A. Problem und Ziel
In den deutschen Wirtschaftsunternehmen ist die Anzahl weiblicher Führungskräfte immer noch verschwindend gering. An hochqualifiziertem weiblichem Nachwuchs fehlt es nicht. Dennoch zeigt sich auch im Jahr 2010 ein seit langer Zeit unverändertes Bild: Vorstände und Aufsichtsräte börsennotierter Aktiengesellschaften sind fest in Männerhand. Der Frauenanteil der von Anteilseignerseite gewählten Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen beträgt gerade einmal 2 - 4%. Auch unterhalb der obersten Führungsebenen solcher Unternehmen finden sich Frauen zu einem erheblich geringeren Anteil in leitenden Funktionen als Männer.
Von dem Aspekt einer faktischen Diskriminierung abgesehen, liegt ein höherer Frauenanteil auf Führungsebene auch im Interesse unserer Unternehmen: Studien belegen, dass ein überdurchschnittlicher Frauenanteil auf Führungsebene vielfach mit größerem wirtschaftlichem Erfolg einhergeht.
Es hat sich gezeigt, dass Bemühungen auf der Grundlage von freiwilligen Vereinbarungen oder "Soft Law" entweder gar nicht oder nur schleppend vorangekommen sind. Eine Erhöhung des Frauenanteils auch in Führungspositionen war ausdrücklicher Bestandteil der von der Bundesregierung im Juli 2001 mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft geschlossenen Vereinbarung. Dennoch hat sich fast zehn Jahre später nur wenig getan. Ein Handeln des Gesetzgebers ist überfällig.
B. Lösung
Der Gesetzentwurf führt in zwei Stufen für alle Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen eine gesetzliche Mindestquote von 30 % bzw. 40 % für die Angehörigen beider Geschlechter ein. Die Umsetzung der Quote setzt unmittelbar beim Wahlakt an: Zum Aufsichtsratsmitglied ist nur gewählt, wessen Wahl nicht gegen die gesetzliche Mindestquote verstößt. Damit wird den Postulaten einer effektiven Durchsetzung der Gleichberechtigung und der Rechtssicherheit gleichermaßen Rechnung getragen.
Die Mindestquote gilt sowohl für die Anteilseigner- als auch für die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat. Für Unternehmen, die trotz anhaltender intensiver Bemühungen keine hinreichende Anzahl von Frauen für ein Aufsichtsratsmandat gewinnen konnten, ist eine "Härteklausel" vorgesehen, deren enge Voraussetzungen gerichtlich überprüfbar und von den Unternehmen darzulegen sind.
Die Vorgabe einer verbindlichen Quote für den Aufsichtsrat wird flankiert von der ausdrücklichen Verpflichtung großer Kapitalgesellschaften, zu dem jeweiligen Anteil beider Geschlechter an der Gesamtzahl leitender Angestellter sowie Organmitglieder im Rahmen des jährlichen Lageberichts Stellung zu nehmen. Die Unternehmen werden auf diese Weise dazu angehalten, die jeweiligen Anteile beider Geschlechter auch auf den Hierarchieebenen unterhalb der Leitungsorgane der Gesellschaft offenzulegen und zu reflektieren.
Der Gesetzentwurf öffnet beruflich qualifizierten Frauen den Weg zu den ihnen bisher weitgehend versperrten Führungspositionen in deutschen Unternehmen. Er durchbricht die "gläserne Decke", nicht nur bei der Besetzung von Aufsichtsräten. Denn ein quotengemäß besetzter Aufsichtsrat wird in aller Regel darauf achten, dass auch der Vorstand unter Berücksichtigung der Prinzipien der Diversität und Gleichberechtigung bestellt wird. Dieser Mechanismus strahlt in die weiteren Führungsebenen aus. Er wird darüber hinaus ein stärkeres Engagement der Unternehmen bei der Qualifizierung und Förderung des weiblichen
Führungskräftenachwuchses zeitigen. Quote und Berichtspflicht werden diesen Effekt in stetiger Wechselwirkung umfassend unterstützen.
Der Gesetzentwurf, seine Umsetzung und die durch sie eröffneten neuen Möglichkeiten des beruflichen Aufstieges werden Frauen motivieren, den Karriereweg zu beschreiten und eine entsprechende Qualifikation anzustreben. Es ist insbesondere für junge Frauen wichtig, an Hand konkreter Beispiele und Vorbilder zu erfahren, dass beruflicher Erfolg und Karriere im Wirtschaftsleben bis in höchste Führungspostionen hinein auch für sie offen stehen. Die von dem Gesetzentwurf eingeführte Mindestquote stellt sicher, dass in einem überschaubaren Zeitraum eine erhebliche Anzahl von Frauen solche Positionen erreichen und dort für die Öffentlichkeit auch sichtbar sein wird.
Der Gesetzentwurf fördert aber mit der Einführung einer gesetzlichen Mindestquote nicht nur die Gleichberechtigung der Geschlechter, sondern mit der von ihm propagierten Diversität in der Zusammensetzung des Aufsichtsrates auch den wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen. Heterogen zusammengesetzte Entscheidungsgremien gewährleisten bessere Entscheidungsprozesse und damit in der Tendenz auch bessere Entscheidungsergebnisse. Dies dient sowohl dem Unternehmen als auch seinen Mitarbeitern und Eigentümern. Die Einführung einer gesetzlichen Mindestquote ist damit auch gesamtwirtschaftlich sinnvoll.
C. Alternativen
Keine. Ein weiteres Zuwarten im Hinblick auf freiwillige Maßnahmen zur Verbesserung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten oder im Hinblick auf die Ergebnisse von "Soft Law" kommt nach den Erfahrungen der Vergangenheit nicht mehr in Betracht. Das vorgenannte Ziel ist ohne eine gesetzlich verpflichtende Mindestquote nicht erreichbar.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
1. Bund
a) Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine
b) Vollzugsaufwand
Keine
2. Länder
a) Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine
b) Vollzugsaufwand
Keine
E. Sonstige Kosten
Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
F. Bürokratiekosten
Keine. Es werden lediglich die nach § 124 Abs. 2 Satz 1 AktG schon nach geltendem Recht anlässlich der Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung bestehenden Informationspflichten um die Angabe erweitert, wie viele Aufsichtsratssitze anlässlich der anstehenden Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern auf die Geschlechter jeweils mindestens entfallen.
Das Gesetz erhöht im Übrigen den Aufwand für die Erstellung der Lageberichte großer Kapitalgesellschaften, die derzeit zu dem jeweiligen Anteil der Geschlechter an der Gesamtzahl der leitenden Angestellten und Organmitglieder keine Angaben machen, nur geringfügig. Es ist davon auszugehen, dass die Daten ohne nennenswerten Mehraufwand den Personalabteilungen der Gesellschaften ohnehin zugänglich sind.
Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen (FöGAbUG)
Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen Düsseldorf, den 8. Februar 2011
An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen (FöGAbUG) mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag zu beschließen.
Ich bitte, den Gesetzentwurf gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung auf die Tagesordnung der Bundesratssitzung am 18. März 2011 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angelica Schwall-Düren
Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen (FöGAbUG)
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Aktiengesetzes
Das Aktiengesetz vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Nach § 96 wird folgender § 96a eingefügt:
" § 96a Zusammensetzung des Aufsichtsrats börsennotierter Aktiengesellschaften nach Geschlechtern
Der Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften setzt sich zu jeweils mindestens 30 Prozent aus Angehörigen beider Geschlechter zusammen. Satz 1 gilt nicht, soweit
- 1. die Mindestanzahl der Angehörigen eines Geschlechts nach Satz 1 nicht erreicht wird, weil ein Ersatzmitglied Mitglied des Aufsichtsrates geworden ist oder
- 2. für die zu besetzenden Aufsichtsratssitze im Einzelfall eine hinreichende Anzahl von Angehörigen des jeweiligen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, trotz der rechtzeitig ergriffenen Maßnahmen zur Förderung und Gewinnung von Führungskräften beider Geschlechter nicht zur Verfügung stand.
§ 5a des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie, § 5 Abs. 2 des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie, § 7a des Mitbestimmungsgesetzes und § 4 Abs. 4 des Drittelbeteiligungsgesetzes bleiben unberührt."
2. In § 97 Abs. 1 Satz 1 und § 98 Abs. 1 werden nach dem Wort "Vorschriften" jeweils die Worte "im Sinne von § 96 Abs. 1" eingefügt.
3. Nach § 101 Abs. 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:
(1a) In den Aufsichtsrat einer börsennotierten Aktiengesellschaft ist eine Person gewählt, wenn durch die Wahl nicht die gesetzliche Mindestanzahl der Angehörigen eines Geschlechts gemäß § 96a unterschritten wird. In den Aufsichtsrat vor der Wahl entsandte Mitglieder sind auf die Anzahl der Angehörigen eines Geschlechts anzurechnen. Wird durch die Wahl die gesetzliche Mindestanzahl unterschritten, ist eine Person dennoch gewählt, wenn von der Hauptversammlung festgestellt wird, dass für die zu besetzenden Aufsichtsratssitze im Einzelfall eine hinreichende Anzahl von Angehörigen des jeweils anderen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, trotz der rechtzeitig ergriffenen Maßnahmen zur Förderung und Gewinnung von Führungskräften beider Geschlechter nicht zur Verfügung stand. Die Feststellung muss Angaben dazu enthalten, welche lang- und mittelfristigen Maßnahmen zur Gewinnung von Angehörigen des jeweils anderen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, ergriffen wurden."
4. In § 124 Abs. 2 Satz 1 werden nach dem Wort "zusammensetzt," die Wörter "wie viele Sitze auf die Geschlechter jeweils mindestens entfallen" eingefügt.
Artikel 2
Änderung des SE-Ausführungsgesetzes
§ 17 Abs. 1 des SE-Ausführungsgesetzes vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3675), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:
" § 96a Satz 1 und 2 und § 101 Abs. 1a des Aktiengesetzes gelten entsprechend."
Artikel 3
Änderung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes
Das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 801-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Nach § 5 wird folgender § 5a eingefügt:
" § 5a Zusammensetzung des Aufsichtsrats börsennotierter Gesellschaften nach Geschlechtern
Der Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften setzt sich hinsichtlich der in § 4 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a und b bezeichneten Mitglieder jeweils zu mindestens 30 Prozent aus Angehörigen beider Geschlechter zusammen. Satz 1 gilt nicht, soweit
- 1. die Mindestanzahl der Angehörigen eines Geschlechts nach Satz 1 nicht erreicht wird, weil ein Ersatzmitglied Mitglied des Aufsichtsrates geworden ist oder
- 2. für die zu besetzenden Aufsichtsratssitze im Einzelfall eine hinreichende Anzahl von Angehörigen des jeweiligen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, trotz der rechtzeitig ergriffenen Maßnahmen zur Förderung und Gewinnung von Führungskräften beider Geschlechter nicht zur Verfügung stand.
