Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Berlin, 3. Februar 2020
Parlamentarischer Staatssekretär
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke
Sehr geehrter Herr Präsident,
namens der Bundesregierung übersende ich Ihnen in der Anlage die Antwort der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrates vom 7. Juni 2019 zur Verordnung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland (BR-Drs. 138/19-B).
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Bareiß
Februar 2020
Antwort der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrates vom 7. Juni 2019 zur Verordnung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland (BR-Drs. 138/19-B)
Der Bundesregierung ist bewusst, dass Gasspeicher im Kontext der Versorgungssicherheit eine wichtige Rolle übernehmen. In der ersten Bilanz zum Gasdialog 2030 hat das BMWi im Oktober 2019 festgehalten, dass Deutschland über die größten Gasspeicher in der EU mit einem Arbeitsgasvolumen von über 24 Mrd. m3 verfügt und diese eine Säule der Versorgungssicherheit Gas darstellen. Die Speicher seien für die Versorgung des deutschen Marktes, gerade im Winter, unerlässlich. Gasnetze und Gasspeicher sind damit essentielle Elemente der europäischen und deutschen Energieversorgung.
Gasspeicher übernehmen im Kontext der Versorgungssicherheit eine wichtige Rolle. Sie stehen dabei im liberalisierten deutschen Gasmarkt allerdings auch im Wettbewerb mit anderen Flexibilitätsquellen, z.B. importseitigen Mengenanpassungen oder freiwilligen nachfrageseitigen Reaktionen. In einem solchen Markt entscheiden Marktakteure auf Basis von Preissignalen über die effiziente Nutzung von Flexibilitätsquellen, um ihren gesetzlichen und vertraglichen Lieferverpflichtungen nachzukommen. Sie nutzen dafür solche Quellen, die verlässlich und wirtschaftlich ihre Lieferverpflichtungen erfüllen.
Entsprechend ist die Speichernutzung trotz ihrer herausragenden Bedeutung im Kontext der gesamten Versorgungslage zu sehen.
Auch nach der Liberalisierung des deutschen Gasmarkts haben private Investoren umfangreich in den Ausbau von Gasspeicherkapazitäten investiert und diese aktiv für die Versorgung genutzt. Deutschland verfügt daher auch heute mit noch deutlicherem Abstand als früher über das größte Speichervolumen in der Europäischen Union. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des EU-Stresstests (2014), der Speicherstudie im Auftrag der EU-Kommission (2015), der Speicherstudie im Auftrag des BMWi (2015) und einem umfassenden Austausch mit den relevanten Marktakteuren hat das BMWi im Dezember 2015 das sog. Eckpunktepapier vorgelegt ("Maßnahmen zur weiteren Steigerung der Erdgasversorgungssicherheit", abrufbar unter https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/E/eckpunktegasversorgungssicherheit.pdf?__blob=publicationFile&v=5).
Hierin kommt das BMWi zu dem Schluss, dass der liberalisierte deutsche Gasmarkt in Hinblick auf Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz grundsätzlich den gestellten Anforderungen gerecht wird.
Deutschland verfügt über ein diversifiziertes und verlässliches Lieferportfolio, eine robuste Infrastruktur mit entsprechenden Redundanzen und belastbare liquide Handelsmärkte. Das Risiko deutschlandweiter Versorgungsengpässe wurde vor diesem Hintergrund als äußerst gering eingeschätzt.
Um die Versorgungssicherheit noch weiter zu erhöhen, wurden jedoch zwei Maßnahmen eingeführt: vor allem die sog. Long-Term Options als Regelenergieprodukt, insbesondere zur Deckung regionaler und lokaler Regelenergieengpässe. Dieses Regelenergieprodukt dient allein der Sicherung der Versorgung und wird erst abgerufen, wenn alle anderen Möglichkeiten der Netzstabilisierung erschöpft sind. In Hinblick auf eine weitere Verbesserung der Versorgungssicherheit wurde 2016
Zusätzlich besteht auf der Seite der industriellen Endkunden Potenzial für nachfrageseitige Maßnahmen (Demand-Side Management), die in Engpasssituationen zu einem Ausgleich von physischen Ungleichgewichten im Erdgasnetz beitragen können. Mit dieser zweiten Maßnahme wurde daher ein zusätzliches Regelenergieprodukt geschaffen, das Industriekunden und ihren Lieferanten die Teilnahme am Regelenergiemarkt erleichtert. Durch die spätere Einführung des sog. shortterm balancing products hat das BMWi weiter auf den Bedarf reagiert.
Long-Term Options als Regelenergieprodukt dienen allein der Sicherung der Versorgung und werden erst abgerufen, wenn alle anderen Möglichkeiten der Netzstabilisierung erschöpft sind.
Echte Abrufe [im Gegensatz zu Testabrufen] erfolgten bisher nicht.
Das BMWi weist darauf hin, dass die in der Entschließung angeregte Einführung von terminbedingten Mindestfüllständen der Vorgabe von gesetzlichen Speicherquoten gleichkäme, gegen die sich das Eckpunktepapier dezidiert ausspricht.
Der Bundesrat sieht die Gefahr, dass Speicher bei derzeitigen Rahmenbedingungen nicht dauerhaft wirtschaftlich betrieben werden könnten.
