A. Problem und Ziel
Dem leiblichen Vater eines Kindes, der mit der Mutter des Kindes nicht verheiratet ist und auch nicht die Vaterschaft anerkannt hat, steht nach der geltenden Regelung des § 1685 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ein Umgangsrecht zu, wenn er eine enge Bezugsperson des Kindes ist, für das Kind tatsächlich Verantwortung trägt oder getragen hat (sozialfamiliäre Beziehung) und der Umgang dem Kindeswohl dient. Konnte der leibliche, nicht rechtliche Vater zu seinem Kind keine Beziehung aufbauen, so bleibt ihm der Kontakt zum Kind bisher verwehrt. Dies gilt unabhängig davon, aus welchen Gründen keine Beziehung zum Kind aufgebaut wurde, also auch dann, wenn der Vater bereit war, für das Kind Verantwortung zu übernehmen, und ihm dies allein aufgrund der Weigerung der rechtlichen Eltern nicht möglich war. Zudem bleibt ihm der Kontakt zum Kind ohne Rücksicht darauf verwehrt, ob der Umgang mit dem leiblichen, nicht rechtlichen Vater dem Wohl des Kindes dient.
Ein leiblicher, nicht rechtlicher Vater hat darüber hinaus derzeit auch kein Recht, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen. Nach § 1686 Satz 1 BGB kann jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Der Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB steht jedoch nur den Eltern im rechtlichen Sinne zu. Der leibliche Vater, der nicht mit der Mutter verheiratet ist und auch nicht die Vaterschaft anerkannt hat und damit nicht rechtlicher Vater des Kindes ist, ist nicht Elternteil im Sinne des § 1686 BGB und kann aus dieser Vorschrift kein Auskunftsrecht herleiten.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat darin einen Verstoß gegen die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) erkannt.
Dem leiblichen Vater, dessen Kind mit den rechtlichen Eltern in einer (intakten) sozialen Familie lebt und der zu seinem Kind (bisher noch) keine enge persönliche Beziehung aufbauen konnte, ist deshalb unter bestimmten Voraussetzungen ein Umgangs- und Auskunftsrecht einzuräumen.
B. Lösung
Der Entwurf sieht folgende Änderungen vor:
- 1. Hat der leibliche Vater nachhaltiges Interesse an dem Kind gezeigt, erhält er - unabhängig davon, ob zum Kind bereits eine sozialfamiliäre Beziehung besteht - ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Zudem wird ihm bei berechtigtem Interesse ein Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes eingeräumt, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
- 2. Steht die leibliche Vaterschaft nicht fest, wird die Möglichkeit zur inzidenten Klärung der Vaterschaft im Rahmen des Umgangs- oder Auskunftsverfahrens eröffnet.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Die Geltendmachung des in § 1686a BGB eingeräumten Umgangs- und Auskunftsrechts kann für die Beteiligten Kosten und Aufwand verursachen. Der Aufwand, den Umgangs- und Auskunftsverfahren auslösen, lässt sich nicht präzise vorhersagen. Er kann je nach Fallgestaltung sehr unterschiedlich sein, denn er ist abhängig vom konkret geltend gemachten Begehren und von den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Aufwand vom Antragsteller im eigenen Interesse erbracht wird, um Rechte geltend zu machen, die durch die Einführung des § 1686a BGB eingeräumt werden. Auch die Höhe der bei Geltendmachung der Rechte aus § 1686a BGB entstehenden Kosten kann nicht exakt bestimmt werden. Ausgehend von dem für Umgangs- und Auskunftsverfahren im Regelfall anzusetzenden Verfahrenswert in Höhe von 3 000 Euro (vgl. § 45 Absatz 1 Nummer 2 und Nummer 3 des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen [FamGKG], Ausnahmen vgl. § 45 Absatz 3 FamGKG) dürfte für entsprechende Verfahren grundsätzlich eine halbe Verfahrensgebühr in Höhe von 44,50 Euro anfallen (vgl. Nummer 1310 des Kostenverzeichnisses zum FamGKG). Die Geltendmachung der Rechte gemäß § 1686a BGB unterliegt keinen besonderen Anforderungen. In Verfahren vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht besteht kein Anwaltszwang. Höhere Kosten für die Beteiligten können im Einzelfall entstehen, wenn Anwälte am Verfahren beteiligt sind, gemäß § 158 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ein Verfahrensbeistand für das Kind bestellt wird oder Gutachten eingeholt werden. Unter diesen Umständen können die Verfahrenkosten im Einzelfall insgesamt nicht ganz unerheblich sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Verfahrenskostenhilfe beantragt werden kann und gemäß § 81 Absatz 1 Satz 2 FamFG für das Familiengericht die Möglichkeit besteht, von der Erhebung von Kosten abzusehen.
Nach Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens zur Geltendmachung der Rechte aus
§ 1686a BGB kann für die Beteiligten weiterer Aufwand entstehen, z.B. wenn aufgrund der gerichtlichen Entscheidung des Gerichts Umgang gewährt oder Auskunft erteilt werden muss. Der Aufwand ist abhängig vom konkreten Einzelfall und zur Erfüllung der Rechte des Vaters aus § 1686a BGB notwendig.
E.2. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die Wirtschaft, insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen, entstehen keine Kosten.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Keine.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Die erweiterte Rechtsposition des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters im Bereich des Umgangs- und Auskunftsrechts wird voraussichtlich zu zusätzlichen Verfahren bei den Familiengerichten, Oberlandesgerichten und eventuell auch beim Bundesgerichtshof führen. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dadurch Mehrkosten für Bund, Länder und Kommunen entstehen, ist nicht abschätzbar, da insbesondere repräsentative Daten über das Auseinanderfallen von rechtlicher und leiblicher Vaterschaft nicht vorliegen. Eine Abfrage bei den Ländern zu dem durch die Neuregelung voraussichtlich verursachten Verfahrenszuwachs und dem erwarteten personellen und sachlichen Mehraufwand ergab, dass auch den Ländern mangels statistischer Daten eine Schätzung des Verfahrenszuwachses und des Erfüllungsaufwands nicht möglich ist.
Eventueller Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln für den Bund soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan 07 ausgeglichen werden.
F. Weitere Kosten
Auswirkungen dieses Gesetzes auf Einzelpreise, auf das Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten, da die Regelung lediglich familienrechtliche Verfahren betrifft.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters
Bundesrepublik Deutschland
Berlin, den 2. November 2012
Die Bundeskanzlerin
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 14.12.12
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs
Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 10. Mai 2012 (BGBl. I S. 1084) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 1686 Satz 2 wird aufgehoben
2. Nach § 1686 wird folgender § 1686a eingefügt:
" § 1686a Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters
- (1) Solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, hat der leibliche Vater, der nachhaltiges Interesse an dem Kind gezeigt hat,
- 1. ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient, und
- 2. ein Recht auf Auskunft von jedem Elternteil über die persönlichen Verhältnisse des Kindes, soweit er ein berechtigtes Interesse hat und dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
- (2) Hinsichtlich des Rechts auf Umgang mit dem Kind nach Absatz 1 Nummer 1 gilt § 1684 Absatz 2 bis 4 entsprechend. Eine Umgangspflegschaft nach § 1684 Absatz 3 Satz 3 bis 5 kann das Familiengericht nur anordnen, wenn die Voraussetzungen des § 1666 Absatz 1 erfüllt sind."
Artikel 2
Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 21. Juli 2012 (BGBl. I S. 1577) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 167 folgende Angabe eingefügt:
" § 167a Besondere Vorschriften für Verfahren nach § 1686a des Bürgerlichen Gesetzbuchs".
