Der Bundesrat hat in seiner 821. Sitzung am 7. April 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Bestrebungen der Kommission, eine Vereinfachung in allen Bereichen des 7. Forschungsrahmenprogramms (FRP7) herbeizuführen. Er weist jedoch darauf hin, dass die von der Kommission angekündigten Schritte zur Verwirklichung des Bürokratieabbaus, wie z.B. die vollelektronische Einreichung der Anträge, das einheitliche Registrierungssystem sowie die Reduzierung der Berichtspflichten, eine hohe Erwartungshaltung wecken, die es zielgerecht und wirksam umzusetzen gilt.
- 2. Der Bundesrat stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die vorgesehenen Regeln für die Verbreitung und Nutzung der Ergebnisse den Grundsatz der Vereinfachung nicht erkennen lassen.
- 3. Der Bundesrat nimmt die Einrichtung von "clearing houses" zur Kenntnis und erhofft sich dadurch eine einheitlichere Auslegung der rechtlichen und finanziellen Bestimmungen durch alle Kommissionsdienststellen, ohne den Aufbau zusätzlicher bürokratischer Hürden. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich diese Absichtserklärung in der Begründung, nicht aber im Text der Verordnung selbst wieder findet. Letzteres sollte entsprechend aufgegriffen werden.
- 4. Der Bundesrat lehnt die neue Definition von öffentlichen Einrichtungen gemäß Artikel 2 Abs. 8 ab. Nach dieser Bestimmung gilt als öffentliche Einrichtung nur die Rechtsperson, die nach nationalem öffentlichen Recht gegründet wurde. Damit wären jedoch die Einrichtungen, die zwar nach privatem Recht gegründet wurden, aber öffentliche Zwecke verfolgen, in einigen Punkten schlechter gestellt, wie beispielsweise bei den Rückgriffsmaßnahmen nach Artikel 37. An diesem Punkt wird deutlich, dass eine unterschiedliche Behandlung gleichermaßen vom Staat grundfinanzierter Einrichtungen in Abhängigkeit allein von der Rechtsform nicht sachgerecht ist. Die Wahl der Rechtsform muss den Mitgliedsstaaten überlassen bleiben. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den weiteren Beratungen über den Verordnungsvorschlag auf eine entsprechende Änderung hinzuwirken.
- 5. Der Bundesrat begrüßt die Tatsache, dass das Prinzip der gesamtschuldnerischen Haftung, das im FRP6 eingeführt wurde, aufgegeben wird. Insbesondere aus Sicht der Hochschulen war diese nicht sachgerecht. Der Bundesrat weist darauf hin, dass sich die Regelung, dass "Teilnehmer derselben indirekten Maßnahme die Arbeiten gesamtschuldnerisch gegenüber der Gemeinschaft durchführen" (Artikel 17 Abs. 1) im Widerspruch hierzu befindet. Nach Auffassung des Bundesrates bedarf es hier auch einer Klarstellung in Abgrenzung zu der Haftungsregelung über den neu eingeführten Risikofonds.
- 6. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Musterfinanzhilfevereinbarung den "Grundsätzen der Europäischen Charta für Forscher und den im Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern niedergelegten Grundsätzen" Rechnung tragen wird (Artikel 18 Abs. 8). Der Bundesrat bittet die Bundesregierung hierbei darauf zu achten, dass Antragssteller im FRP7 nicht zur Unterzeichnung der Charta verpflichtet werden, was von vornherein potenzielle Projektpartner ausschließen würde.
- 7. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft Richtlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis erarbeitet hat, denen sich die Hochschulen verpflichtet haben. Das Anliegen der Kommission ist bereits durch innerstaatliche Regelungen erfüllt.
- 8. Artikel 32 Abs. 1 legt fest, dass der finanzielle Beitrag der EU für öffentliche Einrichtungen, Hochschulen und Forschungsorganisationen maximal 75% der gesamten erstattungsfähigen Kosten betragen wird.
