Der Bundesrat hat in seiner 803. Sitzung am 24. September 2004 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission das Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse vorgelegt hat, darin ihre Schlussfolgerungen aus dem Konsultationsprozess zum Grünbuch vom 21. Mai 2003 zieht und ihre weitere Vorgehensweise darlegt. Dienstleistungen von allgemeinem Interesse haben in den Ländern einen hohen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Stellenwert.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission in Folge der Grünbuch-Konsultation anerkennt dass Dienstleistungen von allgemeinem Interesse eine der Grundsäulen des europäischen Gesellschaftsmodells sind.
Den Zielen der Kommission liegt jedoch ein Konzept zu Grunde, das nach Auffassung des Bundesrates im Wesentlichen auf ökonomischen Kriterien beruht, was der Wirklichkeit der Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen nicht in vollem Umfang gerecht wird.
- 3. Der Bundesrat nimmt die Äußerung der Kommission zustimmend zur Kenntnis, dass angesichts der heterogenen Strukturen in Europa im Bereich der Daseinsvorsorge eine sektorale, regionale und kommunal differenzierte Vorgehensweise am Maßstab des Prinzips der Subsidiarität sowie des Grundsatzes der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung erforderlich ist. Es ist in erster Linie Sache der zuständigen nationalen, regionalen und lokalen Behörden, die zumeist vor Ort angebotenen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse festzulegen, zu definieren, zu organisieren, zu finanzieren und zu kontrollieren. Gemeinschaftsrechtliche sektorspezifische Regelungen kommen nur bei Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse in Betracht, die auf Grund ihrer Größe und strukturellen Vernetzung gemeinschaftsweite Bedeutung haben. Für den Bereich der nichtwirtschaftlichen Leistungen besteht keinerlei Gemeinschaftskompetenz.
Die Formulierung, dass es sich "bei den Erbringern von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, einschließlich der Inhouse-Leistungserbringer, um Unternehmen handelt" und "diese den Wettbewerbsbestimmungen des EG-Vertrages" unterliegen (Abschnitt 4.3 des Weißbuchs) legt nahe dass das Spannungsverhältnis zwischen dem Gemeinwohlauftrag der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und dem Binnenmarkt dadurch aufgelöst werden soll, dass die inhaltlichen Entscheidungen bei den Mitgliedstaaten und ihren Untergliederungen verbleiben, die Frage der Art und Weise der Erbringung aber im Rahmen des Binnenmarktes geregelt wird.
Demgegenüber bleibt festzuhalten, dass den Mitgliedstaaten die Entscheidung über die Art und Weise der Erbringung der Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse obliegt. Wenn es den Kommunen rechtlich oder tatsächlich nicht mehr möglich wäre, Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse in eigenen, rechtlich selbständigen Unternehmen zu erbringen, würde die bestehende enge Verknüpfung zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und der Erbringung der Leistungen über die kommunale Selbstverwaltung zerstört.
Der unmittelbare Kontakt, auch zur Leistungserstellung in den Kommunen, ist ein hohes Gut. Deshalb müssen die Voraussetzungen dafür erhalten bleiben, dass die Leistungserbringung weiter bei den Kommunen selbst liegen kann.
- 4. Der Bundesrat stimmt der Auffassung der Kommission zu, dass die Befugnisse der Gemeinschaft in Bezug auf Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ausreichend und angemessen sind. Nicht im Einklang damit steht, dass die Kommission es begrüßt, dass die Gemeinschaft in Artikel III-6 des EU-Verfassungsvertrags im Grundsatz eine Kompetenz zur Festlegung von Grundsätzen und Bedingungen zur Ausgestaltung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erhalten wird (Kompetenz für europäische Gesetze).