§ 101 Abs. 1a Satz 1, 3 und 4 des Aktiengesetzes finden hinsichtlich der in § 4 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe b bezeichneten Mitglieder des Aufsichtsrates entsprechende Anwendung."
2. § 6 Absatz 6 werden folgende Sätze angefügt:
"Wird in Bezug auf die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe b bezeichneten Mitglieder des Aufsichtsrats die Mindestanzahl der Angehörigen eines Geschlechts nach § 5a Satz 1 nicht erreicht, ist den Vorschlägen unter Darlegung der Gründe die Erklärung beizufügen, dass für die zu besetzenden Aufsichtsratssitze im Einzelfall eine hinreichende Anzahl von Angehörigen des jeweiligen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, trotz der rechtzeitig ergriffenen Maßnahmen zur Förderung und Gewinnung von Führungskräften beider Geschlechter nicht zur Verfügung stand. Die Erklärung muss Angaben dazu enthalten, welche lang- und mittelfristigen Maßnahmen zur Gewinnung von Angehörigen des jeweils anderen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, ergriffen wurden. Das Wahlorgan ist an diese Erklärung gebunden."
3. In § 15 wird nach Buchstabe b folgender Buchstabe c angefügt:
"c) die zur Anpassung an § 5a erforderlichen Regelungen."
Artikel 4
Änderung des Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetzes
Das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 801-3, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 5 Abs. 2 werden folgende Sätze angefügt:
"Für die Bestellung der in Absatz 1 Satz 2 Buchstabe a und b genannten Mitglieder gilt § 5a des Montan-Mitbestimmungsgesetzes entsprechend. Über die Feststellung entsprechend § 101 Abs. 1a Satz 3 und 4 des Aktiengesetzes in Bezug auf die Wahl der Arbeitnehmer-Vertreter ist von den nach § 7 Wahlberechtigten gesondert zu beschließen."
2. In § 17 wird nach Nummer 9 folgende Nummer 9a eingefügt:
"9a. die zur Anpassung an § 5 Abs. 2 Satz 2 und 3 erforderlichen Regelungen."
Artikel 5
Änderung des Mitbestimmungsgesetzes
Das Mitbestimmungsgesetz vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Nach § 7 wird folgender § 7a eingefügt:
" § 7a Zusammensetzung des Aufsichtsrats börsennotierter Gesellschaften nach Geschlechtern
Der Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften setzt sich hinsichtlich der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zu jeweils mindestens 30 Prozent aus Angehörigen beider Geschlechter zusammen. Satz 1 gilt nicht, soweit
- 1. die Mindestanzahl der Angehörigen eines Geschlechts nach Satz 1 nicht erreicht wird, weil ein Ersatzmitglied Mitglied des Aufsichtsrates geworden ist oder
- 2. für die zu besetzenden Aufsichtsratssitze im Einzelfall eine hinreichende Anzahl von Angehörigen des jeweiligen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, trotz der rechtzeitig ergriffenen Maßnahmen zur Förderung und Gewinnung von Führungskräften beider Geschlechter nicht zur Verfügung stand.
§ 101 Abs. 1a Satz 1, 3 und 4 des Aktiengesetzes finden hinsichtlich der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer entsprechende Anwendung. Über die Feststellung entsprechend § 101 Abs. 1a Satz 3 und 4 des Aktiengesetzes in Bezug auf die Wahl der Arbeitnehmer-Vertreter ist von den nach § 9 Wahlberechtigten gesondert zu beschließen."
2. Nach § 39 Nummer 9 wird folgende Nummer 9a eingefügt:
"9a. die zur Anpassung an § 7a erforderlichen Regelungen."
Artikel 6
Änderung des Drittelbeteiligungsgesetzes
Das Drittelbeteiligungsgesetz vom 18. Mai 2004 (BGBl. I S. 974), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 4 Abs. 4 wird wie folgt gefasst:
- (4) Der Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften setzt sich auch hinsichtlich der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu jeweils mindestens 30 Prozent aus Angehörigen beider Geschlechter zusammen. Satz 1 gilt nicht, soweit
- 1. die Mindestanzahl der Angehörigen eines Geschlechts nach Satz 1 nicht erreicht wird, weil ein Ersatzmitglied Mitglied des Aufsichtsrates geworden ist oder
- 2. für die zu besetzenden Aufsichtsratssitze im Einzelfall eine hinreichende Anzahl von Angehörigen des jeweiligen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, trotz der rechtzeitig ergriffenen Maßnahmen zur Förderung und Gewinnung von Führungskräften beider Geschlechter nicht zur Verfügung stand.
§ 101 Abs. 1a Satz 1, 3 und 4 des Aktiengesetzes finden hinsichtlich der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer entsprechende Anwendung. Über die Feststellung entsprechend § 101 Abs. 1a Satz 3 und 4 des Aktiengesetzes in Bezug auf die Vertreter der Arbeitnehmer ist von den nach § 5 Abs. 2 Wahlberechtigten gesondert zu beschließen."
2. In § 13 wird nach Nummer 6 folgende Nummer 6a eingefügt:
"6a. die zur Anpassung an § 4 Abs. 4 erforderlichen Regelungen."
Artikel 7
Änderung des SE-Beteiligungsgesetzes
§ 36 des SE-Beteiligungsgesetzes vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3675, 3686), das zuletzt durch .... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. Absatz 3 wird wie folgt geändert:
- 2. Absatz 4 wird wie folgt gefasst:
(4) Die nach den Absätzen 2 und 3 ermittelten Arbeitnehmer-Vertreter werden der Hauptversammlung der SE zur Bestellung vorgeschlagen. Wird die Mindestanzahl der Angehörigen eines Geschlechts nach Absatz 3 Satz 3 nicht erreicht, ist den Vorschlägen die Erklärung beizufügen, dass für die zu besetzenden Aufsichtsratssitze im Einzelfall eine hinreichende Anzahl von Angehörigen des jeweiligen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, trotz der rechtzeitig ergriffenen Maßnahmen zur Förderung und Gewinnung von Führungskräften beider Geschlechter nicht zur Verfügung stand. Die Erklärung muss Angaben dazu enthalten, welche lang- und mittelfristigen Maßnahmen zur Gewinnung von Angehörigen des jeweils anderen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, ergriffen wurden. Die Hauptversammlung ist an die Vorschläge nach Satz 1 und die Erklärung nach Satz 2 und 3 gebunden."
Artikel 8
Änderungen des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung
§ 25 Absatz 3 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3332), das zuletzt durch .... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
§ 289 Absatz 3 des Handelsgesetzbuches vom 10. Mai 1897, das zuletzt geändert worden ist durch ..., wird folgender Satz 2 angefügt:
"Der jeweilige Anteil beider Geschlechter an der Gesamtzahl leitender Angestellter ( § 5 Absatz 3 BetrVG) sowie Organmitglieder ist für die Lage der Gesellschaft in jedem Falle von Bedeutung."
Artikel 10
Änderungen des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch
Dem Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897, das zuletzt geändert worden ist durch ..., wird nach dem Dreißigsten Abschnitt folgender Abschnitt angefügt:
"Einunddreißigster Abschnitt
Übergangsvorschriften zum Gesetzes zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen
Artikel 69
§ 289 Absatz 3 Satz 2 in der Fassung des Gesetzes zur Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen vom ... ist erstmals auf Lageberichte für das nach dem 31. Dezember 2011 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden."
Artikel 11
Änderungen zur schrittweisen Verbesserung der Gleichberechtigung
1. § 96a Satz 1 des Aktiengesetzes vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
"Der Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften, der aus mehr als drei Mitgliedern besteht, setzt sich zu jeweils mindestens 40 Prozent aus Angehörigen beider Geschlechter zusammen; im Übrigen setzt er sich aus Angehörigen beider Geschlechter zusammen."
2. § 5a Satz 1 des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 801-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
"Der Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften setzt sich hinsichtlich der in § 4 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a und b bezeichneten Mitglieder jeweils zu mindestens 40 Prozent aus Angehörigen beider Geschlechter zusammen."
3. § 7a Satz 1 des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 (BGBl. I S. 1153), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
"Der Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften setzt sich hinsichtlich der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zu jeweils mindestens 40 Prozent aus Angehörigen beider Geschlechter zusammen."
4. § 4 Absatz 4 Satz 1 des Drittelbeteiligungsgesetzes vom 18. Mai 2004 (BGBl. I S. 974), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
"Der Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften setzt sich auch hinsichtlich der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu jeweils mindestens 40 Prozent aus Angehörigen beider Geschlechter zusammen, wenn der Aufsichtsrat nach Absatz 1 aus mehr als drei Arbeitnehmer-Vertretern besteht; im Übrigen setzt er sich hinsichtlich der Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer aus Angehörigen beider Geschlechter zusammen, wenn er nach Absatz 1 aus mehr als einem Arbeitnehmer-Vertreter besteht."
Artikel 12
Inkrafttreten; Übergangsregelung
1. Dieses Gesetz tritt, vorbehaltlich der Regelung in Nummer 2, am Tag nach der Verkündung in Kraft. Es ist ab dem 1. Januar 2017 anzuwenden.
2. Artikel 11 tritt am 1. Januar 2022 in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeine Begründung
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird eine verbindliche Mindestquote für die Besetzung der Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen mit Angehörigen beider Geschlechter eingeführt. Gleichzeitig wird die Verpflichtung großer Kapitalgesellschaften, im Rahmen des Lageberichts auch zu den Anteilen beider Geschlechter an der Gesamtzahl der Organmitglieder sowie der leitenden Angestellten Stellung zu nehmen, aufgenommen. Ziel ist eine deutliche Anhebung des Frauenanteils gegenüber dem gegenwärtigen Niveau und langfristig ein ausgeglichenes Besetzungsverhältnis beider Geschlechter in Aufsichtsratsgremien und den leitenden Positionen.
I. Ausgangslage
1. Mangelnde Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen
Die Führungsgremien großer deutscher Unternehmen, namentlich kapitalmarktorientierter börsennotierter Aktiengesellschaften, sind aktuell weit überwiegend mit Männern besetzt, hingegen nur zu einem geringfügigen Anteil mit Frauen. Durch zahlreiche neuere Studien wird anschaulich belegt, dass im Durchschnitt weniger als jedes zehnte Aufsichtsratsmitglied börsennotierter Unternehmen weiblich ist: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) stellte in einer im Mai 2010 veröffentlichten Studie fest, dass in den 200 größten Wirtschaftsunternehmen außerhalb des Finanzsektors zum Jahresende 2009 nur 9,8% der Aufsichtsratsmitglieder Frauen waren.
