Punkt 27 der 840. Sitzung des Bundesrates am 20. Dezember 2007
Der Bundesrat möge anstelle der Ziffern 1 und 2 der Drucksache 681/1/07 Folgendes beschließen:
- 1. Der Bundesrat nimmt die Vorlage des Grünbuchs "Hin zu einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt" kritisch zur Kenntnis. Er lehnt die im Grünbuch enthaltenen Überlegungen der Kommission ab, soweit sie auf der Annahme einer europäischen Zuständigkeit für den Stadtverkehr beruhen. Insbesondere die im Grünbuch skizzierten Vorschläge der Kommission, die in das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen und die verfassungsmäßigen Kompetenzen der Mitgliedstaaten oder der deutschen Länder unzulässig eingreifen und auf legislative Maßnahmen der Kommission abzielen (z.B. Einführung einer City-Maut, Markteinführung sauberer und energieeffizienter Fahrzeuge durch eine umweltbewusste öffentliche Beschaffungspolitik), lehnt er ab.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass die Bemühungen der Kommission, programmatische Aussagen zum Stadtverkehr zu beschließen, nicht fortgeführt werden.
- 2. Lösungsansätze für die Herausforderungen des Stadtverkehrs sind vielmehr vorrangig von den Akteuren vor Ort zu entwickeln. Ein Handlungsbedarf der EU kann nur dann akzeptiert werden, wenn die EU einen Mehrwert gegenüber lokalen oder regionalen Initiativen schaffen kann. Dieser Mehrwert ist jedoch nicht erkennbar. Nach dem Subsidiaritätsprinzip ist die kommunale Verkehrspolitik Gegenstand der kommunalen Selbstverwaltung. Die Rolle der Kommission sollte sich darauf beschränken, eine Kommunikationsplattform zu bilden und einen Wissensaustausch zwischen Städten und Kommunen zu befördern.
Der Bundesrat erkennt an, dass die Kommission mit dem Grünbuch den Kommunen Hilfeleistungen anbietet für Auflagen und Vorschriften der EU, z.B. im Bereich der Luftreinhaltung. Bei deren Umsetzung kann die mit dem Grünbuch initiierte Diskussion helfen, Lösungsansätze zu finden.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die Kommission vertritt im Grünbuch die Auffassung, dass die Kommunen die zunehmenden Probleme im Stadtverkehr (insbesondere Verkehrsüberlastung, Umweltverschmutzung, Verkehrssicherheit) nicht alleine lösen können. "Die Europäische Union ist es sich schuldig, in dieser Frage eine treibende Kraft zu sein" (so die Kommission auf Seite 2 der BR-Drucksache 681/07 (PDF) ). Die Kommission geht dabei offensichtlich von einer eigenen Zuständigkeit für den Stadtverkehr aus. Lösungsansätze sind allerdings vorrangig von den Akteuren vor Ort zu entwickeln. Für die meisten Ansätze des Grünbuchs besteht kein europäischer Handlungsbedarf. Gegen einen Austausch vorbildlicher Praktiken (best practices) im Stadtverkehr gibt es keine Bedenken, wohl aber gegen die Schaffung europäischer Rechtsakte im Bereich städtischer Verkehrspolitik (z.B. Einführung einer City-Maut). Dies würde dem Subsidiaritätsprinzip diametral widersprechen.