2. § 151 Nummer 2 wird wie folgt gefasst:
"2. das Umgangsrecht und das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes,".
3. Nach § 167 wird folgender § 167a eingefügt:
" § 167a Besondere Vorschriften für Verfahren nach § 1686a des Bürgerlichen Gesetzbuchs
- (1) Anträge auf Erteilung des Umgangs- oder Auskunftsrechts nach § 1686a des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind nur zulässig, wenn der Antragsteller an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben.
- (2) Soweit es in einem Verfahren, das das Umgangs- oder Auskunftsrecht nach § 1686a des Bürgerlichen Gesetzbuchs betrifft, zur Klärung der leiblichen Vaterschaft erforderlich ist, hat jede Person Untersuchungen, insbesondere die Entnahme von Blutproben, zu dulden, es sei denn, dass ihr die Untersuchung nicht zugemutet werden kann.
(3) § 177 Absatz 2 Satz 2 und § 178 Absatz 2 gelten entsprechend."
In § 14 Absatz 1 Nummer 7 des Rechtspflegergesetzes vom 5. November 1969 (BGBl. I S. 2065), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 15. März 2012 (BGBl. 2012 II S. 178) geändert worden ist, werden nach der Angabe " § 1685 Abs. 3" die Wörter "und § 1686a Absatz 2" eingefügt.
Artikel 4
Änderung des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen
§ 45 Absatz 1 des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2666), das zuletzt durch Artikel 7a des Gesetzes vom 21. Juli 2012 (BGBl. I S. 1577) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
Artikel 5
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Rechtliche Ausgangssituation
1. Umgang der Eltern, § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB)
Gemäß § 1684 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) hat das Kind ein Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, und es ist jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
Vater eines Kindes und damit umgangsberechtigter Elternteil im Sinne von § 1684 BGB ist - unabhängig von der Frage der leiblichen Vaterschaft - in den meisten Fällen der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist (§ 1592 Nummer 1 BGB). Überdies spielen im vorliegenden Kontext auch Fälle eine Rolle, in denen der Mann die Vaterschaft anerkannt hat (§ 1592 Nummer 2 BGB). Der leibliche, nicht rechtliche Vater (im Folgenden: biologischer Vater) ist nicht Elternteil im Rechtssinne und kann dementsprechend kein Umgangsrecht aus § 1684 BGB herleiten.
2. Umgangsrecht anderer Bezugspersonen, § 1685 BGB
Mangels rechtlicher Vaterschaft kann sich für den biologischen Vater nach geltendem Recht ein Umgangsrecht allenfalls aus § 1685 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 1 BGB ergeben. Dieser Bestimmung zufolge haben enge Bezugspersonen, wenn sie für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben (sozialfamiliäre Beziehung), ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Wohl des Kindes dient.
Voraussetzung für die Gewährung des Umgangsrechts des biologischen Vaters ist somit stets, dass bereits eine sozialfamiliäre Beziehung zum Kind besteht. Konnte der biologische Vater zu seinem Kind keine Beziehung aufbauen, so bleibt ihm der Kontakt zum Kind auch in Zukunft verwehrt. Dies gilt unabhängig davon, aus welchen Gründen der Aufbau einer persönlichen Beziehung zum Kind unterblieb und auch ohne Rücksicht darauf, ob ein Umgang mit dem biologischen Vater dem Wohl des Kindes dient.
3. Auskunftsrecht der Eltern, § 1686 BGB
Neben dem Recht auf Umgang steht gemäß § 1686 BGB jedem Elternteil das Recht zu, bei berechtigtem Interesse vom anderen Elternteil Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Elternteile im Sinne des § 1686 BGB sind nur die Eltern im rechtlichen Sinne. Der biologische Vater, der weder im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet war noch die Vaterschaft anerkannt hat und damit nicht rechtlicher Vater des Kindes ist, ist nicht Elternteil im Sinne des § 1686 BGB und kann aus dieser Vorschrift kein Auskunftsrecht herleiten. Er ist darauf angewiesen, dass die rechtlichen Eltern ihm freiwillig über die persönliche Entwicklung seines Kindes Auskunft erteilen.
II. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
1. Urteil vom 21. Dezember 2010 in dem Verfahren A../. Bundesrepublik Deutschland (Beschwerde Nr. 20578/07)
Gegenstand des Verfahrens war das Recht eines biologischen Vaters auf Umgang mit seinen biologischen Kindern (Zwillingen), die mit ihrer Mutter, deren Ehemann und drei weiteren Kindern der Eheleute in einer (intakten) Familie lebten und zu denen der biologische Vater seit der Geburt keine Beziehung aufbauen konnte. Der Beschwerdeführer bat sowohl vor als auch nach der Geburt der Zwillinge darum, ihm Umgang mit seinen Kindern zu gewähren, was von den rechtlichen Eltern wiederholt abgelehnt wurde.
Vor den deutschen Gerichten hatte der Antragsteller mit seinem Begehren, ihm Umgang mit seinen Kindern zu gewähren, keinen Erfolg. Zur Begründung führten die Gerichte aus, § 1684 BGB beziehe sich nur auf die rechtlichen Eltern. Ein Umgangsrecht aus § 1685 Absatz 2 BGB scheide ebenfalls aus, weil der Antragsteller bislang keinerlei Verantwortung für die Kinder getragen und damit keine sozialfamiliäre Beziehung zu ihnen habe. Auf die Frage, ob der Umgang mit den Zwillingen dem Kindeswohl diene, komme es mithin nicht an.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sah durch diese Entscheidung das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten [EMRK]) verletzt.
Der EGMR beanstandete, dass die deutschen Gerichte dem Beschwerdeführer den Umgang mit seinen Kindern versagt hatten, ohne die Frage zu prüfen, ob der Umgang mit dem biologischen Vater dem Wohl der Kinder dienlich gewesen wäre. Zudem hätten die Gerichte der Tatsache kein Gewicht beigemessen, dass der Beschwerdeführer aus rechtlichen und praktischen Gründen nicht dazu in der Lage gewesen sei, die Beziehung zu seinen Kindern selbst aufzubauen. Nach Auffassung des EGMR ist auch dann, wenn ein anderer Mann als der biologische Vater rechtlicher Vater der Kinder ist und der biologische Vater noch keine Verantwortung für die Kinder getragen hat, eine gerechte Abwägung aller konkurrierenden Rechte nach Artikel 8 EMRK notwendig. Insbesondere müsse geprüft werden, ob der Umgang mit dem biologischen Vater im Einzelfall dem Wohl des Kindes dienen würde.
2. Urteil vom 15. September 2011 in dem Verfahren S../. Bundesrepublik Deutschland (Beschwerde Nr. 17080/07)
Auch im Verfahren S. ./. Bundesrepublik Deutschland ging es um das Umgangsrecht eines biologischen Vaters, der zu seinem Kind bislang keinen Kontakt hatte. Anders als im Verfahren A. ./. Bundesrepublik Deutschland war der Beschwerdeführer jedoch nur mutmaßlicher biologischer Vater, da seine Vaterschaft nicht feststand. Neben dem Recht auf Umgang begehrte der Beschwerdeführer auch Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes.
