A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU),
der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS),
der Ausschuss für Frauen und Jugend (FJ),
der Ausschuss für Familie und Senioren (FS),
der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und
der Ausschuss für Kulturfragen (K)
empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die mit der Integrationsagenda erfolgte Konkretisierung der vom Rat für Justiz und Inneres vereinbarten Gemeinsamen Grundprinzipien für die Politik der Integration von Einwanderern in die EU entsprechend dem Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der EU. Mit der Mitteilung werden die Mitgliedstaaten darin bestärkt, eine intensive Integrationspolitik zu verfolgen.
- 2. Der Bundesrat nimmt die Schlussfolgerungen des JI-Rates vom 1./2. Dezember 2005 zur Gemeinsamen Integrationsagenda zur Kenntnis. Er begrüßt insbesondere die in diesem Zusammenhang getroffene Feststellung, dass für die Konzeption und Umsetzung der Integrationspolitik nach wie vor in erster Linie die Mitgliedstaaten zuständig sind.
- 3. Der Bundesrat wendet sich gegen den von der Kompetenzordnung in Artikel 149/150 des EGV nicht gedeckten Versuch, den Mitgliedstaaten seitens der EU für die im fünften Grundprinzip behandelte Bildungspolitik Vorgaben für konkrete Einzelmaßnahmen machen zu wollen. Der Bundesrat weist allerdings darauf hin, dass Integrationshilfen für schulpflichtige Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund einen hohen Stellenwert in der Bildungspolitik der deutschen Länder haben.
- 4. Der Bundesrat verweist auf seine Ausführungen zur Gemeinschaftskompetenz, Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit in seiner Stellungnahme vom 8. Juli 2005 (BR-Drucksache 352/05(Beschluss) ).
- 5. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Integration von Einwanderern vor allem eine nationale, regionale und lokale Aufgabe ist, denn Integration geschieht vor Ort. Unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips können die von der Kommission vorgeschlagenen unterstützenden Maßnahmen zur Integration die eingeleiteten und bereits vorhandenen Politiken der Mitgliedstaaten und in Deutschland auch die der Länder sinnvoll ergänzen. Der Bundesrat nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass die Kommission in ihrer Mitteilung das Subsidiaritätsprinzip ausdrücklich unterstützt.
- 6. Der Bundesrat stellt fest, dass mit den "Gemeinsamen Grundprinzipien für die Politik der Integration von Einwanderern in die Europäische Union" eine Verständigung über die Grundlage von und den Rahmen für künftige Integrationspolitik auf europäischer Ebene vorliegt. Der Bundesrat betont nachdrücklich die zentrale Bedeutung der im zweiten Grundprinzip genannten Achtung der Grundwerte der EU als unverzichtbare Voraussetzung für die Integration. Er unterstreicht zudem das den Gemeinsamen Grundprinzipien insgesamt zugrunde liegende Verständnis von Integration als eines dynamischen, auf gegenseitiges Entgegenkommen von Zuwanderern und in den Mitgliedstaaten ansässigen Menschen gründenden Prozesses.
- 7. Der Bundesrat unterstreicht die Notwendigkeit, sozialen Aus- und Abgrenzungen im Integrationsprozess vorzubeugen.
- 8. Er betont, dass vorrangig der einzelne Zuwanderer, aber auch die Aufnahmegesellschaft gefordert sind, einen Beitrag zum Gelingen der Integration zu leisten. Der Bundesrat hält die Definition der Eingliederung als eines in beide Richtungen gehenden Prozesses allerdings für fehlinterpretiert, wenn "Integrationsmaßnahmen für die Bevölkerung des Aufnahmelandes zur Stärkung ihrer Anpassungsfähigkeit" gefordert werden. Er verweist auf die Erläuterung des ersten Grundprinzips, nach der der Eingliederungsprozess impliziert, dass Zuwanderer sich anpassen, wobei die Unterstützung durch die Aufnahmegesellschaft erforderlich ist.
- 9. Der Bundesrat spricht sich für interkulturellen Dialog aus, hält aber die Verständigung auf einen verbindlichen Wertekonsens für unabdingbar. Er verweist auf die Erläuterung des entsprechenden achten Grundprinzips, die die Problematik unannehmbarer kultureller und religiöser Traditionen aufgreift, die im Widerspruch zu Grundrechten stehen.
- 10. Der Bundesrat betrachtet die Beherrschung der Sprache des Aufnahmestaates als elementare Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe der Zugewanderten.
- 11. Vorrangig wird die Integration von Neuzuwanderern angesprochen. Aus Sicht des Bundesrates ist hingegen eine stärkere Orientierung auf die "nachholende Integration" der bereits in den Mitgliedstaaten lebenden Zuwanderer notwendig. Der Schwerpunkt der Integration von Neuzuwanderern darf nicht als Vorfestlegung zu Gunsten einer Zuwanderung von weiteren Drittstaatsangehörigen und ihren Familien verstanden werden. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf seine Stellungnahme vom 18. März 2005, vgl. BR-Drucksache 037/05(B) .
- 12. Eine zusätzliche Statistikverpflichtung lehnt der Bundesrat ab. Die Entwicklung von Statistikinstrumenten und gemeinsamen Indikatoren muss den Zielen des Bürokratieabbaus gerecht werden.
- 13. Zur Vermeidung einer zerfaserten und kaum mehr zu überblickende Vielfalt an Internet-Webseiten auf EU-Ebene sollte kein neues Internetportal eingerichtet werden; der Bundesrat empfiehlt vielmehr, die bestehenden Angebote zum Thema Integration sinnvoll zusammenzuführen.
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- 14. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.