Der Bundesrat hat in seiner 944. Sitzung am 22. April 2016 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 (§§ 15 und 20c Absatz 3 AMG)
Die Bundesregierung wird gebeten, zeitnah §§ 15 und 20c Absatz 3 AMG an die neuen Hochschulabschlüsse anzupassen.
Begründung:
Für die Erteilung der Herstellungserlaubnis für Arzneimittel muss mindestens eine Person mit der erforderlichen Sachkenntnis nach § 15 AMG vorhanden sein. In § 15 Absatz 1 Nummer 2 AMG wird als Nachweis der erforderlichen Sachkenntnis ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Pharmazie, der Chemie, der Biologie, der Human- oder der Veterinärmedizin gefordert. Aufgrund der geänderten Hochschulabschlüsse und einer Vielzahl neuer Studiengänge (zum Beispiel Pharmaceutical Sciences) ist eine Anpassung der bestehenden Rechtsvorschriften erforderlich.
Entsprechend sollte auch eine Anpassung in § 20c Absatz 3 AMG für den Nachweis der erforderlichen Sachkenntnis im Rahmen einer Erlaubniserteilung zur Herstellung von Gewebe und Gewebezubereitungen erfolgen.
2. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 41a Absatz 1 AMG)
In Artikel 1 Nummer 8 sind in § 41a Absatz 1 nach den Wörtern "teilnehmen, die" die Wörter "nach Landesrecht für die Prüfung und Bewertung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln bei Menschen zuständig und" einzufügen.
Begründung:
Die klarstellende Beschränkung auf die Beteiligung von nach Landesrecht für die Prüfung und Bewertung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln bei Menschen zuständigen Ethik-Kommissionen entspricht der Intention des Gesetzentwurfs. In der Bundesrepublik Deutschland existieren zur Zeit auch durch oder aufgrund von Landesrecht gebildete öffentlichrechtliche Ethik-Kommissionen, die nicht für die Prüfung und Bewertung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln bei Menschen (nach den §§ 40 bis 42a AMG in der geltenden Fassung), sondern ausschließlich für die Bewertung von Präimplantationsdiagnostik (nach § 3a Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Embryonenschutzgesetzes) oder für die berufsordnungsrechtliche Beratung von Ärzten (nach § 15 der Berufsordnung der Ärzte) zuständig sind. Es ist nicht sachgerecht, deren Trägern die Möglichkeit zu eröffnen, entgegen der landesgesetzlichen Festlegung ihrer sachlichen Zuständigkeit, einen Antrag auf Registrierung nach § 41a AMG bei der hierfür zuständigen Bundesoberbehörde zu stellen und unter Umständen Aufgaben wahrzunehmen, für die sie nach dem jeweiligen Landesrecht nicht vorgesehen und ausgestaltet sind.
3. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 41a Absatz 3 Nummer 2 AMG)
In Artikel 1 Nummer 8 sind in § 41a Absatz 3 Nummer 2 nach dem Wort "Juristen" die Wörter "mit der Befähigung zum Richteramt" und nach dem Wort "verfügen" die Wörter ", einem Wissenschaftler mit Sachkunde und Erfahrung auf dem Gebiet der medizinischen Biometrie und Biostatistik" einzufügen.
Begründung:
Die Befähigung zum Richteramt, die nach dem ersten juristischen Staatsexamen durch den juristischen Vorbereitungsdienst und dem zweiten juristische Staatsexamen oder durch eine ordentliche Hochschulprofessur der Rechte an einer Universität erworben wird (vgl. §§ 5 Absatz 1 und 7 des Deutschen Richtergesetzes), stellt eine über die einfache Ausbildung zum Diplomjuristen mit dem ersten juristischen Staatsexamen weit hinausreichende Qualifikation dar, die für die Bewertung klinischer Prüfungen von Arzneimitteln angesichts der damit zusammenhängenden arzneimittel- und europarechtlichen Rechtsfragen notwendig ist.