Auch im Fall S. ./. Bundesrepublik Deutschland sah der EGMR Artikel 8 EMRK dadurch verletzt, dass dem (mutmaßlichen) biologischen Vater ein Umgangs- und Auskunftsrecht ohne Prüfung des Kindeswohls im Einzelfall allein deshalb vorenthalten wurde, weil er nicht der rechtliche Vater war und keine sozialfamiliäre Beziehung zum Kind bestand. Anknüpfend an seine Rechtsprechung in der Rechtssache A. ./. Bundesrepublik Deutschland entschied er, die nationalen Gerichte hätten nicht ungeprüft lassen dürfen, ob Kontakte zwischen dem - auch mutmaßlichen - biologischen Vater und dem Kind in dessen Interesse liegen oder nicht. Darüber, ob es dem Wohl eines Kindes, das mit seinem rechtlichen Vater in einer (intakten) Familie aufwächst, entspricht, Umgang mit seinem biologischen Vater zu haben, könne nicht im Wege einer pauschalen gesetzlichen Vermutung entschieden werden. Angesichts der vielfältigen Familienkonstellationen bedürfe es dazu einer einzelfallbezogenen Abwägung der Rechte aller Beteiligten.
Hinsichtlich der begehrten Auskunftserteilung beanstandete der EGMR ebenfalls, dass die nationalen Gerichte nicht geprüft hätten, ob die Auskunftserteilung dem Interesse des Kindes gedient hätte oder ob zumindest in dieser Hinsicht das Interesse des Beschwerdeführers gegenüber dem Interesse der rechtlichen Eltern als vorrangig anzusehen gewesen wäre.
III. Rechtsvergleichender Überblick
Auf die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen ein biologischer Vater, der nicht nur Samenspender ist, ein Recht auf Umgang mit seinem Kind hat, gibt es in den Rechtsordnungen anderer Staaten keine einheitliche Antwort. Als Ergebnisse einer rechtsvergleichenden Studie des EGMR, die 23 Mitgliedstaaten des Europarats umfasst (vgl. EGMR, Urteil vom 21. Dezember 2010 in der Sache A../. Bundesrepublik Deutschland, Beschwerde Nr. 20578/07, Rdnr. 32 ff.) sowie eines vom Bundesministerium der Justiz in Auftrag gegebenen Gutachtens des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. (DIJuF) vom 1. März 2010, das 18 europäische Staaten umfasst, können festgehalten werden:
- - In allen untersuchten Ländern gilt die gesetzliche Vermutung, dass ein von einer verheirateten Frau innerhalb einer bestehenden Ehe geborenes Kind auch das Kind ihres Ehemannes ist. - In allen vom DIJuF untersuchten europäischen Rechtsordnungen ist Ausgangspunkt für die umgangsrechtliche Regelung das Umgangsrecht der Eltern, wobei als Eltern diejenigen Personen angesehen werden, die das jeweilige Abstammungsrecht als solche bestimmt, mithin die rechtliche Mutter und der rechtliche Vater (Ehemann); hingegen nicht der biologische Vater.
- - In einer Reihe von Staaten muss ein biologischer Vater zur Wahrung seiner Umgangsrechte die Vaterschaftsvermutung, die zugunsten des Ehemannes der Kindesmutter besteht, - zum Teil fristgebunden - anfechten (so beispielsweise in Estland, Irland, Portugal, Russland, Slowenien, Großbritannien und der Ukraine).
- - Einige Staaten verwehren dem biologischen Vater das Recht zur Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft, zum Teil kategorisch, zum Teil zumindest dann, wenn die Mutter noch mit ihrem Ehemann zusammenlebt (so etwa in Belgien, Finnland, Italien, Kroatien, Lettland, Luxemburg, Monaco, den Niederlanden, Polen, der Slowakei, der Schweiz und Ungarn). - Eine Vielzahl von Staaten ermöglicht es dem biologischen Vater, unter bestimmten Voraussetzungen als Dritter, d.h. nicht als Elternteil, Umgang zu erlangen. Die Voraussetzungen, an die das Umgangsrecht geknüpft wird, divergieren: Im Rahmen einer Kindeswohlprüfung spielt das Bestehen einer persönlichen Beziehung bzw. eines engen Verhältnisses eine wichtige Rolle und wird in einigen Staaten vorausgesetzt; manche Rechtsordnungen fordern das Vorliegen außerordentlicher Umstände.
- - Einige Länder sehen gänzlich davon ab, nicht verwandten Dritten ein Umgangsrecht zu ermöglichen, und nehmen im Ergebnis den vollständigen Ausschluss des biologischen Vaters vom Umgangsrecht in Kauf (z.B. Italien, Liechtenstein, Tschechische Republik).
- - In allen untersuchten Ländern steht das Kindeswohl bei der Frage der Gewährung von Umgang an erster Stelle.
IV. Zielsetzung und Notwendigkeit des Gesetzentwurfs
Ziel der Reform ist es, die Rechtsstellung des biologischen Vaters zu stärken, indem die Möglichkeit des biologischen Vaters, Umgang mit seinem Kind zu erhalten, erweitert wird und indem unter bestimmten Voraussetzungen ein Auskunftsrecht über die persönlichen Verhältnisse seines Kindes vorgesehen wird.
Die Änderungen beseitigen den mit Artikel 8 EMRK nicht zu vereinbarenden Zustand, dass der biologische Vater, der keine enge Bezugsperson des Kindes ist, auch dann kategorisch und ohne Prüfung des Kindeswohls vom Umgang mit seinem Kind ausgeschlossen ist, wenn ihm der Umstand, dass eine sozialfamiliäre Beziehung nicht aufgebaut wurde, nicht zuzurechnen ist.
Schließlich erkennt die Reform das Interesse des biologischen Vaters an, über die persönliche Entwicklung seines Kindes informiert zu werden und somit auch auf diesem Wege an der Entwicklung seines Kindes teilzuhaben.
Die Gesetzesänderung ist durch die Urteile des EGMR vom 21. Dezember 2010 (A../. Bundesrepublik Deutschland) und vom 15. September 2011 (S../. Bundesrepublik Deutschland) veranlasst. Der darin vom EGMR geäußerten Kritik an der derzeitigen gesetzlichen Ausgestaltung des Umgangs- und Auskunftsrechts biologischer Väter kann nur durch eine Gesetzesänderung Rechnung getragen werden. Eine überzeugende Möglichkeit, im Wege der Auslegung der bestehenden Vorschriften zu einem konventionsgemäßen Zustand zu gelangen, ist nicht ersichtlich. Eine konventionskonforme Auslegung von § 1685 Absatz 2 BGB würde z.B. voraussetzen, das "Tragen tatsächlicher Verantwortung" bereits dann zu bejahen, wenn ein biologischer Vater sich nachweisbar ernsthaft darum bemüht hat, aber am Widerstand der Mutter bzw. der rechtlichen Eltern gescheitert ist. Eine derartige Interpretation ließe sich mit dem Wortlaut der Vorschrift kaum vereinbaren und stünde zudem im Widerspruch zu dem, was nach der Genese des Gesetzes mit der Vorschrift intendiert war. Erst recht stellt sich die Frage, wie die biologische Vaterschaft ohne eine Gesetzesänderung in Fällen zu klären ist, in denen sie nur mutmaßlich besteht.
V. Änderungen zur geltenden Rechtslage und Ansatzpunkte des Entwurfs
Der Entwurf erweitert die Rechte des biologischen Vaters auf Umgang mit seinem Kind und führt ein Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse seines Kindes ein. Dabei soll die Regelung des § 1686a BGB nur für Fälle greifen, in denen das Kind bereits einen rechtlichen Vater hat. Andernfalls ist der (mögliche) biologische Vater auf die Erlangung der rechtlichen Vaterstellung zu verweisen, wodurch er Rechte gemäß § 1684 BGB und § 1686 BGB erlangen würde, aber auch die Pflichten eines rechtlichen Vaters.
