10. - Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich eine Pflicht zur Ausstellung einer Leistungserklärung (Artikel 4 bis Artikel 6) und damit zur CE-Kennzeichnung
von Bauprodukten (Artikel 7 Abs. 1), für die eine harmonisierte Norm gilt.
Auch unterstützt er die CE-Kennzeichnung von Bauprodukten durch einen Hersteller, der auf seinen Antrag eine Europäische Technische Bewertung für seine Produkte erhalten hat.
Der Bundesrat ist davon überzeugt, dass für innovative Produktentwicklungen, für die es keine europäischen technischen Spezifikationen gibt, ein sehr schneller ggf. national begrenzter erster Marktzugang eröffnet werden muss. Dies soll, wie bisher erfolgreich durchgeführt, mit Erteilung einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung auf freiwilligen Antrag des Herstellers möglich bleiben. Diese kann dem Hersteller häufig eine zügigere Vermarktung und Verwendungsmöglichkeiten für seine Produkte verschaffen, als dies im Wege der Anpassung einer harmonisierten Norm oder der Ausstellung eines europaweit abzustimmenden harmonisierten Bewertungsdokuments möglich ist, insbesondere wenn er im ersten Schritt auch nur einen begrenzten Markt in seinem Heimatland zum Ziel hat.
Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, in den Verhandlungen zum Verordnungsvorschlag auf die Beibehaltung des Wortlauts des Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe a hinzuwirken, da hiermit eine schnelle erste Vermarktung von innovativen Produktentwicklungen, wenn ein Hersteller dies wünscht, durch eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung ermöglicht wird. Die Erhaltung dieser Option ist von zentraler Bedeutung für die Länder. Nach bisheriger Erfahrung machen vor allem kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland hiervon Gebrauch.
- - Allerdings sieht der Bundesrat - ebenso wie im Verordnungsvorschlag ausgeführt - zu der zentralen Frage des Status der CE-Kennzeichnung
(verpflichtend oder freiwillig) noch Präzisierungsbedarf. Zwar heißt es in der Begründung zum Verordnungsvorschlag (Abschnitt 3.1) hierzu unmissverständlich, dass die CE-Kennzeichnung für Produkte, für die harmonisierte Normen gelten, zur Erklärung der Leistung verpflichtend eingeführt wird. Diese Klarheit ergibt sich jedoch weder aus dem später maßgeblichen Verordnungstext noch aus den Erwägungsgründen. Artikel 4 sieht lediglich eine Pflicht zur Erstellung einer Leistungserklärung vor. Um die negativen Erfahrungen mit unterschiedlichen Interpretationsansätzen in den Mitgliedstaaten künftig zu vermeiden, bedarf es aus Sicht des Bundesrates zu dieser zentralen Frage zukünftig einer klaren Aussage in der Verordnung, wie sie in der Begründung zum Verordnungsvorschlag enthalten ist.
- - Weitere Voraussetzung für die Erstellung der Leistungserklärung ist, dass "die Anforderungen in Bezug auf die wesentlichen Merkmale dieses Produkts [...] dort (gelten), wo der Hersteller oder Importeur das Produkt in Verkehr bringen will" (Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe b). Diese Regelung eröffnet für Hersteller die Möglichkeit, ihre Produkte in dem Mitgliedstaat mit den geringsten Anforderungen in den Verkehr zu bringen. Wird das Produkt auch in weiteren Mitgliedstaaten vertrieben, müssen die Verwender dort zumindest erkennen können, für welche Produktmerkmale gemäß der harmonisierten Spezifikation der Hersteller keinerlei Beurteilung vorgenommen hat. Bei der Vielzahl von Produktmerkmalen und im Interesse der Transparenz sollte daher für die "Adressaten" der Leistungserklärung (Planer und Bauunternehmen) zumindest erkennbar sein, im Hinblick auf welche Eigenschaften für das Produkt keine Aussagen gemacht wurden und für welche Verwendungen z.B. in Deutschland sie daher nicht einsetzbar sind. Anderenfalls ginge bei dem auf Baustellen herrschenden massiven Zeitdruck damit die Gefahr einher, dass Produkte für Zwecke verwendet werden, für die sie nicht geeignet sind, mit der möglichen Folge von Bauwerkschäden. Damit kommen auf Bauunternehmen und Planer erhebliche wirtschaftliche Risiken zu, die sich durch eine Ergänzung des Verordnungsvorschlags ausräumen ließen.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die bisherige Praxis der sogenannten Option "No Performance Determined" (NPD-Option), mit der Hersteller ausdrücklich in der Leistungserklärung angeben, welche Merkmale gemäß technischer Spezifikation nicht geprüft und bewertet wurden (weil sie in einem Mitgliedstaat nicht gefordert sind), in den Verordnungsvorschlag in Artikel 5 Eingang finden soll (s. auch nachfolgend zu Artikel 5).