Die vorgegebene Zusammensetzung einer registrierten Ethik-Kommission muss auch die erforderliche Mitgliedschaft einer Biometrikerin oder eines Biometrikers umfassen, da nur so sichergestellt werden kann, dass die Stellungnahme der Ethik-Kommission zu den in Teil I des Bewertungsberichts nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a, b und e der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 behandelten Aspekten, insbesondere zu der Nutzen-RisikoAbwägung, dem Stand von Wissenschaft und Forschung entspricht.
4. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 41a Absatz 3 Nummer 8 - neu - AMG)
In Artikel 1 Nummer 8 ist § 41a Absatz 3 wie folgt zu ändern:
Begründung:
Die zuständigen Ethik-Kommissionen haben eine große Verantwortung bei der Genehmigung klinischer Prüfungen. Wie im gesamten Arzneimittelbereich (Hersteller, Überwachung, Genehmigungsbehörden) sollte ein Qualitätssicherungssystem dafür sorgen, dass die Arbeitsabläufe schriftlich dokumentiert sind und die Einhaltung dieser Verfahrensanweisungen intern überprüft wird.
5. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 41b Absatz 1 Satz 2 AMG)
In Artikel 1 Nummer 8 sind in § 41b Absatz 1 Satz 2 nach dem Wort "Geschäftsverteilungsplan" die Wörter "einschließlich der für die Verteilung der zu bearbeitenden Genehmigungsanträge maßgeblichen Faktoren" einzufügen.
Begründung:
Da die örtliche Zuständigkeit für die Bearbeitung der Genehmigungsanträge durch die Ethik-Kommissionen wegfällt, müssen die Aufträge in anderer Weise verteilt werden. Dabei sollten, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs beschrieben, die Ausstattung der Geschäftsstelle und die Erfahrungen der Ethik-Kommission berücksichtigt werden. Außerdem müssten aber auch andere, zum Beispiel föderale, Gesichtspunkte eine Rolle spielen.
6. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 41b Absatz 2 Satz 1 AMG)
In Artikel 1 Nummer 8 ist § 41b Absatz 2 Satz 1 wie folgt zu fassen:
"Das Bundesministerium erstellt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bis zum 1. Januar 2018 einen Geschäftsverteilungsplan für alle registrierten Ethik-Kommissionen."
Begründung:
Im vorliegenden Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass die Bundesregierung durch eine Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates eine Verfahrensordnung über die Zusammenarbeit der Bundesoberbehörden und der registrierten Ethik-Kommissionen erlässt. Im Rahmen dieser Verfahrensordnung sollen alle bis zum 30. September 2017 registrierten Ethik-Kommissionen einen gemeinsamen Geschäftsverteilungsplan erlassen. Dieser Geschäftsverteilungsplan soll auf der Grundlage der Anzahl und der Kapazitäten der für die Bewertung von Anträgen zur Verfügung stehenden Ethik-Kommissionen erstellt werden.
Mit der Änderung soll erreicht werden, dass auch der Geschäftsverteilungsplan, ebenso wie die Verfahrensordnung, als Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates ausgestaltet wird. So wird sichergestellt, dass wesentliche Regelungen, insbesondere die Zuständigkeit, nicht von einer Einigung der registrierten Ethik-Kommissionen abhängen, sondern den Vorgaben des Verordnungsgebers unterliegen.
7. Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 41c Satz 1 AMG)
In Artikel 1 Nummer 8 ist in § 41c Satz 1 nach dem Wort "die" das Wort "nicht" zu streichen.
Begründung:
Die Länder führen nach Artikel 83 Grundgesetz das Arzneimittelgesetz als eigene Angelegenheit aus. Sie errichten nach Landesrecht öffentlichrechtliche Ethikkommissionen, die nach Registrierung an dem Verfahren zur Bewertung eines Antrags auf Genehmigung einer klinischen Prüfung teilnehmen. Dass ausreichend nach Landesrecht gebildete Ethik-Kommissionen für die Registrierung vorhanden sind, um die Bearbeitung der in der Verordnung der Europäischen Union geregelten Verfahren sicherzustellen, ist Sache der Länder, da sie nach Artikel 84 Grundgesetz die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren als eigene Angelegenheit regeln.
