wegen der Steuervorschriften der Mitgliedstaaten und der Vertragsverletzungsverfahren im Steuerbereich die Transparenz und Information für die Bürgerinnen und Bürger zu verbessern;
- - die Steuergesetzgebung der Mitgliedstaaten zu überwachen und diese grundsätzlich aufzufordern, etwaige Widersprüche zum EU-Recht innerhalb einer bestimmten Frist zu beheben;
- - zu kontrollieren, ob die Mitgliedstaaten den Entscheidungen des Gerichtshofs im Steuerbereich nachkommen, und dafür zu sorgen, dass diese auch in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, die nicht Adressaten des Urteils waren;
- - dafür zu sorgen, dass die EU-Bürgerberatungsdienste die Informationen, Schulungen und Unterlagen erhalten, die sie in die Lage versetzen, Beschwerden wegen grenzübergreifender steuerlicher Hemmnisse nachzugehen.
4. Geplante Massnahmen der EU in bestimmten Bereichen
Die Kommission plant bestimmte Maßnahmen, um die wichtigsten ungelösten Steuerprobleme von EU-Bürgerinnen und -Bürgern in grenzübergreifenden Sachverhalten zu lösen.
1. Doppelbesteuerung von Einkommen und Kapital
- Insbesondere müssen nach Auffassung der Kommission Maßnahmen getroffen werden, um Probleme der Doppelbesteuerung in der EU definitiv und in einer Weise zu lösen, die über die Lösungen von bilateralen Steuerabkommen hinausgeht. Die Kommission prüft zurzeit die Probleme, die Einzelpersonen und Unternehmen entstehen, wenn ihre Einkünfte, Gewinne und Kapitalerträge von mehr als einem Mitgliedstaat besteuert werden. Sie wird sich in einer für 2011 vorgesehenen Mitteilung detailliert mit diesen Doppelbesteuerungsproblemen befassen, um 2012 auf Basis einer Folgenabschätzung Lösungsmöglichkeiten wie z.B. ein verbindliches Verfahren zur Streitbeilegung vorzulegen, wie in dem unlängst erschienenen Monti-Bericht7 vorgeschlagen wurde, und auf diese Weise die Unzulänglichkeiten in den bilateralen Abkommen der Mitgliedstaaten zur Doppelbesteuerung von Einkommen und Kapital anzugehen.
2. Erbschaftsteuer
Fragen der grenzübergreifenden Besteuerung von Erbschaften sind für die EU-Bürger zunehmend Gegenstand von Besorgnis. Bis 2003 hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union nie mit den Erbschaftsteuervorschriften in den EU-Mitgliedstaaten befasst, aber seitdem haben einzelstaatliche Gerichte acht Rechtssachen an den EuGH verwiesen. Zudem hat die Kommission zahlreiche Beschwerden und Anfragen zu Problemen wegen Ungleichbehandlung und Doppelbesteuerung in diesem Bereich erhalten. Doppelbesteuerungsprobleme entstehen, weil sich die Gesetze in den Mitgliedstaaten, die Erbschaftsteuern erheben, sogar in der Frage, wer steuerpflichtig ist, erheblich voneinander unterscheiden. Außerdem gibt es nur sehr wenige bilaterale Steuerabkommen zwischen den Mitgliedstaaten, die auf die Doppelbesteuerung von Erbschaften eingehen, und die einseitigen Steuererleichterungsmechanismen der Mitgliedstaaten scheinen nicht sehr umfassend zu sein. Die Kommission untersucht zurzeit diese Probleme bei der grenzüberschreitenden Besteuerung von Erbschaften und führt umfangreiche Konsultationen durch. Dabei prüft sie Lösungen wie die Aufstellung von Leitlinien zur Beseitigung diskriminierender Merkmale oder eine Aufforderung an die Mitgliedstaaten, ihre einseitigen Mechanismen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung umfassender anzulegen. Die Kommission beabsichtigt, anhand der Ergebnisse der laufenden Folgenabschätzung bis Mitte 2011 Vorschläge zur 7 http://ec.europa.eu/bepa/pdf/monti_report_final_10_05_2010_de.pdf
Behebung der Probleme bei der grenzüberschreitenden Besteuerung von Erbschaften vorzulegen.