Zu ähnlichen Ergebnissen gelangten im April 2010 eine Studie der Universität Karlsruhe, in der 600 börsennotierte und 400 weitere Unternehmen untersucht wurden, sowie hinsichtlich der DAX-notierten Unternehmen eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung im März 2010 und eine Studie der Frankfurt School of Finance & Management im Oktober 2009. Überdies ist zu erkennen, dass sich über einen Zehnjahreszeitraum hinweg keine spürbare Entwicklung zu einer nennenswerten Erhöhung des Frauenanteils abgezeichnet hat. Der Anteil weiblicher Aufsichtsratsmitglieder ist vielmehr im vergangenen Jahrzehnt nur um circa 2 Prozentpunkte angestiegen. Zudem handelt es sich bei dem weit überwiegenden Anteil der in den Aufsichtsräten vertretenen Frauen um allein aufgrund der Mitbestimmungsgesetze bestellte Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmerseite. Nur knapp ein Viertel der weiblichen Aufsichtsräte wurden dagegen von Anteilseignerseite gewählt.
Die genauen Anteile der Geschlechter auf den Hierarchieebenen unterhalb der unmittelbaren Leitungsorgane ist weniger transparent. So können einer aktuellen Studie des Deutschen Juristinnenbundes (Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung, herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Berlin 2010) zufolge nur wenige DAX-Unternehmen den Geschlechteranteil auf den Führungsebenen des Managements unterhalb der unmittelbaren Gesellschaftsorgane beziffern. Soweit dagegen Angaben gemacht werden konnten, zeigte sich ein uneinheitliches, aber vorwiegend männlich dominiertes Bild.
Diese Verhältnisse spiegeln weder den Anteil der Frauen an der Gesamtbevölkerung noch an der arbeitenden Bevölkerung wider. Mehr als zwei von drei Frauen sind erwerbstätig. Der Frauenabteil unter den Hochschulabsolventen betrug im Jahre 2008 bereits 52,3 %. Auch im gesamteuropäischen Vergleich belegt Deutschland mit dem beschriebenen Frauenanteil in Führungspositionen lediglich einen Platz im Mittelfeld.
2. Ursachen des geringen Frauenanteils
Die Ursachen für diese geringe Frauenrepräsentanz sind vielgestaltig und miteinander verwoben: Nach zahlreichen soziologischen und empirischen Studien ist festzustellen, dass sowohl strukturelle als auch ideologische Hindernisse in Wechselwirkung zueinander bestehen, die sich in ihrer Gesamtschau als sogenannte "gläserne Decke" für viele Frauen unsichtbar, aber undurchlässig darstellen:
In struktureller Hinsicht stellt sich das Problem schwieriger Vereinbarkeit hochdotierter Führungspositionen mit familiären Belastungen insbesondere für Frauen mit Kindern oder Kinderwunsch. In der Gesellschaft herrscht (nicht nur bei Männern) weiterhin das traditionell überkommene und verfestigte Rollenbild der im Familienverbund allein die Verantwortung für die Kindererziehung tragenden Frau und Mutter an der Seite eines für den Einkommenserwerb zuständigen Mannes. Männliche Führungskräfte, die diesem Frauen- und Familienbild verhaftet sind, neigen aufgrund des damit verbundenen Erwartungshorizontes tendenziell weniger dazu, Frauen in ihren Unternehmen aktiv zu Führungspositionen heranzubilden. Insoweit begegnet die Frau der teils berechtigten, teils unberechtigten Unterstellung, sie werde auf Dauer zum Zwecke der Kindererziehung zeitweilig oder dauerhaft pausieren und sich nicht voll dem Beruf widmen können oder wollen. Weibliche potenzielle Führungskräfte, die sich ihrerseits mit diesem Rollenbild identifizieren oder jedenfalls nicht davon lösen können, sehen sich demgegenüber vielfach vor die Wahl zwischen Karriere und Kinderwunsch gestellt, zumal es unter männlichen Partnern wenig verbreitet (und gesellschaftlich anerkannt) ist, selbst die hauptsächliche Kindererziehung zu übernehmen und ihrer Partnerin eine Karriere zu ermöglichen. Allerdings sind die meisten Frauen in Führungspositionen ebenso wie ihre männlichen Kollegen verheiratet und haben Kinder und dienen vielfach als Beispiel dafür, dass selbst familienbedingte Fehlzeiten im Werdegang dem Karrieresprung nicht entgegenstehen müssen. Daran zeigt sich, dass sich Führungspositionen und Familienleben nicht ausschließen.
Frauen in Leitungsebenen haben insbesondere in männlich dominierten Unternehmen ideologisch mit einem von dem kulturellen Rollenbild der Frau geprägten Mangel an Akzeptanz zu kämpfen. Es entspricht der Wahrnehmung vieler Frauen, dass sie in vergleichbarer Situation mehr leisten oder qualifizierter sein müssen als ihre männlichen Kollegen. Das wirkt sich sowohl auf Personalentscheidungen der Führungsebene als auch auf die Selbsteinschätzung der Frauen aus. Gerade in traditionell männlich dominierten Unternehmen berufen Aufsichtsräte sowohl ausgehend vom kulturellen Rollenbild (s.o.) als auch von unterschwellig vorhandenen Vorurteilen und Zweifeln an der fachlichen und persönlichen Kompetenz einer Frau, sich in Führungspositionen zu behaupten, vorwiegend Männer in die Vorstände ihrer Unternehmen. Aus dem Vorstand und dem höheren Management rekrutieren sich spätere Aufsichtsratsmitglieder. Weder im Vorstand noch in den nachgeordneten Managementebenen wird in ausreichendem Umfang ein nicht nur generell, sondern auch individuell für Führungspositionen geeigneter weiblicher Nachwuchs herangebildet. Für Männer gilt das Gegenteil. Sie bilden zudem oft umfassende Netzwerke, denen gegenüber weibliche Bewerberinnen als Außenseiterinnen erscheinen.
Schließlich ist ein Grund für die seltene Auswahl von Frauen die weit verbreitete Annahme, dass zur Wahrnehmung von Führungspositionen qualifizierte und bereite Frauen kaum vorhanden seien. Dabei handelt es sich indes um ein Scheinargument. Angesichts eines hohen Anteils der Frauen an den Hochschulabsolventen besteht ein erhebliches Kontingent an weiblichen Arbeitskräften, die die bildungsmäßigen Voraussetzungen für die Bekleidung einer Führungsposition mit sich bringen und hinsichtlich derer auch nicht unterstellt werden kann, dass sie generell abgeneigt wären, Führungspostionen wahrzunehmen. Letzteres zeigt sich allein daran, dass Frauen in vielen anderen Lebensbereichen längst in größerem Umfang höchste Führungspositionen bekleiden (etwa in der Politik und der Justiz). Wenn gleichwohl aus einer großen Anzahl qualifizierter und bereiter Frauen nur wenige in Positionen gelangen, die sie für eine Wahl zur Aufsichtsrätin empfehlen, liegt dies zu einem erheblichen Anteil daran, dass bereits die Suche nach potenziellen Bewerber(inne)n und die langfristige Nachwuchsheranbildung an den Frauen vorbeigehen. Die Heranbildung von weiblichen Führungskräften auf gehobenen Positionen unterhalb von Vorstand und Aufsichtsrat ist als Folge unzureichend auf Frauenförderung bedachter Rekrutierungspraktiken und Personalentwicklungskonzepte bisher zu sehr vernachlässigt worden. Insoweit hat insbesondere der öffentliche Dienst gezeigt, dass eine konsequente langfristige Frauenförderung beginnend mit dem Zeitpunkt der Einstellung in den Dienst mittelfristig zu einer deutlichen Anhebung des Frauenanteils in höheren Positionen führen kann.
3. Gesetzgeberischer Handlungsbedarf
Ein Eingreifen des Gesetzgebers ist erforderlich, da die bestehende Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen erhebliche Nachteile zeitigt und anderweitige Maßnahmen wenig oder keinen Erfolg erzielt haben. Ein grenzüberschreitender Vergleich dagegen zeigt, dass mit Hilfe eines Quotengesetzes in überschaubarem Zeitraum der Frauenanteil deutlich erhöht werden kann.
a) Bedeutsame Nachteile mangelnder Frauenrepräsentanz
Die Nachteile der deutlichen Unterrepräsentanz eines Geschlechts in Aufsichtsräten sind ebenso vielgestaltig wie in ihren Auswirkungen erheblich:
- (1) Die überwältigende Dominanz eines Geschlechts mit einem Anteil von 90% in wichtigen Schlüsselpositionen der deutschen Wirtschaft belegt eine mit den Wertentscheidungen des Grundgesetzes nicht in Einklang zu bringende faktische Geschlechterdiskriminierung und bestehende Chancenungleichheit beim Zugang zu den höheren Ebenen des Arbeitsmarktes. Dies bedeutet nicht zwingend, dass der konkret Auswählende vorwerfbar diskriminiert. Doch darf ein System, das weder mit sozialen noch mit juristischen Mitteln gleiche Chancen beider Geschlechter auf Zugang zu den höchsten Führungsebenen der Wirtschaft gewährleisten kann, von dem an den Wertentscheidungen des Grundgesetzes orientierten Gesetzgeber nicht dauerhaft hingenommen werden.
- (2) Unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten stellt sich die mangelnde Frauenrepräsentanz in Aufsichtsräten als Vergeudung des vorhandenen Potenzials an hochqualifiziertem weiblichem Nachwuchs dar. Mit der entsprechend unzureichenden Verwertung erheblicher Bildungsinvestitionen bleibt Deutschland insoweit weit unter seinen Möglichkeiten. Vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden demografischen Wandels ist dies besonders bedenklich. Gut ausgebildete und erfahrene Führungskräfte sind nicht in unbegrenztem Maße verfügbar, besonders dann nicht, wenn ein Geschlecht und damit die Hälfte der Bevölkerung bei der Auswahl praktisch ausgeblendet wird.
- (3) Neuere Studien belegen darüber hinaus einen statistischen Zusammenhang zwischen einem höheren Frauenanteil in den Führungspositionen eines Unternehmens und höherem wirtschaftlichem Erfolg. So stellte die breit angelegte Studie des amerikanischen Wirtschaftsforschungsinstituts Catalyst im Jahr 2004 einen Zusammenhang zwischen gehobenem Frauenanteil im Top-Management und dem durchschnittlichen finanziellen Erfolg eines Unternehmens fest. Dieses Ergebnis bestätigt auch eine 2007 veröffentlichte McKinsey-Studie. Mögen die Ergebnisse auch lediglich statistische Belege liefern und keine Kausalitätsanalysen vornehmen, stimmen sie doch alle in dem Punkt überein, dass ein erhöhter Anteil von Frauen in Führungspositionen auf breiter Front mit besseren wirtschaftlichen Ergebnissen einhergeht. Von positiven Effekten für die Unternehmen im Wettbewerb geht auch die im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im März 2010 erstellte Studie "Barrieren und Brücken" aus: Ein deutlich erhöhter Frauenanteil erhöht danach die Attraktivität des Unternehmens sowohl für Geschäftspartner als auch für Arbeitnehmer und eignet sich durch seine heterogenen Strukturen gut für die Herausforderungen des Wirtschaftslebens.
