Der Niedersächsische Ministerpräsident Hannover, den 1. März 2006
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Niedersächsische Landesregierung hat in ihrer Sitzung am 28. Februar 2006 beschlossen dem Bundesrat die als Anlage beigefügte
- Entschließung des Bundesrates "Die Zukunft der ESF-Förderung in der Länderarbeitsmarktpolitik sichern"
zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Bundesratssitzung am 10. März 2006 aufzunehmen und eine sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Wulff
Anlage
Entschließung des Bundesrates "Die Zukunft der ESF-Förderung in der Länderarbeitsmarktpolitik sichern"
"Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass die Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) für die Umsetzung der Arbeitsmarktpolitik der Länder von erheblicher Bedeutung sind. Auf der Grundlage der Förderprogramme der Länder sind differenzierte, auf verschiedene Zielgruppen ausgerichtete und regional bedarfsgerechte Förderstrukturen in den Ländern entstanden.
"Diese Strukturen ergänzen das Angebot der Arbeitsverwaltung des Bundes und sorgen dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland ihrer Verantwortung zur Umsetzung der Lissabon-Strategie nachkommen kann.
- 2. Der Bundesrat bekräftigt, dass den Ländern auch in Zukunft ein angemessener Anteil an den ESF-Mitteln zur Verfügung gestellt werden muss. Die derzeitige Position der Bundesregierung, wonach diese rund ein Drittel der ESF-Mittel im Ziel 1 und rund die Hälfte der ESF-Mittel im Ziel 2 für sich einfordert, wird von den Ländern als überzogen abgelehnt.
"Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, ihre Programme in Art und finanziellem Umfang zukünftig so zu begrenzen, dass Parallelstrukturen vermieden und eine Gefährdung etablierter Länderprogramme ausgeschlossen wird. In jedem Fall sollte der Anteil des Bundes an der ESF-Förderung gegenüber der derzeitigen Förderperiode deutlich zurückgehen und insgesamt deutlich unter dem bisherigen Niveau von ca. 30 v. H. im Ziel 1 (in den neuen Bundesländern) bzw. 35 v. H. im gegenwärtigen Ziel 3 (zukünftiges Ziel 2 in den alten Bundesländern) liegen.
Begründung
Zu Ziffer 1:
"Die Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) haben für die Umsetzung der Arbeitsmarktpolitik der Länder erhebliche Bedeutung.
Die Bundesregierung setzt bisher ihre ESF-Programme überwiegend über die Bundesagentur für Arbeit um. In den zurückliegenden Monaten hat jedoch die Bundesagentur für Arbeit in mehreren Vorstandsvorlagen eine Fortsetzung der ESF-Umsetzung abgelehnt. Die Bundesregierung steht nunmehr vor der Aufgabe, ihre ESF-Förderung sowohl inhaltlich als auch organisatorisch neu auszurichten zu müssen.
"Die bisher von der Bundesregierung (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) dargestellten Planungen würden wesentlich in einer Verlagerung der Bundesprogramme auf diejenigen Förderbereiche bestehen die bisher vornehmlich von den Ländern abgedeckt werden und in deren Kompetenzbereich liegen. Dies betrifft u. a. folgende Bereiche: Bildung, Frauenförderung, Förderung von Existenzgründungen. Anstatt den Ländern die entsprechenden Finanzmittel zur Aufstockung der eigenen Programme zu überlassen (wie in der EU-Förderperiode 2000-2006 geschehen), droht zukünftig ein Aufbau paralleler Förderstrukturen von Bund und Ländern mit allen damit verbundenen negativen Folgen wie Kompetenzwirrwarr, Doppelförderungen, Förderwettstreit etc.. Dies wird vom Bundesrat abgelehnt.
Zu Ziffer 2:
"Die Arbeitsmarktpolitik des Bundes ist infolge der innerstaatlichen Zuständigkeitsverteilung mit den Mitteln der Bundesagentur für Arbeit hinreichend ausgestattet. Es ist deshalb sicherzustellen, dass die Länder im Zuge der Verteilung der ESF-Mittel in die Lage versetzt werden, die ihnen aus den Brüsseler Beschlüssen zur Unterstützung der Lissabon-Strategie zu wachsenden Aufgaben auch in finanzieller Hinsicht bewältigen zu können.
Gerade nach der Aktualisierung der Lissabon-Strategie und der dementsprechenden Anpassung der (Entwürfe der) EU-Strukturfondsverordnungen stehen zukünftig vor allem die Bereiche Bildung, Weiterbildung und Innovationsförderung im Mittelpunkt der ESF-Förderung. Hierbei handelt es sich im Gegensatz zur traditionellen Arbeitsmarktpolitik jedoch um Politikbereiche, die überwiegend in der Kompetenz der Länder liegen. Dies ist bei der Verteilung der ESF-Mittel zwischen Bund und Ländern besonders zu berücksichtigen. Deshalb muss das Schwergewicht der ESF-Förderung auf Programmen der Länder liegen. Dies gilt umso mehr, als die klassische Arbeitsmarktpolitik der Bundesagentur für Arbeit ohnehin über ein Budget verfügt, das um den Faktor 10 bis 15 höher ist als das auf Deutschland entfallende ESF-Budget