3. Besteuerung grenzübergreifend gezahlter Dividenden
Bei grenzübergreifenden Sachverhalten wird der Anspruch auf Steuereinnahmen durch die Quellensteuer zwischen dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, und dem Staat, in dem der Investor seinen Wohnsitz hat, aufgeteilt. Die Tatsache, dass Dividendenzahlungen in beiden Mitgliedstaaten versteuert werden müssen, führt jedoch häufig zu großen Problemen, denn es kann schwierig sein, eine Steuererstattung zu beantragen, es können mehrere Steuerebenen betroffen sein, und die Steuern auf Dividenden an ausländische Investoren können höher als sein diejenigen auf Dividenden an einheimische Investoren. Dies hat dazu geführt, dass sich eine wachsende Zahl von Bürgerinnen und Bürgern wegen Ungleichbehandlung beschwert und immer mehr diesbezügliche Rechtssachen an den EuGH verwiesen werden.
Die Kommission untersucht zurzeit diese Frage und beabsichtigt, 2012 auf Basis einer Folgenabschätzung eine Initiative vorzulegen, um die Probleme zu lösen, die entstehen, wenn zwei Mitgliedstaaten Steueransprüche auf Dividenden erheben können, die an Einzelinvestoren ausgeschüttet wurden. Bis diese umfassendere Analyse der Dividendenbesteuerung abgeschlossen ist, arbeitet die Kommission auch mit den Mitgliedstaaten zusammen, um dafür zu sorgen, dass die Befreiung von der Quellensteuer auf Wertpapiererträge wie Dividenden, auf die Investoren im Rahmen der Steuerabkommen Anspruch haben, so einfach und rasch wie möglich und nach Möglichkeit zum Zeitpunkt der Zahlung der betreffenden Erträge stattfindet (vgl. Empfehlung 2009/784/EG der Kommission vom 19. Oktober 2009).
4. Zulassungs- und Pkw-Steuern
Der Kauf eines Personenkraftwagens in einem anderen Mitgliedstaat als dem des ständigen Wohnsitzes oder die Verbringung eines Pkw in einen anderen Mitgliedstaat als den, in dem dieses zugelassen ist, bedeutet für die EU-Bürgerinnen und -Bürger oft einen übermäßig hohen Verwaltungsaufwand, und es kann vorkommen, dass sie die Zulassungs- bzw. Kraftfahrzeugsteuer zweimal bezahlen müssen.
2005 hatte die Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Besteuerung von Personenkraftwagen8 vorgelegt, um die Zulassungssteuern allmählich abzuschaffen und während eines Übergangszeitraums ein Erstattungssystem einzuführen. Bislang konnten die Mitgliedstaaten aber noch nicht die vollständige Einigung erzielen, die notwendig wäre, um diesen Vorschlag anzunehmen. Derzeit prüft die Kommission diese Fragen erneut, um das Problem der doppelten Kfz-Zulassungssteuern zu lösen; 2011 wird sie neue Vorschläge vorlegen.9
5. Elektronischer Handelsverkehr
Die Verbraucher in der EU halten es derzeit für schwierig, grenzübergreifend Güter oder Dienstleistungen im Internet zu kaufen. Jeder dritte Verbraucher in der EU hat bereits einen Kauf im Internet getätigt, aber nur 7 % dieser Käufe fanden grenzübergreifend statt. Gleichzeitig hätten 33 % Interesse an solchen grenzübergreifenden Käufen.
Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge versuchen 60 % der Verbraucher, im Internet grenzübergreifend einzukaufen, was aber misslingt, weil der Vorgang selbst oder der Versand vom Anbieter abgelehnt wird. 10 In der Hälfte der untersuchten Fälle konnte der Geschäftsvorgang nicht abgeschlossen werden, obwohl die Verbraucher bei der Durchführung mindestens 10 % hätten sparen können. Es gibt verschiedene Faktoren, die Unternehmen vom grenzüberschreitenden Verkauf abhalten, aber als Hauptgrund wurden Mehrwertsteuerprobleme festgestellt. 62 % der Einzelhändler erklärten, dass Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen MwSt-Vorschriften ein wichtiges praktisches Hemmnis für den grenzüberschreitenden Handel darstellen. Internethändler verkaufen nur ungern ins Ausland, weil sie dann in den Ländern, in die sie verkaufen, Steuer- und Anmeldepflichten unterliegen könnten.
Eine teilweise Verbesserung der jetzigen Lage wurde durch die Einführung einer einzigen Anlaufstelle für Anbieter von Telekom-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen erreicht, und es wurden bereits Arbeiten zur Umsetzung einer solchen Regelung aufgenommen. Die Kommission wirkt weiterhin auf die Ausweitung des Tätigkeitsbereichs einer solchen einzigen Anlaufstelle hin11. In diesem Zusammenhang hat sie am 1. Dezember ein Grünbuch veröffentlicht, um alle Interessengruppen zur Zukunft der Mehrwertsteuer, einschließlich der einzigen Anlaufstellen, zu befragen. Die Kommission fordert die Interessengruppen auf, sich aktiv an dieser Konsultation zu beteiligen, anhand deren künftige Maßnahmen in diesem Bereich vorbereitet werden.
5. Überlegungen für weitere Massnahmen
Die Kommission schlägt außerdem vor, mit den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten und den Interessengruppen einen Dialog über andere geeignete Lösungen zur Beseitigung grenzübergreifender Steuerhemmnisse für EU-Bürgerinnen und -Bürger aufzunehmen. Es wurden u.a. bereits folgende Vorschläge vorgelegt:
- - die Einrichtung zentraler einziger Anlaufstellen in Steuerverwaltungen, bei denen mobile Arbeitnehmer und Investoren maßgebliche und zuverlässige Informationen über Steuern finden, aber auch direkt Steuern entrichten und alle erforderlichen Bescheinigungen für die Steuerbehörden der jeweiligen Herkunftsländer erhalten können;
- - die Erleichterung der grenzübergreifenden Einhaltung von Steuervorschriften durch eine stärkere Angleichung der Steuerforderungs- und Steuererklärungs-Formulare, wobei die Informationen in andere EU-Amtssprachen übersetzt werden und die Informationstechnologie stärker genutzt wird;
- - Aufforderung an die Mitgliedstaaten, besondere Vorschriften für Grenzarbeitnehmer und mobile Arbeitnehmer zu erlassen, um der Wechselwirkung der Steuer- und Sozialversicherungssysteme in den verschiedenen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen;
- - Förderung einer besseren Verzahnung der unterschiedlichen Systeme zur Besteuerung der Altersversorgung, um die Mobilität von Arbeitnehmern zu fördern.
