A. Problem
Geduldete Ausländerinnen und Ausländer sowie Asylbegehrende haben keinen Zugang zu Sprachkursen. Häufig erfolgt die abschließende Entscheidung über ein Bleiberecht erst nach einem mehrjährigen Aufenthalt, so dass sich die fehlende Möglichkeit zum Spracherwerb negativ auf ihre Lebenssituation auswirkt. Ungenügende Sprachkenntnisse behindern ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und führen oft zu sozialer Isolation. Fehlende Sprachkenntnisse wirken sich im Alltag unmittelbar belastend aus. Kontakte mit Ärzten, Gesundheitseinrichtungen und Behörden sowie auch der Erwerb von Dingen des täglichen Lebens sind erschwert.
Fehlende Sprachkenntnisse schränken auch den Zugang zum Arbeitsmarkt ein, der geduldeten Ausländerinnen und Ausländern sowie Asylbegehrenden nach einer Wartezeit von zwölf bzw. neun Monaten eröffnet ist.
Minderjährige erlangen in der Regel durch den Schulbesuch ausreichende Sprachkenntnisse, während ihre Eltern keine Möglichkeit zum Spracherwerb haben und ihre Kinder in ihrer Entwicklung daher nicht umfassend unterstützen können.
B. Lösung
Die Zulassung von geduldeten Ausländerinnen und Ausländern sowie Asylbegehrenden zu dem Basis- und dem Aufbausprachkurs des Integrationskurses ermöglicht diesem Personenkreis frühzeitig eine Orientierung in ihrem Lebensumfeld, eine raschere Integration und lässt ihre Potentiale nicht ungenutzt. Diejenigen, die einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erhalten, sind berechtigt, die Kurse abzuschließen. Für diejenigen, die in ihr Heimatland zurückkehren müssen, verbessern sich dort die beruflichen Perspektiven.
Die Sprachmodule des Integrationskurses sind geeignete Instrumente eines Spracherwerbs für geduldete Ausländerinnen und Ausländer sowie Asylbegehrende, da sie auf die Bedarfe von Zugewanderten ausgelegt sind.
C. Alternativen
Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen
1. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
Das Angebot zur Teilnahme an den Sprachkursmodulen der Integrationskurse an Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Geduldete verursacht Kosten für den öffentlichen Haushalt des Bundes. Deren Höhe lässt sich nicht valide ermitteln.
Die Sprachmodule des Integrationskurses umfassen mindestens 600 Stunden. Für die Integrationskurse erstattet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Kursträgern pro Unterrichtsstunde und Teilnehmer 2,94 Euro. Hinzu kommen Kosten für den Einstufungs- und Durchführungstest und ggf. Kinderbetreuungsund Fahrtkosten.
Die Höhe hängt zum einen von der Entwicklung der Zahlen der Asylbewerber und Geduldeten und deren Aufenthaltsdauer sowie von der Annahme des Angebots durch diese Personen ab. Am Stichtag 31. Juli 2013 leben 88.820 geduldete und 83.776 gestattete Ausländer im Bundesgebiet.
Für Personen, die als asylberechtigt oder Flüchtling anerkannt werden, fallen die andernfalls erst mit der Anerkennung entstehenden Kosten für den Integrationskurs nun für die Sprachmodule bereits zu Beginn ihres Aufenthalts an. Dieser Personenkreis umfasste in den letzten Jahren zwischen 15 und 35 % der Antragsteller. Auf Grund des Beschäftigungsverbots während der ersten neun bzw. zwölf Monate des Aufenthalts sowie der folgenden zum Teil eingeschränkten Beschäftigungsmöglichkeiten wird der ganz überwiegende Anteil der berechtigten Personen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, so dass die Kosten für diesen Personenkreis ganz überwiegend von den öffentlichen Haushalten getragen werden müssen.
Für Personen, deren Asylverfahren zügig beendet wird und die in ihr Heimatland zurückkehren, werden auf Grund der kurzen Aufenthaltsdauer keine oder geringe Kosten entstehen.
Geduldete Personen durchlaufen überwiegend zunächst das Asylverfahren, so dass die Kosten für diese Personengruppe nur einmalig anfallen.
Kinder und Jugendliche sind von der Teilnahme ausgenommen, da sie bereits - wie bisher - in Kindertagesstätte und Schule Deutsch lernen.
Mit der Regelung wird andererseits ein auf Grund der Sprachkenntnisse erleichterter Zugang von Asylbegehrenden und Geduldeten zum Arbeitsmarkt ermöglicht, der die von Bund, Ländern und Kommunen aufzubringenden Kosten der Lebensunterhaltssicherung reduzieren.