- 5. Der Bundesrat kann ebenfalls nicht nachvollziehen, warum die Kommission das Vorhaben, eine Rahmenrichtlinie vorzuschlagen, nicht aufgegeben, sondern eine nochmalige Überprüfung nach In-Kraft-Treten des Verfassungsvertrages angekündigt hat. Der Bundesrat weist auf die Äußerung der Kommission im
Weißbuch selbst hin, dass in dem Konsultationsverfahren die Vorteile einer horizontalen Regelung gegenüber dem bisher verfolgten sektorspezifischen Ansatz nicht dargelegt werden konnten. Eine horizontale Regelung wird den Besonderheiten der einzelnen Dienstleistungssektoren nicht gerecht und müsste deshalb sehr allgemein bleiben, sodass sektorale Regelungen weiterhin erforderlich wären.
- 6. Für die von der Kommission skizzierte europäische Strategie für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sieht der Bundesrat ebenfalls weder eine Rechtsgrundlage noch ein Erfordernis. Die dort allgemein geregelten Rahmenbedingungen für spezifische Fragestellungen, wie die der Interessen der Verbraucher oder die Anwendung der Regeln für staatliche Beihilfen, können sich nur auf konkrete Einzelermächtigungen in den Verträgen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Subsidiarität und nur auf Dienstleistungen von wirtschaftlichem Interesse berufen. Auch in Zukunft räumt Art. III-6 des Verfassungsvertrages der Gemeinschaft nur Kompetenzen auf dem Gebiet der Dienstleistung von wirtschaftlichem Interesse und nicht auf dem Gebiete der Dienstleistung von nichtwirtschaftlichem Interesse ein.
- 7. Das Weißbuch weist auf die Anknüpfungspunkte der Diskussion über die künftige Ausgestaltung der Bedingungen für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und den Konsultationen zu den Themen Öffentlich-Private Partnerschaften und Dienstleistungsrichtlinie hin. Der Bundesrat erwartet, dass die Debatte über die künftige Ausgestaltung der Leistungen der Daseinsvorsorge nicht durch die Aktivitäten in diesen nahestehenden Themenbereichen vorweggenommen oder eingeschränkt wird.
Zu den Vorschlägen der Kommission für eine Neuausrichtung der Politik im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse
- 8. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission eingeleiteten bzw. angekündigten Maßnahmen, um bei der Anwendung des Beihilferechts mehr Rechtssicherheit und Transparenz zu schaffen sowie den Verwaltungsaufwand, insbesondere den Notifizierungsaufwand, für die Mitgliedstaaten, Regionen und Kommunen zu reduzieren.
Der Entwurf einer Gruppenfreistellungs-Entscheidung der Kommission, wonach Kompensationszahlungen als Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Leistungen unterhalb einer bestimmten finanziellen Grenze bezogen auf den Unternehmensumsatz ebenso wie bestimmte soziale Dienstleistungen, unabhängig von Umsatz sowie Höhe der Kompensationsleistungen, von der Anwendung der Beihilfevorschriften ausgenommen werden, ermöglicht eine liberale und flexible Handhabung des EU-Beihilferechts. Bei Ausgleichszahlungen oberhalb der Geringfügigkeitsgrenzen ist die vorgelegte Initiative der Kommission zu einem Gemeinschaftsrahmen zumindest geeignet, Rechtssicherheit und Transparenz zu schaffen, weil klargestellt wird, unter welchen Voraussetzungen Ausgleichszahlungen, die als Beihilfen zu werten sind, gemeinschaftsrechtlich zulässig sind. Ausdrücklich zu begrüßen ist der Vorschlag der Kommission, den Bereich Krankenhäuser und Sozialwohnungen unabhängig von Schwellenwerten von einer Notifizierungspflicht freizustellen.
Bei beiden Initiativen der Kommission besteht jedoch Nachbesserungsbedarf, insbesondere bei der Höhe der Schwellenwerte sowie der Bereichsausnahmen, um den größten Teil der Beihilfefälle abzudecken. Deshalb fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, die mit den Ländern abgestimmte Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland und die dort enthaltenen Änderungswünsche bei den Verhandlungen auf der Ebene der EU mit Nachdruck zu vertreten.