Da durch die Bildung einer Bundes-Ethik-Kommission in die Kompetenz der Länder nach Artikel 84 Grundgesetz eingegriffen wird, bedarf die Rechtsverordnung der Zustimmung des Bundesrates.
8. Zu Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe a (§ 69 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2a AMG)
In Artikel 1 Nummer 15 Buchstabe a sind in § 69 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2a nach den Wörtern "gefälschtes Arzneimittel" die Wörter "oder einen gefälschten Wirkstoff" einzufügen.
Begründung:
Neben Arzneimittelfälschungen spielen auch Fälschungen bei Wirkstoffen eine Rolle.
9. Zu Artikel 1 Nummer 16
- '16a. In § 72a Absatz 1b wird nach den Wörtern "menschlicher Herkunft" der Punkt durch ein Komma ersetzt und die Wörter "nicht jedoch für humanes Plasma zur Fraktionierung im Rahmen von vertraglichen Drittland-Fraktionierungsprogrammen." werden angefügt.'
Begründung:
Der Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften befasst sich im Wesentlichen mit der Umsetzung europäischen Rechts. Insbesondere soll das Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln geändert werden.
Der derzeitige Wortlaut des Arzneimittelgesetzes geht über europarechtliche Regelungen hinaus, bindet erhebliche Kapazitäten der zuständigen Behörden, dem keinerlei Sicherheitsgewinn für europäische Verbraucher gegenübersteht, und ist zudem geeignet, deutsche Hersteller zu benachteiligen.
In der Richtlinie 2001/83/EG sind ausschließlich die Einfuhrbedingungen für Arzneimittel und Wirkstoffe geregelt. Humanes Plasma ist jedoch als Ausgangsmaterial zu qualifizieren und als solches nicht europarechtlich erfasst. Diese Unschärfe hat der deutsche Gesetzgeber durch die derzeitige Regelung in seinem Sinne geschlossen.
Damit sind jedoch Vorgänge wie die Lohnfraktionierung für Drittländer im Sinne des Annex 14 der GMP-Richtlinie ebenfalls strenger als europarechtlich erforderlich geregelt.
Die Änderung dient der Anpassung nationaler Vorschriften im Sinne einer Ausnahmeregelung für humanes Plasma, das lediglich zur vertraglichen Lohnfraktionierung in die EU importiert und als Arzneimittel wieder in das Ursprungsland/Drittland verbracht wird, an EU-Recht.
10. Zu Artikel 2 Nummer 10 (§ 40 Absatz 3 Satz 2 und Satz 5, Absatz 4 Satz 1 und Satz 2 sowie Absatz 5 Satz 1 und § 42 Absatz 5 Satz 2 und Satz 3 AMG)
Artikel 2 Nummer 10 ist wie folgt zu ändern:
- a) § 40 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 und Satz 2 sind jeweils die Wörter "und § 40b Absatz 4 Satz 2" zu streichen.
- bb) In Absatz 3 Satz 5 und in Absatz 5 Satz 1 ist jeweils die Angabe " § 40b Absatz 2, 3, 4 Satz 1 und 3" durch die Angabe " § 40b Absatz 2, 3, 4 Satz 1 bis 3" zu ersetzen.
- b) § 42 Absatz 5 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Satz 2 sind die Wörter "oder nach § 40b Absatz 4 Satz 2" zu streichen.
- bb) In Satz 3 ist die Angabe " § 40b Absatz 2, 3, 4 Satz 1 und 3" durch die Angabe " § 40b Absatz 2, 3, 4 Satz 1 bis 3" zu ersetzen.