Abweichend von der bisherigen Rechtslage soll nach der neuen Vorschrift des § 1686a BGB für den biologischen Vater ein Umgangsrecht zukünftig nicht nur dann bestehen, wenn er als enge Bezugsperson des Kindes angesehen werden kann und wenn zwischen ihm und dem Kind eine sozialfamiliäre Beziehung besteht. Vielmehr soll darüber hinaus ein Umgangsrecht auch dann in Betracht kommen, wenn der biologische Vater nachhaltiges Interesse an dem Kind gezeigt hat; dabei soll, wie schon bisher, gemäß § 1685 BGB die Frage im Mittelpunkt stehen, ob der Kontakt zum biologischen Vater im Einzelfall dem Wohl des Kindes dient.
Zudem soll der biologische Vater, der nachhaltiges Interesse an seinem Kind gezeigt hat, bei berechtigtem Interesse ein Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes erhalten, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Um deutlich zu machen, dass für biologische Väter Sonderregeln gelten, wird das Umgangs- und das Auskunftsrecht des biologischen Vaters in einem neuen § 1686a BGB zusammengefasst.
Ein Recht auf Umgang und Auskunft setzt voraus, dass der biologische Vater nachhaltiges Interesse an seinem Kind gezeigt hat. Diese Voraussetzung entspricht den Vorgaben des EGMR zum Umgangsrecht und soll auch im Falle des Auskunftsverlangens gelten.
Umgangs- und Auskunftsrecht kommen dabei nur in Betracht, wenn der Anspruchsteller wirklich biologischer Vater ist. Der putativbiologische Vater muss daher im Hinblick auf sein Umgangs- und Auskunftsrecht die Möglichkeit haben, seine biologische Vaterschaft klären zu lassen. Im Übrigen besteht diese Möglichkeit für den biologischen Vater nur sehr eingeschränkt: Der putativbiologische Vater gehört nicht zu den Klärungsberechtigten gemäß § 1598a BGB; auch eine Anfechtung der Vaterschaft des rechtlichen Vaters, die in ihren Rechtswirkungen zudem viel weiter reichen würde, kommt nur in Betracht, wenn der rechtliche Vater mit dem Kind nicht in einer sozialfamiliären Beziehung lebt. Um dem putativbiologischen Vater die Durchsetzung der im Verfahren vorgesehenen inzidenten Prüfung seiner leiblichen Vaterschaft zu ermöglichen, bedarf es flankierender Änderungen im Verfahrensrecht. Mit der Neuregelung in § 167a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) soll im gerichtlichen Verfahren eine inzidente Prüfung der leiblichen Vaterschaft über dazu notwendige Untersuchungen ermöglicht werden. Der neue § 167a FamFG verhindert zugleich, dass die Mutter das Umgangs- bzw. Auskunftsrecht des biologischen Vaters dadurch vereiteln kann, dass sie und damit zugleich das Kind sich einer Untersuchung verweigern.
VI. Alternativen
Als Alternativen zur Einführung des nach § 1686a BGB vorgesehenen Umgangs- und Auskunftsrechts des biologischen Vaters sind denkbar:
- - die Ausdehnung des Klärungsanspruchs nach § 1598a BGB auch auf mutmaßliche biologische Väter bzw.
- - die Zulassung der Möglichkeit, die Vaterschaft auch bei sozialfamiliärer Beziehung des Kindes zum rechtlichen Vater anzufechten.
Beide Ansätze sind abzulehnen.
Eine Aufnahme des mutmaßlichen biologischen Vaters in den Kreis derjenigen Personen, die nach § 1598a BGB berechtigt sind, die biologische Abstammung des Kindes zu klären, würde die Stabilität der sozialen Familie unangemessen gefährden. Die Klärungsmöglichkeit des § 1598a BGB steht aus gutem Grund neben der Mutter und dem Kind nur dem zweifelnden rechtlichen Vater offen. Letzterem ist hierdurch die zusätzliche Möglichkeit eingeräumt, zunächst die biologische Herkunft des Kindes durch ein privates Abstammungsgutachten zu klären und gegebenenfalls anschließend das Anfechtungsverfahren zu betreiben, statt, wie schon davor, direkt das Anfechtungsverfahren anzustrengen. Die Aufnahme des mutmaßlichen biologischen Vaters in den Kreis der nach § 1598a BGB klärungsberechtigten Personen hätte zur Folge, dass ein Mann, der behauptet, biologischer Vater zu sein bzw. an Eides statt versichert, der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben, völlig losgelöst von einem Interesse an dem Kind den Klärungsanspruch geltend machen könnte, mithin auch dann, wenn er nur Unfrieden in die soziale Familie tragen möchte (z.B. weil er seiner Ex-Partnerin gegenüber Rachegefühle hegt). Dies widerspricht dem Kindeswohl und dessen nach Artikel 6 des Grundgesetzes (GG) geschütztem Interesse, ungestört in seiner sozialen Familie aufzuwachsen.
Der Ausschluss des biologischen Vaters aus dem Kreis der nach § 1598a BGB klärungsberechtigten Personen ist konventionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der EGMR hat in seinen Urteilen vom 22. März 2012 in den Verfahren A../. Bundesrepublik Deutschland (Beschwerde Nr. 45071/09) und K../. Bundesrepublik Deutschland (Beschwerde Nr. 23338/09) ausdrücklich klargestellt, dass aus konventionsrechtlicher Sicht keine Notwendigkeit besteht, dem mutmaßlichen leiblichen Vater ein statusunabhängiges Verfahren zur Klärung der Abstammung zur Verfügung zu stellen. Erst recht ist es abzulehnen, eine Anfechtungsmöglichkeit für den biologischen Vater auch bei einer sozialfamiliären Beziehung des Kindes zu seinem rechtlichen Vater zu schaffen. Sie hätte zur Folge, dass der mutmaßliche biologische Vater die Abstammung über sein Anfechtungsrecht klären und unter Verdrängung des rechtlichen Vaters dessen Stellung einnehmen könnte. Als rechtlicher Vater stünde ihm dann ein Umgangsrecht aus § 1684 BGB zu.
Eine derart weitgehende Lösung wäre für das Kind jedoch sehr nachteilig. Sie ist auch weder verfassungsrechtlich noch nach den Vorgaben des EGMR erforderlich. Artikel6 Absatz 2 GG gibt dem biologischen Vater kein Recht, in jedem Fall vorrangig vor dem rechtlichen Vater die Vaterschaft eingeräumt zu bekommen, wenn letzterer seine elterliche Verantwortung im Sinne einer von Artikel 6 Absatz 1 GG geschützten sozialen Elternschaft wahrnimmt. Es besteht kein automatisches Rangverhältnis zwischen der biologischen und der sozialen Elternschaft; vielmehr sind die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen (BVerfG, Beschluss vom 9. April 2003 - 1 BvR 1493/96, 1 BvR 1724/91, BVerfGE 108, 82, 106). Diese Interessenabwägung hat der Gesetzgeber in § 1600 Absatz 2 und Absatz 3 BGB vorgenommen. Sie fällt zugunsten des legitimierten rechtlichen Vaters aus, wenn zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind eine sozialfamiliäre Beziehung besteht oder im Zeitpunkt des Todes des rechtlichen Vaters bestanden hat (vgl. hierzu bereits Bundestagsdrucksache 15/2253, S. 11).
Der EGMR hat diese Entscheidung des deutschen Gesetzgebers ebenfalls nicht beanstandet. Er hat in seinen Urteilen vom 22. März 2012 in den Verfahren A../ Bundesrepublik Deutschland (Beschwerde Nr. 45071/09) und K../. Bundesrepublik Deutschland (Beschwerde Nr. 23338/09) klargestellt, dass es sich um ein gänzlich anderes und viel weiter gehendes Ziel handelt, den Status als rechtlicher Vater eines Kindes zu erhalten und die Vaterschaft eines anderen Mannes zu beenden, als lediglich zum Zweck des Umgangs mit dem Kind die biologische Vaterschaft klären zu lassen. Es sei zwar konventionsrechtlich verpflichtend, sicherzustellen, dass der biologische Vater nicht vollständig aus dem Leben des Kindes ausgesperrt werden kann, wenn es keine einschlägigen Kindeswohlgründe dafür gibt. Aus Artikel 8 EMRK könne jedoch nicht die Verpflichtung abgeleitet werden, dem biologischen Vater zu erlauben, die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anzufechten, wenn zwischen diesem und dem Kind eine sozialfamiliären Beziehung besteht..
