2. Der Bundesrat begrüßt die kritische Analyse der erreichten Wettbewerbssituation auf den Energiemärkten durch die Monopolkommission und die daran anknüpfenden Handlungsempfehlungen, die teilweise im behördlichen Vollzug oder auf der Rechtsetzungsebene bereits aufgegriffen sind.
Der Bundesrat vermag jedoch die skeptische Einschätzung der Monopolkommission zum Vollzug des Regulierungsrechts durch die Länder nicht zu teilen.
Das Energiewirtschaftsgesetz sieht eine enge Abstimmung der Regulierungsbehörden des Bundes und der Länder im Rahmen des Länderausschusses nach § 60a EnWG vor, wobei die Regulierungsbehörden darauf aber in der Praxis der Zusammenarbeit nicht beschränkt sind. Uneinheitlichkeiten in der Rechtsanwendung zwischen den Regulierungsbehörden und damit verbundene, regulatorisch induzierte Ungleichbehandlungen von Unternehmen sind bisher auf wenige, in der Sache nachrangige Einzelfragen beschränkt geblieben. Eine einheitliche Rechtsanwendung wird letztlich auch durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sichergestellt.
Die Entscheidung des Gesetzgebers, die föderale Struktur Deutschlands auch im Regulierungsvollzug abzubilden, entspricht dem Leitbild des Grundgesetzes, dass Bundesgesetze normalerweise von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt werden (Artikel 83 Grundgesetz). Dies hat zur Folge, dass die Regulierungsbehörden über die maßgebenden Rechtsfragen eigenverantwortlich zu entscheiden haben. Eine Gefährdung der "Konsistenz des Regulierungsrahmens" vermag der Bundesrat hierdurch nicht zu erkennen.
Ebenso wenig teilt der Bundesrat die im Gutachten der Monopolkommission enthaltene Befürchtung, für die Landesregulierungsbehörden sei die "Versuchung einer Industriepolitik auf Landesebene" gegeben. Damit werden die Landesregulierungsbehörden dem Verdacht politisch veranlasster Voreingenommenheit ausgesetzt, ohne dies durch Tatsachen oder Daten zu belegen. Auch der Einschätzung, die Landesregulierungsbehörden verfügten auf Grund beschränkter Regulierungspraxis und damit geringeren Vergleichsmöglichkeiten "nicht über dieselbe Expertise wie die Bundesnetzagentur", kann nach Auffassung des Bundesrates nicht zugestimmt werden. Der Bundesrat vermag dem Gutachten keine überprüfbaren Tatsachen oder Datengrundlagen zu entnehmen, welche die darin geäußerte skeptische Haltung zur Vollzugspraxis der Landesregulierungsbehörden begründen könnten.
Begründung
Die Monopolkommission übt in ihrem Sondergutachten erhebliche Kritik an der Verwaltungspraxis der Landesregulierungsbehörden, der sie "äußerst skeptisch" gegenübersteht (s. dort Tz. 37*, 282 f., 324). Diese Ausführungen können nicht unwidersprochen stehen bleiben, auch wenn sich die Bundesregierung diese erkennbar nicht zu eigen gemacht hat, zumal sie im Wesentlichen unbegründet erscheinen. Zum einen werden Unterschiede bei der Gesetzesauslegung der Behörden in ihrer praktischen Bedeutung stark überbewertet. Zum anderen wird die fachliche Expertise der Landesregulierungsbehörden in Zweifel gezogen und die Vorstellung genährt, deren Regulierungstätigkeit werde für eine Industriepolitik auf Länderebene genutzt, ohne dass sich die Monopolkommission in erkennbarer Weise mit der Vollzugspraxis der Länder vertieft auseinandergesetzt hat oder auf belastbare Daten stützen kann.
7. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung abschließend auf, den Ländern zeitnah Gesetzentwürfe zur Umsetzung des dritten Energiebinnenmarktpakets in nationales Recht vorzulegen, um zügig die darin enthaltenen Verbesserungen für den deutschen Energiemarkt in nationales Recht umsetzen zu können.
Begründung
In ihrem Sondergutachten Strom und Gas 2009 hat die Monopolkommission den Stand und die absehbare Entwicklung des Wettbewerbs auf den Märkten der leitungsgebundenen Versorgung mit Elektrizität und Gas, die Anwendung der Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes über die Regulierung und Wettbewerbsaufsicht untersucht.
Das Sondergutachten der Monopolkommission bestätigt im Wesentlichen die Funktionsfähigkeit des börslichen Energiehandels. Nach dem Börsengesetz fällt die Aufsicht über den Börsenhandel in die Zuständigkeit der zuständigen obersten Landesbehörden.
Die von der Monopolkommission anerkannten Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz im Stromgroßhandel wurden von den Ländern seit 2006 eingefordert. Die Transparenzinitiative der Bundesregierung wird als Umsetzung dieser Forderungen der Länder angesehen.
Der börsliche und über die Börse geclearte Energiehandel wird durch die Handelsüberwachungsstelle der European Energy Exchange gemäß § 7 BörsG lückenlos erfasst und ausgewertet. Es fehlen den Aufsichtsbehörden aber Informationen über den außerbörslichen nicht geclearten Energiehandel. Auf diese Lücke haben die Länder mehrfach hingewiesen (siehe insbesondere BR-Drucksache 247/07(B) ). Die fehlenden Zuständigkeiten der BNetzA für ein Monitoring des Energiehandels bilden im europäischen Ausland die Ausnahme. Zur Verbesserung der Aufsicht über den Energiehandel wird die Bundesregierung aufgefordert, der BNetzA - etwa im Rahmen der Umsetzung des dritten Energiebinnenmarktpakets - das Monitoring des außerbörslichen und nicht geclearten Energiehandels zu übertragen.
Die von der Monopolkommission anerkannte Komplexität des Energiehandels mit Elementen aus Energiewirtschafts-, Kartell-, Wertpapierhandels- und Börsenrecht sollte aufsichtsseitig durch Schaffung einer Arbeitsgruppe "Markttransparenzstelle" unter Leitung der BNetzA Rechnung getragen werden, die sich aus Vertretern der BNetzA, des BKartA, der BaFin sowie der zuständigen Börsenaufsichtsbehörde und Handelsüberwachungsstelle der deutschen Energiebörsen - derzeit namentlich der European Energy Exchange - zusammensetzt und mindestens viermal jährlich tagt.
Die Bundesregierung sollte an die erforderliche frühzeitige Einbindung der Länder bei der Umsetzung von EU-Recht erinnert werden.