Begründung:
Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Voraussetzungen des § 40b Absatz 4 Satz 2 AMG (lediglich gruppennützige Teilnahme von nicht einwilligungsfähigen Volljährigen aufgrund einer Patientenverfügung nach § 1901a Absatz 1a Satz 1 BGB) bei einem Antrag auf Genehmigung einer klinischen Prüfung durch die zuständige Bundesoberbehörde geprüft werden sollen und die Ethik-Kommission dazu lediglich Stellung nehmen soll. Gemäß § 42 Absatz 1 Satz 7 Nummer 3 in Verbindung mit § 41 Absatz 3 AMG ist es zur Zeit Aufgabe der zuständigen Ethik-Kommission, die Voraussetzungen für die Einbeziehung nicht einwilligungsfähiger Prüfungsteilnehmer in klinische Prüfungen zu bewerten.
Demgemäß soll die zuständige Ethik-Kommission auch künftig gemäß § 40 Absatz 5 AMG die in Teil II des Bewertungsberichts nach Artikel 7 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 behandelten Aspekten bewerten. Dies umfasst auch die Prüfung der Voraussetzungen für die Einwilligung nach Aufklärung gemäß Kapitel V "Schutz der Prüfungsteilnehmer und Einwilligung nach Aufklärung" der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 und damit die Prüfung der Voraussetzungen des § 40b Absatz 4 Satz 2 AMG. Demgegenüber prüft die zuständige Bundesoberbehörde nach § 40 Absatz 4 Satz 1 AMG die Voraussetzungen des Artikels 6 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, mithin insbesondere die hier nicht betroffene Nutzen-Risiko-Abwägung im engeren Sinne.
11. Zu Artikel 2 Nummer 12 (§ 41 Absatz 1 AMG)
In Artikel 2 Nummer 12 sind in § 41 Absatz 1 nach dem Wort "Zustimmung" die Wörter ", einer Zustimmung mit Einschränkungen" einzufügen.
Begründung:
Nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 kann die Genehmigung auch mit Auflagen versehen werden. Hierin kommt das Verhältnismäßigkeitsprinzip zum Ausdruck, da Nebenbestimmungen im Vergleich zur Versagung das mildere Mittel darstellen. Zwar ist die registrierte Ethik-Kommission nicht die zuständige Genehmigungsbehörde im Mitgliedstaat; eine im Einzelfall positive Stellungnahme zum Nutzen-Risiko-Verhältnis muss gleichwohl Einschränkungen bezüglich einzelner Aspekte der klinischen Prüfung (etwa bezogen auf die Ein- und Ausschlusskriterien oder Abbruchkriterien; Methodik und Fallzahlplanung) enthalten dürfen, damit diese nach ihrer Prüfung durch die zuständige Bundesoberbehörde in den von ihr gegebenenfalls zu fassenden Bewertungsbericht und zu erteilenden Genehmigungsbescheid als Auflagen aufgenommen werden können.
12. Zu Artikel 2 Nummer 12 (§ 41 Absatz 3 AMG)
In Artikel 2 Nummer 12 ist § 41 Absatz 3 wie folgt zu fassen:
(3) Soweit die zuständige Ethik-Kommission eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat, darf kein zustimmender Bewertungsbericht ergehen."
Begründung:
Die Formulierung, dass die zuständige Bundesoberbehörde die Stellungnahme der zuständigen Ethik-Kommission maßgeblich zu berücksichtigen hat, eröffnet dieser die Möglichkeit, sich im Einzelfall über die Bewertung der zuständigen Ethik-Kommission hinwegzusetzen. Die zustimmende Stellungnahme der zuständigen Ethik-Kommission zu zentralen Aspekten des Antragsteils I würde damit zukünftig keine zwingende Voraussetzung für die Genehmigung mehr darstellen. Dies steht im Widerspruch zur Deklaration von Helsinki (Nummer 23), die eindeutig fordert:
"Das Studienprotokoll ist vor Studienbeginn zur Erwägung, Stellungnahme, Beratung und Zustimmung der zuständigen Forschungs-Ethikkommission vorzulegen."