Schließlich wäre es auch nicht sachgerecht, einen biologischen Vater, der Interesse an seinem Kind hat, diesem aber - etwa in einer funktionierenden Familie - seinen bisherigen Vater nicht nehmen will, vor die Alternative zu stellen, entweder das Kind - jedenfalls in rechtlicher Hinsicht - seines bisherigen Vaters zu berauben oder auf ein Umgangs- oder Auskunftsrecht gänzlich zu verzichten.
VII. Gesetzgebungszuständigkeit
Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 GG (bürgerliches Recht [Artikel 1], gerichtliches Verfahren [Artikel 2 und 4], Gerichtsverfassung [Artikel 3]).
VIII. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union (EU) und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar. Im Recht der EU ist die Ausgestaltung des Umgangs- und Auskunftsrechts des biologischen Vaters nicht geregelt.
Durch die Neuregelung des Umgangs- und Auskunftsrechts des biologischen Vaters wird entsprechend dem Ziel des Gesetzes ein mit der EMRK konformer Zustand hergestellt.
IX. Gesetzesfolgen
1. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
2. Erfüllungsaufwand
a) Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Die Geltendmachung des in § 1686a BGB eingeräumten Umgangs- und Auskunftsrechts kann für die Beteiligten Kosten und Aufwand verursachen. Der Aufwand, den Umgangs- und Auskunftsverfahren auslösen, lässt sich nicht präzise vorhersagen. Er kann je nach Fallgestaltung sehr unterschiedlich sein, denn er ist abhängig vom konkret geltend gemachten Begehren und von den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Aufwand vom Antragsteller im eigenen Interesse erbracht wird, um Rechte geltend zu machen, die durch die Einführung des § 1686a BGB eingeräumt werden. Auch die Höhe der bei Geltendmachung der Rechte aus § 1686a BGB entstehenden Kosten kann nicht exakt bestimmt werden. Ausgehend von dem für Umgangs- und Auskunftsverfahren im Regelfall anzusetzenden Verfahrenswert in Höhe von 3 000 Euro (vgl. § 45 Absatz 1 Nummer 2 und Nummer 3 des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen [FamGKG], Ausnahmen vgl. § 45 Absatz 3 FamGKG) dürfte für entsprechende Verfahren grundsätzlich eine halbe Verfahrensgebühr in Höhe von 44,50 Euro anfallen (vgl. Nummer 1310 des Kostenverzeichnisses zum FamGKG). Die Geltendmachung der Rechte gemäß § 1686a BGB unterliegt keinen besonderen Anforderungen. In Verfahren vor dem Familiengericht und dem Oberlandesgericht besteht kein Anwaltszwang. Höhere Kosten für die Beteiligten können im Einzelfall entstehen, wenn Anwälte am Verfahren beteiligt sind, gemäß § 158 Absatz 1 FamFG ein Verfahrensbeistand für das Kind bestellt wird oder Gutachten eingeholt werden. Unter diesen Umständen können die Verfahrenkosten im Einzelfall insgesamt nicht ganz unerheblich sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Verfahrenskostenhilfe beantragt werden kann und gemäß § 81 Absatz 1 Satz 2 FamFG für das Familiengericht die Möglichkeit besteht, von der Erhebung von Kosten abzusehen.
Nach Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens zur Geltendmachung der Rechte aus § 1686a BGB kann für die Beteiligten weiterer Aufwand entstehen, z.B. wenn aufgrund der gerichtlichen Entscheidung des Gerichts Umgang gewährt oder Auskunft erteilt werden muss. Der Aufwand ist abhängig vom konkreten Einzelfall und zur Erfüllung der Rechte des Vaters aus § 1686a BGB notwendig.
b) Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die Wirtschaft, insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen, entstehen keine Kosten.
c) Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Die erweiterte Rechtsposition des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters im Bereich des Umgangs- und Auskunftsrechts wird voraussichtlich zu zusätzlichen Verfahren bei den Familiengerichten, Oberlandesgerichten und eventuell auch beim Bundesgerichtshof führen. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang dadurch Mehrkosten für Bund, Länder und Kommunen entstehen, ist nicht abschätzbar, da insbesondere repräsentative Daten über das Auseinanderfallen von rechtlicher und leiblicher Vaterschaft nicht vorliegen. Eine Abfrage bei den Ländern zu dem durch die Neuregelung voraussichtlich verursachten Verfahrenszuwachs und dem erwarteten personellen und sachlichen Mehraufwand ergab, dass auch den Ländern mangels statistischer Daten eine Schätzung des Verfahrenszuwachses und des Erfüllungsaufwands nicht möglich ist.
Eventueller Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln für den Bund soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan 07 ausgeglichen werden.
3. Weitere Kosten
Auswirkungen dieses Gesetzes auf Einzelpreise, auf das Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten, da die Regelung lediglich familienrechtliche Verfahren betrifft.
4. Nachhaltigkeitsaspekte
Der Gesetzentwurf berührt keine Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie.
X. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung
Dieses Gesetz erweitert die Umgangs- und Auskunftsrechte des biologischen Vaters, der bisher keine sozialfamiliäre Beziehung zum Kind aufbauen konnte. Anstelle des bisherigen kategorischen Ausschlusses tritt unter näher definierten Voraussetzungen eine am Kindeswohl orientierte einzelfallbezogene Abwägung aller beteiligten Interessen. Hierdurch wird dem - bisher nicht ausreichend beachteten - Recht des biologischen Vaters aus Artikel 8 EMRK auf Achtung seines Privat- und Familienlebens Rechnung getragen und die bisherige Benachteiligung biologischer Väter im Bereich des Umgangs- und Auskunftsrechts beseitigt.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB)
Zu Nummer 1
Der in § 1686 Satz 2 BGB enthaltenen Zuständigkeitsregelung bedarf es nicht mehr. Das in § 1686 BGB geregelte Auskunftsverfahren ist - dies wird durch Ergänzung des § 151 Nummer 2 FamFG nunmehr ausdrücklich klargestellt - eine Kindschaftssache, so dass sich die funktionale Zuständigkeit der Familiengerichte bereits aus den §§ 23a Absatz 1 Nummer 1, 23b Absatz 1 in Verbindung mit § 111 Nummer 2 FamFG in Verbindung mit § 151 Nummer 2 FamFG ergibt.
Zu Nummer 2 (§ 1686a BGB)
Zu Absatz 1
Der neue § 1686a BGB sieht nunmehr unter bestimmten Voraussetzungen ein Umgangsrecht auch für den biologischen Vater vor, der nicht die Hürde des § 1685 BGB nehmen kann. Unter eben diesen Voraussetzungen sieht er des Weiteren nach dem Vorbild des § 1686 ein Auskunftsrecht des biologischen Vaters gegenüber jedem Elternteil vor.
§ 1686a BGB fasst die beiden neu hinzukommenden Rechte des biologischen Vaters zusammen.