- (4) Auch unter dem Gesichtspunkt der Corporate Governance in Kapitalgesellschaften weisen unausgewogen besetzte Führungsgremien tendenziell eine schlechtere Führungskultur auf als solche, die durch eine hohe Diversität gekennzeichnet sind. Unterschiede in weiblicher und männlicher Führungskultur entstehen durch unterschiedliche Bewertung und Gewichtung entscheidender Erfolgsfaktoren, z.B. fachliche Kompetenz, Teamfähigkeit, Risikobereitschaft, Authentizität und Flexibilität (vgl. Wippermann, Barrieren und Brücken, 2010, S. 39). Gemischte Gremien haben den Vorteil, dass sich männliche und weibliche Eigenschaften sowie Sichtweisen gewinnbringend verbinden lassen. Die unterschiedlichen Kompetenzen und Perspektiven helfen Unternehmen, auf veränderte Situationen schnell zu reagieren. Insbesondere die Studie der Frankfurt School of Finance & Management aus Oktober 2009 belegt, dass es schon im Hinblick auf die extreme Vielfalt der Aufgaben und die für ihre Ausübung nötigen Kompetenzen und Erfahrungen innerhalb eines Aufsichtsrates erforderlich ist, eine größere Gruppe von Mitgliedern mit sehr unterschiedlichen Erfahrungshintergründen in diese Gremien zu berufen und einen hohen Grad an Heterogenität anzustreben.
b) Versagen bisheriger Maßnahmen
Die bisherigen Versuche, den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen, lassen sich überwiegend als Maßnahmen auf freiwilliger Basis der Wirtschaft charakterisieren: Eine Erhöhung des Frauenanteils auch in Führungspositionen war insbesondere ausdrücklicher Bestandteil der von der Bundesregierung im Juli 2001 mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft geschlossenen Vereinbarung. Ferner sollen die vom Aufsichtsrat selbst zu benennenden Ziele nach 5.4.1 des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) in der Version vom 26.05.2010 ausdrücklich eine angemessene Beteiligung von Frauen vorsehen.
Die genannten Maßnahmen müssen jedoch angesichts der nur marginalen Erhöhung des Frauenanteils in den letzten 10 Jahren insgesamt als gescheitert betrachtet werden. Dies gilt auch für die erst vor kurzer Zeit erfolgten Änderungen des DCGK. Bereits in früheren Kodex-Versionen waren allgemeiner gehaltene - Empfehlungen zur Diversität enthalten, ohne dass dies zu einem messbaren Erfolg geführt hätte. Zum anderen zeichnet sich bereits jetzt ab, dass Ziffer 5.4.1 des DCGK auch in der aktuellen Fassung leer laufen wird: So hat eine Umfrage des Beratungsunternehmens Kienbaum im November 2010 ergeben, dass sich nur ein kleiner Teil der Unternehmen ausdrücklich dafür entschieden hat, die Empfehlungen des DCGK umzusetzen. Nur 6 % der befragten Unternehmen sind entschlossen, die Empfehlung umzusetzen, hiervon aber nur 8 % im Sinne der Festlegung einer Quote und 31 % im Sinne der Festlegung wie auch immer gestalteter absoluter Zahlen. Vor diesem Hintergrund verbietet sich die Annahme, reine Selbstverpflichtungen könnten auf absehbare Zeit den Frauenanteil in Führungspositionen spürbar erhöhen. Auch die Normierung von bloßen Berichts- und Offenlegungspflichten wäre unzureichend, soweit diese nicht, wie durch den vorliegenden Entwurf, mit einer verbindlichen Quotierung Hand in Hand gehen und diese ergänzen.
c) Erfolgreiche Vorbilder im europäischen Vergleich
Demgegenüber zeigt ein Blick in das Ausland, dass verbindliche Frauenquoten den gewünschten Effekt erzielen können. Vorbildcharakter kommt insoweit insbesondere Norwegen zu, das im Jahr 2004 als erstes Land eine verbindliche Frauenquote von 40% eingeführt hat. Bei Nichtbefolgung drohen schwerste Sanktionen bis hin zur zwangsweisen Auflösung der Gesellschaft. Die tatsächliche Umsetzung des Gesetzes ist innerhalb eines Zeitraumes von wenigen Jahren weit fortgeschritten: Seit dem Jahr 2008 erfüllen die meisten börsennotierten Unternehmen des Landes die entsprechenden Anforderungen. Quotengesetze haben des Weiteren auch Island und Spanien, wenngleich die Umsetzung dort noch nicht so weit fortgeschritten ist wie in Norwegen. Andere Staaten wie Frankreich und Österreich folgen dem norwegischen Beispiel. Dort ist eine Verabschiedung entsprechender Quotengesetze erfolgt bzw. geplant.
II. Zielsetzung und wesentlicher Inhalt des Gesetzentwurfs
Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel der Anhebung des Frauenanteils in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen. Mit diesem Ansatz sollen einerseits in gleichstellungspolitischer Hinsicht ein gleichberechtigter und chancengleicher Zugang beider
Geschlechter zu den bedeutsamen Schlüsselpositionen im Wirtschaftsleben geschaffen und andererseits die mit einer geschlechtsheterogenen Besetzung der Aufsichtsräte verbundenen positiven Effekte für die Unternehmen und die Wirtschaft insgesamt genutzt werden.
1. Ausgeglichene Besetzung von Aufsichtsräten
Zu diesem Zweck sieht der Entwurf die Einführung einer gesetzlichen Quote vor, die eine zumindest annähernd paritätische Teilhabe beider Geschlechter an Aufsichtsratspositionen börsennotierter Gesellschaften sicherstellt.
Die Durchführung soll in zwei Stufen von 30 bzw. 40% erfolgen. Die Quote soll in ihrer ersten Stufe (30 % Mindestquote) am 1. Januar 2017, mithin rund fünf Jahre nach Verkündung und Inkrafttreten des Gesetzes, zur Anwendung kommen. Damit haben die betroffenen Gesellschaften hinreichend Zeit, um auf die neue Rechtslage zu reagieren und wirksame Maßnahmen zur (weiteren) Förderung des weiblichen Führungsnachwuchses zu ergreifen. Zugleich wird ein Eingriff in laufende Amtszeiten von insbesondere männlichen Aufsichtsratsmitgliedern vermieden, die vor der Verkündung des Gesetzes bestellt worden sind. Nach Ablauf weiterer fünf Jahre soll zum 1. Januar 2022 die zweite Stufe mit einer gesetzlichen Mindestquote von 40 % in Kraft treten. Eine solche Quote erscheint notwendig, aber auch ausreichend, um eine hinreichende Gleichberechtigung der Geschlechter in den Aufsichtsräten börsennotierter Gesellschaften auf Dauer zu gewährleisten. Die betroffenen Unternehmen haben damit insgesamt einen großzügig bemessenen - Zeitraum von rund zehn Jahren seit der Verkündung des Gesetzes, um sich auf die endgültige Mindestquote von 40 % einzustellen und entsprechende Maßnahmen der Personalentwicklung zu ergreifen.
2. Anwendungsbereich
Von ihrem Anwendungsbereich her erfasst die von dem Gesetzentwurf vorgesehene Mindestquote sowohl die Anteilseigner- als auch für die Arbeitnehmer-Vertreter in Aufsichtsräten. Der Gesetzentwurf ändert daher nicht nur das Aktiengesetz, sondern auch die relevanten Normen der Mitbestimmungsgesetze. Dabei wird das im Drittelbeteiligungsgesetz und im SE-Beteiligungsgesetz verankerte bisherige (sanktionslose) Repräsentationsprinzip von der auch für die Anteilseignerseite geltenden, zwingenden gesetzlichen Mindestquote abgelöst. Soweit im Einzelfall die Erfüllung der Mindestquote wegen einer eklatant ungleichen Verteilung der Geschlechter unter den Arbeitnehmern des Unternehmens Probleme bereitet, sieht der Entwurf (auch) für die Arbeitnehmervertreter eine Härtefallregelung vor (s. u. Ziff. 4).
Der Entwurf beschränkt die gesetzliche Geschlechterquote auf börsennotierte Unternehmen. Diese Differenzierung erscheint sowohl sachgerecht als auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer III. 1b) Bezug genommen.
3. Durchsetzung der Quote über das Wahlverfahren
Der Gesetzentwurf setzt bei der Umsetzung der Quote unmittelbar bei den Aufsichtsratswahlen an. Danach ist eine Person nur dann gewählt, wenn durch die konkrete Wahl nicht die gesetzliche Mindestanzahl der Angehörigen eines Geschlechts unterschritten wird. Damit wird den Postulaten einer effektiven Durchsetzung der Gleichberechtigung und der Rechtssicherheit gleichermaßen Rechnung getragen. Insbesondere wird gewährleistet, dass bereits während der Hauptversammlung festgestellt werden kann, wer wirksam in den Aufsichtsrat gewählt wurde. Im Regelfall lässt sich leicht feststellen, ob durch eine konkrete Wahl die bereits vorher feststehende - Mindestanzahl bezüglich beider Geschlechter verletzt wurde. Ist dies der Fall und sind daher nicht für alle vakanten Aufsichtsratssitze Personen gewählt, kann noch in derselben Hauptversammlung ein ggf. erforderlicher zweiter Wahlgang durchgeführt werden.
Die von dem Entwurf vorgeschlagene Modifikation des Wahlverfahrens führt dazu, dass in der großen Mehrheit der Fälle von vorneherein ein der Quote entsprechender Aufsichtsrat bestellt wird. Gegenüber Regelungsmodellen, die eine Herstellung der Quote ausschließlich über die Rechtsfolgenseite suchen (z.B. über eine Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage), hat dies den entscheidenden Vorteil der frühzeitigen Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Zugleich wird in größtmöglichem Umfang die Wahlfreiheit der Aktionäre und Arbeitnehmer gewahrt. Solange die gesetzliche Mindestquote nicht unterschritten wird, können die Wahlberechtigten unter den angetretenen Bewerber(inne)n frei auswählen.
In der äußerst seltenen Situation, dass ein Aufsichtsrat trotz ggf. wiederholter Wahlgänge hinsichtlich mehrerer Aufsichtsratssitze nicht quotengerecht besetzt wird, kann dies zur Beschlussunfähigkeit des Aufsichtsrates führen. In diesem Fall kann im Wege des seit langem vom Gesetz zur Verfügung gestellten Verfahrens nach § 104 AktG die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrates zügig durch das Registergericht (wieder-) hergestellt werden.
Alternative Regelungsmodelle zur Durchsetzung einer gesetzlichen Geschlechterquote bergen im Unterschied zu dem hier vorgeschlagenen Lösungsweg erhebliche Probleme:
Extreme Sanktionen wie etwa die Auflösung der Gesellschaft sind mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar. Für den Entzug der Börsenzulassung gilt Entsprechendes. Zudem wäre eine solche Sanktion dem Börsenrecht wesensfremd. Die dort bestimmte Zulassungspflicht, die Voraussetzungen der Zulassung und der Widerruf einer Zulassung dienen allein dem Schutz des Publikums (der Anleger) und der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Börsenhandels.
