A. Problem und Ziel
In seiner Entscheidung vom Februar 2010 (- 1 BvL 1/09 -, - 1 BvL 3/09 -, - 1 BvL 4/09 - legte das Bundesverfassungsgericht dar, dass "der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht nur diejenigen Mittel umfasst, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen wie Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst". Der Bundesgesetzgeber hat in diesem Sinne zur Absicherung der Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten, Regelungen für Leistungen aus dem sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket ( § 28 SGB II) erlassen.
Nach dem Vierten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung vom März 2013 soll das Bildungs- und Teilhabepaket einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Kinder aus ärmeren Familien bessere Bildungs- und Teilhabechancen haben. Kinder und Jugendliche im Leistungsbezug der Grundsicherung für Arbeitsuchende verfügen seit dem 1. Januar 2011 über Rechtsansprüche auf Bildungs- und Teilhabeleistungen.
Die bisherigen Erfahrungen zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets zeigen, dass über übliche Vorkehrungen im Sozialverfahren wie der Beratung oder dem Hinwendungsgebot hinaus weitere Verfahren, Ansprechpartner und ähnliches vorgehalten werden müssen, damit diese Rechtsansprüche der Kinder und Jugendlichen auch verwirklicht werden können und die Leistungen bei ihnen ankommen.
Bereits seit dem Jahr 2011 stellt der Bund über eine um 2,8 Prozentpunkte erhöhte Bundesbeteiligung an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II circa 400 Millionen Euro jährlich bereit, mit denen
- 1. kreisfreie Städte und Kreise Schulsozialarbeit oder sonstige Projekte im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende finanzieren können, die den Zugang von Kindern und Jugendlichen zu Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets sicherstellen. Diese Mittel werden zum Beispiel für pädagogische Fachkräfte (Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter) in Schulen genutzt. Ihre Tätigkeit ist ein ganz wesentlicher Garant für die erfolgreiche, breit angelegte soziale Teilhabe der jungen Menschen sowie der Realisierung von Förderangeboten unterschiedlichster Art und damit der Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums der Kinder und Jugendlichen;
- 2. Mittagessen der leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen in Horteinrichtungen finanziert werden.
Ziel der Änderung des Gesetzes ist es, auch nach dem Jahr 2013 sicherzustellen, dass für alle im Leistungsbezug des SGB II stehenden Kinder und Jugendlichen eine angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen und soziokulturellen Leben durch Leistungen des sogenannten Bildungs- und Teilhabepakets erreichbar wird und die Finanzierung von Mehraufwendungen für Mittagessen in Horteinrichtungen gewährleistet wird.
Folgender Handlungsbedarf ist daher bei der Änderung des SGB II gegeben:
- - Die Finanzierung der Schulsozialarbeit durch den Bund im Rahmen der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung der kommunalen Grundsicherungsträger läuft zum 31. Dezember 2013 aus. Im Zuge der Einführung und Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes wurde ein Betrag von circa 400 Millionen Euro pro Jahr bundesweit zur Verfügung gestellt. Zur Weiterfinanzierung von Sozialarbeit oder sonstigen Projekten im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende, die den Zugang von Kindern und Jugendlichen zu Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets sicherstellen, ist eine Entfristung der Bundesfinanzierung erforderlich.
- - Die Befristung der Finanzierung von Mehraufwendungen für Mittagessen in einer Einrichtung nach § 22 SGB VIII bis zum 31. Dezember 2013 ist aufzuheben.
B. Lösung
Die notwendige gesetzliche Änderung erfolgt, indem eine Weiterführung der Finanzierung durch den Bund und die damit verbundene Entfristung bestimmter Regelungen zur Bundesbeteiligung vorgesehen werden.
C. Alternativen
Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Im Bundeshaushalt ist unter Berücksichtigung der Gesamtausgaben der Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von derzeit rund 13,5 Milliarden Euro ab 2014 mit jährlichen Mehrausgaben in Höhe von circa 400 Millionen Euro zu rechnen. Die Haushalte der Länder (Stadtstaaten) und Kommunen erhalten im selben Umfang Mehreinnahmen. Den Mehreinnahmen stehen bei Fortführung der Schulsozialarbeit und des Mittagessens in Horteinrichtungen über das Jahr 2013 hinaus entsprechende Mehrausgaben gegenüber.
2. Vollzugsaufwand
Kein Vollzugsaufwand.
E. Sonstige Kosten
Der Wirtschaft und insbesondere den mittelständischen Unternehmen entstehen durch dieses Gesetz keine unmittelbaren Kosten. Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
F. Bürokratiekosten
Es werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder abgeschafft.
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Weiterfinanzierung von Schulsozialarbeit und Mittagessen in Horteinrichtungen
Der Bundesrat hat in seiner 909. Sitzung am 3. Mai 2013 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Der Gesetzentwurf ist gemäß Artikel 76 Absatz 3 Satz 4 des Grundgesetzes besonders eilbedürftig.
Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Weiterfinanzierung von Schulsozialarbeit und Mittagessen in Horteinrichtungen
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I, S. 850, 2094), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Dem § 28 Absatz 6 wird folgender Satz 4 angefügt:
"Mehraufwendungen werden auch berücksichtigt, wenn Schülerinnen und Schüler das Mittagessen in einer Einrichtung nach § 22 des Achten Buches einnehmen."
2. § 46 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 5 wird wie folgt geändert:
- aa) In Satz 2 werden die Wörter "in den Jahren 2011 bis 2013" gestrichen.
- bb) Satz 3 wird gestrichen.
- b) In Absatz 6 Satz 1 wird nach den Wörtern "Die in Absatz 5 Satz 2" die Angabe "und 3" gestrichen.
3. § 77 Absatz 11 Satz 4 wird gestrichen.
