Empfehlung der Kommission zur Unabhängigkeit, Integrität und Rechenschaftspflicht der statistischen Stellen der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft
KOM (2005) 217 endg.; Ratsdok. 9461/05
Der Bundesrat hat in seiner 813. Sitzung am 8. Juli 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat verweist auf seinen umfassenden Beschluss zu der dieser Vorlage zugrunde liegenden Kommissions-Mitteilung "Hin zu einer europäischen Governance-Strategie für Finanzstatistiken" (BR-Drucksache 023/05(B) ) und auf seinen Beschluss zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 im Hinblick auf die Qualität der statistischen Daten im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (BR-Drucksache 175/05(B) ).
- 2. Der Bundesrat unterstützt die Forderung der Kommission, die vertraglich verankerte wissenschaftliche Unabhängigkeit, Integrität und Verantwortlichkeit der nationalen statistischen Ämter (Artikel 285 EGV) durch europäische Mindeststandards zu stärken. Er lehnt es nach wie vor ab, daneben einen Grundsatz der "fachlichen Unabhängigkeit" (im englischen Text "professional independence") zu statuieren.
Was die wissenschaftliche Unabhängigkeit betrifft, ist der Grundsatz nicht erforderlich, weil sie im europäischen und nationalen Recht gesichert und unbestritten ist. Soweit der "fachlichen Unabhängigkeit" - wie aus der Begründung der Empfehlung der Kommission deutlich wird - eine über die wissenschaftliche Unabhängigkeit hinausgehende Bedeutung beigemessen wird und daraus einzelne Forderungen an die Verwaltungsorganisation der Mitgliedstaaten abgeleitet werden, ist der Grundsatz im Blick auf das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Artikel 5 Abs. 1 EGV) und auf das verfassungsrechtlich verankerte Demokratieprinzip abzulehnen.
- 3. Der Bundesrat lehnt die Einrichtung eines weiteren Beratergremiums ab. Die Aufgaben des vorgesehenen hochrangigen Beratergremiums können durch bestehende Ausschüsse übernommen werden.
- 4. Der Bundesrat stellt fest, dass die in der Empfehlung formulierten Grundsätze überwiegend auf die Belange der Nutzer ausgerichtet sind, dagegen die begrenzten Kapazitäten der nationalen statistischen Stellen nicht ausreichend berücksichtigt werden.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den weiteren Verhandlungen auf Ebene der EU dafür einzutreten, dass diese Forderungen und Feststellungen (Ziffern 2 bis 4) berücksichtigt und die Texte dementsprechend klargestellt werden. Erst wenn dies der Fall ist, kann der Empfehlung der Kommission, den Kodex als gemeinsamen Standard anzuerkennen und sicherzustellen, dass die Prinzipien von den nationalen statistischen Stellen beachtet werden, in vollem Umfang gefolgt werden.