A. Zielsetzung
- Die unverhältnismäßig hohe Unfallrate insbesondere der 18 bis 20-jährigen Fahranfängerinnen und Fahranfänger nach Erwerb der Fahrerlaubnis erfordert einen Maßnahmenansatz, der ihnen eine längere Lernphase vor der selbstständigen Verkehrsteilnahme ermöglicht, um mit einer größeren Fahrkompetenz Unfallrisiken zu mindern. Derzeit fällt der Erfahrungszuwachs junger Fahrerinnen und Fahrer in die Zeit ihres höchsten Unfallrisikos.
B. Lösung
- Durch Erlass einer Rechtsverordnung des Bundesministers für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen soll in einem Modellversuch das "Begleitete Fahren ab 17" von interessierten Bundesländern erprobt und der Sicherheitsertrag in einer wissenschaftlichen Untersuchung ausgewertet werden können.
C. Alternativen
- Zur Reduzierung der Unfallrisiken unmittelbar nach Erwerb der Fahrerlaubnis mit dem Ziel, mehr Fahrkompetenz durch Fahren üben zu gewinnen, gibt es z. Zt. in Deutschland keinen anderen Maßnahmenansatz.
D. Kosten für die öffentlichen Haushalte
- Auswirkungen auf die Haushalte der Länder und der Kommunen bestehen nicht. Aus dem Haushalt des Bundes ist die Evaluation des Modellversuchs über die Bundesanstalt für Straßenwesen - wie bei anderen Modellversuchen auch - zu finanzieren.
E. Sonstige Kosten
- Den jungen Fahranfängerinnen und Fahranfängern entstehen Kosten für die zusätzliche Prüfungsbescheinigung (7,70 €), außerdem dann, wenn sie und die Begleitpersonen an Veranstaltungen zur Vorbereitung auf das "Begleitete Fahren" teilnehmen, für die ein Entgelt gefordert wird.
Verordnungsentwurf des Bundesrates
Entwurf einer Verordnung über die freiwillige Teilnahme von jungen Fahranfängerinnen und Fahranfängern an einem Modellversuch "Begleitetes Fahren ab 17"
Der Bundesrat hat in seiner 794. Sitzung am 28. November 2003 beschlossen, die beigefügte Vorlage für den Erlass einer Rechtsverordnung gemäß Artikel 80 Abs. 3 des Grundgesetzes der Bundesregierung zuzuleiten.
Anlage
Entwurf einer Verordnung über die freiwillige Teilnahme von jungen Fahranfängerinnen und Fahranfängern an einem Modellversuch "Begleitetes Fahren ab 17"
Auf Grund des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben b, g, m, s und Nr. 3 Buchstabe c des Straßenverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310) verordnet das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:
§ 1
(1) Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen B oder BE können ab dem 17. Lebensjahr in Begleitung eines älteren Fahrerlaubnisinhabers praktische Erfahrungen als verantwortliche Fahrzeugführer im Straßenverkehr sammeln (Begleitetes Fahren). Durch die Begleitung sollen die Unfallrisiken, denen insbesondere junge Fahranfänger unterliegen, weitestgehend ausgeschlossen werden. Darüber hinaus soll die in dieser Zeit zusätzlich gewonnene Fahrerfahrung ihr Risiko beim selbstständigen Führen von Kraftfahrzeugen ab dem 18. Lebensjahr senken.
(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen können das "Begleitete Fahren" als Modellversuch nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften einführen; die Entscheidung darüber ist nach den für Allgemeinverfügungen geltenden landesrechtlichen Vorschriften zu veröffentlichen.
§ 2
(1) Ein Fahranfänger kann an dem Modellversuch teilnehmen, wenn er nach § 6 darauf vorbereitet und im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse B oder der Klasse BE ist. Im Rahmen des Modellversuchs beträgt das Mindestalter für den Erwerb dieser Klassen 17 Jahre.
(2) Die Bescheinigung über die Teilnahme an der Vorbereitung ist vor der praktischen Fahrerlaubnisprüfung für die Klasse B dem Sachverständigen oder Prüfer zur Einsicht vorzulegen. Sind die Angaben unvollständig oder hat der Sachverständige oder Prüfer Bedenken an der Richtigkeit der Angaben, darf die Prüfung nicht durchgeführt werden.
§ 3
(1) Die Fahrerlaubnis wird durch Übergabe einer im Inland gültigen Prüfungsbescheinigung erteilt, die längstens bis zum Ablauf von drei Monaten nach Vollendung des 18. Lebensjahres befristet ist. Die Prüfungsbescheinigung gilt als Führerschein im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 des Straßenverkehrsgesetzes.
(2) Ab Vollendung des 18. Lebensjahres händigt die Fahrerlaubnisbehörde dem Fahranfänger gemäß § 22 Abs. 3 der Fahrerlaubnisverordnung auf Antrag einen Führerschein nach Muster 1 der Anlage 8 zur Fahrerlaubnisverordnung gegen Abgabe der Prüfungsbescheinigung aus. Liegen Hinweise vor, die Bedenken am Besitz der Fahrerlaubnis begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zuvor Auskünfte entsprechend § 25 Abs. 4 der Fahrerlaubnisverordnung einholen.
