Der Bundesrat hat in seiner 825. Sitzung am 22. September 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, grundlegende Änderungen der europäischen Weinmarktordnung einzuleiten. Der konzeptionelle Ansatz, in den Mitgliedstaaten umfassende Diskussionen über die Reformoptionen durchzuführen, bietet die Chance, dass die regionalspezifischen Belange der Weinbauregionen in ausreichendem Umfang berücksichtigt werden können. Allerdings bedürfen die Vorstellungen der Kommission noch erheblicher Änderungen, bevor sie für den deutschen Weinsektor akzeptabel sind.
- 2. Der Bundesrat stellt fest, dass die von der Kommission dargelegten Reformvorschläge noch keine Aussagen zu den haushaltsmäßigen Auswirkungen treffen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, in den weiteren Verhandlungen auf EU-Ebene vordringlich diese Frage abzuklären.
- 3. In diesem Zusammenhang weist der Bundesrat noch einmal darauf hin, dass er die bereits durch wiederholt gefasste Beschlüsse, zuletzt am 8. Juli 2005 (BR-Drucksache 543/05(B) ) und am 24. September 2004 (BR-Drucksache 566/04(B) ), geforderte nationale Kofinanzierung der Direktbeihilfen, die in Deutschland vollständig und dauerhaft vom Bund sicherzustellen ist für eine sinnvolle Option zur Sicherung der Finanzierbarkeit der Gemeinsamen Agrarpolitik in der erweiterten Union hält. Die beschriebene Kofinanzierung wäre auch in der kommenden Finanzperiode eine geeignete Option zur deutlichen Entlastung Deutschlands als Nettozahler. Auch das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom 8. Juni 2005 zu den politischen Herausforderungen und Haushaltsmitteln der erweiterten Union 2007 bis 2013 vorgeschlagen dass die Möglichkeit einer schrittweisen Einführung des Prozesses der obligatorischen Kofinanzierung der Agrarpolitik innerhalb der EU-15 genutzt werden sollte, wenn der Bedarf insbesondere durch die Erweiterung um Bulgarien und Rumänien die Vorhersagen übersteigt.
- 4. Eine nationale Kofinanzierung in Deutschland wäre vollständig und dauerhaft vom Bund zu leisten. Eine Belastung der Länderhaushalte lehnt der Bundesrat ab.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Rahmen der Verhandlungen über die Reform der Weinmarktordnung folgende Positionen mit Nachdruck zu vertreten:
- - Die Kommission wird aufgefordert, in ihrer Folgenabschätzung die erwarteten Auswirkungen der geprüften Optionen auf Regionen, Unternehmen und Menschen darzustellen.
- - Abzulehnen sind jegliche Einschränkung oder ein Verbot der traditionellen Anreicherung mit Saccharose in den Weinbauzonen A und B.
- - Im Rahmen der Schaffung eines nationalen Finanzrahmens ist zu fordern, dass wie bisher bei den Umstellungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen die Mitgliedstaaten volle Verantwortung für die Programme tragen. Sie sind erheblich umfangreicher zu fassen als von der Kommission vorgesehen.
- - Das bisherige Programm der Umstrukturierung und Umstellung soll um qualitätsverbessernde Maßnahmen für die Herstellung der Weine und Maßnahmen der Vermarktung, außerdem um die Unterstützung von Kooperationen und Fusionen auf allen Verarbeitungs- und Vermarktungsschienen erweitert werden können.
- - Neue Verfahren der Weinbereitung dürfen nur nach Prüfung und Zulassung durch den Rat angewendet werden. Der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) soll dabei eine koordinierende Aufgabe zukommen. Unterschiedliche Weinbereitungsverfahren für Weine, die für den EU-Markt bestimmt sind, und Weine, die für Drittländer bestimmt sind, werden abgelehnt.
- - Bezeichnungsrecht und Qualitätspolitik haben mit der Weinmarktreform 1999 die notwendigen Gestaltungsmöglichkeiten für die Unternehmen der Weinwirtschaft geboten, die es weiter zu verfolgen gilt. Es muss sichergestellt bleiben dass das deutsche Qualitätsweinsystem im Rahmen einer geänderten Weinmarktordnung auch weiterhin Bestand haben kann.
- - Der Schutz bestimmter Flaschenformen ist beizubehalten.
- - Die Zulassung von Rebsorten- und Jahrgangsangaben für Weine, die keine geografische Angabe tragen, wird ebenso abgelehnt wie die Herstellung von Weinen aus eingeführten Mosten und die Vermischung von Gemeinschaftsweinen mit Drittlandsweinen.
- - Zur Vermeidung von unerwünschten Produktionserweiterungen sollte das bisherige System der Anbauregelung weiter entwickelt werden.
- - Es soll künftig die Koordinierung von Marktforschungsuntersuchungen auf europäischer Ebene im Rahmen eines interregionalen Netzwerks, z.B. auf der Basis regionaler Projekte zur Datenerfassung und Marktforschung, erfolgen. Nationale sowie regionale Absatzförderungsmaßnahmen müssen weiterhin zulässig sein.
- - Der Bundesrat lehnt die Verlagerung von Kompetenzen des Rates auf die Kommission ab.
- - Die Kommission wird gebeten, die für Rodungsprogramme vorgesehenen Finanzmittel effektiver in zukunftsorientierte Maßnahmen zu transferieren. Die Finanzierung der Rodung von Rebflächen und von Betriebsaufgaben sind in den nationalen Finanzrahmen zu überführen, damit sie bei Bedarf in bestimmten Mitgliedstaaten eingesetzt werden können, ohne das Gesamtbudget zu belasten. Die Überführung von Finanzmitteln aus der Weinmarktordnung auf die Zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik wird abgelehnt.
- - Die bisher für Destillationsmaßnahmen verwendeten Mittel sollen für zukunftsfähige strukturverbessernde Maßnahmen eingesetzt werden.