Antrag der Länder Rheinland-Pfalz, Berlin, Brandenburg
Haushaltsbegleitgesetz 2011
(HBeglG 2011)

Punkt 5 der 877. Sitzung des Bundesrates am 26. November 2010

Der Bundesrat möge beschließen, zu dem Gesetz gem. Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes die Einberufung des Vermittlungsausschusses aus folgendem Grund zu verlangen:

Zu Artikel 1 - Luftverkehrsteuergesetz (LuftVStG)

Artikel 1 ist zu streichen.

Begründung:

Eine Luftverkehrsteuer in vorgesehener Form und im nationalen Alleingang ist volkswirtschaftlich kontraproduktiv und schädigt den Wirtschaftsstandort Deutschland. Den erwarteten Steuereinnahmen beim Bund stehen ungleich höhere Arbeitsplatz- und Wertschöpfungsverluste in den Ländern gegenüber. Einschlägige Gutachten prognostizieren nach Einführung einen Passagierrückgang von 5 Mio. bis 7 Mio. Fluggästen pro Jahr, einen Verlust an Bruttowertschöpfung von 900 Mio. bis 1 Mrd. € und negative Effekte für die öffentliche Hand von 500 Mio. € bis 550 Mio. €. Die Modellrechnungen gehen von einem Verlust an Arbeitsplätzen zwischen 13.000 und 20.000 aus. Dem gegenüber steht eine Einnahmeschätzung des Bundesministers der Finanzen in Höhe von jährlich etwa 1 Mrd. €. Dementsprechend negative volkswirtschaftliche Auswirkungen waren auch nach der Einführung einer vergleichbaren Steuer in den Niederlanden zu beobachten. Diese führten bereits nach einem Jahr zu einer Rücknahme der Steuer.

Die Luftverkehrsteuer benachteiligt den Wirtschaftstandort Deutschland, indem sie Regelungen für Bereiche des nationalen Luftverkehrs trifft, die zu einer Verteuerung bestimmter Transportleistungen führen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Flughäfen und der in Deutschland operierenden Fluggesellschaften im Vergleich zu denen in europäischen Nachbarstaaten herabsetzt.

Die Luftverkehrsteuer ist geeignet, durch ihre Auswirkungen erhebliche Ungleichgewichte zu schaffen, da sie sich abhängig von der geostrategischen Lage und den Marktsegmenten an den Flughäfen unterschiedlich auswirkt. Die Gutachten gehen davon aus, dass Flughäfen in Grenznähe und mit nennenswerten Anteilen an Low-Cost-Flugverkehren überproportional geschädigt werden. Diese Einschätzung wird bereits bestätigt durch die Ankündigung mehrer Low-Cost-Fluggesellschaften, auf die gedämpfte Nachfrage schnell zu reagieren und Teile ihrer Flotte von deutschen zu benachbarten ausländischen Flughäfen zu verlagern.

Ohnehin hat der Luftverkehrsmarkt in junger Vergangenheit starke Beeinträchtigungen erfahren durch die Finanz- und Wirtschaftskrise, den harten Winter 2009/2010 und zuletzt die Vulkanaschewolke. Weitere Benachteiligungen sind in dieser Situation zu vermeiden.

Das Gesetz steht mit dem Grundgesetz und europäischen Normen nicht im Einklang. Die Konzeption der Luftverkehrsteuer verstößt gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Besteuerungsmodell führt zu zahlreichen nicht rechtfertigbaren Ungleichbehandlungen, so z.B. das Nichtbesteuerungsprivileg für Umsteiger. Weiter sind die Regelung in §§ 1, 5 und 11 LuftVStG teilweise nicht hinreichend bestimmt und es bleibt die Entscheidung wesentlicher steuerlicher Fragen der Exekutive überlassen. Es ergeben sich eine unzulässige Pauschalermächtigung und die Möglichkeit der Doppelbesteuerung nach dem Einbezug des Luftverkehrs in den europäischen Emissionshandel ab 2012. Die Regelungen widersprechen der Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Die Einführung der Luftverkehrsteuer ist nicht durch die Bundeskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG gedeckt. Bei der Luftverkehrsteuer handelt es sich um eine Aufwandssteuer, sie ist weder eine Verbrauchssteuer im Sinne von Art 105 Abs. 2 GG, noch eine auf sonstige motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrssteuer im Sinne von Art. 106 Abs. 1 Nr. 3 GG. Damit verstößt die Einführung einer Luftverkehrsteuer durch den Bund in vorliegender Form gegen die grundgesetzliche Finanzverfassung.