Das zweispurige Genehmigungsverfahren sollte beibehalten werden. Es widerspricht auch nicht dem "Verbot der Mischverwaltung". Die einschlägige Leitentscheidung BVerfGE 119, 337 schließt eine sogenannte Mischverwaltung zwar im Regelfall aus, aber nicht, - wenn sie sich - wie vorliegend im Fall der klinischen Prüfung von Arzneimitteln am Menschen - auf eine eng umgrenzte Verwaltungsmaterie bezieht und - ein besonderer sachlicher Grund vorliegt, was vorliegend auch der Fall ist. Die Bewertung klinischer Studien erfolgt traditionell durch Ethik-Kommissionen bei Ärztekammern und Forschungseinrichtungen, weil diese durch Einbeziehung ehrenamtlich tätiger Praktiker über eine besondere und unentbehrliche Expertise verfügen, die sich in einer Bundesoberbehörde in dieser Form nicht vorhalten lässt. Das internationale Standesrecht sieht eine Zustimmung durch Ethik-Kommissionen zwingend vor.
13. Zu Artikel 2 Nummer 21 Buchstabe a (§ 73 Absatz 2 Nummer 2 AMG)
In Artikel 2 Nummer 21 ist Buchstabe a wie folgt zu fassen:
- 'a) In Absatz 2 Nummer 2 werden die Wörter "mit Ausnahme von Arzneimitteln, die zur klinischen Prüfung bei Menschen bestimmt sind," gestrichen.'
Begründung:
In den §§ 21 Absatz 2 Nummer 2 und 72a Absatz 1a Nummer 1 AMG werden jeweils mit der Formulierung "Arzneimittel, die zur klinischen Prüfung bei(m) Menschen bestimmt sind" Prüfpräparate und nicht zugelassene Hilfspräparate von der Zulassungspflicht bzw. von der Zertifikatspflicht ausgenommen.
Daher ist eine Ausnahme vom Verbringungsverbot für nicht zugelassene Hilfspräparate, die für eine klinische Prüfung verwendet werden, nicht erforderlich, denn sie unterliegen nicht der Pflicht zur Zulassung. Erforderlich ist für die Einfuhr der Hilfspräparate künftig nur noch die Einfuhrerlaubnis des § 72 Absatz 2a AMG.
Im Übrigen sind für den Nachweis der GMP-konformen Herstellung mit dem Antrag zur Genehmigung von klinischen Prüfungen für nicht zugelassene Hilfspräparate die gleichen Nachweise einzureichen wie für Prüfpräparate (entsprechend Anhang 1 Buchstabe H der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 gelten die in den Buchstaben F und G aufgeführten Anforderungen für Prüfpräparate auch für Hilfspräparate).
Die Bundesregierung wird gebeten zu prüfen, wie eine Aufteilung des Arzneimittelgesetzes in separate Rechtsbereiche analog der Systematik der europäischen Richtlinien für Human- und Tierarzneimittel sowie Blut und Gewebe erfolgen kann.
Zu diesem Zweck bittet der Bundesrat darum, spätestens zum 1. Mai 2018 einen Bericht vorzulegen.
Begründung:
Während auf europäischer Ebene die Bereiche Humanarzneimittel, Tierarzneimittel, Blut und Gewebe in unterschiedlichen Rechtsvorschriften (2001/83/EG, 2001/82/EG, 2002/98/EG, 2004/23/EG) geregelt wurden, sind im deutschen Recht diese Vorschriften im Wesentlichen im Arzneimittelgesetz und seinen Verordnungen umgesetzt worden. Dies mündete bereits vor der Erstellung des vorliegenden Änderungsgesetzes in eine erhebliche Einschränkung der Lesbarkeit, insbesondere bedingt durch viele Ausnahmen und Rückausnahmen.
Mit der durch die EU-Verordnung zu klinischen Prüfungen erforderlichen Anpassung des Arzneimittelgesetzes und der auf ihm basierenden Verordnungen wird es notwendig, einzelne Paragraphen, zum Beispiel § 13 AMG zur Herstellungserlaubnis, mit so vielen Regelungen und Ausnahmen zu überfrachten, dass die Grenzen des Leseverständnisses erreicht und teilweise überschritten sind.
