Der Bundesrat hat in seiner 797. Sitzung am 12. März 2004 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat nimmt die Mitteilung der Kommission zur Entscheidung über ein einheitliches Rahmenkonzept zur Förderung der Transparenz von Qualifikationen und Kompetenzen zur Kenntnis.
- 2. Der Bundesrat unterstützt das Ziel, im Rahmen des Zusammenwachsens der Europäischen Union die Mobilität der Unionsbürger zu fördern. Einheitliche Dokumente, die den beruflichen Werdegang des jeweiligen Unionsbürgers dokumentieren, sind hierbei von Bedeutung.
- 3. Der Bundesrat lehnt alle Maßnahmen, die das erfolgreiche deutsche System der dualen Berufsbildung gefährden könnten, ab.
- 4. Eine Offenheit des Konzepts für die Erweiterung des Transparenzinstruments um weitere Dokumente oder neue Aufgabenstellungen des Netzwerks sollten zwar grundsätzlich möglich sein. Der Bundesrat weist jedoch die umfassende Zuständigkeit der Kommission als genehmigende Instanz im Vorschlag (Artikel 2) zurück. Vielmehr muss der EU-Bildungsministerrat jeweils im Rahmen von Rechtsgebungsverfahren grundsätzlichen Erweiterungen bzw. Veränderungen des Transparenzinstruments oder des Aufgabenfeldes zustimmen.
- 5. Der Bundesrat bezweifelt, dass die Einrichtung nationaler EUROPASS-Agenturen zu einem Bürokratieabbau beiträgt, da diesen ein erheblich größerer Aufgabenbereich zugedacht wird, als dies bislang bei den bereits bestehenden nationalen Koordinierungsstellen der Fall ist, und sie auch verstärkt Beratungsaufgaben zum MobiliPass übernehmen sollen. Die Bundesregierung wird gebeten zu prüfen, ob hier tatsächlich Strukturen abgebaut werden können bzw. ob alle vorgesehenen Aufgaben im Rahmen der kalkulierten Mittel überhaupt leistbar sind. Jedenfalls dürfen den Ländern keine Mehrkosten entstehen.
- 6. Der Bundesrat hält es im Übrigen für notwendig, dass die Eigenständigkeit der nationalen Agenturen (ENA) hinsichtlich der Entscheidung über Größe, Ausmaß, Personalbedarf sowie Arbeitsweise (inklusive der Werbemittel, Öffentlichkeitsarbeit) in nationaler Entscheidungsfreiheit bleibt. Auch bei Teilnahme am Netzwerk widersprechen verbindliche Vorgaben der Kommission den für die gemeinschaftlichen Aktivitäten im Bildungsbereich geltenden Rechtsgrundlagen im Vertrag (Artikel 149 und 150 EGV).
- 7. Der Bundesrat stellt fest, dass den Ländern aus der Errichtung der nationalen Agentur ENA und ihrer Arbeit keine zusätzlichen Kosten entstehen dürfen.
- 8. Der Bundesrat hat Bedenken, ob eine Umbenennung des etablierten Instruments "EUROPASS-Berufsbildung" in MobiliPass und eine gleichzeitige Verwendung des Begriffs EUROPASS für ein umfassenderes Rahmenkonzept geeignet ist, mehr Transparenz zu schaffen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf zu prüfen, ob die Bezeichnung "EUROPASS-Berufsbildung" erhalten werden kann. Sofern dies nicht erreicht werden kann, muss zumindest im MobiliPass der Begriff der "lernrelevanten transnationalen Mobilitätserfahrungen" konkretisiert werden.
- 9. Während bislang nur das Lernen in "alternierender Berufsbildung" bestätigt werden konnte, sollen zukünftig auch europäische Bildungsabschnitte im MobiliPass bescheinigt werden können, die nicht berufsbezogen sind. Grundsätzlich ist gegen eine Lockerung der Grundvoraussetzung für einen Eintrag im bisherigen EUROPASS-Berufsbildung, dass es sich um einen Bildungsabschnitt einer alternierenden Berufsbildung handeln muss, nichts einzuwenden. Der Bundesrat hält es aber für wichtig, dass in jedem Falle der berufliche Bezug der Mobilitätserfahrung weiter gewahrt bleibt. Mit der generellen Öffnung des MobiliPass, in dem jeglicher, auch nichtberuflicher Bildungsaufenthalt im Ausland bestätigt werden kann, verliert das Dokument nach Auffassung des Bundesrates seinen bisherigen ausschließlich berufsbezogenen Charakter. Gerade die Bestätigung beruflicher Erfahrungen im Ausland hat jedoch erheblich zu dessen Erfolg beigetragen.
- 10. Der Bundesrat hält die Qualitätskriterien, die für die Eintragung von außerhalb europäischer Bildungsprogramme im Ausland verbrachten Lernzeiten in den MobiliPass aufgestellt werden, für fragwürdig und erläuterungsbedürftig. Die Beschränkung auf solche Lernzeiten, die zu einer Lerninitiative des eigenen Herkunftslandes gehören und sich im Rahmen einer Vereinbarung mit einer Gastorganisation bewegen, erscheint im Hinblick auf das Ziel einer umfassenden Dokumentation der Mobilität der Bürgerinnen und Bürger nicht sinnvoll.
- 11. Der Bundesrat erwartet, dass beim Verfahren zur Anrechnung von Lernabschnitten, die nicht im Rahmen eines Gemeinschaftsprogramms absolviert werden, kein erheblicher bürokratischer Mehraufwand entsteht. Die Flexibilität, die den EUROPASS-Berufsbildung ausgezeichnet und erheblich zu seinem Erfolg beigetragen hat, muss erhalten bleiben.
- 12. Der Bundesrat hält es im Sinne der Zielrichtung des EUROPASS für wichtig, dass der Diplomzusatz auch auf diejenigen Hochschulabschlüsse abgestellt werden kann, die der Inhaber in einem anderen Land erworben hat.
- 13. Der Bundesrat hält eine Definition der Begriffe "anderes Land" und "eigenes Land" und in diesem Zusammenhang eine Klarstellung unter Verwendung der sonst üblichen Terminologie für erforderlich, ob auf die Staatsangehörigkeit oder den Wohnsitz abgestellt wird.
- 14. Größtes Gewicht legt der Bundesrat auf den Schutz personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre entsprechend den gemeinschaftlichen und nationalen Bestimmungen.
- 15. Die Finanzierung der Einrichtung der nationalen Referenzstellen und deren Arbeit soll zu je 50 Prozent von den Mitgliedstaaten und aus EU-Mitteln erfolgen. Vorgesehen ist, die notwendigen Gemeinschaftsmittel aus den ab dem Jahr 2007 vorgesehenen EU-Bildungsprogrammen bereitzustellen. Der Bundesrat hält grundsätzlich die Schaffung des Transparenzinstruments für wünschenswert. Die hierfür notwendigen Mittel dürfen jedoch keinesfalls zu einer Reduzierung der Programmtitel führen.