§ 4
(1) Die Prüfungsbescheinigung nach § 3 Abs. 1 ist mit der Auflage zu versehen, dass der Fahranfänger bis zur Aushändigung des Führerscheins Fahrzeuge der Klassen B oder BE nur führen darf, wenn er von einer Person begleitet wird, die die Voraussetzungen nach § 5 erfüllt.
(2) Der Fahranfänger darf kein Fahrzeug der Klassen B oder BE führen, wenn die Begleitperson nicht in der Lage ist, ihre Aufgaben nach § 6 Abs. 2 zu erfüllen.
(3) Bei den Fahrten hat der Fahranfänger die nach § 3 Abs. 1 Satz 1 auf ihn ausgestellte Prüfungsbescheinigung sowie die nach § 6 Abs. 3 Satz 4 auf die mitfahrende Begleitperson ausgestellte Bescheinigung mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen zur Prüfung auszuhändigen.
§ 5 Begleiten kann, wer
- 1. das 30. Lebensjahr vollendet hat,
- 2. seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse B oder der Klasse 3 (alt) ist,
- 3. zum Zeitpunkt der Auskunft aus dem Verkehrszentralregister oder der Bestätigung der Fahrerlaubnisbehörde nach § 6 Abs. 3 nicht mit mehr als drei Punkten belastet ist und
- 4. an einer Vorbereitung nach § 6 teilgenommen hat. § 6
(1) Die 90-minütige Vorbereitung kann von einer geeigneten Person oder Institution durchgeführt werden, die die zuständige oberste Landesbehörde, die von ihr bestimmte Stelle oder die nach Landesrecht zuständige Stelle auf Antrag für die Dauer des Modellversuchs bestimmt hat.
(2) Der Antragsteller hat einen Lehrplan für die Umsetzung der in § 1 genannten Ziele zur Genehmigung einzureichen und Personen zu benennen, die zur Vermittlung der Inhalte des Lehrplans geeignet sind. Gegenstand des Lehrplans sind insbesondere die folgenden Aspekte der Rolle und der mit ihr verbundenen Aufgaben der Begleitperson:
- 1. Während der Fahrt
- a) Anwesenheit ohne Ausübung einer Ausbildungsfunktion,
- b) Akzeptanz des Fahranfängers als verantwortlicher Fahrzeugführer und Akzeptanz der eigenen Rolle als Begleiter,
- c) Gewährung von Freiraum für selbstständige Fahrentscheidungen des Fahranfängers,
- d) Kommunikationspartner für den Fahranfänger,
- e) Beschränkung auf gelegentliche Hinweise ohne unmittelbares Eingreifen in Entscheidungen und Fahrmanöver,
- f) mäßigender Einfluss in Belastungs- und Konfliktsituationen,
- g) Antworten auf Fragen des Fahranfängers;
- 2. Außerhalb der Fahrt
- a) Beratung bezüglich sinnvoll zu fahrender Strecken,
- b) Gesprächspartner für einen Austausch über die Fahrerfahrungen. Darüber hinaus ist der rechtliche Rahmen zu thematisieren.
(3) Vor Beginn der Vorbereitung hat die Begleitperson eine schriftliche Auskunft aus dem Verkehrszentralregister gemäß § 30 Abs. 8 des Straßenverkehrsgesetzes und den auf sie ausgestellten Führerschein dem Veranstalter zur Einsicht vorzulegen, um die Voraussetzungen des § 5 Nr. . 1, 2 und 3 nachzuweisen. An Stelle der Auskunft kann eine schriftliche Bestätigung der Fahrerlaubnisbehörde vorgelegt werden, dass die Begleitperson die Voraussetzungen erfüllt. Die Auskunft nach Satz 1 oder die Bestätigung nach Satz 2 darf nicht älter als drei Monate sein. Nach der Vorbereitung sind der Begleitperson (mindestens) zwei Teilnahmebescheinigungen auszuhändigen.
§ 7
Führt ein Fahranfänger ein Fahrzeug der in § 2 genannten Klassen ohne in Begleitung einer Person im Sinne von § 5 zu sein, ist die Fahrerlaubnis zu widerrufen. Hat er wiederholt ein Fahrzeug geführt, obwohl die mitfahrende Begleitperson ihre Aufgaben nach § 6 Abs. 2 nicht wahrnehmen konnte, kann die Fahrerlaubnis widerrufen werden.
§ 8
(1) Ordnungswidrig im Sinne von § 24 des Straßenverkehrsgesetzes handelt ein Fahranfänger, der vorsätzlich oder fahrlässig als Inhaber einer Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 ein Fahrzeug der Klassen B oder BE führt und dabei
- 1. entgegen § 4 Abs. 1 nicht von einer Person begleitet wird, die die Voraussetzungen nach § 5 erfüllt,
- 2. entgegen § 4 Abs. 2 von einer Person begleitet wird, die die Aufgaben nach § 6 Abs. 2 nicht wahrnehmen kann, oder
- 3. entgegen § 4 Abs. 3 die Prüfungsbescheinigung oder eine auf die Begleitperson ausgestellte Teilnahmebescheinigung nicht vorlegt.
