882. Sitzung des Bundesrates am 15. April 2011
A
Begründung:
Den Betreibern von Elektrizitätsversorgungsnetzen können in bestimmten Regionen der Bundesrepublik Deutschland besonders hohe Kosten für die Netzintegration von dezentralen Erzeugungsanlagen nach dem EEG und für deren Einspeisung entstehen. Insbesondere fallen in bestimmten Regionen für die Netzintegration und die Einspeisung von Photovoltaik-Anlagen überproportional hohe Kosten an. Entsprechendes gilt für die Netzintegration und die Einspeisung von Windenergie-Anlagen. Diese regional unterschiedlich hohen
Kosten wirken sich auf die Höhe der örtlichen Netzentgelte und mittelbar auch auf die von den Letztverbrauchern zu entrichtenden Strompreise aus. Vergleichsweise hohe Netzentgelte und Strompreise in Regionen mit hohen Netzintegrations- und Einspeisekosten stellen einen Standortnachteil für die dort jeweils ansässigen Unternehmen dar.
Daher wird die Bundesregierung aufgefordert, einen bundesweiten Ausgleichsmechanismus zu prüfen."
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die Zielsetzung des Antrags von Thüringen, die regional unterschiedlichen Belastungen durch die Netzintegration und die Einspeisung von dezentralen Erzeugungsanlagen nach dem EEG künftig über einen bundesweiten Umlagemechanismus auszugleichen, ist im Grundsatz zu unterstützen. Durch die Schaffung eines bundesweiten Umlagemechanismus könnten die EEG-bedingten Belastungen einzelner Netzbetreiber gerechter verteilt und ein überdurchschnittlich hohes Ansteigen der Netzentgelte und damit der Strompreise für die Verbraucher in einigen Netzgebieten Deutschlands vermieden werden.
Die im Thüringer Entschließungsantrag vorgeschlagenen Maßnahmen erscheinen jedoch nicht Ziel führend: Bei der Schaffung des geforderten bundesweiten Umlagemechanismus handelt es sich um eine regulierungsrechtlich höchst komplexe Materie, die im Vorfeld der Erarbeitung entsprechender Regelungen durch die entsprechenden Fachgremien der Regulierungsbehörden des Bundes und der Länder im Einzelnen diskutiert werden muss.
Im Wesentlichen bestehen folgende Kritikpunkte an dem Thüringer Antrag:
- - Das Abstellen des von Thüringen angestrebten Umlagemechanismus auf die Genehmigung von Investitionsbudgets im Sinne des § 23 der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) greift zu kurz. Investitionsbudgets werden von den zuständigen Regulierungsbehörden grundsätzlich nur bis zum Ende der jeweils laufenden Regulierungsperiode genehmigt. Nach Ablauf der Genehmigung gehen die Kosten des jeweiligen Investitionsprojekts zur Netzintegration von EEG-Anlagen regelmäßig im Rahmen einer Kostenprüfung in die Ausgangsbasis der jeweils nachfolgenden Regulierungsperiode ein. Der von Thüringen beantragte Umlagemechanismus kann daher nur dann mittel- und langfristig Wirkung entfalten, wenn die einschlägigen Investitionskosten auch nach Ablauf der Genehmigung von Investitionsbudgets bundesweit ausgeglichen werden können. Der Umlagemechanismus muss sich mithin auch auf solche Investitionskosten für die Netzintegration von EEG-Anlagen beziehen, die bereits in die Ausgangsbasis der Anreizregulierung eingeflossen sind. - Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass in der Regulierungspraxis Kosten für die Netzintegration von dezentralen Erzeugungsanlagen nach dem EEG nicht über die Genehmigung von Investitionsbudgets, sondern vorrangig über den so genannten Erweiterungsfaktor (§ 10 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 ARegV) berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere für die zahlreichen kleinen Netzbetreiber in der Zuständigkeit der Landesregulierungsbehörden, da diese regelmäßig am so genannten vereinfachten Verfahren teilnehmen, bei dem die Genehmigung von Investitionsbudgets von vorneherein nicht in Betracht kommt (§ 24 Absatz 3 ARegV). Der angestrebte Umlagemechanismus darf sich daher nicht auf die Genehmigung von Investitionsbudgets beschränken, sondern muss sich auch auf die über den Erweiterungsfaktor berücksichtigten Kosten für die Netzintegration von EEG-Anlagen erstrecken.
- - Schließlich sind die Kosten für die Netzintegration von dezentralen Erzeugungsanlagen nach dem EEG in der Regulierungspraxis kostenrechnerisch nur äußerst schwierig und mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand von den Kosten anderer Investitionsprojekte abzugrenzen. Vor diesem Hintergrund erscheint es sachgerecht, im Zusammenhang mit dem angestrebten Umlagemechanismus eine praxistaugliche (gegebenenfalls pauschale) Berechnungsmethode für die Kosten betreffend die Netzintegration von EEG-Anlagen zu entwickeln.
B
- 2. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem Bundesrat, die Entschließung nicht zu fassen.
C
- 3. Im Finanzausschuss ist eine Empfehlung an das Plenum nicht zustande gekommen.