Punkt 39 der 854. Sitzung des Bundesrates am 13. Februar 2009
Der Bundesrat möge ergänzend beschließen:
- 1. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, gegenüber der Kommission darauf hinzuwirken, dass die vorgeschlagene Richtlinie sämtliche Kapitaleinkünfte erfasst, die mit Zinserträgen vergleichbar sind. Vor allem der neu eingefügte Artikel 6 Absatz 1 Doppelbuchstabe aa der vorgeschlagenen Richtlinie könnte weiter gefasst werden. Es ist vorgesehen, die Anwendung der vorgeschlagenen Richtlinie an die Rückzahlung von 95 Prozent des investierten Kapitals bei Laufzeitende zu knüpfen. Für eine sichere Anwendung durch die Zahlstellen sollte klargestellt werden, dass es auf die vereinbarte Rückzahlung ankommt. Käme es nämlich auf die tatsächliche Rückzahlung an, könnte die Zahlstelle bei Zinszahlungen während der Laufzeit nicht beurteilen, ob die vorgeschlagene Richtlinie anzuwenden ist oder nicht. Zudem gibt es Produkte, die eine Rückzahlung nur zu einem Anteil garantieren (z.B. Teilgarantiezertifikate). Daher regt der Bundesrat an zu prüfen, ob anstelle von 95 Prozent ein niedrigerer Prozentsatz (z.B. 50 Prozent) ausreicht.
- 2. Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e der vorgeschlagenen Richtlinie sieht eine Erweiterung des Begriffs "Zinszahlung" auf Erträge aus Lebensversicherungsverträgen vor, soweit die Verträge zwei Voraussetzungen erfüllen. Zum einen muss der Vertrag ein biometrisches Risiko (z.B. den Todesfall) während der Vertragslaufzeit im Schnitt mit weniger als 5 Prozent des versicherten Kapitals abdecken. Zum anderen muss die tatsächliche Vertragsleistung vollständig an Zinsen oder vergleichbare Erträge im Sinne der vorgeschlagenen Richtlinie geknüpft sein. Erträge aus Kapitallebensversicherungen gehören nach dem deutschen Einkommensteuerrecht zu den grundsätzlich steuerpflichtigen Kapitalerträgen, so dass für die inländische Besteuerung möglichst umfassende Informationen über im Ausland erzielte Erträge aus Kapitallebensversicherungen bereitgestellt werden sollten. Die Informationspflichten ausländischer Zahlstellen sollten sich daher grundsätzlich auf alle Erträge aus Kapitallebensversicherungen (jeweils Unterschiedsbetrag zwischen Versicherungsleistung im Erlebensfall und geleisteten Beiträgen) erstrecken. Eine Beschränkung auf Produkte, die als Kapitalanlagen mit Sparcharakter behandelt werden, weil die Absicherung des biometrischen Risikos von ganz untergeordneter Bedeutung ist, ist hierbei nicht zielführend. Den beteiligten Staaten kann allerdings - wie bei Investmentfonds bereits vorgesehen - das Recht eingeräumt werden, Versicherungserträge (aus fondsgebundenen Versicherungen) von der Anwendung der Zinsrichtlinie auszunehmen, wenn der Anteil der verzinslichen Anlagen im Vertragskapital nicht mehr als 15 Prozent beträgt. Auch bei Inanspruchnahme einer solchen Ausnahmeregelung bliebe die Informationspflicht für Versicherungserträge aus Kapitallebensversicherungen mit Sparcharakter erhalten. Mit einer grundsätzlichen Ausdehnung auf alle Kapitallebensversicherungsprodukte wird die Definition des Anwendungsbereichs der vorgeschlagenen Richtlinie erheblich vereinfacht. Eine möglichst umfassende Informationspflicht dürfte auch den Belangen inländischer Versicherungsunternehmen und Anlageinstitute entgegenkommen, deren Produkte dem inländischen Steuerabzug unterliegen und die aus Wettbewerbsgründen an der Sicherstellung der Besteuerung ausländischer Versicherungserträge ein Interesse haben.