(2) Eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Nr. 1 wird mit einem Bußgeld in Höhe von 150 Euro, eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Nr. 2 mit einem Bußgeld in Höhe von 75 Euro und eine Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 mit einem Bußgeld in Höhe von 10 Euro geahndet.
§ 9
(1) Als schwer wiegende Zuwiderhandlung im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe gemäß § 2a Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetzes wird eingestuft eine Ordnungswidrigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, als weniger schwer wiegend eine Ordnungswidrigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2.
(2) Nach dem Punktsystem sind im Verkehrszentralregister erfasste Entscheidungen zu § 8 Abs. 1 Nr. 1 mit vier Punkten, zu § 8 Abs. 1 Nr. 2 mit einem Punkt zu bewerten.
§ 10
Im Übrigen sind die Vorschriften der Fahrerlaubnisverordnung und der Bußgeldkatalog-Verordnung anzuwenden.
§ 11 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft.
Begründung
I. Allgemeines
- 1. Nach der Verordnung können sich die Länder an einem Modellversuch unter der Kurzbezeichnung "Begleitetes Fahren ab 17" beteiligen, eine Verpflichtung zur Umsetzung besteht jedoch nicht. Die wissenschaftliche Auswertung des Modellversuchs soll zeigen, ob die hohe Unfallrate junger Fahranfänger dadurch gesenkt werden kann, dass ältere Fahrer sie zu Beginn ihrer Fahrerkarriere begleiten. Anfänger sollen Fahrerfahrung und damit Fahrroutine erwerben, die ihr Unfallrisiko nachhaltig senken.
- 2. Im Jahr 2001 sind auf Deutschlands Straßen rund 7000 Menschen ums Leben gekommen, davon waren 1606 zwischen 18 und 24 Jahre alt. Diese Altersgruppe umfasst die am stärksten gefährdete Teilgruppe der 18- bis 20-Jährigen: Dort sind die meisten Fahrnovizen zu finden, deren fahrleistungsbezogenes Unfallrisiko etwa fünf mal so hoch ist wie im Gesamtdurchschnitt aller Altersgruppen (Hautzinger/Tassaux 1989), während das entsprechende Risiko der 21- bis 24-Jährigen etwas mehr als doppelt so hoch ist.
Fahranfänger haben gleich zu Beginn ihrer selbstständigen Verkehrsteilnahme als Pkw-Fahrer das höchste Unfallrisiko, das mit anfänglich hohen und in der Folge geringer werdenden Abnahmebeträgen sinkt. Der Risikoverlauf bei deutschen Fahranfängern zeigt nach etwa neun Monaten eine Halbierung, nach 2,6 Jahren eine Verringerung auf 10 % des Anfangsrisikos (Schade, Kraftfahrt-Bundesamt, 2001). Diese Verlaufsform ist auch in anderen Ländern erkennbar. Sie entspricht zudem der Lernkurve, die beim Fertigkeitserwerb in anderen Bereichen regelmäßig zu beobachten ist. Darin wird deutlich, dass mit Anforderungen verbundene Tätigkeiten mit zunehmender Geübtheit schneller, fehlerfreier und mit geringerer mentaler Beanspruchung bewältigt werden.
Der Rückgang des Unfallrisikos bei Fahranfängern ist demnach auf einen kontinuierlichen fahrpraktischen Erfahrungszuwachs zurückzuführen.
Fahrpraxis in der Fahrschulausbildung ist auf Fahrleistungen zwischen 500 und 1200 km begrenzt. Routine, die das Unfallrisiko nachhaltig verringert, wird erst nach Erhalt des Führerscheins beim Fahren gewonnen. Damit fällt der Erfahrungszuwachs in die Zeit des höchsten Risikos und wird mit vielen Unfällen "bezahlt"; dieser Widerspruch soll mit dem "Begleiteten Fahren" aufgelöst werden:
- 3. Das Modell geht u. a. von folgenden Voraussetzungen aus:
- - Die Fahrausbildung ist den professionellen Fahrlehrern vorbehalten.
- - Ab dem 18. Lebensjahr besteht ein Anspruch auf Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen B und BE.
Um für den Maßnahmenansatz einen "Zeitpuffer" zwischen der Aushändigung des Führerscheins und der völlig selbstständigen Teilnahme als motorisierter Fahrzeugführer zu erhalten, wird das Mindestalter für die Erteilung der genannten Fahrerlaubnisklassen auf 17 Jahre herabgesetzt. Diese Absenkung zielt nicht auf die Ausweitung individueller Mobilität, sondern verlängert die Lernzeit; sie ist ein Hilfsmittel, kein Geschenk.
