826. Sitzung des Bundesrates am 13. Oktober 2006
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat nimmt den Bericht der Bundesregierung zur Tätigkeit des Europarates im Jahr 2005 zur Kenntnis. Er begrüßt, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) seine Reformanstrengungen fortgesetzt hat und so die Effizienz seiner Rechtsprechungstätigkeit nachhaltig erhöhen konnte. Er begrüßt, dass die Bundesregierung in der Zwischenzeit Protokoll Nr. 14 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Änderung des Kontrollsystems der Konvention ratifiziert hat, und fordert die Bundesregierung auf, den Ratifikationsprozess in den verbleibenden Staaten zu unterstützen.
- 2. Der Bundesrat ruft in diesem Zusammenhang in Erinnerung, dass auch eine Reform des nationalen Verfahrens der Benennung der Richter am EGMR notwendig ist (siehe Stellungnahme des Bundesrates vom 21. Dezember 2005 - BR-Drucksache 766/05(B) - und den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Richterwahlgesetzes - BR-Drucksache 915/05(B) .
- 3. Der Bundesrat nimmt mit Bedauern zu Kenntnis, dass die Arbeiten an einer Konvention des Europarates für eine Charta der regionalen Selbstverwaltung auf Europaratsebene zwischenzeitlich nicht weiterverfolgt werden. Der Bundesrat bekräftigt gleichwohl seine Auffassung, dass die Verabschiedung einer Regionalcharta ein viel versprechender Weg zur Förderung der demokratischen Mitwirkung der Bürger an politischen Entscheidungen in allen Mitgliedstaaten des Europarates wäre (siehe: Entschließung des Bundesrates vom 27. März 1998 - BR-Drucksache 697/97 (Beschluss) - sowie die Stellungnahme des Bundesrates vom 9. Juli 2004 - BR-Drucksache 484/04(Beschluss) und vom 21. Dezember 2005 - BR-Drucksache 766/05(B) . Er fordert daher die Bundesregierung auf, am Ziel einer regionalen Charta festzuhalten. Auf der Konferenz des Europarates der für lokale und regionale Demokratie zuständigen Minister 2007 in Valencia könnten die Bemühungen zur Stärkung des Regionalismus in Europa neu belebt werden. Der Europarat sollte seinen Kernaufgaben gerecht werden und mit einer regionalen Charta zur Stärkung einer eigenständigen, selbstverantwortlichen dezentralisierten Verwaltung zur Stabilisierung demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen gerade in den osteuropäischen Mitgliedstaaten des Europarates, in denen keine kurzfristige EU-Beitrittsperspektive besteht, beitragen.
- 4. Der Bundesrat begrüßt die in der Warschauer Erklärung vom Mai 2005 geäußerte Absicht, die Rolle des Europarates als wirksamer Motor der europäischen Zusammenarbeit auf allen wichtigen Gebieten zu stärken und auf diese Weise die Hauptziele des Europarates, den Schutz der Menschenrechte und die Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, noch besser zu verfolgen.
- 5. Des Weiteren begrüßt der Bundesrat den in der Warschauer Erklärung geäußerten politischen Willen, einen neuen Rahmen für eine stärkere Zusammenarbeit und einen besseren Austausch zwischen dem Europarat und der EU vor allem dort zu schaffen, wo beide Organisationen gleichermaßen aktiv sind. Auf diese Weise können unnötige Doppelarbeit vermieden und Synergieeffekte erzielt werden. Die Bundesregierung wird gebeten, diesem Anliegen auch im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im 1. Halbjahr 2007 besonderes Augenmerk zu widmen.
- 6. Der Bundesrat begrüßt, dass der Warschauer Aktionsplan die Nachbarschaftspolitik und die Stabilisierungs- und Assoziierungsprozesse der EU als Feld der verstärkten Zusammenarbeit mit dem Europarat hervorhebt.
- 7. Der Bundesrat weist weiter darauf hin, dass die Staats- und Regierungschefs in ihrem Warschauer Aktionsplan den Wunsch nach einem raschen Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention formuliert haben, um im Bereich der Menschenrechte in Europa ein Höchstmaß an Kohärenz und Koordinierung herzustellen. Zur Verwirklichung der Einrichtung dieser gewünschten institutionellen Brücke zwischen der EU und dem Europarat ist die alsbaldige Ratifikation des Protokolls Nr. 14 in allen Mitgliedstaaten notwendig, da dies neben einer Änderung der vertraglichen Grundlage in den europäischen Verträgen Voraussetzung für einen Beitritt der EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention ist.