A. Problem und Ziel
- Mit der vorgeschlagenen Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes soll die Möglichkeit geschaffen werden, Täuschungsverhalten in staatsangehörigkeitsrechtlichen Verfahren wie Einbürgerungsverfahren, Verfahren zur Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises oder Verfahren zur Genehmigung der Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit auf der Grundlage einer fachspezifischen Regelung strafrechtlich zu ahnden.
- Der Vorschlag lehnt sich an die Regelung im Aufenthaltsgesetz an, nach der u. a. unrichtige oder unvollständige Angaben oder darauf basierende Urkunden zum Zwecke der Beschaffung eines Aufenthaltstitels strafbewehrt sind. Im Asylverfahrensgesetz ist die Anleitung oder Unterstützung zu unvollständigen oder unrichtigen Angaben im Asylverfahren ebenfalls mit Strafe bedroht.
- Die Strafvorschrift soll die fachspezifische Rücknahmeregelung ergänzen, die derzeit von der Bundesregierung erarbeitet wird.
- Es besteht ein Bedürfnis, auch im Einbürgerungsverfahren falsche Angaben unter Strafe zu stellen. Mit der Einbürgerung, aber auch mit der Beibehaltungsgenehmigung sowie der Staatsangehörigkeitsfeststellung, werden sämtliche den deutschen Staatsangehörigen zustehenden staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten verliehen oder bestätigt. Diesen Statusveränderungen oder -feststellungen kommt im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtsfolgen eine besondere Bedeutung zu. Es wäre ein Wertungswiderspruch, falsche Angaben zur Erlangung eines ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels oder einer Anerkennung im Asylverfahren unter Strafe zu stellen, nicht jedoch falsche Angaben zur Erlangung der weitergehenden Rechte, die mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit verbunden sind.
- Die mit den allgemeinen strafgesetzlichen Regelungen zur Verfügung stehenden Instrumentarien sind in aller Regel nicht geeignet bzw. reichen nicht aus, die in staatsangehörigkeitsrechtlichen Verfahren begangenen Täuschungshandlungen zu sanktionieren. Da Einbürgerung, Beibehaltungsgenehmigung oder Staatsangehörigkeitsfeststellung Statusvorteile verleihen oder erhalten, aber an sich keinen Vermögenswert darstellen, werden durch Täuschungshandlungen in diesen Verfahren keine auf der Vermögensverfügung des Getäuschten beruhende Schäden entstehen; somit können derartige Täuschungshandlungen nicht unter den Betrugstatbestand des Strafgesetzbuchs subsumiert werden.
- Auch die Tatbestandsmerkmale der Urkundenfälschung sowie der mittelbaren Falschbeurkundung dürften in aller Regel nicht erfüllt sein, weil beispielsweise die sog. schriftliche Lüge nicht von § 267 StGB erfasst wird und § 271 StGB nur auf diejenigen Erklärungen anzuwenden ist, die von dem besonderen Schutzbereich und der erhöhten Beweissicherung der öffentlichen Urkunde umfasst sind.
- Ein strafrechtlicher Schutz des Interesses des Staates, einen unredlichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu verhindern, ist deshalb nach geltendem Recht weitestgehend nicht durchsetzbar. Gezieltes Fehlverhalten, das auf den unrechtmäßigen Erwerb der mit der deutschen Staatsangehörigkeit verbundenen Statusvorteile abzielt, muss daher -neben der Rücknahme der durch die Täuschung erlangten Rechtsposition - zusätzlich mit Strafe bedroht werden.
B. Lösung
- Es wird die Einfügung einer bereichsspezifischen Strafregelung (§ 42) in das Staatsangehörigkeitsgesetz vorgeschlagen.
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen
E. Sonstige Kosten
Gesetzesantrag des Landes Niedersachsen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes
Der Niedersächsische Ministerpräsident Hannover, den 16. April 2008
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Niedersächsische Landesregierung hat in ihrer Sitzung am 15. April 2008 beschlossen dem Bundesrat den anliegenden
- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes
mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß Art. 76 Abs. 1 Grundgesetz zu beschließen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 843. Sitzung des Bundesrates am 25. April 2008 zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Wulff
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes
Nach § 41 des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 102-1 veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970), wird folgender § 42 eingefügt:"
§ 42 Strafvorschriften
- (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Einbürgerung, die Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit oder die Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises zu erreichen oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.