Infolge der Herabsetzung des Mindestalters kann die Fahrschulausbildung ein Jahr früher - etwa mit 16 ½ Jahren - beginnen. Nach Teilnahme an einer auf das "Begleitete Fahren" vorbereitenden Veranstaltung und erfolgreicher Fahrerlaubnisprüfung wird zunächst eine befristete Prüfungsbescheinigung als Führerscheinersatz ausgehändigt. Bis zur Aushändigung des regulären Kartenführerscheins - spätestens drei Monate nach Vollendung des 18. Lebensjahres - darf der Anfänger nur in Begleitung einer mindestens 30 Jahre alten Person entsprechende Fahrzeuge führen.
- 4. Die Ausgestaltung des Modells ist an folgenden zentralen Kriterien ausgerichtet:
- - Sicherheitsgewinn,
- - Zugangsfreundlichkeit und
- - Praktikabilität.
Unter dem Aspekt des Sicherheitsgewinns sollen junge Fahranfänger möglichst umfassende Fahrroutine erwerben, gleichzeitig sind die mit dem Fahren üben verbundenen Risiken zu minimieren. Für die Sicherheitsbilanz sind die heutige Unfallrate insbesondere der 18- bis 20-Jährigen und die Unfallrate während des "Begleiteten Fahrens" und nach der Begleitphase gegenüber zu stellen.
Unter dem Stichwort "Zugangsfreundlichkeit" sind Zugangs- und Nutzungshindernisse zu vermeiden, weil eine geringe Beteiligung und Nutzung den Sicherheitsgewinn des "Begleiteten Fahrens" herabsetzt.
Einschränkungen sind nur vorgesehen, wenn die Sicherheit beeinträchtigt werden könnte.
Die Umsetzung des Modells muss einfach und praktikabel sein. Nur so ist mit einer Akzeptanz bei den jungen Heranwachsenden und bei den Eltern als Begleitpersonen zu rechnen. Die Regelungen sind daher auf das Notwendigste beschränkt, der finanzielle und organisatorische Aufwand ist gering gehalten.
- 5. Insbesondere Wirksamkeitsuntersuchungen in Schweden belegen, dass der Rückgang des Unfallrisikos in den ersten zwei Jahren des selbstständigen Fahrens zwischen 24 und 40 % auf die Verlängerung der Lernzeit im Rahmen des "Begleiteten Fahrens" zurückgeht. Nach bisher vorliegenden Studien führt der Zuwachs an Fahrkompetenz zur höchsten bekannten Absenkung des Unfallrisikos.
Das "Begleitete Fahren" selbst ist mit vergleichsweise geringen Unfallrisiken behaftet. Dies geht aus systematischen Untersuchungen und aus Berichten in den Ländern mit Modellen des "Begleiteten Fahrens" hervor. Nach den Ergebnissen schwedischer Analysen haben Fahranfänger in der Begleitphase ein 34fach geringeres fahrleistungsbezogenes Unfallrisiko als in den ersten zwei Jahren der selbstständigen Verkehrsteilnahme. Auch Untersuchungsergebnisse und Erfahrungen in weiteren Ländern (Österreich, Frankreich, Belgien und Norwegen) legen nahe, dass die für das selbstständige Fahren charakteristischen Fahranfänger- und Jugendlichkeitsrisiken nicht auf das "Begleitete Fahren" durchschlagen.
Auch wenn das "Begleitete Fahren" in diesem Modell nicht wie in anderen europäischen Ländern Teil der Fahrausbildung ist, sondern nach Erwerb der Fahrerlaubnis am Beginn der Fahrerkarriere einsetzt, ist eine besondere Unfallbelastung nicht zu erwarten, weil die Fahrnovizen zwar rechtlich in ihrer Entscheidungsfreiheit - sie sind verantwortliche Fahrzeugführer - nicht begrenzt sind, aber auf Grund der Anwesenheit einer wesentlich älteren Person emotionale und soziale Schranken bestehen. Außerdem steht für diejenigen, die sich für die Teilnahme an dem Modellversuch entscheiden, das Fahren üben im Vordergrund; andernfalls werden sich die jungen Heranwachsenden für den Führerscheinerwerb ab 18 Jahren entscheiden.
II. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu § 1
Es wird erwartet, dass infolge der Begleitung nicht nur das hohe Anfangsrisiko sinkt, sondern die wesentlich längere Fahrpraxis auch zu mehr Fahrkompetenz führt, die weiterwirkt, wenn der Fahranfänger ab dem 18. Lebensjahr nach Erwerb des Kartenführerscheins ohne Begleitung fahren darf.
Den Bundesländern steht es frei, sich an dem Modellversuch zu beteiligen. Die Entscheidung, das "Begleitete Fahren" für Einwohner eines Bundeslandes als Maßnahme zur Senkung des Unfallrisikos anzubieten, ist nach den für Allgemeinverfügungen geltenden landesrechtlichen Bestimmungen zu veröffentlichen.