- - Für die mit der Planung und Ausführung von Bauwerken verantwortlichen Verwender von Bauprodukten ist der präzise und zuverlässige Inhalt der Leistungserklärung (Artikel 5) von größter Bedeutung (s. a. Begründung zum Verordnungsvorschlag, Abschnitt 1.1 und Erwägungsgrund 25). Die im Verordnungsvorschlag vorgesehenen Angaben in der Leistungserklärung in Artikel 5 Abs. 2 sind zu unterstützen, aber um weitere Angaben zu ergänzen, um den Anwendern umfassende und transparente Informationen über das Produkt zu liefern. Hierzu zählen insbesondere das (Ausgabe-)Datum der Norm/Europäischen Technischen Bewertung und die Notwendigkeit, die Leistungserklärung in der Amtssprache des Mitgliedstaats/der Mitgliedstaaten, in dem das Produkt in Verkehr gebracht und bereit gestellt werden soll, vorzulegen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, Artikel 5 Abs. 2 Buchstabe b dahingehend zu ändern, dass die Liste alle wesentlichen Merkmale gemäß der harmonisierten technischen Spezifikation enthält, entweder mit Angabe einer erklärten Leistung oder mit der Option "NPD" (s. auch oben zu Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe b).
In Artikel 5 Abs. 1 und Abs. 2 Buchstabe a sollte sich zudem die bereits unter den Begriffsbestimmungen empfohlene Ergänzung zur Definition des "Produkttyps" widerspiegeln, indem jeweils sowohl auf das Bauprodukt als auch auf den Produkttyp Bezug genommen wird.
Der Bundesrat bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass eine ausschließliche Bereitstellung des Inhalts der Leistungserklärung auf einer Website abgelehnt wird (vgl. Artikel 6 Abs. 3). Das in Artikel 6 Abs. 3 vorgesehene Verfahren ist dagegen nicht zu beanstanden.
11. Die Bedeutung der CE-Kennzeichnung
in der Vorlage weicht von der Bedeutung in anderen harmonisierten Binnenmarktregelungen der EU ab, die - wie der vorgelegte Verordnungsvorschlag - auf Artikel 95 EGV basieren. Die CE-Kennzeichnung
sollte innerhalb des europäischen Binnenmarkts für alle Produktarten eine einheitliche Bedeutung haben und daher möglichst einheitlich beschrieben sein. Maßstab sollten die Regelungen in Artikel 30 der Verordnung über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten sein (vgl. BR-Drucksache 136/07 (PDF) ).
Nach den Ausführungen in Kapitel II "Leistungserklärung und CE-Kennzeichnung
" ist für Bauprodukte deren Übereinstimmung mit den geltenden harmonisierten Spezifikationen (Normen) maßgebend. Für bestimmte Bauprodukte (z.B. Rolltore) gelten neben den bautechnischen Spezifikationen aber auch Anforderungen aus anderen Binnenmarktvorschriften, die ebenfalls die CE-Kennzeichnung
vorschreiben, wie die Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) oder die Niederspannungsrichtlinie (2006/95/EG). Bauprodukte, die auch in den Geltungsbereich dieser Binnenmarktrichtlinien fallen, müssen somit auch weitergehende Anforderungen erfüllen, die der Sicherheit und dem Schutz der Gesundheit der Verwender dienen. Die CE-Kennzeichnung
auf einem Bauprodukt sollte daher dokumentieren, dass alle für dieses Produkt einschlägigen Anforderungen aus harmonisierten Vorschriften erfüllt sind. So verlangt es auch bisher Artikel 2 Abs. 2 Buchstabe a der Bauprodukte-Richtlinie und so sieht es auch die im vorigen Absatz genannte Verordnung vor.
Bei einer eingeschränkten Geltung des CE-Kennzeichens besteht die Gefahr, dass trotz entsprechender Kennzeichnung das weitere Inverkehrbringen von Bauprodukten untersagt werden muss, weil andere EU-Vorschriften nicht beachtet wurden.