Diese Regelungen sind nur erforderlich, wenn bereits ein rechtlicher Vater vorhanden ist, so dass der biologische Vater eine Umgangs- bzw. Auskunftsberechtigung nicht qua rechtlicher Vaterschaft erlangen kann. Hat das Kind keinen rechtlichen Vater, so ist es geboten, den (putativ-)biologischen Vater auf die Erlangung der rechtlichen Vaterstellung zu verweisen. Durch diese kann er die Rechte und Pflichten eines rechtlichen Vaters erhalten, mithin auch die Rechte aus den §§ 1684 und 1686 BGB. Angesichts des Interesses des Kindes daran, einen rechtlichen Vater zu haben, soll sich der biologische Vater dort, wo es an einem rechtlichen Vater fehlt, nicht mit einer "Elternschaft light" begnügen können, die ihm nur das Umgangs- bzw. Auskunftsrecht beschert, ihn aber von den Vaterpflichten im Übrigen freistellt. Dementsprechend kann sich ein biologischer Vater, der seine rechtliche Vaterstellung im Wege der Adoption mit seiner Einwilligung verloren hat, nicht auf § 1686a berufen.
Gibt es einen rechtlichen Vater, so wird der biologische Vater auch dann nicht darauf verwiesen, sich die rechtliche Vaterstellung zu erstreiten, wenn ihm dies mangels einer sozialfamiliären Beziehung zwischen Kind und rechtlichem Vater durch Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft möglich wäre. Das Kind hat in dieser Fallkonstellation neben der Mutter bereits eine rechtlich verantwortliche Person, die zu seiner Absicherung zur Verfügung steht, auch wenn eine sozialfamiliäre Beziehung zum rechtlichen Vater nicht (mehr) besteht. Es läge nicht im Interesse des Kindes, wenn man dem biologischen Vater den Umgang mit ihm nur um den Preis ermöglichen würde, dass es seinen bisherigen rechtlichen Vater verliert.
Ein zwingender Vorrang der Anfechtungsmöglichkeit hätte zudem zur Folge, dass das Gericht im Umgangsverfahren inzident die Erfolgsaussichten eines Anfechtungsverfahrens zu prüfen hätte und wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes die hierzu erforderlichen Ermittlungen anstellen müsste. Eine solche Inzidentprüfung eines Statusverfahrens im Rahmen eines Umgangsstreits wäre systemfremd und die damit verbundene Verfahrensverzögerung stünde im Widerspruch zu dem in Umgangsverfahren geltenden Vorrang- und Beschleunigungsgrundsatz (§ 155 FamFG). Da die Beurteilung der Frage, ob eine vorrangige Anfechtungsmöglichkeit besteht, nicht in Rechtskraft erwachsen würde, wäre überdies nicht sichergestellt, dass ein biologischer Vater, dessen Umgangsantrag wegen vorrangiger Anfechtungsmöglichkeit abgewiesen wird, anschließend mit seinem Anfechtungsantrag Erfolg hätte. Der biologische Vater könnte in derartigen Fällen zudem sein Umgangsrecht nur mit erheblicher Verzögerung geltend machen.
Fälle, in denen ein biologischer Vater trotz bestehender Anfechtungsmöglichkeit kein Interesse an der Übernahme der rechtlichen Vaterstellung hat, sondern sich mit einem Umgangsrecht begnügt, und in denen auch keiner der übrigen - nach § 1600 Absatz 1 BGB anfechtungsberechtigten - Beteiligten die Anfechtung betreibt, dürften in der Praxis kaum vorkommen. Ein rechtlicher Vater, der kein Interesse am Kind und keine sozialfamiliäre Beziehung zum Kind hat - nur dann wäre das Anfechtungsverfahren aussichtsreich, so dass eine vorrangige Anfechtung auch durchgreifen würde -, wird regelmäßig ein eigenes Interesse daran haben, dass der Umgang begehrende biologische Vater auch die Vaterpflichten (insbesondere die Unterhaltspflicht) übernimmt. Für eine gesetzliche Normierung des Anfechtungsvorrangs besteht daher kein Bedürfnis.
Voraussetzung des Umgangs- und Auskunftsrechts ist, dass der Antragsteller der leibliche Vater ist. Um die erforderliche Klärung der leiblichen Vaterschaft zu ermöglichen, stellt das Gesetz eine verfahrensrechtliche Flankierung zur Verfügung. Die vorgesehene Inzidentprüfung der leiblichen Vaterschaft im Rahmen des Umgangs- oder Auskunftsverfahrens hat den Vorteil, dass nur der umgangswillige bzw. an einer Auskunft interessierte Mann eine Klärung seiner leiblichen Vaterschaft erlangen kann, und dies auch nur im Hinblick auf ein potenzielles Umgangs- bzw. Auskunftsrecht. Der vermeintliche biologische Vater soll nicht allein mit seinem Klärungsinteresse - d.h. hier losgelöst von seinem Wunsch nach und seiner Bereitschaft zum Umgang (oder Auskunft) - Unfrieden in eine funktionierende soziale Familie hineintragen (vgl. dazu bereits Bundestagsdrucksache 16/6561, S. 12).
Es wäre allerdings bedenklich, dem biologischen Vater ohne weitere Voraussetzungen ein Umgangsrecht zu gewähren. Dies würde dem Umstand nicht gerecht, dass Rechte anderer Betroffener von nicht minderem Rang gleichermaßen auf dem Spiel stehen. Voraussetzung des Umgangs- und Auskunftsrechts für den biologischen Vater ist daher außerdem, dass er "nachhaltiges Interesse an dem Kind gezeigt hat". Dies lässt der Rechtsprechung in den Fällen, in denen sich bislang keine sozialfamiliäre Beziehung entwickelt hat, ohne dass dies dem biologischen Vater zuzurechnen ist, den erforderlichen Ermessensspielraum. Die Gerichte haben zu prüfen, woran sich das behauptete Interesse am Kind im konkreten Einzelfall festmacht und ob ein ausreichendes Interesse manifest geworden ist. Hier werden Kriterien eine Rolle spielen wie z.B., ob der (mutmaßliche) biologische Vater die Mutter zu den Vorsorgeuntersuchungen begleiten wollte oder jedenfalls Interesse am Ergebnis der ärztlichen Untersuchungen hatte, ob er die Mutter zur Entbindung begleiten wollte bzw. sein Kind zügig kennenlernen wollte, ob er sich um weiteren Kontakt mit dem Kind bemüht hat, ob er den Wunsch nach Umgang wiederholt artikuliert hat, gegebenenfalls Pläne entwickelt hat, wie er seinen Kontaktwunsch im Hinblick auf Wohnort und Arbeitszeiten realisieren kann, ob er sich vor und nach der Geburt zu dem Kind bekannt hat, ob er die Bereitschaft geäußert hat, Verantwortung für das Kind - gegebenenfalls auch finanziell - zu übernehmen etc. All diese Kriterien haben Beispielscharakter. Je nach Fallkonstellation, sowohl etwa hinsichtlich der Beziehung zwischen Mutter und mutmaßlichem biologischem Vater sowie zwischen Mutter und rechtlichem Vater als auch hinsichtlich z.B. des Alters des Kindes, wird sich das Interesse am Kind an je unterschiedlichen Verhaltensweisen nachvollziehen lassen. Hat der (mutmaßliche) biologische Vater aus Rücksicht auf das Kind und die soziale Familie sein Interesse nur zurückhaltend bekundet, können die Gerichte auch diesen Umstand im Einzelfall angemessen würdigen.
