Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beschäftigungschancen

830. Sitzung des Bundesrates am 16. Februar 2007 älterer Menschen

A

Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialversicherung (AS), der Ausschuss für Familie und Senioren (FS), der Ausschuss für Kulturfragen (K) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 (§ 14 Abs. 3 Satz 1 TzBfG)

In Artikel 1 § 14 Abs. 3 Satz 1 ist die Zahl "52" durch die Zahl "45" zu ersetzen.

Begründung

:

Erleichterte Befristungsmöglichkeiten sind nicht nur für die ab 52-Jährigen notwendig um Langzeitarbeitslosigkeit zu vermeiden. So sieht die Bundesregierung für die ab 45-Jährigen einen besonderen Bedarf im Bereich der Weiterbildung zur Verbesserung der Beschäftigungschancen (vgl. Artikel 3 Nr. 6 des Gesetzentwurfs). Dementsprechend bietet es sich an, bereits für ab 45- jährige Arbeitsuchende befristete Arbeitsverhältnisse ohne weiteren sachlichen Grund zuzulassen.

2. Zu Artikel 1 (§ 14 Abs. 3 Satz 1, Satz 1a - neu - TzBfG)

In Artikel 1 § 14 ist Abs. 3 wie folgt zu ändern:

Begründung

:

Mit der Ergänzung von Satz 1 wird die Möglichkeit eröffnet, dass die sachgrundlose Befristungsmöglichkeit eines Arbeitsvertrages mit einem Arbeitnehmer ab 52 Jahren auch bei drohender Arbeitslosigkeit möglich ist.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung führt dazu, dass ältere Arbeitnehmer, die auf Grund einer Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind, zunächst in die Arbeitslosigkeit geschickt und erst nach vier Monaten wieder befristet angestellt werden können. Dies widerspricht dem Grundanliegen des Gesetzes, die Beschäftigungschancen älterer Menschen zu verbessern. Denn dann dürfte sich die arbeitsmarktliche Situation des Arbeitnehmers noch verschärft haben, indem er - angesichts seines höheren Alters und dem fortschreitenden Verlust von Qualifikationen - noch schwerer eine (un-)befristete Stelle bekommt. Eine Befristung muss deshalb auch möglich sein, wenn ein älterer Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht ist. Dies ist europarechtlich zulässig und auch vom Urteil des EuGH vom 22. November 2005 in der Rechtssache C-144/04 ("Mangold") gedeckt. Das Urteil setzt keine Arbeitslosigkeit voraus. Zwar verlangt der EuGH eine Verknüpfung des Merkmals Alter mit anderen Erwägungen im Zusammenhang mit der Struktur des jeweiligen Arbeitsmarktes und der persönlichen Situation des Betroffenen zur Erreichung des Zieles der beruflichen Eingliederung arbeitsloser älterer Arbeitnehmer. Das bedeutet aber nicht, dass zuerst Arbeitslosigkeit vorliegen muss. Zum einen behandelt der EuGH die Voraussetzungen für ein europarechtskonformes Befristungsrecht nicht abschließend.

Er hatte nur über die bestehende deutsche Regelung zu entscheiden.

Zum anderen wird, sollte die Befristungsmöglichkeit auch an die drohende Arbeitslosigkeit geknüpft werden, ebenfalls das Ziel der beruflichen Eingliederung arbeitsloser älterer Menschen gefördert. So würde die Arbeitslosigkeit ja gerade verhindert.

Um den Bedenken des EuGH Rechnung zu tragen und zu verhindern, dass bei jeder absehbaren Beendigung eines Arbeitsverhältnisses automatisch drohende Arbeitslosigkeit angenommen und damit eine Befristung möglich wird, ist Satz 2 entsprechend um die zusätzliche Voraussetzung der bestehenden Verpflichtung des § 37b SGB III, sich arbeitsuchend zu melden, zu ergänzen; die Arbeitsagentur muss bescheinigen, dass auf Grund des Alters, der Qualifikation und der regionalen Arbeitsmarktsituation eine nachfolgende Arbeitslosigkeit wahrscheinlich ist.

3. Zu Artikel 3 Nr. 3a - neu - und 3b - neu - (§ 84 Satz 2 - neu - und § 85 Abs. 1 Satz 3 - neu - SGB III)

In Artikel 3 sind nach Nummer 3 folgende Nummern einzufügen:

Begründung

:

Die Änderungen nehmen im Wesentlichen eine verfassungsrechtlich gebotene Klarstellung vor.

Die Kompetenz zur Regelung des öffentlichen Schulwesens sowie der staatlichen Schulaufsicht ist vom Grundgesetz ausschließlich den Ländern zugewiesen.