2. Verwaltungsaufwand für Bund, Länder und Kommunen
Für den Bund ist kein Erfüllungsaufwand zu erwarten, da bereits jetzt vom Bund anerkannte Anbieter die Sprachmodule im Rahmen der Integrationskurse anbieten.
Die Ausländerbehörden werden den begünstigten Personen schriftliche Bestätigungen über ihre Berechtigung zur Teilnahme an den Sprachmodulen ausstellen. Dies könnte zu einer einmaligen Erhöhung des Verwaltungsaufwandes führen.
3. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Keiner.
E. Sonstige Kosten
Keine.
Gesetzesantrag der Freien Hansestadt Bremen
Entwurf eines Gesetzes über den Zugang von Ausländerinnen und Ausländern zu den Sprachkursmodulen der Integrationskurse
Der Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen
Bremen, 1. Oktober 2013
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat in seiner heutigen Sitzung beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten
Entwurf eines Gesetzes über den Zugang von Ausländerinnen und Ausländern zu den Sprachkursmodulen der Integrationskurse mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung gemäß Art. 76 Abs. 1 GG beim Bundestag zu beschließen.
Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 915. Sitzung am 11. Oktober 2013 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichem Gruß
Jens Böhrnsen
Bürgermeister
Entwurf eines Gesetzes über den Zugang von Ausländerinnen und Ausländern zu den Sprachkursmodulen der Integrationskurse
Vom ..
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. August 2013 (BGBl. I S. 3484) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 43 folgende Angabe eingefügt:
" § 43a Sprachkursmodule der Integrationskurse".
2. Nach § 43 wird der folgende § 43a eingefügt:
" § 43a Sprachkursmodule der Integrationskurse
Der frühzeitige Spracherwerb von Ausländern, deren Aufenthaltsstatus auf Grund eines laufenden Asylverfahrens oder bestehenden Ausreisehindernissen nicht oder noch nicht dauerhaft besteht, wird gefördert."
3. Nach § 60a Absatz 2 b wird folgender Absatz 2 c eingefügt
"(2 c) Ist die Abschiebung eines Ausländers nach Absatz 1, Absatz 2 oder Absatz 2 b ausgesetzt, ist der Ausländer zur Teilnahme an dem Basis- und dem Aufbausprachkurs des Integrationskurses nach § 43 Absatz 3 Satz 1 berechtigt.
§ 44 Absatz 3 Satz 1 gilt entsprechend. Die Teilnahmeberechtigung besteht fort, wenn dem Ausländer ein Aufenthaltstitel nach § 25 Absatz 3 bis 5 erteilt wird."
Dem § 55 Asylverfahrensgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) geändert worden ist, wird folgender Absatz 4 angefügt:
(4) Die Aufenthaltsgestattung berechtigt zur Teilnahme an dem Basis- und dem Aufbausprachkurs des Integrationskurses nach § 43 Absatz 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes.
§ 44 Absatz 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes gilt entsprechend. Die Teilnahmeberechtigung besteht fort, wenn dem Ausländer ein Aufenthaltstitel nach § 25 Absatz 3 bis 5 erteilt wird."
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft.
Begründung
A. Allgemeines
Geduldete Ausländerinnen und Ausländer sowie Asylbegehrende haben keinen Zugang zu Sprachkursen. Häufig erfolgt die abschließende Entscheidung über ein Bleiberecht erst nach einem mehrjährigen Aufenthalt, so dass sich die fehlende Möglichkeit zum Spracherwerb negativ auf ihre Lebenssituation auswirkt. Ungenügende Sprachkenntnisse behindern ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und führen oft zu sozialer Isolation. Fehlende Sprachkenntnisse wirken sich im Alltag unmittelbar belastend aus. Kontakte mit Ärzten, Gesundheitseinrichtungen und Behörden sowie auch die Beschaffung von Dingen des täglichen Lebens sind erschwert
Es ist widersprüchlich, Asylbewerberinnen und -bewerbern sowie Geduldeten unter gewissen Voraussetzungen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erlauben, sie aber von den Teilnahmemöglichkeiten an den Integrationskursen und damit den auch für die Berufsausübung zwingend notwendigen Möglichkeiten des Erwerbs deutscher Sprachkenntnisse auszuschließen.
Im SGB III (Arbeitsförderung), BAföG und Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) können diese Personengruppen zumindest nach einem Mindestaufenthalt gefördert werden. So haben geduldete Ausländerinnen und Ausländer sogar einen Anspruch auf Ausbildungsförderung, wenn sie sich mindestens vier Jahre ununterbrochen rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufgehalten haben. Und auch die ESF-BAMF-Sprachkurse sind seit dem 1. Januar 2012 für diesen Personenkreis geöffnet. Zugang zu den ESF-BAMF-Sprachkursen haben nun auch Teilnehmende aus dem ESF-Bundesprogramm für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt.