Zu § 2
Fahrten in Begleitung sind auf Personenkraftwagen beschränkt, weil diese Fahrzeugart die höchste Zulassungszahl aufweist und für die Mitfahrt einer Begleitperson die besten Voraussetzungen bietet. Auch Fahranfänger, die im Besitz der Fahrerlaubnisklasse BE sind, werden einbezogen; denn die Begleitperson vermittelt keine Fahrausbildung und muss daher nicht fahrdynamische Zustände der Fahrzeugkombination im Unterschied zum Fahren mit einem Solofahrzeug erläutern. Das Mindestalter für den Fahrerlaubniserwerb dieser Klassen wird auf das 17. Lebensjahr abgesenkt, um interessierten jungen Leuten die Teilnahme am "Begleiteten Fahren" und ab 18 Jahren ein selbstständiges Fahren - wie bisher - zu ermöglichen. Nur so ist es angesichts der bestehenden Rechtslage - abgeschlossene Fahrausbildung/Prüfung und Anspruch auf Aushändigung des Kartenführerscheins ab 18 Jahren - möglich, dass junge Fahrer an dem "Begleiteten Fahren" teilnehmen. Im Übrigen gibt es kein europäisches Land, das für den Erwerb einer Pkw-Fahrerlaubnis der Klasse B ein höheres Mindestalter als 18 Jahre vorschreibt. Entsprechend früher können die Fahrausbildung sowie die theoretische und praktische Prüfung für die genannten Klassen erfolgen.
Die Erteilung der Fahrerlaubnis vor Erreichen des 18. Lebensjahres ist in diesem Modell nicht von einer medizinischpsychologischen Begutachtung abhängig. Zum einen handelt es sich um eine eigenständige Festlegung des Mindestalters, zum anderen sollen Defizite, die aus der anfängerspezifischen Unerfahrenheit resultieren, gerade durch das "Begleitete Fahren" aufgefangen werden.
Außerdem hat der Fahranfänger an einer 90minütigen Veranstaltung, deren wesentlicher Inhalt in § 6 umschrieben ist, teilzunehmen. Dort wird er auf das Fahren üben in Begleitung vorbereitet. Die Bescheinigung über die Teilnahme an der Vorbereitung ist ähnlich einer Ausbildungsbescheinigung (§ 16 Abs. 3 Sätze 6 bis 9 der Fahrerlaubnisverordnung) vor der praktischen Prüfung dem Sachverständigen oder Prüfer zur Einsicht vorzulegen. Dieser prüft, ob die Bescheinigung dem (im Verkehrsblatt) veröffentlichten Muster entspricht, ausgefüllt und unterschrieben ist. Sind die Angaben nicht vollständig oder bestehen Bedenken, wird die Prüfung solange ausgesetzt, bis die Vorbehalte geklärt sind.
Zu § 3
Mit der Übergabe der Prüfungsbescheinigung wird die Fahrerlaubnis unbefristet erteilt. Nur die Geltungsdauer des Dokuments ist befristet.
Folgende Gründe sind maßgebend, dass eine befristete Prüfungsbescheinigung - § 22 Abs. 4 Satz 7 der Fahrerlaubnisverordnung entsprechend - den Besitz der Fahrerlaubnis dokumentiert:
- - Dem Anfänger soll deutlich werden, dass er einem besonderen "Begleitstatus" unterliegt, er immer noch Lernender ist, der Fahrroutine und Fahrkompetenz erwerben soll.
- - Es gibt keine harmonisierte Schlüsselzahl der Europäischen Union für die obligatorische Mitfahrt einer Begleitperson. Zwar verbirgt sich hinter der Schlüsselzahl 05.05 nach Abschnitt II der Anlage 9 zur Fahrerlaubnisverordnung "nur mit Beifahrer, der im Besitz der Fahrerlaubnis ist"; damit ist jedoch eine Fahrbeschränkung aus medizinischen Gründen gemeint. Bei einer nur in Deutschland verbindlichen Schlüsselzahl hätte ein junger Fahranfänger als Inhaber eines Kartenführerscheins in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ohne Begleitung fahren dürfen (siehe Abschnitt 12 des Anhangs I a der Richtlinie 96/47/EG des Rates vom 23. Juli 1996 - ABl. EG (Nr. ) L 253 vom 17. September 1996 zur Änderung der Richtlinie 91/439/EWG über den Führerschein). Der Gefahr, dass ein Fahranfänger tatsächlich ohne Begleitperson außerhalb Deutschlands fährt, wird durch die Aushändigung einer Prüfungsbescheinigung vorgebeugt.
Zudem lassen sich auf der Prüfungsbescheinigung die erforderlichen Auflagen des § 4 nicht nur verschlüsselt, sondern als Text eintragen. Dies bietet Vorteile bei Kontrollmaßnahmen und erleichtert dem Fahranfänger, die Auflagen einzuhalten.
Mit Übergabe der Prüfungsbescheinigung beginnt die Probezeit (§ 2a Abs. 1 Satz 1 StVG).