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2014 in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Ziel der Änderung des Gesetzes ist es, auch nach dem Jahr 2013 sicherzustellen, dass für alle im Leistungsbezug des SGB II stehenden Kinder und Jugendlichen eine angemessene Teilhabe am gesellschaftlichen und soziokulturellen Leben durch Leistungen des sogenannten Bildungs- und Teilhabepakets erreichbar wird. Es werden finanzielle Mittel des Bundes bereitgestellt, die den Zugang der leistungsberechtigten Kinder und Jugendlichen zu Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket ermöglichen und verbessern sollen. Zugleich soll die Finanzierung von Mehraufwendungen der Schülerinnen und Schüler für Mittagessen in Einrichtungen nach § 22 SGB VIII mit Bundesmitteln nach dem Jahr 2013 sichergestellt werden.
Nach den bisherigen Erfahrungen zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets wird deutlich, dass über übliche Vorkehrungen im Sozialverfahren wie der Beratung oder dem Hinwendungsgebot hinaus Verfahren, Ansprechpartner und ähnliches vorgehalten werden müssen, damit Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets bei den Kindern und Jugendlichen auch wirklich ankommen.
Bereits seit dem Jahr 2011 stellt der Bund über eine um 2,8 Prozentpunkte erhöhte Bundesbeteiligung an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II circa 400 Millionen Euro jährlich bereit, damit die kreisfreien Städte und Kreise Schulsozialarbeit finanzieren können, die den Zugang von Kindern und Jugendlichen zu Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets sicherstellen. Diese Mittel werden zum Beispiel für pädagogische Fachkräfte (Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter) an Schulen genutzt. Ihre Tätigkeit ist ein ganz wesentlicher Garant für die erfolgreiche, breit angelegte soziale Teilhabe der jungen Menschen sowie der Realisierung von Förderangeboten unterschiedlichster Art und damit der Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums der Kinder und Jugendlichen.
Mit der Entfristung dieser Finanzierung kommt der Bund seiner besonderen verfassungsrechtlichen Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen nach. In seiner Entscheidung vom Februar 2010 (- 1 BvL 1/09 -, - 1 BvL 3/09 -, - 1 BvL 4/09 -) legte das Bundesverfassungsgericht dar, dass der "unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht nur diejenigen Mittel umfasst, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen wie Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst". Zur Absicherung dieser Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten, sieht der Bund Regelungen für Leistungen aus dem sogenannten Bildungs- und Teilhabepaket (§ 28 SGB II) vor.
Darüber hinaus werden die Bundesmittel auch dafür eingesetzt, Mehrbedarfe von Schülerinnen und Schülern für Mittagessen in Horteinrichtungen zu berücksichtigen. Diese Ansprüche sind weiterhin zu berücksichtigen, um eine Schlechterstellung von leistungsberechtigten Schülerinnen und Schülern, die in Horteinrichtungen im Sinne von § 22 SGB VIII betreut werden, gegenüber Schülerinnen und Schülern auszuschließen, die das Mittagessen in einer gemeinschaftlichen Verpflegung in schulischer Verantwortung einnehmen.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Zu Nummer 1 (§ 28 Absatz 6)
Mehrbedarfe von Schülerinnen und Schülern für Mittagessen in Horteinrichtungen werden in den regulären Leistungskatalog des Bildungs- und Teilhabepakets aufgenommen. Eine materiellrechtliche Ausweitung von Ansprüchen ist damit gegenüber dem Leistungsniveau vor dem 31. Dezember 2013 nicht verbunden. Lediglich der Wortlaut von § 77 Absatz 11 Satz 4 SGB II a.F. wurde übernommen. Es erfolgt jedoch eine Entfristung der Bundesfinanzierung.
Zu Nummer 2 (§ 46)
Zu Buchstabe a
Mit der Streichung der Jahresangaben erfolgt eine Entfristung der um 2,8 Prozentpunkte vorgesehenen Erhöhung der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung der kommunalen Grundsicherungsträger. Mit dieser Entfristung wird der verfassungsrechtlichen Verantwortung des Bundes entsprochen, ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben der Kinder und Jugendlichen sicherzustellen. Die Bundesmittel sind von den kreisfreien Städten und Kreisen zur realen Absicherung der Rechtsansprüche des Bildungs- und Teilhabepakets über die üblichen sozialverfahrensrechtlichen Vorgaben hinaus für Schulsozialarbeit im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets als zusätzliche Angebote zu nutzen.
In diesem Sinne zielt Schulsozialarbeit im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets auf - eine arbeitsmarktliche und gesellschaftliche Integration von bildungs- und teilhabeberechtigten Kindern und Jugendlichen durch - den Abbau der Folgen wirtschaftlicher Armut, insbesondere gegen Bildungsarmut und soziale Exklusion.
Zu den zu erfüllenden Aufgaben der Sozialarbeit gehört insbesondere die Vermittlung von Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket, zum Beispiel durch Anregung von Anträgen bei Eltern, Kindern und Jugendlichen oder durch Gewinnung von mitwirkenden Vereinen und weiteren Partnern.
In Satz 3 wird die um 2,8 Prozentpunkte abgesenkte Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft und Heizung ab dem Jahr 2014 geregelt. Bei der Weiterführung der Förderung von Schulsozialarbeit über das Jahr 2013 hinaus ist die Streichung zwingend erforderlich.
Zu Buchstabe b
Bei der Streichung handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung auf Grund der Streichung von § 46 Absatz 5 Satz 3 SGB II.
Zu Nummer 3 (§ 77 Absatz 11)
Die Änderung ist redaktioneller Natur und folgt aus der Änderung in § 28 Absatz 6 SGB II.
Zu Artikel 2
Die Vorschrift bestimmt das Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2014.