Aber auch Sanktionen wie Buß- oder Zwangsgeldtatbestände begegnen Bedenken. Die Verletzung der gesetzlichen Mindestquote soll nicht mittels eines "Freikaufens" ermöglicht werden. Zudem träfen solche Sanktionen nicht (ausschließlich) die für den Quotenverstoß Verantwortlichen, sondern die Gesellschaft im Ganzen.
Schließlich führt auch eine Lösung ausschließlich über die Nichtig- bzw. Anfechtbarkeit quotenwidrig bestellter Aufsichtsräte zur erheblichen Problemen. Abgesehen von der Eröffnung neuer Betätigungsfelder für sog. "Berufskläger" kann die Umsetzung solcher Modelle jeweils zu Phasen erheblicher Rechtsunsicherheit führen, bis eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorliegt. Dies gilt sowohl hinsichtlich der wirksamen Bestellung des Aufsichtsrates selbst als auch hinsichtlich der Wirksamkeit der von ihm gefassten Beschlüsse wie z.B. über die Bestellung des Vorstandes, die je nach Satzung erforderliche - Zustimmung zu bedeutenden Vorstandsbeschlüssen oder die Mitwirkung bei der Feststellung des Jahresabschlusses. Eine solche Lösung birgt zudem die Gefahr einer erheblichen Inanspruchnahme der (Land-, Arbeits- und Berufungs-)Gerichte, die über Nichtigkeits- und Anfechtungsklagen zu entscheiden hätten.
4. Härtefallregelung
Für Unternehmen, die trotz anhaltender intensiver Bemühungen keine hinreichende Anzahl von Frauen für ein Aufsichtsratsmandat gewinnen können, sieht der Gesetzentwurf eine Härteklausel vor. Insbesondere in der Anfangsphase der Umsetzung der Quote ist es, wenn auch in eher seltenen Fällen, je nach Branche vorstellbar, dass weder von Seiten des Aufsichtsrates noch von Anteilseignerseite eine sowohl qualifizierte als auch zur Kandidatur bereite Frau gewonnen werden kann. Für solche Situationen sieht der Entwurf Ausnahmen von der Geschlechterquote vor. Die entsprechende Härteklausel lässt jedoch die Obliegenheit des betroffenen Unternehmens zur aktiven Suche nach geeigneten Bewerberinnen unberührt. Gleichzeitig sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der Härteklausel gerichtlich überprüfbar. Ihr Vorliegen ist von der Hauptversammlung festzustellen und ggf. in einem Anfechtungsprozess vom Unternehmen darzulegen. Die Anforderungen an solche Darlegungen dürften dabei um so höher werden, je mehr Zeit seit der Verkündung des die gesetzliche Mindestquote einführenden Gesetzes verstrichen ist und damit zur Förderung und Qualifizierung künftiger Führungskräfte zur Verfügung gestanden hat. Ein auf die Härteklausel gestützter Beschluss dürfte im Übrigen bereits dann erfolgreicher Anfechtung unterliegen, wenn der Anfechtungskläger eine zum Zeitpunkt der Wahl zur Kandidatur bereite und nach den persönlichen Anforderungen von Gesetz und Satzung in Betracht kommende Bewerberin nennen kann. Von der Härteklausel wird daher voraussichtlich nur selten und mit abnehmender Häufigkeit Gebrauch gemacht werden, so dass auch entsprechende Anfechtungsprozesse die Ausnahme bleiben werden.
5. Erweiterte Berichtspflicht großer Kapitalgesellschaften
Die Vorgabe der verbindlichen Quote für den Aufsichtsrat wird von der ausdrücklichen Verpflichtung großer Kapitalgesellschaften, über den jeweiligen Anteil beider
Geschlechter an der Gesamtzahl leitender Angestellter sowie Organmitglieder im Rahmen des jährlichen Lageberichts Stellung zu nehmen, flankiert und unterstützt. Nicht nur werden die Unternehmen auf diese Weise dazu angehalten, die jeweiligen Anteile beider Geschlechter auch auf den Hierarchieebenen unterhalb der Leitungsorgane der Gesellschaft offenzulegen, zu reflektieren und gegebenenfalls korrigierend tätig zu werden. Vielmehr wird diese Berichtspflicht auch bei der Handhabung und Auslegung der Härtefallregelung von Bedeutung sein, da insoweit die Unmöglichkeit vorausgesetzt ist, den persönlichen Anforderungen von Gesetz und Satzung entsprechende Bewerberinnen und Bewerber zu gewinnen (s.o.). Aus den Angaben über die Anteile beider Geschlechter auch in den Führungsebenen unterhalb der Organebene werden sich nämlich gewichtige Indizien ablesen lassen, ob das Unternehmen selbst nicht bereits in ausreichendem Maße Bewerber beiderlei Geschlechts herangebildet hat und demgemäß in der Lage wäre, in Betracht kommende Kandidatinnen und Kandidaten aus den eigenen Reihen zu stellen.
III. Verfassungs- und europarechtliche Aspekte
Der Gesetzentwurf steht mit den verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben im Einklang.
1. Verfassungsrecht
a) Ausgangslage
Die Einführung einer Geschlechterquote für börsennotierte Aktiengesellschaften berührt aus Sicht des nicht wählbaren Kandidaten des anderen Geschlechts dessen Grundrecht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung (Art. 3 Abs. 2 und 3 GG) sowie dessen Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).
Aus Sicht der Aktiengesellschaft als juristischer Person wie auch des Anteilseigners sind die Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 und 3 GG) sowie die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) betroffen.
Das Grundrecht auf Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung (Art. 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 GG) steht der vorgesehenen Geschlechterquote weder grundsätzlich noch in ihrer konkreten Ausgestaltung entgegen.
Die in einer Quotenregelung liegende Beschränkung des vorbehaltlos gewährten Grundrechts rechtfertigt sich aus dem im Gleichberechtigungsgrundsatz angelegten und mit Verfassungsrang ausgestatteten Handlungsauftrag an den Staat, geschlechterbedingte Ungleichbehandlungen und Diskriminierungen aktiv zu beseitigen. Dieses Gleichbehandlungsgebot hat der Verfassungsgesetzgeber im Jahr 1994 durch Einfügung des Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG hervorgehoben: Hiernach fördert der Staat die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Bei der Frage, wie der Gesetzgeber diesem Handlungsgebot nachkommt, steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 109, 64 [90]). Im Spannungsfeld der Verfassungsgüter Diskriminierungsverbot und Gleichbehandlungsgebot hält es das BVerfG ausdrücklich für zulässig, faktische Nachteile, die typischerweise Frauen treffen, durch begünstigende Regelungen auszugleichen (vgl. BVerfGE 85, 191 [207]; 92, 91 [109]). Auch Frauen bevorzugende Ungleichbehandlungen in Form von Besetzungsquoten können zulässig sein, sofern in bestimmten Bereichen Frauen deutlich unterrepräsentiert sind (vgl. BVerwGE 100, 354, 357 ff.). Jedoch haben derartige Regelungen einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung zu genügen (vgl. Osterloh, in: Sachs, Grundgesetz, 5. Aufl. 2009, Art. 3 Rn. 266).
Der Gesetzentwurf verfolgt das verfassungsrechtlich legitimierte Ziel, zur tatsächlichen Herstellung der Chancengleichheit der Geschlechter den Frauenanteil in Führungspositionen der Wirtschaft zu erhöhen, in denen bislang eine deutliche Unterrepräsentanz besteht.
Die vorgesehene Geschlechterquote ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Jedoch muss die Regelung, ausgehend von den realen Verhältnissen in den betroffenen Unternehmen, tatsächlich umsetzbar sein. Soweit bestimmte Branchen nicht über eine ausreichende Zahl qualifizierter Bewerber beiderlei Geschlechts verfügen sollten, würde eine ausnahmslos zu beachtende Quote etwas Unmögliches verlangen, was die Eignung der Maßnahme ausschließt. Dem trägt der Gesetzentwurf auf verschiedene Weise Rechnung: Zum einen wird durch die erstmalige Anwendung der Quote im Jahr 2017 sichergestellt, dass sich die Unternehmen im Rahmen ihrer Personalgewinnung und -entwicklung auf die Geschlechterquote einstellen können. Des Weiteren wird die Umsetzbarkeit in den Unternehmen durch die schrittweise Einführung der Quote, beginnend mit moderaten 30 % und der Anhebung auf 40 % erst in weiteren fünf Jahren, erleichtert. Sofern der Aufsichtsrat eines Unternehmens trotz nachhaltiger Anstrengungen nicht in der Lage sein sollte, der Hauptversammlung eine quotengerechte Kandidatenauswahl vorzuschlagen, sieht das Gesetz in § 96a AktGE eine Härtefallregelung vor, die das Unternehmen in einem formellen Beschlussverfahren von der Geltung der Quotenregelung im Einzelfall entbindet.
Die vorgesehene Regelung ist auch erforderlich. Wie eingangs dargelegt, haben staatliche Appelle und Selbstverpflichtungen der Wirtschaft bislang keine positiven Wirkungen gezeigt. Auch die im Juli 2001 von der damaligen Bundesregierung mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft geschlossene Vereinbarung hat bis heute nicht zu signifikanten Veränderungen geführt. Dies belegt, dass ohne gesetzgeberische Maßnahmen praktische Chancengleichheit in Führungspositionen der Wirtschaft nicht zu erreichen ist.
Die Regelung ist auch angemessen und aus Sicht der betroffenen Grundrechtsträger zumutbar. Denn die vorgesehene Geschlechterquote führt aus Sicht des nach § 101 Abs. 1a AktG-E nicht wählbaren Mitbewerbers um ein Aufsichtsratsmandat nur zu einer Zurückführung der Möglichkeiten auf das unter diskriminierungsfreien Voraussetzungen als normal anzusehende Maß. Im Übrigen verbleiben den Bewerbern beiderlei Geschlechts angesichts der moderaten Quotenhöhe hinreichende Wahlchancen. Die Qualifikation jedes Bewerbers unterliegt dem Beurteilungsspielraum der Hauptversammlung. Diese hat zudem die Möglichkeit, mit Beschluss einen Härtefall i. S. d. § 96a AktG-E festzustellen und damit den Aufsichtsrat im Einzelfall quotenabweichend besetzen zu können.
Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass sich der Gesetzentwurf hinsichtlich des Kreises der Normadressaten auf die Gruppe der börsennotierten Aktiengesellschaften beschränkt und zudem lediglich die Aufsichtsräte dieser Gesellschaften anspricht. Soweit der Gesetzgeber den Gleichheitssatz beeinträchtigende Regelungen vorsehen will, ist er an seine eigenen Grundentscheidungen insoweit gebunden, als dass gegensätzliche Regelungen einer folgerichtigen, plausiblen Begründung bedürfen und im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgebotes das Gewicht der für die Abweichung sprechenden Gründe der Intensität der getroffenen Ausnahmeregelung entsprechen müssen (vgl. BVerfGE 18, 366 [372f.]; 59, 36 [49]).