Auch wenn die übrigen Voraussetzungen gegeben sind, setzt der konkrete Umgang wie bei § 1685 BGB voraus, dass er dem Kindeswohl dient. Dabei ist unter Berücksichtigung der konkreten familiären Begebenheiten insbesondere auch zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit Umgangskontakte mit einem gewissermaßen zweiten, ausschließlich auf der biologischen Abstammung beruhenden Vater für das Kind eine seelische Belastung darstellen, ob das Kind dadurch in einer dem Kindeswohl abträglichen Weise verunsichert wird, inwieweit die Kindesmutter und der biologische Vater gegebenenfalls ihre Konflikte nach der Trennung begrenzen können und wie der Umgang im Interesse einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung und der Identitätsfindung des Kindes zu bewerten ist. Die Frage der Kindeswohldienlichkeit wird je nach familiärer Situation, Stabilität und Belastbarkeit des Familienverbands, Beziehungskonstellation bzw. Konfliktniveau zwischen den betroffenen Erwachsenen, Alter und Resilienz des Kindes, Grad der Bindung des Kindes an seine rechtlichsozialen Eltern, Dauer der Kenntnis von der Existenz eines biologischen Vaters etc. unterschiedlich zu beurteilen sein.
Die Regelung stellt es in das Ermessen des Gerichts, ob im Einzelfall zunächst die biologische Vaterschaft oder die Frage des Kindeswohls geprüft wird. In Fällen etwa, in denen bereits Zweifel an der biologischen Vaterschaft des Umgang oder Auskunft begehrenden Mannes bestehen, liegt es - aus Gründen der Prozessökonomie und um eine für das Kind und die weiteren Beteiligten möglicherweise belastende Kindeswohlprüfung zu vermeiden - nahe, zunächst festzustellen, ob der Antragsteller überhaupt der biologische Vater ist. Ist er nicht der biologische Vater, ist der geltend gemachte Anspruch von vornherein ausgeschlossen. Im Einzelfall mag die Prüfung der biologischen Vaterschaft mit weniger Aufwand verbunden sein als die Prüfung, ob ein Umgangsrecht, wenn denn der Antragsteller biologischer Vater wäre, dem Kindeswohl dient. Außerdem wäre die biologische Vaterschaft dann - jedenfalls in tatsächlicher Hinsicht - für die Zukunft geklärt, was im Einzelfall - etwa im Hinblick auf zu erwartende Folgeanträge - sinnvoll sein kann. In Fällen allerdings, in denen für das Gericht unschwer zu erkennen ist, dass der begehrte Umgangs- oder Auskunftsanspruch jedenfalls aus Gründen des Kindeswohls nicht gewährt werden kann, kann es auf eine Klärung der Vaterschaft verzichten, um die soziale Familie hierdurch nicht unnötig zu belasten, und den geltend gemachten Anspruch im Einzelfall schon aus diesem Grund ablehnen.
Einem bestehenden Umgangsrecht ist bei der Anwendung des geltenden Aufenthaltsrechts Rechnung zu tragen. Hierbei sind insbesondere Artikel 6 GG sowie Artikel 8 EMRK angemessen zu berücksichtigen.
Auch für den Auskunftsanspruch sieht der Entwurf vor, dass einem mutmaßlichen biologischen Vater nicht schon qua potenzieller biologischer Vaterschaft ein Auskunftsrecht zusteht. So wie nur Männer, die wirklich biologische Väter sind, ein Umgangsrecht erhalten sollen, damit nicht jede Person, die Interesse am Kind gezeigt hat (aber tatsächlich keine Verantwortung trägt oder getragen hat), ein Umgangsrecht beanspruchen kann, so sollen auch nur wirkliche biologische Väter Auskunft beanspruchen können. Auskunft soll der mutmaßliche biologische Vater nach dem Entwurf folglich nur erlangen können, wenn sich seine biologische Vaterschaft tatsächlich bestätigt.
Zusätzlich verlangt der Entwurf wie schon beim Umgangsrecht, dass der Mann, der Auskunft begehrt, ein nachhaltiges Interesse an dem Kind gezeigt hat. Zwar besteht das Auskunftsrecht der rechtlichen Eltern gemäß § 1686 BGB de lege lata für beide Elternteile unabhängig von weiteren Voraussetzungen, abgesehen von dem stets geforderten berechtigten Interesse und der Voraussetzung, dass die Auskunftserteilung nicht dem Kindeswohl widerspricht. Da sich das Auskunftsrecht aus dem Elternrecht ableitet, ist der biologische Vater aber in einer anderen Situation. Er hat mangels rechtlicher Elternschaft nicht die Pflichten eines Vaters und steht dem Kind gegenüber in keiner vergleichbaren Verantwortung. Es ist sachlich daher gerechtfertigt, ihm ein Auskunftsrecht nur dann einzuräumen, wenn er ein ernstzunehmendes Interesse an dem Kind gezeigt hat. Die Voraussetzung, dass der betreffende Mann nachhaltiges Interesse an dem Kind gezeigt hat, gilt daher auch für den Auskunftsanspruch des biologischen Vaters. Dies vermeidet gleichzeitig die Gefahr, dass ein Mann wegen der geringeren Hürden beim Auskunftsanspruch im Vergleich zum Umgangsrecht Auskunft begehrt bzw. ein Auskunftsbegehren vorschiebt, um eigentlich nur seine biologische Vaterschaft inzident klären zu lassen.
Hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen bleibt der Entwurf nach dem Vorbild des bisherigen § 1686 BGB dabei, dass die Erteilung solcher Auskünfte dem Wohl des Kindes nicht widersprechen darf. Es wird mithin wie bisher beim Auskunftsanspruch des rechtlichen Elternteils darauf verzichtet, eine positive Kindeswohldienlichkeit zu verlangen. Würde man die positive Kindeswohlprüfung zum Maßstab für die Gewährung des Auskunftsrechts machen, ergäben sich erhebliche Auslegungsschwierigkeiten. Zumindest in den Fällen, in denen nicht parallel auch Umgang erfolgt, hat ein Auskunftsrecht zunächst allenfalls perspektivisch Auswirkungen auf das Kind. Die Frage, ob die Erteilung der Auskunft dem Wohl des Kindes dient, wäre daher im Einzelfall nicht eindeutig zu beantworten. Zudem sind die Interessen des Kindes gewahrt, wenn mittels einer negativen Kindeswohlprüfung jedenfalls verhindert wird, dass der biologische Vater sein Auskunftsrecht zum Nachteil des Kindes geltend macht.
Zu Absatz 2
Absatz 2 verweist - wie § 1685 Absatz 3 BGB - auf § 1684 Absatz 2 bis 4 BGB. Der umgangsberechtigte biologische Vater und die Sorgeberechtigten sind zur Loyalität verpflichtet. Dem Gericht stehen im Fall des Umgangsrechts des biologischen Vaters die gleichen Ausgestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung wie im Fall des Umgangsrechts anderer Bezugspersonen nach § 1685 BGB.
Zu Artikel 2 (Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG)
Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)
Die Neuregelung des § 167a FamFG ist eine besondere Verfahrensvorschrift für das Umgangs- und Auskunftsverfahren nach § 1686a BGB. Dementsprechend wird sie in Abschnitt 3 des Buches 2 des FamFG eingestellt, und zwar nach § 167 FamFG, als eine Sondervorschrift für bestimmte Kindschaftssachen.
Zu Nummer 2 (§ 151 FamFG)
Die Ergänzung des § 151 Nummer 2 FamFG stellt klar, dass Verfahren, die das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes betreffen, Kindschaftssachen sind.