Darüber hinaus hätte eine diesbezügliche Änderung weitere erhebliche Vorteile: durch die Bündelung der genannten Rechtsbereiche im Arzneimittelgesetz wurde es notwendig, Gewebe und Blut abweichend von europäischem Recht zu definieren und beide Bereiche in einen Rechtsrahmen einzubinden, mit dem Deutschland in Europa eine Sonderstellung einnimmt. Die Anwendung des Arzneimittelrechts auch auf solche Blutprodukte und Gewebezubereitungen, die keiner pharmazeutischen Bearbeitung unterliegen, führt seit ihrer Unterstellung zu einem vermeidbaren, erheblichen Aufwand bei der Anwendung und Interpretation der Rechtsvorschriften.
15. Zu Artikel 10 (§ 1 Absatz 1 Satz 3 AMFarbV)
In Artikel 10 ist der dem § 1 Absatz 1 anzufügende Satz wie folgt zu fassen:
"Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit die Stoffe und Zubereitungen aus diesen Stoffen zur Färbung ausschließlich in Arzneimitteln gemäß Artikel 59 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln verwendet werden."
Begründung:
Aus Gründen des Verbraucherschutzes und der Patientensicherheit ist es geboten, alle klinischen Prüfpräparate mit Farbstoffen herzustellen, die den in der Arzneimittelfarbstoffverordnung festgelegten Reinheitskriterien entsprechen. Der Einsatz anderer Farbstoffe wird auf den Sonderfall der Einfuhr nicht zugelassener Hilfspräparate beschränkt.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung dazu auf, die Frischzellen-Verordnung, die mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Februar 2000 in Teilen für nichtig erklärt worden ist, um ein Verbot der Verwendung von Frischzellen bei der Herstellung von Arzneimitteln zur Injektion oder Infusion sowie um eine entsprechende Strafvorschrift zu ergänzen.
Begründung:
Die Regelung war bereits in der Fassung der Frischzellen-Verordnung vom 4. März 1997 enthalten und wurde mit Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Februar 2000 (1 BvR 420/97) mangels Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers für nichtig erklärt. Mittlerweile wurr Kompetenztitel des Artikels 74 Absatz 1 Nummer 19 des Grundgesetzes so geändert, dass der Bund nicht mehr nur die Kompetenz für den "Verkehr mit Arzneien hat", sondern auch die Kompetenz im "Recht der Arzneien" besitzt. Damit sind auch Regelungen zulässig, die Arzneien betreffen, die, wie bei den von Ärzten hergestellten und direkt angewendeten Arzneien, nicht in den Verkehr gebracht werden.
Ein gleichlautendes Ansinnen des Bundesrates aus dem Jahr 2012 (vgl. BR-Drucksache 091/12(B) ) wurde seitens der Bundesregierung mit Verweis auf die gleichzeitig für xenogene Arzneimittel eingeführte Verpflichtung einer Herstellungserlaubnis auch für Ärzte, die solche Arzneimittel unter ihrer unmittelbaren fachlichen Verantwortung zum Zwecke der persönlichen Anwendung bei einem bestimmten Patienten herstellen (lassen), abgelehnt.
Die alleinige Einführung der Herstellungserlaubnispflicht für xenogene Arzneimittel ist jedoch nicht geeignet, den bei parenteraler Applikation von Frischzellzubereitungen bestehenden unkalkulierbaren Risiken für Patienten wirksam zu begegnen:
- a) So stehen drei im Arzneimittel-Bulletin des Paul-Ehrlich-Instituts beschriebene Fälle von Q-Fieber aus dem Jahr 2014 in einem so engen zeitlichen Zusammenhang mit der intramuskulären Applikation fetaler Frischzellen, dass eine Übertragung von Coxiella burnetii als identifiziertes Risiko der Frischzellentherapie zu bewerten ist.
