Der Bundesrat hat in seiner 840. Sitzung am 20. Dezember 2007 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Das Legislativ- und Arbeitsprogramm der Kommission für 2008 greift die Schwerpunkte für die Arbeit der Kommission im kommenden Jahr auf. Es ist naturgemäß allgemein gehalten und bedarf im Einzelnen der Präzisierung. Angesichts wichtiger Ereignisse im Jahr 2009 (Wahlen zum Europäischen Parlament, Ende der Amtszeit der Barroso-Kommission) kommt dem Arbeitsprogramm eine besondere Bedeutung zu. Der Bundesrat wird die Aktivitäten der Kommission daher konstruktiv, aber auch kritisch begleiten und sich bei für die Länder wichtigen Vorhaben aktiv in den europäischen Meinungsbildungsprozess einbringen.
- 2. Der Bundesrat unterstützt die im Legislativ- und Arbeitsprogramm 2008 enthaltenen vier strategischen Ziele Wohlstand, Solidarität, Sicherheit und Freiheit sowie ein stärkeres Europa in der Welt. Er teilt die Auffassung der Kommission, dass der Klimawandel und eine sichere, wettbewerbsfähige und nachhaltige Energieversorgung zu den zentralen Herausforderungen gehören, denen sich die EU in besonderer Weise stellen muss.
- 3. Aus Sicht des Bundesrates ist es besonders wichtig, dass die politische Neuausrichtung des EU-Reformvertrags mit seiner Betonung einer strikten Einhaltung der Kompetenzordnung und des Subsidiaritätsprinzips bereits im Vorfeld seiner Ratifizierung umgesetzt wird. Der Bundesrat erwartet eine entsprechend hohe Aufmerksamkeit der Kommission und bereits jetzt einen sensiblen Umgang aller EU-Institutionen mit diesen Anliegen. Dieser Zielsetzung wird das Arbeitsprogramm für 2008 nicht immer gerecht.
- 4. So enthält das Arbeitsprogramm auch Maßnahmen und Initiativen, die einer europäischen Regelung nicht oder nur teilweise bedürfen. Beispielsweise muss die gemeinschaftliche Migrationspolitik die durch das Subsidiaritätsprinzip gesetzten Grenzen beachten. Die legale Zuwanderung ist primär in nationaler Verantwortung zu gestalten. Auch im Bereich der Bildungspolitik ist angesichts der fehlenden Regelungszuständigkeit besondere Vorsicht geboten, wenn es in dem Arbeitsprogramm heißt, dass "die Kommission weiterhin neue Wege zur Förderung von Bildung, Weiterbildung, Forschung und Innovation als Bestandteil der Lissabon-Strategie prüfen wird".
- 5. Die laufenden Bemühungen der Kommission zur Vereinfachung bestehender Rechtsvorschriften werden begrüßt, soweit damit substantielle Entlastungen der Bürger, der Wirtschaft oder der Verwaltung verbunden sind. Kritisch sind jedoch Bestrebungen zu bewerten, neue Rechtsvorschriften zu schaffen, wenn sie dem Subsidiaritätsprinzip widersprechen und die Entbürokratisierungsbemühungen konterkarieren. Der Bundesrat hält deshalb auch die zunehmenden Statistik- und Berichtspflichten für nicht angemessen und bittet die Kommission in jedem Einzelfall um sorgfältige Prüfung der Notwendigkeit.
- 6. Der Bundesrat nimmt die Aussage der Kommission zur Kenntnis, wonach die Beiträge der nationalen Parlamente zur jährlichen Strategieplanung 2008 in vollem Umfange berücksichtigt worden seien. Er stellt aber fest, dass dies für wesentliche Inhalte seiner diesbezüglichen Stellungnahme vom 8. Juni 2007 (BR-Drucksache 153/07(B) ) nicht zutrifft.
- 7. Die Kommission wird die nationalen Parlamente künftig verstärkt in die eigene Willensbildung mit einbeziehen. Vor diesem Hintergrund sieht der Bundesrat einem konstruktiven Dialog mit Kommission und Bundesregierung zu den im nächsten Jahr auf europäischer Ebene geplanten Aktivitäten positiv entgegen.