Ab Vollendung des 18. Lebensjahres wird der Kartenführerschein nach Muster 1 der Anlage 8 zur Fahrerlaubnisverordnung dem Fahranfänger ausgehändigt, es sei denn, es liegen Hinweise darauf vor, dass er nicht mehr im Besitz einer entsprechenden Fahrerlaubnis ist. Dann kann die Behörde die Auskünfte einholen, die auch bei Ausstellung eines Ersatzführerscheins möglich sind. Spätestens drei Monate nach Vollendung des 18. Lebensjahres endet die Geltungsdauer der Prüfungsbescheinigung; in diesem Zeitraum besteht Gelegenheit, sie gegen einen Kartenführerschein einzutauschen.
Zu § 4
Folgende Auflagen treffen den Fahranfänger als Inhaber einer Fahrerlaubnis und als verantwortlichen Fahrzeugführer:
- - Fahrzeuge der Klassen B oder BE dürfen nur in Begleitung geführt werden. Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind Fahrzeuge der Klassen L und M, die in der Klasse B eingeschlossen sind (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 der Fahrerlaubnisverordnung), weil das Mindestalter für die Erteilung der Klassen L und M 16 Jahre beträgt.
- - Kann die Begleitperson die von ihr erwarteten Aufgaben überhaupt nicht wahrnehmen, weil sie z.B. stark alkoholisiert ist, darf der Fahranfänger sich nicht hinter das Steuer setzen.
- - Der Fahranfänger hat die auf ihn ausgestellte Prüfbescheinigung sowie eine auf die Begleitperson ausgestellte Bescheinigung über deren Teilnahme an einer Vorbereitung mitzuführen und auf Verlangen zuständigen Personen zur Prüfung auszuhändigen.
Auf die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen B und BE besteht - als so genannter gebundener Verwaltungsakt - bei Erfüllung der in § 2 Abs. 2 StVG genannten Voraussetzungen und Vollendung des 18. Lebensjahres ein Rechtsanspruch. Dieser Rechtsanspruch wird im Rahmen des "Begleiteten Fahrens" auf die 17-Jährigen ausgedehnt und zugleich in § 4 an bestimmte Auflagen geknüpft. Die Auflagen verlangen vom Fahranfänger ein persönliches Tun, Dulden und Unterlassen; sie sind bis zur Aushändigung des Kartenführerscheins verbindlich. Die Auflagen haben je nach ihrer Bedeutung im Rahmen des Modells ein unterschiedliches Gewicht, das auch in den §§ 7 und 8 deutlich wird:
- - Das Fahren üben über einen längeren Zeitraum in Begleitung eines älteren Mitfahrers ist das Kernstück.
- - Kann die Begleitperson die von ihr erwarteten Aufgaben nicht wahrnehmen, weil sie z.B. stark alkoholisiert ist, darf der Fahrnovize die Fahrt nicht antreten. Für die Begleitperson kann es allerdings keine Promille-Grenze im Sinne einer relativen oder absoluten Fahruntüchtigkeit geben; denn die Fahruntüchtigkeit ist nicht mit der Begleitunfähigkeit gleich zu setzen.
- - Der Fahranfänger und nicht der Begleiter ist Fahrzeugführer.
Es wird erwartet, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Möglichkeiten des Modells nutzen. Daher kann auch ein Fahrnovize, der z.B. mit 17 Jahren und neun Monaten die Fahrerlaubnis erwirbt, an dem Modellversuch teilnehmen. Fiele er "aus der Begleitregelung heraus", könnte er nicht sofort ein Kraftfahrzeug führen, sondern erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres, dann aber selbstständig und allein. Das Üben in Begleitung erscheint immer noch sicherer, wenn es auch nur für eine kurze Zeit ausgeübt wird, als den jungen Fahrer sofort in den Straßenverkehr zu entlassen.
Zu § 5
Begleiten kann, wer 30 Jahre alt und seit fünf Jahren ununterbrochen im Besitz der Fahrerlaubnis der Klasse B bzw. der Klasse 3 (alt) ist. Das Mindestalter ist auf 30 Jahre festgelegt worden, damit die Begleitpersonen - wie Ellinghaus/Schlag (Uniroyal-Verkehrsuntersuchung "Beifahrer" Nr. 26 - Köln/Hannover 2001) hinsichtlich des Unfallrisikos u. a. ausführen - deutlich älter als die Fahranfänger sind, d.h. insbesondere nicht mehr zu der Gruppe der stark unfallbelasteten 18- bis 24-jährigen Fahrer zählen, und Peergroup-Einflüsse ausgeschlossen sind. Eine Altersobergrenze ist nicht festgelegt, weil Erfahrungen in den anderen europäischen Ländern keine Hinweise auf Probleme mit älteren Begleitpersonen ergeben haben.
Es handelt sich um ein "offenes Begleitmodell", d.h. die Begleitung ist nicht an einen bestimmten Fahrnovizen gebunden: Jede Begleitperson könnte jeden Fahranfänger begleiten. Damit wird die Leistungsfähigkeit des Modells erhöht und einer Einschränkung der Übungsmöglichkeiten entgegen gewirkt, wenn etwa die "normale" Begleitperson krankheitsbedingt, auf Grund einer längeren Abwesenheit oder aus sonstigen Gründen nicht zur Verfügung steht.