- 9. Der Bundesrat begrüßt die Ankündigung der Kommission, neben den obigen Initiativen, die Kriterien des Altmark-Trans-Urteils des EuGH, nach denen ein finanzieller Ausgleich für auferlegte gemeinwirtschaftliche Pflichten keine staatliche Beihilfe im Sinne des EGV darstellt und damit nicht der Notifizierungspflicht unterliegt zu präzisieren. Nach dieser Rechtsprechung schließen sich die Begriffe der staatlichen Beihilfen und der Ausgleichszahlungen gegenseitig aus. Dementsprechend ist es der Kommission auch verwehrt, den Anwendungsbereich der Richtlinie 80/723/EWG auf Ausgleichszahlungen zu erstrecken.
Der Bundesrat ist weiterhin der Auffassung, dass es einer weiteren Klarstellung der Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten bedarf.
Dies sollte auch eine weitere Klarstellung der Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten einschließen.
- 10. Der Bundesrat pflichtet der Kommission bei, dass sich Leistungen in Bereichen Soziales und Gesundheit von den übrigen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse wesentlich unterscheiden. Er nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission für den Bereich der Sozial- und Gesundheitsleistung im Weißbuch noch keine näheren Aussagen trifft, sondern eine spezifische Mitteilung für das Jahr 2005 ankündigt. Für die Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen bedarf es einer den speziellen Bedürfnissen dieses Sektors angemessenen Anwendung der markt- und wettbewerbsrechtlichen Vorschriften. Der Bundesrat begrüßt, dass den Besonderheiten der sozialen Daseinsvorsorge in einer gesonderten Mitteilung Rechnung getragen werden soll und wird hierzu gesondert Stellung nehmen. Bis dahin fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, die Positionen der Länder frühzeitig in die entsprechende Konsultation mit der Kommission einzubringen, damit diese in der Mitteilung berücksichtigt werden.
- 11. Der Bundesrat weist mit Blick auf die angekündigte Mitteilung über Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen unter Bezugnahme auf seine grundsätzliche Haltung zur offenen Methode der Koordinierung darauf hin, dass eine Ausdehnung dieser Methode auf den Bereich der (sozialen) Daseinsvorsorge nicht nur nicht sachgerecht wäre, sondern auch den aktuellen Bemühungen zur Straffung der verschiedenen Koordinierungsprozesse (so genanntes Streamlining) zuwiderliefe. Daher wird auch für Evaluierungen, Monitoring-Mechanismen und ähnlichem auf Gemeinschaftsebene kein Raum gesehen.
Ferner müsste in einer solchen Mitteilung die besondere Pflichtenstellung der öffentlichen Hand im Bereich der Gesundheitsversorgung berücksichtigt werden. So obliegt der öffentlichen Hand der Sicherheitsauftrag hinsichtlich der stationären Krankenhausversorgung und der Sicherstellungsauftrag hinsichtlich des Rettungsdienstes.
- 12. Der Bundesrat lehnt den umfassenden Ansatz für die Evaluierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse mit Blick auf das Subsidiaritätsprinzip ab.
Die Evaluierung muss ebenfalls einen sektorspezifischen Ansatz als Ausgangspunkt nehmen und sich auf die vergemeinschafteten Bereiche beschränken, für die die Europäische Union zuständig ist und an den Zielen anknüpfen, die in den sektorbezogenen Gemeinschaftsvorschriften für die einzelnen Dienstleistungen festgelegt sind, insbesondere Marktöffnung und Universaldienstverpflichtungen.
In den anderen Bereichen legen die Mitgliedstaaten und ihre Untergliederungen die verfolgten Ziele fest und sind deshalb nach dem Grundsatz der Subsidiarität für die Evaluierung verantwortlich.
- 13. Der Bundesrat begrüßt nachdrücklich die Ankündigung der Kommission, sich auch in Zukunft auf Vorschläge zu sektorspezifischen Regelungen, wie etwa die großen netzgebundenen Wirtschaftszweige, zu beschränken, die eindeutig europaweit ausgerichtet sind und für die fundierte Gründe unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Subsidiarität von der Kommission angeführt werden können.
