A. Problem
- Im Rahmen der §§ 56 ff StVollzG wird den Gefangenen ein weitgehender Anspruch auf Gesundheitsfürsorge durch die Justizverwaltung zugebilligt. § 61 StVollzG regelt Art und Umfang der Leistungen. Ebenso wie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung sind im Justizvollzug die Kosten der ärztlichen Behandlung sowie der Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV - Modernisierungsgesetz - GMG) wurden Lösungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung gesucht. Entsprechende Änderungen im Strafvollzugsgesetz sind nicht erfolgt. Ob und inwieweit eine Beteiligung der Gefangenen an den Kosten der Gesundheitsfürsorge bereits de lege 1ata möglich ist, ist umstritten.
B. Lösung
- Auch im Bereich der Gesundheitsfürsorge für Gefangene soll die Eigenverantwortung der Gefangenen gestärkt und die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass der Justizvollzug auch in Zukunft seine Aufgaben im Bereich der Gesundheitsfürsorge wahrnehmen kann. Im Interesse der Rechtsklarheit soll im StVollzG ausdrücklich geregelt werden, dass die Länder die Möglichkeit haben, die Gefangenen in angemessenem Umfang an den Kosten der ärztlichen Behandlung sowie der Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln zu beteiligen.
C. Alternativen
- Beibehaltung der bisherigen Rechtslage.
D. Kosten
Gesetzesantrag des Freistaates Bayern
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes
Der Bayerische Ministerpräsident München, den 22. Juni 2005
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck
Sehr geehrter Herr Präsident!
Gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung übermittle ich den in der Anlage mit Vorblatt und Begründung beigefügten
- Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes mit dem Antrag, dass der Bundesrat diesen gemäß Art. 76 Abs. 1 GG im Bundestag einbringen möge.
Ich bitte, den Gesetzentwurf unter Wahrung der Rechte aus § 23 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates gemäß § 36 Abs. 2 GOBR auf die Tagesordnung der 813. Sitzung am 8. Juli 2005 zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Edmund Stoiber
Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Das Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, S. 2088, 1977 I S. 436), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 930), wird wie folgt geändert:
1. In § 29 Abs. 2 Satz 2 werden die Wörter "die Europäische Kommission für Menschenrechte," gestrichen.
2. § 59 wird wie folgt geändert:
- a) Satz 3 wird durch folgende Sätze 3 und 4 ersetzt:
Ein Anspruch auf Sehhilfen besteht nur, wenn der Gefangene aufgrund seiner Sehschwäche oder Blindheit auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung aufweist. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfasst nicht die Kosten des Brillengestells.
- b) Der bisherige Satz 4 wird Satz 5.
- c) Folgende Sätze 6 und 7 werden angefügt:
Durch Rechtsverordnung können die Landesregierungen eine Kostenbeteiligung der Gefangenen bei Hilfsmitteln bestimmen, die die Höhe der entsprechenden Eigenbeteiligung von gesetzlich Versicherten nicht überschreiten darf. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
3. § 61 wird wie folgt geändert:
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeines
Die Änderung des § 29 StVollzG ist lediglich eine redaktionelle Anpassung an das Zusatzprotokoll Nr. 11 zur Europäischen Menschenrechtskonvention.
Im Rahmen der §§ 56 ff StVollzG wird den Gefangenen ein weitgehender Anspruch auf Gesundheitsfürsorge durch die Justizverwaltung zugebilligt. § 61 StVollzG regelt Art und Umfang der Leistungen. Ebenso wie im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung sind im Justizvollzug die Kosten der ärztlichen Behandlung sowie der Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV - Modernisierungsgesetz - GMG) wurden Lösungen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung gesucht. Entsprechende Änderungen im Strafvollzugsgesetz sind nicht erfolgt. Ob und inwieweit eine Beteiligung der Gefangenen an den Kosten der Gesundheitsfürsorge bereits de lege 1ata möglich ist, ist umstritten.
Auch im Bereich der Gesundheitsfürsorge für Gefangene soll die Eigenverantwortung der Gefangenen gestärkt und die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass der Justizvollzug auch in Zukunft seine Aufgaben im Bereich der Gesundheitsfürsorge wahrnehmen kann. Im Interesse der Rechtsklarheit, soll im StVollzG ausdrücklich geregelt werden, dass die Länder die Möglichkeit haben, die Gefangenen in einem angemessenem Umfang an den Kosten der ärztlichen Behandlung sowie der Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln zu beteiligen.
B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Art. 1
Zu Nr. 1
Nach dem Zusatzprotokoll Nr. 11 zur Europäischen Menschenrechtskonvention ist die Europäische Kommission für Menschenrechte mit Wirkung vom 1. November 1998 aufgelöst worden, so dass es jetzt nur noch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gibt. Die Fassung des § 29 Abs. 2 Satz 2 StVollzG wird insoweit angepasst.
Zu Nr. 2
Die Änderung entspricht hinsichtlich der Versorgung mit Sehhilfen weitgehend der in § 33 Abs. 1 SGB V getroffenen Regelung. § 59 StVollzG hat im Sinne des Äquivalenzprinzips schon bisher in weiten Teilen den einschlägigen Regelungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung entsprochen. Dies ist seit den Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV - Modernisierungsgesetz - GMG) nicht mehr der Fal1. Durch die Änderung soll dem Äquivalenzprinzip Rechnung getragen werden. Durch den Leistungsanspruch bei schwer sehbeeinträchtigten Gefangenen wird deren besonderen Bedürfnissen ebenso wie im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung Rechnung getragen. Der neu eingefügte Satz 6 ermöglicht eine Kostenbeteiligung auch bei anderen kostenintensiven Hilfsmitteln, wobei deutlich gemacht wird, dass eine solche Beteiligung nur begrenzt zulässig ist.
Zu Nr. 3
Die Regelung in dem neu eingefügten Absatz 2 Satz 1 eröffnet den Justizverwaltungen die Möglichkeit auf einer sicheren Rechtsgrundlage die Gefangenen in einem angemessenen Umfang an den Kosten der ärztlichen Behandlung im Sinne des § 58 Satz 2 Nr. 1 StVollzG und der sonstigen medizinischen Behandlung, wie z.B. Massagen und krankengymnastische Leistungen, und der Versorgung mit Arzneimitteln im Sinne des § 58 Satz 2 Nr. 3 StVollzG zu beteiligen. Dadurch, dass dies nur in "angemessenem Umfang" erfolgen kann, wird zum Ausdruck gebracht, dass bei einer Kostenbeteiligung der Haftsituation Rechnung zu tragen ist.
Absatz 2 Satz 2 eröffnet den Justizverwaltungen die Möglichkeit, auf einer sicheren Rechtsgrundlage nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel gegen Kostenerstattung abzugeben. Wenn der gesetzlich Versicherte die Kosten für diese Arzneimittel selbst tragen muss, gibt es keinen Grund, nicht zumindest die Möglichkeit zu eröffnen, dies auch im Anwendungsbereich des Strafvollzugsgesetzes entsprechend zu handhaben. Durch die Möglichkeit einer Kostenerstattung bleibt den Justizverwaltungen genügend Spielraum die Haftsituation zu berücksichtigen und auch diese Arzneimittel gegebenenfalls kostenfrei abzugeben. Die Abgabe muss über die Justizvollzugsanstalten erfolgen, so dass dem einzelnen Gefangenen kein Anspruch gegeben wird, nach Belieben nicht verschreibungspflichtige Medikamente über Dritte zu beziehen.
Zu Art. 2
Das Gesetz kann unmittelbar nach seiner Verkündung in Kraft treten.