- 9. Dies stellt aus Sicht der Hochschulen einen für die Forschung in Europa problematischen Kurswechsel dar. Der Bundesrat stellt fest, dass die von der Kommission vorgeschlagene Limitierung der erstattungsfähigen Projektkosten sowohl für Hochschulen als auch für kleinere Institute, die nur über wenige Haushaltsstellen verfügen, sowie für Institute, die an vielen Drittmittelprojekten beteiligt sind, ein großes Problem darstellt. Für sie wird es sehr schwierig oder unmöglich sein, die entstehenden Deckungslücken gegenzufinanzieren.
- 10. Gerade im Bereich der Hochschulen wird die hierdurch zu erwartende geringere Beteiligung an EU-Projekten auch zulasten der Beschäftigungsmöglichkeiten von Nachwuchswissenschaftler/innen gehen. Dies steht im deutlichen Gegensatz zu sämtlichen EU-Initiativen, Forschung und Entwicklung in Europa zu stärken und den Brain Drain von Wissenschaftler/innen aus Europa zu reduzieren. Der Bundesrat spricht sich daher - auch im Hinblick auf die bestehenden FuE-Defizite in Europa - nachdrücklich für die Beibehaltung der bisherigen Kostenerstattung aus. Er fordert die Bundesregierung auf, sich energisch für die Beibehaltung des bisherigen Zusatzkostenmodells für Hochschulen, öffentliche Einrichtungen und Forschungseinrichtungen einzusetzen.
- 11. Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag der Kommission, eine Erstattung von bis zu 100% der Verwaltungs- und Managementkosten (Artikel 32 Abs. 4) zu gewähren.
- 12. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die in Artikel 34 vorgegebene Pauschalfinanzierung über "Stückkostenansätze" bei Exzellenznetzwerken in Höhe von 23 500 Euro pro Forscher und Jahr nicht sachgerecht hinsichtlich der festgelegten Höhe und der Pauschalfinanzierung als solcher ist, unabhängig von den entstandenen, tatsächlichen Kosten. Der Bundesrat bezweifelt, dass dieses Finanzierungsmodell die Arbeit derartiger Netzwerke vereinfacht und zu besseren Ergebnissen führt.
- 13. Der Bundesrat ist ferner der Auffassung, dass das Konzept der Exzellenznetzwerke mit Blick auf die angestrebte Wirkung der Defragmentierung der europäischen Wissenschaftslandschaft noch weiter verbessert werden muss. Hierzu ist eine umfassende Überprüfung erforderlich. Er bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass der Übergang zum FRP7 dazu genutzt wird, die Netzwerke betreffenden Durchführungsbestimmungen zu überarbeiten.
- 14. In Artikel 39 Abs. 1 ist vorgesehen, dass in den dort genannten Fällen neue Kenntnisse und Schutzrechte Eigentum der Kommission sind. Diese Regelung entspricht Artikel 39 Abs. 1 des Vorschlags der Kommission für eine Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Regeln für die Beteiligung von Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen an Maßnahmen des Siebten Rahmenprogramms sowie für die Verbreitung der Forschungsergebnisse (2007 bis 2013). Zu der letztgenannten Bestimmung hat der Bundesrat mit Beschluss vom 10. März 2006 dahin gehend Stellung genommen, dass in den in Artikel 39 Abs. 1 genannten Fällen das Eigentum an neuen Kenntnissen und Schutzrechten nicht der Kommission, sondern der Gemeinschaft zustehen sollte - vgl. BR-Drucksache 009/06(B) , Ziffer 23. Nichts anderes sollte im vorliegenden Zusammenhang gelten. Denn es sind keine Gründe ersichtlich, die es angezeigt erscheinen lassen, die in Artikel 39 Abs. 1 des vorliegenden Verordnungsvorschlags genannten Rechtspositionen nicht der Europäischen Atomgemeinschaft selbst, sondern einem ihrer Organe zuzuweisen.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, bei den anstehenden Beratungen darauf hinzuwirken, Artikel 39 Abs. 1 dahin gehend zu ändern, dass in den dort genannten Fällen die Europäische Atomgemeinschaft das Eigentum an neuen Kenntnissen und Schutzrechten erwirbt.