- 14. Der Bundesrat betont jedoch, dass im Bereich der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung kein Raum für eine Regelungskompetenz der EU besteht.
Hierbei wird auf die Stellungnahme des Bundesrates vom 11. Juli 2003 (BR-Drucksache 354/03(Beschluss) ) verwiesen. Die Aufgabe, die Bevölkerung mit qualitativ hochwertigem Trinkwasser zu angemessenen Preisen zu versorgen, muss ebenso wie die Abwasserentsorgung weiterhin den Kommunen obliegen und vor Ort geregelt werden. Eine Verlagerung dieser kommunalen Pflichtaufgabe auf die EU wäre nicht nur mit dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht unvereinbar sondern stellt einen Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip dar.
Auch das Europäische Parlament hebt in seiner Entschließung vom 14. Januar 2004 zu dem Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (KOM (2003) 270-2003-2152(INI)) den vorrangigen Charakter des Subsidiaritätsgrundsatzes hervor und lehnt es ab, dass die Wasser- und Abfalldienste Gegenstand sektoraler Richtlinien des Binnenmarktes werden. Es vertritt die Auffassung, dass dieser Sektor angesichts seiner unterschiedlichen regionalen Merkmale und der örtlichen Zuständigkeiten nicht liberalisiert werden sollte.
- 15. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, gegenüber der Kommission darauf hinzuwirken dass diese den Anwendungsbereich des künftigen Gemeinschaftsrechtsrahmens auch auf öffentliche Ausgleichszahlungen im ÖPNV ausdehnt.
Die Kommission hat in ihrem Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (KOM (2004) 374 endg.; Ratsdok. 9643/04) die Absicht bekundet, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Ausgleichszahlungen an Unternehmen bei der Übernahme von Gemeinwohlverpflichtungen zu präzisieren bzw. zu vereinfachen. Dabei soll der Verkehrssektor mit Ausnahme bestimmter Inselverkehre allerdings nicht einbezogen werden. Dies gilt insbesondere für die angekündigte Entscheidung der Kommission, nach der geringfügige öffentliche Finanzhilfen (Beihilfen) an Unternehmen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse unter bestimmten Bedingungen von einer Notifizierung befreit werden sollen, wie auch für den angekündigten Gemeinschaftsrechtsrahmen, der für öffentliche Ausgleichszahlungen gelten soll, die nicht der (Freistellungs-)Entscheidung unterfallen, aber nach noch zu entwickelnden Bemessungskriterien von der Kommission geprüft und gegebenenfalls nach Artikel 86 Abs. 2 EGV als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar genehmigt werden können.
Soweit im ÖPNV an Verkehrsunternehmen Ausgleichszahlungen für Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes gewährt werden, ist die Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 anzuwenden. Eine Vorab-Notifizierung entfällt. Für andere Beihilfen im ÖPNV gilt die Verordnung (EWG) Nr. 1107/70. Nach dieser Verordnung dürfen unter anderem Zahlungen zum Ausgleich der Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes geleistet werden, wenn und soweit sie Verkehrsunternehmen oder Verkehrstätigkeiten betreffen, die vom Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 ausgeschlossen sind. Diese Beihilfen sind vorab der Kommission zu notifizieren.
Die beabsichtigte (Freistellungs-)Entscheidung der Kommission kann Notifizierungspflichten nach der Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 nicht aufheben; insoweit ist die fehlende Einbeziehung des Verkehrssektors als sachgerecht zu bezeichnen. Diese Hinderungsgründe sind jedoch beim Gemeinschaftsrechtsrahmen nicht durchgreifend, da er gerade Bewertungskriterien für noch zu notifizierende Beihilfen enthalten soll. Diese von der Kommission zu entwickelnden Kriterien für die Prüfung der Gemeinschaftsrechtskonformität können auch für Ausgleichszahlungen im ÖPNV relevant werden. Dies ist zum Beispiel der Fall, soweit es sich um Ausgleichszahlungen für Verkehrsleistungen handelt die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 fallen und auch nicht die vom EuGH in seinem Urteil vom 24. Juli 2003 (Rechtssache C-280/00, Altmark-Trans-GmbH) aufgestellten vier Kriterien erfüllen.