Die Beschränkung des Kreises der Normadressaten erweist sich hiernach als zulässig. Die Einführung einer Geschlechterquote nur für börsennotierte Aktiengesellschaften erscheint sachgerecht, da das Bedürfnis nach Professionalität der Aufsichtsratsarbeit bei den typischerweise großen Gesellschaften mit einem zahlenmäßig nicht überschaubaren Kreis an Aktionären, die vorwiegend Kapitalanlageinteressen verfolgen, von besonderer Bedeutung ist. Aufsichtsräte, die unter Berücksichtigung des Diversitätsgedankens heterogen mit Frauen und Männern besetzt sind, gewährleisten eine diesen Anforderungen entsprechende Führungsqualität in höherem Maße als homogen besetzte Aufsichtsräte (vgl. A. I. 3 a)(4)).
Der im Wirtschaftsleben einflussreichen und gewichtigen Gruppe börsennotierter Unternehmen kommt zudem auf Grund ihrer besonderen Stellung eine faktische Vorbildwirkung zu, die die Erwartung begründet, dass andere Teile der Wirtschaft entsprechenden positiven Entwicklungen bei der Besetzung von Führungspositionen folgen werden. Im Übrigen ist dem Aktienrecht die Beschränkung auf börsennotierte Gesellschaften nicht fremd: So gilt die Pflicht zur Abgabe einer Entsprechenserklärung zu den Empfehlungen der "Regierungskommission deutscher Corporate Governance Codex" nach § 161 AktG gleichfalls nur für börsennotierte Gesellschaften. Auch in dem am 28.10.2010 beschlossenen Restrukturierungsgesetz (BT-Drs. 17/3024, 17/3362) hat der Gesetzgeber in § 93 AktG die Verlängerung der Verjährungsfrist von Ersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglieder auf börsennotierte Gesellschaften sowie bestimmte Kreditinstitute beschränkt.
Des Weiteren rechtfertigt sich die Beschränkung der Regelung auch aus dem Übermaßverbot, demzufolge Grundrechtseingriffe nur auf das zur Zielerreichung erforderliche Maß zu beschränken sind. Denn zum einen greift die Geschlechterquote bei börsennotierten Gesellschaften bei Unternehmen ein, deren Anteilseigner sich, aufgrund der breiten Aktionärsstruktur und der damit verbundenen Anonymisierung der Aktionärsbasis, i.d.R. nicht als Mitunternehmer sehen. Zum anderen wird die Durchbrechung des Gleichheitssatzes mit dem Aufsichtsrat auf das Leitungsorgan beschränkt, das mit seiner Kontrollfunktion nicht Teil der operativen Führungsebene des Unternehmens ist. Die Einwirkung auf das Unternehmen im Sinne des gesetzgeberischen Ziels erfolgt daher nur schonend und mittelbar. So werden z.B. über das Bestellungsrecht des Aufsichtsrates für den Vorstand (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AktG) mittelfristig auch dort weibliche Führungskräfte verbesserte Zugangschancen erhalten. Auch im übrigen Unternehmen wird die zu erwartende "Ausstrahlungswirkung" zu einem Veränderungsprozess führen, der vom Unternehmen selbst gesteuert werden kann, ohne dass in die Tiefe der Führungsstrukturen mit gesetzgeberischem Handeln eingegriffen würde.
c) Weitere Grundrechte
Die vorstehenden Ausführungen insbesondere zur Verhältnismäßigkeit führen bei den anderen betroffenen Grundrechten und Grundrechtsträgern gleichfalls zum Ergebnis einer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der vorgesehenen Geschlechterquote.
Für die Mitbewerber um Aufsichtsratsmandate, die Gesellschaften und die Anteilseigner stellt die Regelung aus Sicht des Art. 12 Abs. 1 GG eine zulässige Regelung der Berufsausübung dar.
Aus Sicht der Gesellschaft und Anteilseigner handelt es sich hinsichtlich der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG um eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Ähnlich wie bei der Mitbestimmung der Arbeitnehmerseite handelt es sich um eine Regelung der Organisation und Willensbildung, durch die die von der Eigentumsgarantie geschützte Funktionsfähigkeit der Gesellschaft nicht ernsthaft in Frage gestellt wird.
Entscheidend für die Rechtfertigung ist bei beiden Grundrechten der Umstand des schonenden Eingriffs nur auf der Aufsichtsebene, die maßvolle stufenweise Anordnung der Quote, die Möglichkeit der Vorbereitung des Unternehmens auf die Maßnahme durch die Anwendung der Quote erst fünf Jahre nach In-Kraft-Treten des Gesetzes sowie insbesondere die Härtefallregelung als Einzelfall korrektiv.
Auch hinsichtlich der Koalitions- und Vereinigungsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 und 3 GG gilt Entsprechendes, wobei für die Arbeitnehmerseite im Bereich mitbestimmter Gesellschaften die Substitution des betriebsverfassungsrechtlichen Repräsentationsgedankens durch die auch für die Anteilseignerseite geltende - Quotenregelung gerechtfertigt erscheint. Angesichts der maßvollen Quotenhöhe, der bei börsennotierten Aktiengesellschaften durchweg diversifizierten Unternehmensteile sowie großer Verwaltungseinheiten dürften sich geschlechterquotale Abweichungen zwischen Repräsentationsprinzip und Quotenregelung zudem in Grenzen halten. Im Übrigen findet die Härtefallregelung auch hier Anwendung.
2. Europarecht
Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit dem Europarecht.
Das europäische Primärrecht macht deutlich, dass auch die EU von einer Politik der Gleichberechtigung zu einer Politik der (praktischen) Gleichstellung von Männern und Frauen übergegangen ist. So fördert die Union gemäß Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 EUV "die Gleichstellung von Frauen und Männern". Nach Artikel 8 AEUV "wirkt die Union bei allen ihren Tätigkeiten darauf hin, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern". Die Förderung der Gleichberechtigung in Aufsichtsräten börsennotierter deutscher Aktiengesellschaften steht damit in Übereinstimmung mit den Zielen der Europäischen Union.
Auch die Grundrechte-Charta (GRC), der nach Art. 6 Abs. 1 EUV der gleiche rechtliche Rang wie den Verträgen zukommt, stützt dieses Ziel. Nach Art. 23 Abs. 1 GRC ist die Gleichheit von Frauen und Männern in allen Bereichen, einschließlich der Beschäftigung, der Arbeit und des Arbeitsentgelts, sicherzustellen. Art. 23 Abs. 2 GRC stellt ausdrücklich fest, dass der Gleichheitssatz der Beibehaltung oder Einführung spezifischer Vergünstigungen für das unterrepräsentierte Geschlecht nicht entgegensteht.
Parallel dazu eröffnet Art. 157 AEUV in seinem Abs. 4 "im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen im Erwerbsleben" den Mitgliedstaaten die Möglichkeit "zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung bzw. zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen". Die Möglichkeit zu nachteilsausgleichenden mitgliedstaatlichen Maßnahmen hat sekundärrechtlich ihren Niederschlag in der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Neufassung, Amtsblatt L 204 vom 26.7.2006) gefunden, die die bisherigen Gleichstellungsrichtlinien der Gemeinschaft zusammengefasst und weiterentwickelt hat. In Artikel 3 der Richtlinie werden die Mitgliedstaaten nunmehr ausdrücklich zu "Maßnahmen im Sinne von Art. 141 Abs. 4 EGV" (jetzt: Art. 157 Abs. 4 AEUV) ermächtigt.
Auch die Rechtsprechung des EuGH, die bislang primär vor dem Hintergrund der "alten" Richtlinienlagein Einstellungs- und Beförderungsverfahren zu Quotenregelungen Stellung genommen hat (vgl. EuGH-Urteile, Slg. 1995 I 3051 - Rs. Kalanke; Slg. 1997 I 6363 - Rs. Marschall; Slg. 2000 I 5539 - Rs. Abrahamsson), hat mittlerweile die Tendenz erkennen lassen, Quotenregelungen für Verwaltungs- und Aufsichtsräte zuzulassen, wenn "das Ziel einer zumindest hälftigen Beteiligung von Frauen an diesen Organen berücksichtigt werden soll" (EuGH Slg. 2000 I 5539 - Rs. Badeck). Insoweit ist der Spielraum des Gesetzgebers in Fällen von Gremienwahlentscheidungen, die bei einer moderat festgesetzten Geschlechterquote jedem Bewerber grundsätzlich Wahlchancen eröffnen, deutlich größer als in Fällen einer Bewerberauswahl in Stellenbesetzungsverfahren. Dass die vorgesehene Geschlechterquote dem auch europarechtlich zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, wurde bereits dargelegt.
Die Geschlechterquote für Aufsichtsräte börsennotierter Aktiengesellschaften verstößt weder gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) noch gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV).
Die Niederlassungsfreiheit umfasst nach Art. 49 Abs. 2 AEUV insbesondere das Recht der Unternehmensgründung und Leitung "nach den Bestimmungen des Aufnahmestaates für seine eigenen Angehörigen". Der vorliegende Gesetzentwurf gilt für alle nach den Regeln des deutschen Gesellschaftsrechts gegründeten börsennotierten Gesellschaften. Das von Art. 49 Abs. 2 AEUV verbriefte Recht des gleichen Zugangs zu Unternehmensgründung und -leitung für EU-Bürger wird daher nicht verletzt. Gleiches gilt für die wirtschaftliche Betätigung mitgliedstaatlicher Unternehmen in Deutschland, die in ihrem Errichtungsland keiner Quotenregelung unterliegen. Da an den Errichtungsakt nach deutschem Gesellschaftsrecht angeknüpft wird, sind sie der Quotenregelung nicht unterworfen.
Die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV ist nicht verletzt, da jeder Mitgliedstaat die Rechtsform seines Kapitalanlage-Eigentums und damit auch sein Kapitalgesellschaftsrecht eigenständig regeln kann. Sofern daher lediglich wie hier die personelle Zusammensetzung des Gremiums beeinflusst, nicht jedoch das Stimmrecht bzw. die Stimmrechtsausübung des ausländischen Anteilseigners beeinträchtigt wird, erweist sich eine Quotenregelung für Aufsichtsräte von Kapitalgesellschaften aus Sicht der Kapitalverkehrsfreiheit als unbedenklich.
IV. Auswirkungen des Gesetzentwurfs
- 1. Auswirkungen auf die Haushalte der Länder Keine
- 2. Auswirkungen auf die Wirtschaft und das allgemeine Preisniveau Auswirkungen auf die Einzelpreise und auf das Preisniveau, vor allem auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten. Von der Stärkung der Diversität bei der Besetzung der Aufsichtsräte börsennotierter Unternehmen sind positive, wenn auch nicht quantifizierbare Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg der betroffenen Unternehmen zu erwarten (s.o. zu A. I.).
- 3. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung
Das zentrale Anliegen des Entwurfs ist die Förderung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen. Er hat damit eine hohe gleichstellungspolitische Bedeutung. Auf die vorstehenden Ausführungen wird Bezug genommen (s.o. A. I. und II.).
V. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt für Artikel 1, 2 und 9 - 11 aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (Recht der Wirtschaft). Gemäß Art. 72 Abs. 2 GG macht die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich.
Hinsichtlich der Artikel 3 bis 8 und 11 ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG (Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung).
VI. Zustimmungsbedürftigkeit
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Aktiengesetzes)
Zu Nummer 1 ( § 96a AktG -neu-)
Das Aktiengesetz regelt in §§ 95 ff. die Zusammensetzung des Aufsichtsrates und die Zahl seiner Mitglieder. Der Gesetzentwurf fügt in diesen Normkontext mit § 96a AktG-E die zentrale, für die Anteilseigner-Vertreter des Aufsichtsrates geltende Quoten-Norm ein. Nach Satz 1 setzt sich in einer ersten, ab dem 01.10.2017 geltenden Stufe (vgl. Artikel 12) - der Aufsichtsrat börsennotierter Aktiengesellschaften zu jeweils mindestens 30 Prozent aus Angehörigen beider Geschlechter zusammen. Die Beschränkung des Anwendungsbereiches der gesetzlichen Mindestquote auf börsennotierte Unternehmen ist dabei sowohl sachgerecht als auch verfassungsrechtlich unbedenklich (s.o. zu A. III. 1 b)).
Es ist davon auszugehen, dass bis zur Anwendung der o.g. ersten Stufe eine hinreichende Anzahl insbesondere von Frauen zur Verfügung stehen wird, die zur Übernahme eines Aufsichtsratsmandates qualifiziert und bereit sind. Schon derzeit gibt es eine erhebliche Anzahl gut ausgebildeter Frauen mit hervorragender Geschäfts- und Managementerfahrung. Der Gesetzentwurf gibt den betroffenen Gesellschaften darüber hinaus einen weiteren Zeitraum von fünf Jahren, um wirksame Maßnahmen zur (weiteren) Förderung des weiblichen Führungsnachwuchses der ersten und zweiten Managementebene zu treffen bzw. ihre Nachfrage auf dem Markt für weibliche Führungskräfte erfolgreich zu platzieren. Die Erfahrungen in anderen europäischen Staaten, insbesondere Norwegen (s.o. zu A. I. 3 c)), zeigen, dass eine solche Einführungsphase einer gesetzlichen Mindestquote ausreichend, aber auch sinnvoll ist, um hinreichende Personalressourcen im Bereich des weiblichen Führungskräftenachwuchses sicherzustellen.
Satz 2 bestimmt zwei Ausnahmen zur gesetzlichen Mindestquote des Satzes 1:
Buchstabe a regelt eine Ausnahme für den Fall, dass in einen zunächst quotengemäß besetzten - Aufsichtsrat Ersatzmitglieder nachrücken, auf Grund deren Geschlechts die gesetzliche Mindestquote nicht mehr erfüllt wird. Zwar gelten die Quotenbestimmungen in § 96a Satz 1 AktG-E und § 101 Abs. 1a AktG-E gemäß § 101 Abs. 3 Satz 4 AktG auch für die Gruppe der Ersatzmitglieder als solche (vgl. im Einzelnen, auch zu Ersatzmitgliedern der Arbeitnehmervertreter und in der SE: Hopt/Roth in Großkomm AktG, Berlin 2006, § 101 Rn 178, 239). Im Fall des konkreten Nachrückens eines Ersatzmitgliedes in den Aufsichtsrat kann es jedoch zu einer Verletzung der für den Aufsichtsrat geltenden Quotennorm des § 96a Satz 1 AktG-E kommen, wenn trotz insgesamt quotengemäßer Zusammensetzung der Gruppe der Ersatzmitglieder ein Ersatzmitglied mit einem anderen Geschlecht als das zu ersetzende Aufsichtsratsmitglied nachrückt. Zwar ist es theoretisch denkbar, für jedes Aufsichtsratsmitglied ein Ersatzmitglied gleichen Geschlechts zu bestellen. Die Praxis des Aktiengesellschaftsrechts ist jedoch ausgesprochen vielgestaltig und gewährleistet nicht, dass für ein Aufsichtsratsmitglied stets ein Ersatzmitglied gleichen Geschlechts nachrückt. So ist es etwa zulässig, ein Ersatzmitglied für mehrere Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen, soweit eine eindeutige Nachrückreihenfolge für den Fall festgelegt wird, dass mehrere Aufsichtsratsmitglieder wegfallen (Habersack in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage 2008, AktG § 101 Rn 81f. m.w. N.). Ein solches Ersatzmitglied kann auch mehrfach in den Aufsichtsrat nachrücken (Habersack, a.a. O.). Im umgekehrten Fall können auch für ein Aufsichtsratsmitglied mehrere Ersatzmitglieder bestellt werden (Habersack, a.a. O., Rn 83). In der aktienrechtlichen Praxis ist es somit zum Zeitpunkt der Wahl des Aufsichtsrates nicht stets vorhersehbar, welches Ersatzmitglied in der Folgezeit für welches Aufsichtsratsmitglied tatsächlich nachrücken wird. Wird etwa ein männliches Ersatzmitglied primär für ein männliches, sekundär aber auch für ein weibliches Aufsichtsratsmitglied bestellt, so ist es, wenn nur das weibliche Aufsichtsratsmitglied wegfällt, denkbar, dass in Folge des Nachrückens des männlichen Ersatzmitgliedes die gesetzliche Mindestquote verletzt wird. Abgeholfen werden könnte diesem Problem nur durch eine gesetzliche Regelung des Inhalts, dass für ein Aufsichtsratsmitglied nur ein Ersatzmitglied gleichen Geschlechts nachrücken darf. Dies würde indes einen kaum vertretbaren Eingriff in das diesbezügliche Bestimmungsrecht der Hauptversammlung darstellen, der deutlich über die mit der Einführung einer gesetzlichen Mindestquote zwangsläufig verbundenen Einschränkungen hinaus geht.
Satz 2 Buchstabe b statuiert eine weitere Ausnahme für den Fall, dass für die zu besetzenden Aufsichtsratssitze eine hinreichende Anzahl von Angehörigen des jeweiligen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, nicht gewonnen werden kann. Eine solche Härtefallregelung erscheint sowohl verfassungsrechtlich geboten als auch in der Sache notwendig (s.o. zu A. II. 4 und III. 1 b)). Es ist, wenn auch nur in zunehmend seltener werdenden Ausnahmefällen, vorstellbar, dass trotz aller Bemühungen der Aktiengesellschaft nicht nur im unmittelbaren Vorfeld einer Aufsichtsratswahl, sondern auch in dem Zeitraum davor, dennoch nicht eine zur Erfüllung der Mindestquote hinreichende Anzahl insbesondere von Frauen gewonnen werden kann, die zur Übernahme eines Aufsichtsratsmandates bereit und qualifiziert sind. In dieser Situation muss es zulässig bleiben, auch einen Angehörigen eines Geschlechts in den Aufsichtsrat zu wählen, dessen Wahl die gesetzliche Mindestquote grundsätzlich verletzt. Insofern bedarf es nach der Konzeption des Gesetzentwurfes eines Beschlusses der Hauptversammlung, mit dem das Vorliegen der Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls festgestellt wird (§ 101 Abs. 1a Satz 3 AktG-E). Sollte der entsprechende Beschluss (gemäß § 251 Abs. 1 Satz 1 AktG) wegen Verletzung des Gesetzes angefochten werden, obliegt der Aktiengesellschaft entsprechend der Formulierung in § 96a Satz 2 Buchstabe b AktG-E ("Satz 1 gilt nicht, soweit ...") die Darlegungslast für das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der Ausnahmeregelung. Keineswegs ausreichend ist in diesem Zusammenhang ein Zuwarten auf Vorschläge von Aktionären oder Dritten bzw. auf Selbstbewerbungen. Vielmehr folgt aus dem Wortlaut der Ausnahmebestimmung, dass die Gesellschaft darzulegen hat, welche Maßnahmen sie aktiv von sich aus unternommen hat, um eine hinreichende Anzahl von insbesondere Frauen zu finden, die zur Übernahme eines Aufsichtsratsmandates bereit und qualifiziert sind. Nicht hinreichend sind auch kurzfristige, erfolglose Maßnahmen im Vorfeld der Hauptversammlung, von der neue Aufsichtsratsmitglieder gewählt werden sollen. Vielmehr ist (zusätzlich) darzulegen, welche lang- und mittelfristigen Bemühungen im Bereich der Förderung und Qualifizierung des Führungskräftenachwuchses unternommen worden sind, um auch über ausreichende weibliche, zur Übernahme eines Aufsichtsratsmandates qualifizierte Führungskräfte verfügen zu können. Die Anforderungen an solche Darlegungen dürften dabei um so höher werden, je mehr Zeit seit der Verkündung des die gesetzliche Mindestquote einführenden Gesetzes verstrichen ist und damit zur Förderung und Qualifizierung künftiger Führungskräfte zur Verfügung gestanden hat. Darüber hinaus lässt sich ein Fundus prinzipiell in Betracht kommender Bewerber beiderlei Geschlechts künftig aus den erweiterten Lageberichten der großen Kapitalgesellschaften ersehen.
Satz 3 regelt das Verhältnis von § 96a AktG-E zu den entsprechenden neuen Quoten-Normen des Mitbestimmungsrechts. Diese bleiben unberührt.
Zu Nummer 2 (§ 97 Abs. 1 Satz 1, § 98 Abs. 1 AktG)
Es handelt sich um Folgeänderungen, mit denen klargestellt wird, dass sich die Bestimmungen der §§ 97 und 98 AktG allein auf die mitbestimmungsrechtliche Zusammensetzung des Aufsichtsrates im Sinne von § 96 Abs. 1 AktG beziehen und nicht etwa auf die Quoten-Norm des neuen § 96a AktG-E.
Zu Nummer 3 (§ 101 Abs. 1a AktG - neu - )
In dem neuen Absatz 1a des § 101 AktG wird der rechtliche Mechanismus bestimmt, mit dessen Hilfe die neue Quoten-Norm des § 96a AktG-E umgesetzt wird. § 101 AktG-E regelt die Wahl der Anteilseigner-Vertreter (und der Arbeitnehmer-Vertreter nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz und dem SE-Beteiligungsgesetz) durch die Hauptversammlung. Die Durchsetzung der gesetzlichen Mindestquote des § 96a AktG-E ist besonders effektiv, wenn sie bereits unmittelbar bei dem Wahlakt selbst ansetzt. Diese "Wahl-Lösung" gewährleistet zudem einen höheren Grad an Rechtssicherheit als andere "Sanktionslösungen", bei denen erst nachgelagert und unter Inkaufnahme längerer Phasen der Rechtsunsicherheit ggf. im Wege einer Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage abschließende Gewissheit über die Rechtmäßigkeit einer Aufsichtsratswahl und die quotengemäße Zusammensetzung des gewählten Aufsichtsrats erlangt werden kann (s.o. zu A. II. 3).