Nach der bisherigen Fassung der §§ 77 bis 87 SGB III gelten die Vorschriften auch für Schulen im Sinne des Schulrechts der Länder. Damit kann der Bund insbesondere zu einer Qualitätsüberprüfung bzw. Zertifizierung der Schulen im Sinne des Schulrechts der Länder durch beauftragte private Zertifizierungsagenturen zwingen. Er greift so in die Kulturhoheit der Länder ein.

Dieser Eingriff ist in weiten Bereichen verfassungswidrig. In verfassungskonformer Auslegung dürfen die §§ 84 bis 87 SGB III und insbesondere das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV deshalb auf öffentliche Schulen nicht angewandt werden. Auch im Bereich der Privatschulen müssen Ausnahmen gemacht werden soweit bundes- oder landesrechtlich geregelte Ausbildungsgänge inmitten stehen.

Der Bund meint jedoch, §§ 84 bis 87 SGB III und das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV würden auch für die öffentlichen Schulen in den Ländern gelten.

Die Vorschriften seien auch in vollem Umfang und unterschiedslos auf alle Privatschulen anwendbar, die der (Schul-)Aufsicht der Länder unterstehen.

Deshalb ist eine gesetzliche Klarstellung erforderlich.

Außerdem will das Gesetz zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Menschen die bestehende Regelung zur Weiterbildungsförderung nach § 417 Abs. 1 SGB III erweitern und der Weiterbildungsbildungsförderung neue Impulse geben. Auch aus diesem Grund ist der Zugang künftig ausdrücklich zu allen - auch zu den Weiterbildungsangeboten an öffentlichen Schulen, an Schulen für Berufe des Gesundheitswesens und an privaten Ersatzschulen nach dem Schulrecht der Länder - zu öffnen.

4. Zu Artikel 3 Nr. 6 (§ 417 Abs. 1 Satz 1, Satz 1a - neu -, Satz 4 - neu - SGB III)

In Artikel 3 Nr. 6 ist § 417 Abs. 1 wie folgt zu ändern:

Begründung

:
Zu Buchstabe a:

Es muss sichergestellt werden, dass auch wirtschaftsnahe Träger der beruflichen Weiterbildung, die sich mit Ihrem Angebot auch am Bedarf der Wirtschaft orientieren als Träger in Betracht kommen. Die Neufassung von § 417 Abs. 1 SGB III-E würde dazu führen, dass wichtige Träger aus diesem Bereich als Träger der geförderten Weiterbildungsmaßnahmen ausgeschlossen würden.

Die bisherige Gesetzesformulierung ist flexibler und sollte deshalb insoweit beibehalten werden.

Zu Buchstabe b:

Der Satz dient der Klarstellung. Wenn auch Maßnahmen gefördert werden können die außerhalb der regulären täglichen Arbeitszeit durchgeführt werden, so erhöht dies die Flexibilität der Weiterbildung. Dadurch dürfte das Interesse an diesen Maßnahmen zunehmen, nachdem die Weiterbildungsbeteiligung Beschäftigter bei dem Sonderprogramm Wegebau der Bundesagentur für Arbeit des Jahres 2006 nur minimal war. Außerdem stärkt die Förderfähigkeit von Maßnahmen, die ganz oder teilweise außerhalb der regulären Arbeitszeit durchgeführt werden, auch die Eigenverantwortung der Beschäftigten bei der Weiterbildung.

Zu Buchstabe c:

Es soll verhindert werden, dass in Unternehmen nahe der Grenze von 250 Beschäftigten eine grundsätzlich wünschenswerte Erhöhung von Ausbildungsplätzen zu einem Wegfall der Förderfähigkeit der Beschäftigten führen könnte.

5. Zu Artikel 3 Nr. 7 (§ 421f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 SGB III)

In Artikel 3 Nr. 7 ist § 421f wie folgt zu ändern:

Begründung

:

Um das Instrumentarium zur Wiedereingliederung der 50-Jährigen und Älteren in den ersten Arbeitsmarkt effizienter nutzen zu können, ist es erforderlich, die Mindestzeiten von Arbeitslosigkeit deutlich zu verkürzen, bevor die Eingliederungszuschüsse zum Tragen kommen können. Denn je länger die Arbeitslosigkeit andauert desto schwieriger wird eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt.

Umgekehrt ist es wahrscheinlich, dass bei Arbeitsuchenden, die eine vergleichsweise kurze Zeit arbeitslos sind, auch ein geringerer Fördersatz als 30 Prozent die gewünschte Wirkung erreichen kann. Die Bandbreite möglicher Fördersätze sollte daher auf 15 bis 50 Prozent erweitert werden.

B