Das Paul-Ehrlich-Institut stuft in einem Gutachten aus dem Jahr 2015 parenteral angewandte xenogene Frischzellen, für die keine Zulassung besteht, als bedenklich im Sinne des § 5 AMG ein, da die möglichen schädlichen Wirkungen gegenüber dem nicht erwiesenen Nutzen deutlich überwiegen.
- b) Demnach kann nicht die Herstellungserlaubnis, sondern vielmehr eine Zulassung ein Modell innerhalb dessen Qualität und Wirksamkeit xenogener Frischzellen gewährleistet sind, vorgeben. In Ermangelung einer Zulassung ist es daher angemessen und erforderlich, ein Verbot mit Strafbewehrung zu erlassen.
- c) Im Übrigen greift die Erlaubnispflicht gemäß § 13 AMG nur für xenogene Arzneimittel, also solche, die lebende tierische Gewebe oder Zellen sind bzw. enthalten.
Der gesamte Bereich der zulassungs- und erlaubnisfrei hergestellten Organextrakte, die Zellbruchstücke oder -bestandteile tierischen Ursprungs enthalten, weist vergleichbare Risiken auf, unterliegt aber keinen gesetzlichen Einschränkungen.
Im Sinne der Frischzellenverordnung sind sowohl ganze Zellen als auch Zellbruchstücke sowie deren Mischungen vom Verbot der Herstellung von Arzneimitteln zur Injektion oder Infusion erfasst.
17. Zur Bekämpfung der Arzneimittelfälschungskriminalität
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, zur effektiveren Bekämpfung der Arzneimittelfälschungskriminalität zeitnah eine gesetzliche Regelung zur Ausweitung der arzneimittelrechtlichen Straftatbestände und Strafbewehrung sowie eine Erweiterung der Strafverfolgungsmöglichkeiten betreffend Arzneimittelfälschungen auf den Weg zu bringen. Diese Gesetzesänderungen sollen sich an den bestehenden strafrechtlichen Regelungen im Betäubungsmittelrecht orientieren.
Begründung:
Gefälschte Arzneimittel bergen für Patientinnen und Patienten Gesundheitsund Lebensgefahren. Besorgniserregend ist, dass Arzneimittelfälschungen nicht nur über illegale Internetangebote zunehmen. Kriminelle versuchen verstärkt, gefälschte Arzneimittel auch in die legale Lieferkette einzuschleusen.
Die Arzneimittelüberwachungsbehörden tun zwar alles, um dies zu verhindern. Doch wird die Arzneimittelsicherheit besser gewahrt, indem schon die Arzneimittelfälscher effektiver bekämpft werden.
Mit Arzneimittelfälschungskriminalität werden auf Kosten der Gesundheit und sogar des Lebens von Patientinnen und Patienten noch höhere Gewinnspannen als im Drogenhandel erzielt. Gesundheit und Leben von Patientinnen und Patienten müssen davor geschützt werden.
Das Entdeckungsrisiko ist relativ niedrig. Bei illegalem Bezug von Arzneimitteln erfolgt in der Regel keine Strafanzeige. Beim Versterben von Schwerstkranken wird bei der Todesursache eher nicht von einem gefälschten Arzneimittel ausgegangen.
Die Ermittlungen zeigen, dass gefälschte Arzneimittel überwiegend aus dem Ausland stammen. Erschwert werden die Ermittlungen durch konspirativ organisierte Handelsstrukturen und eine internationale Vorgehensweise der Täter.
Mit der Umsetzung der Arzneimittelfälschungsrichtlinie 2011/62/EU wird zwar die Sicherheit der legalen Vertriebskette verbessert. Doch wird damit das Problem der zunehmenden Arzneimittelfälschungskriminalität nicht gelöst. Das Eindringen gefälschter Arzneimittel in die legale Vertriebskette wird nicht vollständig ausgeschlossen, da ein "Track and Trace-Verfahren", das eine lückenlose Nachverfolgung ermöglichen würde, nicht vorgesehen ist. Zudem erfasst die Richtlinie nicht den illegalen Internethandel.