Der Zugang zum Arbeitsmarkt würde mit ausreichenden Sprachkenntnissen wesentlich erleichtert. Als Folge des durch Beschäftigung sichergestellten Lebensunterhalts würde eine nicht unerhebliche Entlastung der öffentlichen Kassen eintreten.
Das frühzeitige Erlernen der deutschen Sprache würde Eltern zudem in die Lage versetzen, die Schulausbildung ihrer Kinder besser zu unterstützen.
Die Zulassung von geduldeten Ausländerinnen und Ausländern sowie Asylbegehrenden zu dem Basis- und dem Aufbausprachkurs des Integrationskurses ermöglicht diesem Personenkreis eine Orientierung in ihrem Lebensumfeld und lässt ihre Potentiale nicht ungenutzt. Verbleiben sie weiter in der Bundesrepublik und erhalten einen humanitären Aufenthaltstitel, der nicht zum Zugang zu Integrationskursen berechtigt, so sollen sie den Sprachkurs beenden können.
Die Sprachkursmodule des Integrationskurses sind geeignete Instrumente eines Spracherwerbs für geduldete Ausländerinnen und Ausländer sowie Asylbegehrende, da sie auf die Bedarfe von Zugewanderten ausgelegt sind.
B. Im Einzelnen
Zu Artikel 1:
Zu Nummer 1:
Redaktionelle Anpassung der Inhaltsübersicht.
Zu Nummer 2:
Die Regelung legt den Grundsatz der Förderung eines frühzeitigen Spracherwerbs fest. Dieser betrifft Ausländerinnen und Ausländer, die sich noch im Asylverfahren befinden, bei denen Duldungsgründe vorliegen oder die einen Aufenthaltstitel besitzen, der zunächst nicht auf Dauer angelegt ist. Diese Personen haben bisher häufig keine Möglichkeit, die deutsche Sprache zu erlernen, obwohl ein Großteil dieser Personen dauerhaft in der Bundesrepublik verbleibt. Sprachkurse sind nicht zugänglich, weil ein entsprechendes Angebot fehlt, der finanzielle Aufwand nicht geleistet werden kann oder nicht ausreichende Plätze vorhanden sind.
Dies führt dazu, dass in den ersten Jahren eines Aufenthalts aus humanitären Gründen eine Integration nicht oder nicht im möglichen und gewünschten Maße erfolgt. Ungenügende Sprachkenntnisse behindern ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und führen oft zu sozialer Isolation. Fehlende Sprachkenntnisse wirken sich im Alltag unmittelbar belastend aus. Kontakte mit Ärzten, Gesundheitseinrichtungen und Behörden sowie auch der Erwerb von Dingen des täglichen Lebens sind erschwert. Fehlende Sprachkenntnisse schränken auch den Zugang zum Arbeitsmarkt ein, der geduldeten Ausländerinnen und Ausländern sowie Asylbegehrenden nach einer Wartezeit von zwölf bzw. neun Monaten eröffnet ist.
Zu Nummer 3:
Ausländerinnen und Ausländern, deren Abschiebung ausgesetzt ist, erhalten die Berechtigung zur Teilnahme an den Sprachkursmodulen des Integrationskurses. Hiervon ausgenommen sind Personen, deren Abschiebung kurzfristig (für eine Woche) ausgesetzt sind (§ 60a Abs. 2 a Aufenthaltsgesetz).
Mit dem Verweis auf § 44 Abs. 3 Satz 1 werden Schülerinnen und Schüler sowie Personen, die bereits über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen, von dem Anspruch ausgenommen. Den Berechtigten wird ermöglicht, nach Beendigung des Asylverfahrens und/oder des Duldungsstatus auf Grund der Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels, der nicht zur Teilnahme an einem Integrationskurs berechtigt, den Sprachkurs zu beenden.
Zu Artikel 2:
Asylbegehrende erhalten die Berechtigung zur Teilnahme an den Sprachkursmodulen des Integrationskurses.
Mit dem Verweis auf § 44 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes werden Schülerinnen und Schüler sowie Personen, die bereits über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen, von dem Anspruch ausgenommen. Den Berechtigten wird ermöglicht, nach Beendigung des Asylverfahrens und/oder des Duldungsstatus auf Grund der Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels, der nicht zur Teilnahme an einem Integrationskurs berechtigt, den Sprachkurs zu beenden.
Zu Artikel 3:
Regelt das Inkrafttreten.