Hinsichtlich der in der Vergangenheit häufig als zu hoch kritisierten Speicherentgelte weist die Bundesregierung jedoch darauf hin, dass sich die Situation der Speicherbetreiber derzeit deutlich günstiger darstellt als in der Vergangenheit. Die aktuell geltenden Festlegungen der Bundesnetzagentur (REGENT und BEATE 2.0) sehen an Speicherpunkten einen Rabatt in Höhe von 75% auf das jeweils gebuchte Kapazitätsprodukt vor, sofern die jeweilige Speicheranlage nicht als Alternative zu einem Kopplungspunkt zwischen verschiedenen Marktgebieten genutzt wird.
Der von der zuständigen Beschlusskammer der Bundesnetzagentur festgesetzte Rabatt liegt somit deutlich über der nach NC TAR geforderten Mindestrabattierung von 50%. Durch den Rabatt in Höhe von 75% wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Speicher einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit und Systemflexibilität beitragen. Andererseits werden Speichernutzer anteilig an Netzkosten beteiligt, die bei einem Transport unter Nutzung von Speicheranlagen entstehen. Ein vollständiger Entfall der Netzentgelte an Speicherpunkten wäre deshalb h.E. nicht gerechtfertigt, da bei einem Gastransport unter Nutzung einer Speicheranlage die Netzinfrastruktur in der Regel zusätzlich belastet wird.
Im Übrigen möchte die Bundesregierung darauf hinweisen, dass die Gasspeicher einen historisch hohen Füllstand aufweisen: Am 11. Januar 2020 waren die deutschen Speicher noch zu 94 % befüllt. Damit stellt sich die Lage deutlich besser da als etwa in Frankreich, ohne dass in Deutschland im Unterschied zu Frankreich ein strategisches Einspeicherziel vorgegeben wird.
Zu Ziffer 9 - 11:
Die von dem Bundesrat angesprochenen Fragen werden weiter zu beobachten sein. Nach Einschätzung der Bundesnetzagentur ist aus früheren Betrachtungen ableitbar, dass 100 % feste, frei zuordenbare Kapazitäten (FZK) für alle Netzkunden zu einem übermäßigen und im Ergebnis damit nicht effizienten Netzausbau führen würde. Die Fernleitungsnetzbetreiber haben dies in einer Modellierungsvariante 2f im Rahmen des Netzentwicklungsplans Gas 2013 untersucht.
Allerdings erscheint es nach fachlichen Einschätzungen unter den Gesichtspunkten der Versorgungssicherheit auch nicht erforderlich, dass alle Kunden (Anschlusswilligen) mit FZK ans Netz angebunden werden. Das Produkt der festen, dynamisch zuordenbaren Kapazität (DZK) ist eine feste Transportkapazität, über die eine Versorgung von Gaskraftwerken zu jeder Zeit sichergestellt werden kann: Der Fernleitungsnetzbetreiber bietet DZK am Kraftwerk und einem entsprechend zugeordneten Einspeisepunkt an. Somit ist die Versorgung des Kraftwerks über die Buchung am festgelegten Einspeisepunkt gesichert. DZK ist damit ein festes und kein unterbrechbares Kapazitätsprodukt. Darüber hinaus ist die Versorgung des Kraftwerks auch über den virtuellen Handelspunkt (VHP) möglich. Im Rahmen eines DZK-Produktes steht der Zugang zum VHP zwar unterbrechbar zur Verfügung, kann in der Regel allerdings in der weit überwiegenden Anzahl an Tagen/Stunden genutzt werden. Lediglich unter bestimmten netztechnischen Gegebenheiten ist die zwingende Versorgung über den zugeordneten Einspeisepunkt notwendig. Ein Vorteil des Produkts besteht in den Kapazitätsentgelten für DZK, die gegenüber FZK reduziert sind. Der Ansatz von DZK für Kraftwerke beinhaltet damit nach fachlicher Einschätzung aus der Bundesnetzagentur insoweit einen guten, kosteneffizienten Kompromiss, der in der Regel einen Zugang zum virtuellen Handelspunkt ermöglicht und die Versorgung jederzeit sicherstellt.
Hinsichtlich der Auswirkungen der anstehenden Marktgebietszusammenlegung auf die Kapazitäten muss zwischen Einspeise- und Ausspeisekapazitäten unterschieden werden. Die aus den getrennten, in das gemeinsame Marktgebiet übertragenen (und somit aufgewerteten) festen Einspeisekapazitäten können nach bisherigen Erkenntnissen nicht uneingeschränkt bzw. nur in reduziertem Umfang durch die bestehende und geplante Netzinfrastruktur dargestellt werden. Die Fernleitungsnetzbetreiber haben nach Informationen der Bundesnetzagentur dargelegt, dass einspeiseseitig DZK vollumfänglich auf das gesamtdeutsche Marktgebiet übertragbar wären. Für bedingt feste, frei zuordenbare Kapazitäten (bFZK) und FZK gelte dies einspeiseseitig jedoch nur in signifikant reduziertem Maße. Nach aktuellem Kenntnisstand der Bundesnetzagentur wird die Marktgebietszusammenlegung keine Auswirkungen auf die derzeit an Gaskraftwerken (Ausspeisepunkte) verfügbaren FZK und DZK haben. Die Fernleitungsnetzbetreiber haben gegenüber der Bundesnetzagentur erläutert, dass sämtliche Ausspeisekapazitäten uneingeschränkt erhalten und durch die bestehende Infrastruktur und bis dahin in Betrieb genommene Maßnahmen bisheriger Netzentwicklungspläne dargestellt werden können.