a) Der Bundesrat begrüßt die mit dem Entwurf verfolgte Absicht, den im Unterhaltsrecht bereits geltenden Grundsatz der Eigenverantwortung hervorzuheben und zu stärken.
Der Bundesrat weist allerdings darauf hin, dass eine stärkere Betonung des Grundsatzes der Eigenverantwortung nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung und Belastung des Kinder betreuenden Elternteils und damit zugleich zu einer Beeinträchtigung des Kindeswohls führen darf.
Vor diesem Hintergrund bestehen Bedenken gegen die in der Entwurfsbegründung geforderte Abkehr vom so genannten "Altersphasenmodell" der herrschenden Rechtsprechung. Die Entwurfsbegründung zu Artikel 1 Nr. 3 (Neufassung des § 1569 BGB - BR-Drs. 253/06 (PDF) , S. 24 ff.) mit ihren Überlegungen zur Stärkung der Eigenverantwortung im Anwendungsbereich des Betreuungsunterhalts setzt insoweit falsche Akzente. Der Bundesrat gibt hierzu Folgendes zu bedenken:
Beim Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB geht es vordringlich nicht um Eigenverantwortung des geschiedenen Ehegatten. Die Vorschrift ist vielmehr Ausdruck gemeinsamer Elternverantwortung. Trotz Trennung und Scheidung sollen die gemeinsamen Kinder die persönliche Betreuung wenigstens durch einen Elternteil erhalten, um ihnen so möglichst eine Entwicklung zuteil werden zu lassen, die derjenigen von Kindern in intakter Ehe entspricht. Betreuungsunterhalt wird dem betreuenden Elternteil deshalb nicht in erster Linie um seiner selbst willen geschuldet, sondern um der gemeinsamen Kinder willen, deren Betreuung dem Elternteil durch den Unterhalt ermöglicht werden soll.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass für den betreuenden Elternteil grundsätzlich das Recht besteht, die eigenen Kinder persönlich zu betreuen.
Daraus folgt, dass aus dem Prinzip der Eigenverantwortung kein Zwang zur Inanspruchnahme von Fremdbetreuung der Kinder entwickelt werden darf. Der in der Entwurfsbegründung gegebene Hinweis, die Ausübung insbesondere einer Teilzeittätigkeit neben der Kindererziehung sei heute vielfach Realität, geht vor diesem Hintergrund fehl. Die im Grundsatz zu begrüßende Modernisierung des Unterhaltsrechts darf nicht zu einem Paradigmenwechsel der Art führen, dass die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Unterhaltsverpflichteten Vorrang vor dem Kindeswohl erlangt. Es ist gesicherte Erkenntnis, dass die persönliche Zuwendung des betreuenden Elternteils gerade in der besonders schwierigen Situation nach Trennung und Scheidung für die positive Entwicklung eines Kindes von besonderer Bedeutung ist. Dem Kinder betreuenden Elternteil muss daher genügend Spielraum verbleiben, die Betreuung und Erziehung des Kindes eigenverantwortlich nach seinen Vorstellungen zum Wohl des Kindes zu gestalten.
Hierzu gehört auch die eigenverantwortliche Entscheidung, inwieweit bei der Betreuung von Kindern im Vorschul- und Grundschulalter gegebenenfalls objektiv bestehende Möglichkeiten der Fremdbetreuung in Anspruch genommen werden. Ein bestimmtes Modell zur Gestaltung des Familienlebens darf auch der "Restfamilie" nach Trennung und Scheidung nicht vorgeschrieben werden. Vor diesem Hintergrund erscheint die Blickrichtung der Entwurfsbegründung allein auf die objektiven Betreuungsmöglichkeiten problematisch.
Das in der bisherigen Rechtsprechung entwickelte Altersphasenmodell entspricht demgegenüber den altersentsprechenden Bedürfnissen des Kindes und gibt gleichzeitig genügend Flexibilität, um den Einzelfall zu berücksichtigen.