A. Zielsetzung
- Das Bundesverfassungsgericht hatte mit seiner Entscheidung vom 3. März 2004 (1 BvF 3/92) festgestellt, dass die bisherige Rechtsgrundlage für die präventive Telekommunikations- und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt, die §§ 39 und 41 des Außenwirtschaftsgesetzes, mit Artikel 10 des Grundgesetzes unvereinbar ist, und den Gesetzgeber aufgefordert, unter Nutzung seines Gestaltungsspielraums den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen.
- Dies ist mit dem "Gesetz zur Neuregelung der präventiven Telekommunikations- und Postüberwachung durch das Zollkriminalamt und zur Änderung der Investitionszulagengesetze 2005 und 1999" vom 21. Dezember 2004 (BGBl. 1 S. 3603) geschehen.
- Offen blieb die Frage, ob Regelungen zum Schutz des Kernbereichs der persönlichen Lebensgestaltung geschaffen werden müssen. Deshalb wurde eine Befristung der Regelungen bis zum 31. Dezember 2005 vorgesehen. Mit seiner Entscheidung vom 27. Juli 2005 (1 BvR 668/04) hat das Bundesverfassungsgericht die Anforderungen an den Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung bei Eingriffen in Artikel 10 GG bestimmt. Um die Umsetzung der Anforderungen zu gestalten, sollen die erforderlichen Regelungen sowohl im Zollfahndungsdienstgesetz als auch in den weiteren Bundesgesetzen, die als Eingriff in Art. 10 GG eine Telekommunikationsüberwachung vorsehen, parallel geschaffen werden.
- Den Regelungen kommt in der Systematik der Exportkontrolle und Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen eine wichtige Rolle zu. Die präventive Telekommunikations- und Postüberwachung leistet einen wesentlichen Beitrag für die frühzeitige Aufdeckung und vor allem Verhinderung vorbereiteter illegaler Exporte von Massenvernichtungswaffen. Das Eintreten einer Regelungslücke muss deshalb - auch um außenpolitischem Schaden vorzubeugen - unter allen Umständen vermieden werden.
B. Lösung
- Die Regelungen für die präventive Telekommunikations- und Postüberwachung für den Außenwirtschaftsbereich durch das Zollkriminalamt werden um zwei Jahre verlängert.
C. Alternativen
D. Kosten der öffentlichen Haushalte
- 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine.
- 2. Vollzugsaufwand
Keinen.
E. Sonstige Kosten
- Keine.
- Auswirkungen auf Verbraucher, Einzelpreise oder das Preisniveau sind durch das Gesetz nicht zu erwarten.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 3. November 2005
Der Bundeskanzler
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
- Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes
mit Begründung und Vorblatt.
Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, da die bisherige Rechtsgrundlage zum 31. Dezember 2005 ausläuft und laufende Überwachungsmaßnahmen abgebrochen werden müssten.
Federführend ist das Bundesministerium der Finanzen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Schröder
Fristablauf: 15.12.05
Besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Abs. 2 Satz 4 GG.
Entwurf eines Ersten Gesetzes
zur Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1 Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes
In § 47 des Zollfahndungsdienstgesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. 1 S. 3202), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2004 (BGBl. 1 S. 3603), wird die Angabe "2005" durch die Angabe "2007" ersetzt.
Artikel 2 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
I. Allgemeiner Teil
Die §§ 23a bis 23f und §§ 45 und 46 des Zollfahndungsdienstgesetzes (ZFdG) sind gemäß § 47 ZFdG bis zum 31. Dezember 2005 befristet. Offen blieb die Frage, ob Regelungen zum Schutz des Kernbereichs der persönlichen Lebensgestaltung geschaffen werden müssen. Deshalb wurde eine Befristung der Regelungen bis zum 31. Dezember 2005 vorgesehen. Ab dem 1. Januar 2006 wird danach eine präventive Telekommunikations- und Postüberwachung nicht mehr zulässig sein; laufende Überwachungsmaßnahmen müssten abgebrochen werden.
Die Vorschriften des ZFdG müssen um Vorkehrungen ergänzt werden, die den Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung gewährleisten. Mit seiner Entscheidung vom 27. Juli 2005 (1 BvR 668/04) hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass bei Eingriffen in Artikel 10 GG gesetzliche Vorkehrungen zum Schutz des absolut geschützten Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung erforderlich sind. Diese Rechtsprechung wirkt sich hinsichtlich der Anforderungen an den Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung auf sämtliche bundesrechtliche Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen aus. Die zur Umsetzung dieser Rechtsprechung erforderlichen Regelungen sollen in den verschiedenen Bundesgesetzen parallel geschaffen werden. Durch die vorgezogenen Neuwahlen zum Deutschen Bundestag am 18. September 2005 ist es zeitlich nicht mehr möglich, hierzu innerhalb der gesetzten Frist des § 47 ZFdG (31. Dezember 2005) die erforderlichen Regelungen zu treffen. Daher soll die Befristung der Regelungen des ZFdG zur präventiven Telekommunikationsüberwachung verlängert werden. Dabei ist ein Zeitrahmen zu wählen, der es gestattet, ein Konzept zu entwickeln, das die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts optimal umsetzt, praktischen Anforderungen gerecht wird und in sich stimmig ist. Dazu sind, da unterschiedliche Gesetze betroffen sind, Abstimmungen erforderlich. Es wird deshalb eine Fristverlängerung von zwei Jahren vorgesehen.
Die Vorschriften über die präventive Telekommunikations- und Postüberwachung im Außenwirtschaftsbereich sind zudem von großer - auch außenpolitischer - Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland. Den Regelungen kommt in der Systematik der Exportkontrolle und zur Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen eine wichtige Rolle zu. Die präventive Telekommunikations- und Postüberwachung leistet einen wesentlichen Beitrag für die frühzeitige Aufdeckung und vor allem Verhinderung vorbereiteter illegaler Exporte von Massenvernichtungswaffen. Daher soll eine Fortgeltung dieser Vorschriften durch die Verlängerung der Frist gewährleistet werden.
II. Begründung zu den Einzelvorschriften
Zu Artikel 1 (Änderung des Zollfahndungsdienstgesetzes)
Zu § 47
Es wird die Verlängerung der Befristung um zwei Jahre vorgeschlagen. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli 2005 (1BvR 668/04) zur präventiven Telekommunikationsüberwachung wirkt sich hinsichtlich der Anforderungen an den Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung bei Eingriffen in Artikel 10 GG auf sämtliche bundesrechtliche Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen aus. Die zur Umsetzung dieser Rechtsprechung erforderlichen Regelungen sollen im Befristungszeitraum in den verschiedenen Bundesgesetzen parallel geschaffen werden. Daher wird ein Zeitraum von zwei Jahren vorgeschlagen.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.