Der Ministerpräsident Kiel, den 15. Januar 2008
des Landes Schleswig-Holstein
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust
Sehr geehrter Herr Präsident,
die schleswigholsteinische Landesregierung hat in ihrer Sitzung am 15. Januar 2008 beschlossen, dem Bundesrat die anliegende
- Entschließung des Bundesrates zur zukünftigen Beimischung von Biokraftstoffen
zuzuleiten.
Ich bitte Sie, den Entschließungsantrag gemäß § 36 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Harry Carstensen
Entschließung des Bundesrates zur zukünftigen Beimischung von Biokraftstoffen Antrag des Landes Schleswig-Holstein
- 1. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung in der Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnung (BioNachV) anspruchsvolle Zielgrößen für das Treibhausgas-Verminderungspotential der Biokraftstoffe festzulegen. Die im Entwurf der Bundesregierung vorgesehenen Basiswerte von mindestens 30 % bzw. 40 % ab dem Jahr 2011 sind zu gering. Vorliegende Öko- und Energiebilanzen von den aktuell am Markt verfügbaren Biokraftstoffen der ersten Generation belegen, dass bei guten Produktionsbedingungen eine Netto-Treibhausgasminderung von 50% bereits heute erreichbar ist und zugleich eine klimapolitisch sinnvolle Zielsetzung darstellt.
- 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung die Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnung (BioNachV) im Hinblick auf vermeidbare administrative und finanzielle Aufwendungen zu überprüfen und dabei auch der Praxistauglichkeit der umzusetzenden Einzelpunkte hohe Priorität beizumessen.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, dass mit dem Verfahren des Hydrotreatings erzeugte Biokraftstoffe bzw. Biokraftstoffanteile nicht zu einem festen Termin (1. Januar 2010) auf die Biokraftstoffquote anrechenbar werden, sondern erst, nachdem die Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnung mit wirksamen Umweltanforderungen in Kraft gesetzt wurde und erste positive Erfahrungen mit einem effektiven Vollzug und zu erwartenden GATT-rechtlichen Anfechtungen vorliegen.
- 4. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung die mit der Änderung der Biokraftstoffregelungen in 2015 vorgesehene Umstellung des Fördersystems und die Zielwerte für die Biokraftstoffverwendung (17 Prozent energetisch bis 2020) zu revidieren, wenn sie die Mindestanforderung eines Netto-Treibhausgasminderungsbeitrags von 50 % für nicht realistisch erachtet.
Begründung
- zu 1) Gemäß dem Achten Gesetz zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes werden die Quoten für Biokraftstoffe ab 2015 nicht mehr als energetischer Anteil am Kraftstoffverbrauch, sondern als Netto-Treibhausgasminderungsbeitrag formuliert. Dieser - aus Klimaschutzsicht grundsätzlich sinnvolle Ansatz - hat jedoch die paradoxe Folge: je geringer der Netto-Treibhausgasminderungsbeitrag ist desto mehr Biokraftstoffe müssen produziert und anteilig verkauft werden. Das ist unter Effizienzgesichtspunkten und der ernst zu nehmenden Debatte, welche Biomasseanteile in Strom-, Wärme- und Kraftstoffmarkt gehen sollten, ein klar kontraproduktiver Effekt. Umso wichtiger ist es, in der BioNachV anspruchsvolle Untergrenzen für den Netto-Treibhausgasminderungsbeitrag zu formulieren. Die in § 4 formulierten Werte von mindestens 30% bzw. ab 1.1.2011 von 40% sind vor diesem Hintergrund zu gering.
- zu 2) Um auf eine möglichst breite Akzeptanz für die Verwendung von Biomasse zur Erzeugung von Energie zu stoßen, sind die administrativen und finanziellen Aufwendungen für alle Beteiligten auf ein notwendiges Maß zu reduzieren.
- zu 3) Es besteht nicht die Notwendigkeit, bereits jetzt eine ab 2010 geltende Regelung zum Hydrotreating in Kraft zu setzen. Die Inkraftsetzung der Nachhaltigkeitsverordnung sollte abgewartet und die ersten Erfahrungen sollten zunächst evaluiert werden. Das würde im Übrigen das Interesse der (nationalen und internationalen) Verbände der Mineralöl- und Biokraftstoffwirtschaft an der Inkraftsetzung und wirksamen Umsetzung der BioNachV deutlich befördern und somit für den weiteren Arbeitsprozess auch auf internationaler Ebene sehr hilfreich sein.
- zu 4) Ab dem Jahr 2015 ist in der Novellierung der Biokraftstoffquotenregelungen vorgesehen die Biokraftstoffanteile und -ziele in dem Zeitraum 2015-2020 deutlich zu erhöhen und zudem nicht mehr als energetischen Anteil am Kraftstoffverbrauch, sondern als Netto-Treibhausgasminderungsbeitrag zu formulieren. Dieser - aus Klimaschutzsicht grundsätzlich sinnvolle Ansatz - hat allerdings die paradoxe Folge, dass je geringer der Netto-Treibhausgasminderungsbeitrag ist desto mehr Biokraftstoffe müssen produziert und anteilig verkauft werden. Wenn die Bundesregierung dem Antrag auf Erhöhung des mindestens erforderlichen Netto-Treibhausgasminderungsbeitrag in der Biomasse-Nachhaltigkeitsverordnung auf 50% nicht folgt, weil sie ihn nicht für erreichbar hält, sollten die vorgesehenen Erhöhungen der Quoten revidiert werden.