- (2) Ebenso wird bestraft, wer einen Ausländer verleitet oder unterstützt, in staatsangehörigkeitsrechtlichen Verfahren unrichtige oder unvollständige Angaben zu machen oder so beschaffte Urkunden zu verwenden, um seine Einbürgerung zu ermöglichen."
Artikel 2
Inkrafttreten
- Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeiner Teil
Mit der vorgeschlagenen Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes soll die Möglichkeit geschaffen werden, Täuschungsverhalten in staatsangehörigkeitsrechtlichen Verfahren wie Einbürgerungsverfahren, Verfahren zur Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises oder Verfahren zur Genehmigung der Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit auf der Grundlage einer fachspezifischen Regelung strafrechtlich zu ahnden.
Der Vorschlag lehnt sich an die Regelung im Aufenthaltsgesetz an, nach der u. a. unrichtige oder unvollständige Angaben oder darauf basierende Urkunden zum Zwecke der Beschaffung eines Aufenthaltstitels strafbewehrt sind. Im Asylverfahrensgesetz ist die Anleitung oder Unterstützung zu unvollständigen oder unrichtigen Angaben im Asylverfahren ebenfalls mit Strafe bedroht.
Die Strafvorschrift soll die fachspezifische Rücknahmeregelung ergänzen, die derzeit von der Bundesregierung erarbeitet wird.
Es besteht ein Bedürfnis, auch im Einbürgerungsverfahren falsche Angaben unter Strafe zu stellen. Mit der Einbürgerung, aber auch mit der Beibehaltungsgenehmigung sowie der Staatsangehörigkeitsfeststellung, werden sämtliche den deutschen Staatsangehörigen zustehenden staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten verliehen oder bestätigt. Diesen Statusveränderungen oder -feststellungen kommt im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtsfolgen eine besondere Bedeutung zu. Es wäre ein Wertungswiderspruch, falsche Angaben zur Erlangung eines ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels oder einer Anerkennung im Asylverfahren unter Strafe zu stellen, nicht jedoch falsche Angaben zur Erlangung der weitergehenden Rechte, die mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit verbunden sind.
Die mit den allgemeinen strafgesetzlichen Regelungen zur Verfügung stehenden Instrumentarien sind in aller Regel nicht geeignet bzw. reichen nicht aus, die in staatsangehörigkeitsrechtlichen Verfahren begangenen Täuschungshandlungen zu sanktionieren. Da Einbürgerung,
Beibehaltungsgenehmigung oder Staatsangehörigkeitsfeststellung Statusvorteile verleihen oder erhalten, aber an sich keinen Vermögenswert darstellen, werden durch Täuschungshandlungen in diesen Verfahren keine auf der Vermögensverfügung des Getäuschten beruhende Schäden entstehen; somit können derartige Täuschungshandlungen nicht unter den Betrugstatbestand des Strafgesetzbuchs subsumiert werden.
Auch die Tatbestandsmerkmale der Urkundenfälschung sowie der mittelbaren Falschbeurkundung dürften in aller Regel nicht erfüllt sein, weil beispielsweise die sog. schriftliche Lüge nicht von § 267 StGB erfasst wird und § 271 StGB nur auf diejenigen Erklärungen anzuwenden ist die von dem besonderen Schutzbereich und der erhöhten Beweissicherung der öffentlichen Urkunde umfasst sind.
Ein strafrechtlicher Schutz des Interesses des Staates, einen unredlichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu verhindern, ist deshalb nach geltendem Recht weitestgehend nicht durchsetzbar. Gezieltes Fehlverhalten, das auf den unrechtmäßigen Erwerb der mit der deutschen Staatsangehörigkeit verbundenen Statusvorteile abzielt, muss daher -neben der Rücknahme der durch die Täuschung erlangten Rechtsposition - zusätzlich mit Strafe bedroht werden.
B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1 (Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes)
§ 42 ist eine spezialgesetzliche Strafregelung, die strafrechtliche Tatbestände speziell im Einbürgerungsverfahren oder im Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren regelt.
- Absatz 1 stellt Täuschungshandlungen, die darauf gerichtet sind, einen rechtlichen Vorteil für sich selbst oder einen Dritten zu erlangen, unter Strafe.
- Absatz 2 stellt die Verleitung zu einer entsprechenden Straftat unter Strafe.