Um Arzneimittelfälschungen und die oft organisierte Kriminalität strafrechtlich effektiver verfolgen zu können, ist eine Ausweitung der Straftatbestände und der Strafbewehrung zur Arzneimittelfälschung im Arzneimittelgesetz und der diesbezüglichen Ermittlungsmöglichkeiten der Staatsanwaltschaften nach der Strafprozessordnung erforderlich. Diese Gesetzesänderungen sollen sich an den bestehenden strafrechtlichen Regelungen im Betäubungsmittelrecht orientieren.
18. Zur Regelung von strahlenschutzrechtlichen Genehmigungen
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, zeitnah eine gesetzliche Regelung zur Bearbeitungszeit von strahlenschutzrechtlichen Genehmigungen durch das Bundesamt für Strahlenschutz im Zusammenhang mit klinischen Prüfungen von Arzneimitteln auf den Weg zu bringen.
Begründung:
Wer radioaktive Stoffe, ionisierende Strahlung und/oder Röntgenstrahlung zum Zweck der medizinischen Forschung am Menschen einsetzen möchte, benötigt vor der Anwendung eine Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz gemäß § 23 Strahlenschutzverordnung bzw. § 28a Röntgenverordnung. Hierunter fallen zum Beispiel Szintigraphien, studienbedingte Computertomographien, Mammographien, konventionelle Röntgenaufnahmen oder Knochendichtemessungen.
Für die Anwendungsfälle der sogenannten Begleitdiagnostik (die Anwendung radioaktiver Stoffe oder ionisierender Strahlung selbst ist nicht Gegenstand des Forschungsvorhabens) wurde ein vereinfachtes Verfahren nach § 24 Strahlenschutzverordnung bzw. § 28b Röntgenverordnung eingeführt. In Fällen, in denen die Anwendung radioaktiver Stoffe oder ionisierender Strahlung selbst Gegenstand des Forschungsprojekts ist, ist ein ausführliches Genehmigungsverfahren notwendig.
Lange Bearbeitungszeiten dieser Genehmigungsverfahren haben dazu geführt, dass klinische Studien, bei denen eine solche Genehmigung erforderlich ist, in Deutschland kaum mehr durchgeführt werden. Repräsentative Umfragen des Verbandes der forschenden Arzneimittelhersteller zeigen, dass circa 10 bis 15 Prozent der für Deutschland geplanten klinischen Studien verloren gehen, da die entsprechenden Patienten zwischenzeitlich bereits in anderen Ländern mit effizienterer Genehmigung in die Studien eingeschlossen wurden. Damit sind nicht nur wirtschaftliche Nachteile für die (Universitäts-)Kliniken verbunden, sondern es geht deutschen Patienten auch die Chance verloren, in Studien mit innovativen Arzneimitteln eingeschlossen zu werden.
Seit Oktober 2014 ist ein Abbau des Rückstaus der Bearbeitungszeiten im vereinfachten Verfahren zu verzeichnen und auch im ausführlichen Verfahren zeigen sich erste Verbesserungen. Die aktuelle Verbesserung der Situation ist allerdings sehr fragil und von verschiedenen Faktoren (zum Beispiel Personalschwankungen) abhängig.
Es ist daher erforderlich, für beide Genehmigungsverfahren gesetzliche Fristen einzuführen, wie sie bereits seit langem für die Genehmigungen durch andere Bundesoberbehörden (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Paul-Ehrlich-Institut) gelten. Es ist hier kein sachlicher Grund erkennbar, der für den Bereich der Röntgen- und Strahlenschutzverordnung einen höheren Zeitaufwand rechtfertigen könnte.
Es wird daher gefordert, dass die zu implementierenden Fristen für Genehmigungen durch das Bundesamt für Strahlenschutz grundsätzlich auf die Fristen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens von klinischen Prüfungen nach Verordnung (EU) Nr. 536/2014 abgestimmt werden. Hiernach sind in der Regel für eine Validierung zehn Tage und für die Bewertung von Teil I und II 45 Tage ab dem Tag der Validierung vorgesehen.