Eine öffentlichrechtliche Zustimmung der Eltern bzw. des Personensorgeberechtigten zu einer fremden Begleitperson ist nicht erforderlich. Das zivilrechtliche Umgangsbestimmungsrecht als Teil des elterlichen Erziehungs- und Aufsichtsrechts reicht aus, eine unerwünschte Begleitperson zu verhindern. Im Übrigen werden die Eltern, die dem Ausbildungsvertrag mit einer Fahrschule zustimmen bzw. ihn genehmigen müssen, mit dem Jugendlichen erörtern, wer als Begleitperson in Frage kommt.
Der 5-jährige ununterbrochene Besitz einer Fahrerlaubnis ist ein Indikator für eine ausgereifte Fahrerfahrung und für Verkehrszuverlässigkeit. Von regelkonformem Verhalten als Zeichen für Verkehrszuverlässigkeit ist auch noch bei einem Stand von höchstens drei Punkten im Verkehrszentralregister auszugehen, weil es sich hierbei um weniger schwer wiegende Verkehrsverstöße handelt, und die Forderung, dass überhaupt keine Punktbelastung vorliegen solle, rd. 7 Mio. Fahrerlaubnisbesitzer ausschließen würde. Bei der festgelegten Obergrenze von drei Punkten würden nach einer Auswertung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom Februar 2003 etwa 1,1 Mio. Personen als Begleiter nicht in Betracht kommen.
Zu § 6
Da es sich um ein für Deutschland neues Modell handelt, ist eine Vorbereitung erforderlich, um Fahranfänger und Begleiter in ihre besonderen Rollen und Aufgaben einzuführen und sie über den rechtlichen Rahmen zu informieren.
So ist vor allem deutlich zu machen, dass der Fahranfänger der verantwortliche Fahrzeugführer ist und der Begleiter keine Ausbildungsfunktion innehat. Seine Rolle ist ausschließlich durch die Funktion bestimmt, die in § 6 Abs. 2 aufgeführt ist.
Die entsprechenden Informationen und Anleitungen sollen auch zusätzlich durch Druck- und Bildmedien vermittelt werden. Da es jedoch um die Vorbereitung von Personen für teilweise nicht selbstverständliche Rollenanforderungen geht, ist eine Einführung im Rahmen einer Facetoface-Vermittlung erforderlich, in der z.B. geeignete und weniger geeignete Kommunikationsformen zwischen Fahranfänger und Begleiter unter fachkundiger Anleitung exemplarisch erprobt und geübt werden können.
90 Minuten - entsprechend einem schulischen Elternabend - erscheinen für eine derartige Einführung auch angesichts eines eher knappen Zeitbudgets der Eltern von 17-Jährigen ausreichend.
Für die inhaltlichen und methodischen Anforderungen an den Lehrplan und an die Qualifikation der Personen, die die Veranstaltungen durchführen, stehen die grundlegenden Standards zeitgemäßer Erwachsenenbildung zu Verfügung, wie sie beispielsweise in Fahrschulen, in der betrieblichen Weiterbildung, in Volkshochschulen oder in Moderatorenprogrammen angewendet werden. Spezielle Standards können unter Berücksichtigung der Praxiserfahrungen später entwickelt werden. Die Vorgaben für den Lehrplan werden im Verkehrsblatt veröffentlicht.
Da die Vorbereitung auf das "Begleitete Fahren" keine Fahrausbildung darstellt, kann sie grundsätzlich von jeder geeigneten Person oder Institution durchgeführt werden, die hierfür von der obersten Landesbehörde oder der nach Landesrecht zuständigen Stelle bestimmt wird; die Befugnis gilt für die Dauer des Modellversuchs (siehe § 11). Eine vergleichbare "Bestimmung" findet sich in § 48 Abs. 4 Nr. 7 Satz 2 der Fahrerlaubnisverordnung für Stellen, die Ortskundeprüfungen durchführen.
Vor der Teilnahme an einer Vorbereitung hat die Begleitperson durch Vorlage einer Selbstauskunft aus dem Verkehrszentralregister gemäß § 30 Abs. 8 StVG gegenüber dem Veranstalter nachzuweisen, dass sie nicht mit mehr als drei Punkten belastet ist. Es reicht auch die schriftliche Bestätigung der Fahrerlaubnisbehörde, damit das "Punktekonto", auch wenn es weniger als vier Punkte aufweist, nicht offenbart werden muss. In Verbindung mit der Vorlage des Führerscheins, der dokumentiert, dass die Begleitperson seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse B oder der Klasse 3 (alt) ist, weist die nach der Vorbereitung ausgestellte Teilnahmebescheinigung daher mittelbar auch die Vorgaben hinsichtlich der Fahrerlaubnis und der Punktbelastung aus. Dem Teilnehmer ist eine Bescheinigung in (mindestens) zweifacher Ausfertigung zu übergeben.