6. Fazit
Die Beseitigung von Steuerhemmnissen kann eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, die Möglichkeiten und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu stärken, jenseits der Grenzen zu arbeiten, in den Ruhestand zu gehen, zu investieren oder Güter und Dienstleistungen zu erwerben. Die Kommission schlägt vor, ihren Beitrag zu leisten, um - Beschwerden aktiv nachzugehen und anhand der Ergebnisse der Beschwerden über die Steuergesetze der Mitgliedstaaten und die Vertragsverletzungen im Steuerbereich sicherzustellen, dass Transparenz und Information für die Bürgerinnen und Bürger verbessert werden. Dies wird insbesondere durch die alljährliche Veröffentlichung bürgerfreundlicher Informationen auf der Europa-Website erfolgen;
- - den Zugang zum Informationsdienst Europe Direct der Kommission und zur Bürgerberatung auf YourEurope zu erleichtern, damit diese Dienste steuerbezogenen Fragen besser nachgehen können und die Bürgerinnen und Bürger schneller Hilfe und Beratung erhalten. Die Informationen auf dem YourEurope-Portal werden benutzerfreundlich aufbereitet;
- - 2011 eine detaillierte Analyse der Probleme aufgrund von Doppelbesteuerung vorzulegen und daran zu arbeiten, dass 2012 eine endgültige Lösung anhand einer Folgenabschätzung vorliegt;
- - 2011 anhand der Ergebnisse einer Folgenabschätzung Lösungsvorschläge für grenzübergreifende Erbschaftsteuerprobleme vorzulegen;
- - 2012 anhand der Ergebnisse einer Folgenabschätzung Lösungsvorschläge für Probleme bei der Besteuerung der grenzübergreifenden Zahlung von Dividenden vorzulegen;
- - Lösungsvorschläge für Probleme der EU-Bürger bei der Pkw-Besteuerung und beim Internetkauf von Gütern und Dienstleistungen vorzulegen;
- - 2011 in einer Arbeitsgruppe mit Steuerexperten eine Diskussion mit den Mitgliedstaaten zu der Frage in Gang zu bringen, wie sich in die Einhaltung der Steuervorschriften in grenzübergreifenden Sachverhalten vereinfachen lässt.
Damit die Probleme der EU-Bürgerinnen und -Bürger bei der Besteuerung in grenzübergreifenden Sachverhalten wie Doppelbesteuerung, komplizierte Steuerverfahren und Fehlen klarer Informationen für ausländische Steuerpflichtige erfolgreich angegangen werden können, braucht die Kommission die Unterstützung des Rates, des Europäischen Parlaments, der Mitgliedstaaten und anderer Akteure. Deshalb fordert die Kommission alle interessierten Kreise auf, sich aktiv an der Behebung der in dieser Mitteilung beschriebenen steuerlichen Hemmnisse zu beteiligen, damit der Binnenmarkt den EU-Bürgern wirkliche Vorteile bringt. Die Kommission wird die Fortschritte, die bei der Behebung der Probleme im Zusammenhang mit der grenzübergreifenden Besteuerung, insbesondere der Doppelbesteuerung von Kraftfahrzeugen, erreicht wurden, in einem Bericht über die Unionsbürgerschaft darlegen, der für 2013, dem Europäischen Jahr der Bürgerinnen und Bürger, geplant ist.
- 1. http://europa.eu/press_room/pdf/complet__de_sg-2010-80021-06-00-de-tra-00.pdf
- 2. KOM (2010) 608.
- 3 KOM (2010) 603
- 5. SEK(2010)1576.
- 6 SEK(2010)1576.
- 8. KOM (2005) 261 endgültig.
- 9 Eine von der Frage der doppelten Kfz-Zulassungssteuer getrennte Frage sind die Vorschriften für die Zulassung von Kraftfahrzeugen, die zuvor in einem anderen Mitgliedstaat zugelassen waren. Zu letzterer wird die Kommission, wie in ihrem Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010 (KOM (2010) 603) angekündigt, 2011 einen Rechtsakt vorschlagen, um die Förmlichkeiten und Bedingungen für bereits in einem anderen Mitgliedstaat zugelassene Kfz zu vereinfachen und so die Hindernisse bei der grenzübergreifenden Verbringung solcher Fahrzeuge beseitigen.
- 10. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über grenzüberschreitenden elektronischen Handelsverkehr in der EU (KOM (2009) 557 endgültig) vom 22.10.2009 und Arbeitspapier der Kommissionsdienststellen "Report on crossborder e-commerce in the EU", SEK(2009) 283 (nur englischer Sprache verfügbar).
- 11 2004 hat die Kommission eine solche "einzige Anlaufstelle" (KOM (2004) 728) vorgeschlagen, durch die bestimmte Berichtspflichten in dem Mitgliedstaat, in dem ein Unternehmen ansässig ist, erfüllt werden können. Dieser Vorschlag ist jedoch noch nicht angenommen worden.