Eine Einbeziehung des ÖPNV in den Anwendungsbereich des künftigen Gemeinschaftsrechtsrahmens ist daher rechtssystematisch begründet, erhöht spürbar die Rechts- und Planungssicherheit für alle Verfahrensbeteiligten und entspricht insoweit den Zielen des Weißbuches der Kommission.
- 16. Der Bundesrat begrüßt, dass die sektorspezifischen Regelungen auf Gemeinschaftsebene überprüft werden sollen und dass die Kommission im Bereich des Medienpluralismus nicht tätig werden will. Der Bundesrat weist auf die Sonderstellung des öffentlichrechtlichen Rundfunks im Hinblick auf das Protokoll zum Amsterdamer EU-Vertrag hin.
- 17. Der Bundesrat bekräftigt, dass staatlich finanzierte Bildungs- und Kulturdienstleistungen keine Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Sinne des EGV sind. Sie unterliegen deshalb weder den Wettbewerbsregeln noch den Beihilfevorschriften.
- 18. Das Weißbuch behandelt umfassend Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, wobei Kultur- und Bildungsdienstleistungen nicht ausdrücklich ausgenommen werden. Der Bundesrat sieht deshalb die Gefahr, dass die Kommission über diesen umfassenderen Dienstleistungsbegriff innerhalb der Gemeinschaft und im Rahmen von WTO/GATS Regelungsbefugnisse auch für staatlich finanzierte Bildungs- und Kulturdienstleistungen in Anspruch nehmen könnte die ihr weder nach geltendem Gemeinschaftsrecht noch nach dem Entwurf des Verfassungsvertrages zustehen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass staatlich finanzierte Bildungs- und Kulturdienstleistungen von künftigen Vorschlägen der Kommission zur Regelung von Dienstleistungen ausdrücklich ausgenommen werden - unabhängig davon ob es um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse oder von lediglich allgemeinem Interesse geht.
- 19. Der Bundesrat teilt die Auffassung, dass der Binnenmarkt im Bereich der Telekommunikation zu einer Vergrößerung des Angebots an Dienstleistungen, zu Effizienzsteigerung und zu sinkenden Preisen geführt hat. Die Ausgestaltung des Binnenmarktes muss jedoch auch im Bereich der Telekommunikation den Besonderheiten der Entwicklung in den einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung tragen z.B. Unterschiede bei den Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten und der technischen Infrastruktur.
- 20. Der Bundesrat begrüßt die Überprüfung der sektoralen Politikbereiche. Er schließt sich der Auffassung an, dass die bestehenden sektorspezifischen Rechtsvorschriften in vollem Umfang umgesetzt und angewandt sowie die nationalen Regulierungsstellen mit den erforderlichen Instrumenten und Ressourcen ausgestattet werden sollen. Er begrüßt die angekündigte Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Regulierungsbehörden und zwischen den einzelnen Regulierungsstellen im Rahmen der bestehenden Netzwerke. Er verspricht sich davon eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen auf den verschiedenen nationalen Märkten.
- 21. Der Bundesrat lehnt jedoch eine über die Kooperation der nationalen Regulierungsbehörden hinausgehende Zentralisierung auf europäischer Ebene ab. In den Mitgliedstaaten gibt es bereits gut funktionierende Strukturen, um die Rechte der Nutzer und Verbraucher zu sichern. In Deutschland ist dies insbesondere die kommunale Selbstverwaltung. Hier fallen für weite Teile der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse die Entscheidungen über Umfang, Zugänglichkeit, Organisation und Finanzierung der Leistungen.
- 22. Die Drucksache 413/03 (PDF) wird für erledigt erklärt.