Zu Nummer 3 (§ 167a FamFG)
Zu Absatz 1
Durch das Zulässigkeitserfordernis der eidesstattlichen Versicherung der Beiwohnung sollen Mutter, Kind und (rechtlicher) Vater - nach dem Vorbild des § 1600 Absatz 1 Nummer 2 BGB - vor Umgangs- und Auskunftsverfahren "ins Blaue hinein" geschützt werden (vgl. hierzu bereits Bundestagsdrucksache 15/2253, S. 14, S. 20). Zudem soll vermieden werden, dass ein Mann, der mangels Beiwohnung nicht als biologischer Vater in Betracht kommt, ein Umgangs- oder Auskunftsbegehren geltend macht, um damit Unfrieden in die bestehende (soziale) Familie zu tragen. Gleichzeitig wird durch das Erfordernis der eidesstattlichen Versicherung der Beiwohnung verhindert, dass ein Mann, der durch künstliche Befruchtung mittels heterologer Samenspende biologischer Vater geworden ist, ein Umgangs- oder Auskunftsrecht begehren kann.
Zu Absatz 2
Der Anspruch des leiblichen Vaters nach § 1686a BGB auf Umgang mit seinem Kind und auf Auskunft über dessen persönliche Verhältnisse setzt unter anderem voraus, dass die leibliche Vaterschaft des Anspruchstellers feststeht. Die leibliche Vaterschaft kann am zuverlässigsten durch eine Abstammungsuntersuchung geklärt werden. § 167a Absatz 1 FamFG regelt für das Verfahren in Kindschaftssachen, unter welchen Voraussetzungen Untersuchungen zur Klärung der leiblichen Vaterschaft zu dulden sind. Die Bestimmung ist der Vorschrift des § 178 Absatz 1 FamFG für das Verfahren in Abstammungssachen nachgebildet. Sie verhindert, dass die Mutter des Kindes oder eine sonstige Person den Umgangs- und den Auskunftsanspruch des biologischen Vaters vereiteln kann, indem sie und das Kind sich der erforderlichen Untersuchung verweigern.
Zu Absatz 3
Eine Verpflichtung zur Durchführung einer förmlichen Beweisaufnahme über die leibliche Vaterschaft, wie sie § 177 Absatz 2 Satz 1 FamFG für Abstammungssachen im Sinne von § 169 Nummer 1 und 4 FamFG vorschreibt, ergibt sich aus § 167a FamFG nicht. Unter den Voraussetzungen von § 30 Absatz 3 FamFG soll jedoch auch in Verfahren über Ansprüche nach § 1686a BGB eine förmliche Beweisaufnahme durchgeführt werden. Nach § 167a Absatz 2 in Verbindung mit § 177 Absatz 2 Satz 2 FamFG kann die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch die Verwertung eines Gutachtens über die Abstammung ersetzt werden, das von einem Beteiligten mit Zustimmung der anderen Beteiligten eingeholt worden ist. Die entsprechende Geltung von § 177 Absatz 2 Satz 2 FamFG dient der Verfahrensvereinfachung.
Die leibliche Vaterschaft wird im Rahmen eines Verfahrens nach § 1686a BGB nur als Vorfrage geprüft. Das Ergebnis einer Beweisaufnahme erwächst nicht in materielle Rechtskraft. Ein von dem Gericht eingeholtes Sachverständigengutachten kann nach den allgemeinen Regeln in anderen Verfahren verwertet werden. Ein im Wege der förmlichen Beweisaufnahme eingeholtes Gutachten kann nach § 30 Absatz 1 FamFG, § 411a der Zivilprozessordnung (ZPO) auch in anderen Verfahren verwertet werden, in denen eine förmliche Beweisaufnahme notwendig ist, z.B. in einem weiteren Umgangsverfahren oder in einem Abstammungsverfahren.
Mit der Verweisung in § 167a Absatz 2 FamFG auf § 178 Absatz 2 FamFG wird es über die §§ 386 bis 390 ZPO möglich, zu klären, ob eine Untersuchung zu Recht verweigert wird.
Durch die Ergänzung des § 14 Absatz 1 Nummer 7 RPflG um § 1686a Absatz 2 BGB bleibt die Entscheidung über das Recht des leiblichen Vaters auf Umgang mit dem Kind gemäß § 1686a Absatz 1 Nummer 1 BGB dem Richter vorbehalten. Demgegenüber ist der Rechtspfleger zuständig für Streitigkeiten, die das Recht des leiblichen Vaters auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes gemäß § 1686 Absatz 1 Nummer 2 BGB betreffen.
Diese Regelung zeichnet die gesetzgeberische Wertung der Verteilung der funktionellen Zuständigkeit für Umgangs- und Auskunftsverfahren auch für die Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters gemäß § 1686a BGB nach: Die funktionelle Zuständigkeit in familienrechtlichen Streitigkeiten betreffend das Umgangs- und Auskunftsrecht ist gemäß § 14 Absatz 1 Nummer 7 RPflG im Grundsatz so ausgestaltet, dass der Rechtspfleger zuständig ist für die Entscheidung von Streitigkeiten, die das Recht jedes Elternteils betreffen, von dem jeweils anderen Elternteil Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes gemäß § 1686 BGB zu verlangen (Bassenge/Roth, RPflG, Rdnr. 21 zu § 14). Demgegenüber entscheidet der Richter Streitigkeiten über das Umgangsrechts (Arnold/MeyerStolte/Hermann/Hintzen/Rellermeyer, RPflG, Rdnr. 40 zu § 14).
Diesen Grundsätzen entspricht die Regelung der funktionellen Zuständigkeit für Streitigkeiten gemäß § 1686a BGB.
Zu Artikel 4 (Änderung des Gesetzes über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG)
Für die Kindschaftssachen "Übertragung der elterlichen Sorge", "Umgangsrecht" und "Kindesherausgabe" ist der Verfahrenswert in § 45 Absatz 1 FamGKG mit 3 000 Euro festgelegt. Verfahren betreffend das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes sollen ebenfalls klarstellend in diese Vorschrift aufgenommen werden.
Zu Artikel 5 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.
->
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz: NKR-Nr. 2175:
Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters
Der Nationale Normenkontrollrat hat den oben genannten Entwurf geprüft.
Zusammenfassung
Bürgerinnen und Bürger | 44,50 Euro je Fall (Gerichtsgebühr) sowie zusätzlicher Erfüllungsaufwand im Einzelfall (z.B. Kosten für Rechtsanwälte und Gutachten) |
Wirtschaft | Kein Erfüllungsaufwand |
Verwaltung | Voraussichtlich zusätzliche Gerichtsverfahren bei den Familien- und Oberlandesgerichten sowie beim Bundesgerichtshof |
Der Nationale Normenkontrollrat hat gegen das Regelungsvorhaben keine Bedenken. |
Im Einzelnen
Mit dem Gesetz soll die Rechtsposition des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters im Hinblick auf das Umgangs- und Auskunftsrecht gestärkt werden.
Dies führt voraussichtlich zu einer Zunahme der gerichtlichen Verfahren vor allem bei den Familiengerichten. Damit steigt sowohl der Erfüllungsaufwand der Bürgerinnen und Bürger als auch der Aufwand der Gerichte. Der zusätzliche Vollzugsaufwand, der dadurch in den Ländern entstehen wird, wurde vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) bei diesen abgefragt. Die Länderanhörung lieferte jedoch insoweit keine geeignete Datenbasis für eine verlässliche Abschätzung. Problematisch ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass die Fallzahl der Väter, bei denen die rechtliche und leibliche Vaterschaft auseinander fällt, nicht abschätzbar ist. Darüber hinaus hat das Ressort schlüssig dargelegt, dass die Kosten je nach Einzelfall und Verlauf des gerichtlichen Verfahrens stark variieren können, so dass auch der Aufwand der Bürgerinnen und Bürger in Summe nicht abgebildet werden kann.
Der Nationale Normenkontrollrat hat vor diesem Hintergrund keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
Dr. Ludewig Schleyer
Vorsitzender Berichterstatter