In Absatz 2 ist der wesentliche Inhalt des Lehrplans, insbesondere die der Begleitperson zufallende Aufgabe, umschrieben. Die Begleitperson führt keine Fahrausbildung durch, weil diese nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 StVG in Verbindung mit den fahrlehrerrechtlichen Vorschriften professionellen Fahrlehrern vorbehalten ist. Auf Grund des geltenden Verkehrsrechts hat sich ihre Funktion an dem "Beifahrerstatus" zu orientieren. Der Begleiter ist ebenso wie der Beifahrer kein Verkehrsteilnehmer im Sinne von § 1 Abs. 2 StVO. Nach höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung ist dies "nur derjenige, der sich verkehrserheblich verhält, d.h. körperlich und unmittelbar auf den Ablauf eines Verkehrsvorganges einwirkt" (BGH NJW 1960 S. 924 ff; BayObLG NZV 1992 (S. 326 f). Darauf soll die Begleitperson keinen Einfluss nehmen. Greift sie dennoch in die Führung des Kraftfahrzeugs ein oder beeinflusst sie den Fahranfänger durch Anweisungen zu einem bestimmten Verhalten, muss sie u. U. dafür einstehen. Derartige Situationen sind bereits heute anzutreffen, sie werden nicht durch das "Begleitete Fahren" ausgelöst.
Der Bundesgerichtshof hat a.a.O. weiter ausgeführt, dass "die den Verkehrsteilnehmer kennzeichnende Einwirkung auf das Verkehrsgeschehen (als ein auf einen Erfolg gerichtetes Verhalten) nicht notwendig ein tätiges Handeln ist, sondern auch ein Unterlassen sein kann, wenn dadurch eine Rechtspflicht zum Tätigwerden verletzt wird". Eine Pflicht zum Tätigwerden kann sich aus der möglichen Position der Begleitperson als Gewahrsamsinhaberin des Fahrzeugs (als gefährliches Werkzeug) oder als Halterin gemäß § 31 Abs. 2 StVZO ergeben. Falls ein Elternteil die Begleitung übernimmt, ergibt sich daraus allein noch keine Garantenstellung gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern; denn Eltern sind nicht ohne weiteres für ein Fehlverhalten ihrer an der Grenze zur Volljährigkeit stehenden Kinder verantwortlich. Da der Beifahrer keine Garantenstellung innehat, ist dies auch grundsätzlich für die Begleitperson zu verneinen, weil deren Funktion mit einer gewährenden, passiven, reaktiven Hilfestellung zu umschreiben ist.
Zu § 7
Bei einer Fahrt ohne Begleitperson im Sinne von § 5 ist die Fahrerlaubnis des Fahranfängers gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG zu widerrufen. Ein Widerruf kommt nach pflichtgemäßem Ermessen in Betracht, wenn der Fahranfänger wiederholt ein Fahrzeug geführt hat, obwohl die Begleitperson nicht "begleitfähig" war.
Zu § 8
Ein Verstoß gegen die in § 4 genannten Auflagen stellt eine mit Bußgeld bewehrte Ordnungswidrigkeit dar. Entsprechende Regelungen finden sich in § 75 Nr. . 3 und 9 der Fahrerlaubnisverordnung.
Verkehrszuwiderhandlungen 17-Jähriger als Fahrzeugführer stellen kein Novum dar, weil sie bereits heute Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen A1 und M, in der Ausbildung zum Berufskraftfahrer der Klassen B, C1 und C1E, im Übrigen in Ausnahmefällen der Klasse B sein können. Auf sie ist bei Straftaten Jugendstrafrecht anzuwenden, § 1 Abs. 2 JGG. Im materiellen Strafrecht nimmt der Jugendliche, sieht man von der jeweils zu prüfenden Verantwortlichkeit ab, keine Sonderrolle ein. Da der 17-Jährige die Fahrerlaubnis erworben hat, ist die strafrechtliche ( § 3 JGG) und ordnungswidrigkeitsrechtliche ( § 12 Abs. 1 OWiG) Verantwortlichkeit zu bejahen. Im Bereich der Ordnungswidrigkeiten gilt grundsätzlich dieses Gesetz, insbesondere können Geldbußen und Fahrverbote auch gegen Jugendliche verhängt werden.
Zu § 9
Bezug nehmend auf § 8 sind die Verstöße als schwer wiegend oder weniger schwer wiegend im Rahmen der Fahrerlaubnis auf Probe eingestuft. Deren Gewichtung knüpft u. a. an § 4 an.
Dies gilt auch im Punktsystem für im Verkehrszentralregister erfasste Entscheidungen. Die Bewertung des Fahrens ohne Begleitperson mit vier Punkten ist deshalb gerechtfertigt, weil ein derartiger Verstoß den Kernbereich des Modells berührt.
Zu § 10
Im Übrigen sind die Vorschriften der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnisverordnung) sowie der Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbots wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (Bußgeldkatalog-Verordnung) entsprechend anzuwenden. Auch die Zuständigkeitsregelung des § 73 der Fahrerlaubnisverordnung wird davon erfasst.
Zu § 11
Die Vorschrift bestimmt das Inkrafttreten der Verordnung sowie - weil es sich um einen Modellversuch handelt - das Außerkrafttreten.