Die Realisierung einer Geschlechterquote über Regelungen der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern beschränkt nicht in unzulässiger Weise die Wahlfreiheit der Aktionäre (zur aktienrechtlichen Wahlfreiheit gemäß § 101 Abs. 1 Satz 2 AktG vgl. Hopt/Roth, a.a. O., § 101 Rn 20 ff.). Die Aktionäre behalten abgesehen vom Geschlecht weiterhin das volle personelle Auswahlrecht für die Aufsichtsratsmandate (Raasch, ZfRV 2009,216, 220; Wieland, NJW 2010, 2408, 2409). Sie müssen insbesondere keine Personen akzeptieren, die für ein Aufsichtsratsmandat nicht qualifiziert sind (§ 96a Satz 2 Buchstabe b AktG-E). Vielmehr kann die Hauptversammlung jede Person des durch die gesetzliche Mindestquote ggf. vorgegebenen Geschlechts wählen, welche ihr bezüglich Fachkompetenz und der Art der Interessenvertretung vertrauenswürdig erscheint (Raasch a.a.O.; Wieland a.a. O.). Mit der Geschlechterquote wird somit nur ein weiteres Kriterium für die Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder geschaffen, wie es vergleichbar bereits derzeit in der Regelung über die persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder in § 100 AktG vorgesehen ist (Wieland a.a. O.).
Satz 1 bestimmt, dass eine für den Aufsichtsrat kandidierende Person von vorneherein nur gewählt ist, wenn durch die Wahl nicht die gesetzliche Quote im Sinn von § 96a AktG-E unterschritten wird. Angesichts der mathematisch einfachen Überprüfbarkeit, ob eine konkrete Aufsichtsratswahl quotengemäß erfolgt ist, kann damit noch in der Hauptversammlung (von deren Leiter, vgl. § 130 Abs. 2 AktG) festgestellt werden, ob dies der Fall ist oder ob eine Person wegen eines Verstoßes gegen die gesetzliche Mindestquote nicht gewählt ist. Auf einen Verstoß kann unmittelbar noch in derselben Hauptversammlung reagiert werden, in dem die betroffene Wahl wiederholt wird (zur Zulässigkeit von Nachwahlen und zweiten Wahlgängen, wenn bei mehreren zu besetzenden Aufsichtsratssitzen aufgrund besonderer Anforderungen an die Wahl (dort: Erfordernis der absoluten Mehrheit) Vakanzen verbleiben, vgl. Bollweg, Die Wahl des Aufsichtsrats in der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, Köln/Berlin/Bonn München 1997, S. 494 ff.). Damit wird im Regelfall spätestens am Ende der Hauptversammlung ein Aufsichtsrat bestellt sein, dessen Zusammensetzung der gesetzlichen Mindestquote entspricht. Eines nachgelagerten gerichtlichen Verfahrens zur Feststellung der Nichtigkeit der Wahl (Nichtigkeitsklage) oder zu ihrer Erklärung für nichtig (Anfechtungsklage), bedarf es dann nicht mehr.
Für die einzelnen Wahlverfahren bedeutet dies Folgendes:
Den gesetzlichen und nunmehr auch vom Deutschen Corporate Governance Kodex (Ziffer 5.4.3) empfohlenen Regelfall stellt die Einzelwahl dar (zu den Wahlverfahren vgl. im Einzelnen Hopt/Roth in Großkomm AktG, 4. Auflage 2006, § 101 Rn 42 ff.). Sie liegt vor, wenn über die zu besetzenden Aufsichtsratssitze in gesonderten Wahlgängen abgestimmt wird. Daraus folgt, dass die aufeinander folgenden Wahlen mehrerer Personen wirksam sind, so lange nicht gegen die gesetzliche Mindestquote verstoßen wird.
Beispiel: Der Aufsichtsrat einer mitbestimmten AG setzt sich aus 6 Anteilseigner- und 6 Arbeitnehmer-Vertretern zusammen. Die 6 Anteilseigner-Vertreter werden nacheinander im Wege der Einzelwahl gewählt. Bei den ersten vier Wahlen wird jeweils ein Mann gewählt. Diese 4 Männer sind wirksam gewählt, weil ihre Wahl nicht gegen die gesetzliche Mindestquote von 30 % Frauenanteil verstößt. Nunmehr erhält bei der fünften Wahl ebenfalls ein Mann die Stimmenmehrheit. Seine Wahl würde gegen die gesetzliche Mindestquote verstoßen, weil unter den 6 Anteilseigner-Vertretern mindestens zwei Frauen sein müssen. Der Mann ist gemäß § 101 Abs. 1a Satz 1 AktG-E nicht gewählt. Die Wahl muss wiederholt werden
Dagegen sind im Falle einer Listenwahl entweder alle gelisteten Personen gewählt oder im Falle eines Quotenverstoßes nicht gewählt, da es gerade das Wesen der Listenwahl ist, dass die auf der Liste stehenden Kandidaten insgesamt gewählt oder insgesamt nicht gewählt sind (vgl. Hopt/Roth, a.a. O., Rn 44). Gleiches gilt für die Simultanwahl, bei der die Wahlen mehrerer Aufsichtsratsmitglieder in einem Abstimmungsvorgang zusammengefasst werden. Führt sie zu einem quotenwidrigen Ergebnis, ist keiner der Kandidaten gewählt, weil sich nicht ermitteln lässt, welche Personen bei der Einhaltung der Mindestquote gewählt worden wären (so entsprechend für den Nichtigkeitsgrund der Überschreitung der gesetzlichen Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder (§ 250 Abs. 1 Nr. 3 AktG): Heidel, Aktienrecht, 2. Auflage 2007, § 250 AktG Rn 7 m.w.N.).
Satz 2 bestimmt, dass in den Aufsichtsrat vor der Wahl entsandte Mitglieder (vgl. § 101 Abs. 2 AktG) auf die Anzahl der Angehörigen eines Geschlechts anzurechnen sind. Damit soll eine möglichst weitgehende Durchsetzung der gesetzlichen Mindestquote auch für den Fall der Entsendung erreicht werden.
Werden also etwa im o.g. Beispiel vor der Wahl zwei Männer in den Aufsichtsrat entsandt, kann die Hauptversammlung maximal noch zwei weitere Männer als Anteilseigner-Vertreter wählen.
Eine Anrechnung ist dagegen rückwirkend nicht möglich, wenn die Entsendung erst nach der Wahl erfolgt, da in diesem Fall bei der Wahl nicht abzusehen wäre, wie viele Angehörige eines Geschlechts jeweils gewählt werden dürfen. Letzteres würde die Wahl einem hohen Risiko mit unklaren Rechtsfolgen aussetzen, wenn nach der Wahl eine Entsendung erfolgt, die nachträglich einen Quotenverstoß bei der Wahl bewirken könnte. Auch erhielte der Entsendungsberechtigte ein unangemessenes
Droh- und Druckpotenzial, wenn er durch die Entsendung rückwirkend unter Umständen die Wahl bestimmter Aufsichtsratsmitglieder unwirksam werden lassen könnte. Der Entwurf beschränkt sich daher auf die Anrechnung von vor der Wahl entsandten Aufsichtsratsmitgliedern.
Satz 3 integriert die Härtefallregelung des § 96a Satz 2 Buchstabe b AktG-E in das Wahlverfahren gemäß § 101 Abs. 1a AktG-E. Es bedarf eines rechtssicheren Mechanismus, mittels dessen im Falle eines Verstoßes gegen die gesetzliche Mindestanzahl i.S.v. § 96a Satz 1 AktG-E festgestellt werden kann, ob eine Ausnahme zur Quote gemäß § 96a Satz 2 Buchstabe b vorliegt. Eine solche Feststellung hat aus Gründen der Rechtssicherheit einerseits zeitnah zu der betreffenden Wahl zu erfolgen, damit ggf. die Wahl wiederholt werden kann, wenn die Voraussetzungen des § 96a Satz 2 Buchstabe b AktG-E nicht vorliegen. Andererseits hat die Feststellung auf eine Art und Weise zu erfolgen, die ihre hinreichende Überprüfbarkeit gewährleistet. Keinesfalls darf die Feststellung einer Ausnahme im vorgenannten Sinne ein leicht zu durchschreitendes Tor zur Umgehung der Quoten-Norm des § 96a Satz 1 AktG öffnen.
Diese beiden Anforderungen werden erfüllt, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit einer gegen die gesetzliche Mindestanzahl verstoßenden Wahl von dem Wahlorgan selbst festgestellt wird, dass die Voraussetzungen des § 96a Satz 2 Buchstabe b AktG-E vorgelegen haben und wenn mit einem solchen Beschluss der Hauptversammlung zugleich die Rechtsfolge verbunden wird, dass eine wegen Verstoßes gegen die Quote eigentlich nicht gewählte - Person dennoch gewählt ist. Auf diese Weise wird dem Erfordernis der Rechtssicherheit hinreichend Rechnung getragen, da bereits unmittelbar nach der Wahl feststeht, ob ein Kandidat trotz des mit seiner Wahl gegebenen Quotenverstoßes dennoch gewählt ist. Gleichzeitig ist das Vorliegen der Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 96a Satz 2 Buchstabe b AktG-E im konkreten Fall überprüfbar, da der dies feststellende Beschluss der Hauptversammlung gemäß § 251 Abs. 1 Satz 1 AktG angefochten werden kann (s.o. zu § 96a Satz 2 Buchstabe b AktG-E, auch zu der Darlegungslast der Gesellschaft in einem solchen Verfahren). Die Überprüfbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses wird durch die in Satz 4 geregelten Pflichtangaben erleichtert, welche lang- und mittelfristigen Maßnahmen zur Gewinnung von Angehörigen des jeweils anderen Geschlechts, die die in Gesetz und Satzung genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, ergriffen wurden.
Zu Nummer 4 (§ 124 Absatz 2 Satz 1 AktG)
Damit die Aktionäre bereits im Vorfeld der Hauptversammlung darüber informiert werden, welche Auswirkungen die gesetzliche Mindestquote im konkreten Fall auf die anstehende Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern hat, werden die Mitteilungspflichten in § 124 Abs. 2 Satz 1 entsprechend erweitert. Es ist mitzuteilen, wie viele Aufsichtsratssitze auf die Geschlechter jeweils mindestens entfallen. Diese Information ist sowohl für die Wahl als auch für solche Aktionäre von Bedeutung, die selbst Wahlvorschläge unterbreiten wollen (vgl. § 127 AktG).
Zu Artikel 2 (Änderung des SE-Ausführungsgesetzes)
§ 17 Abs. 1 des SE-Ausführungsgesetzes (SEAG) ist § 95 Satz 1 bis 4 AktG nachgebildet und bestimmt für eine dualistisch verfasste Europäische Gesellschaft (SE) die (Höchst-) Zahl der Mitglieder des Aufsichtsorgans. Der vorliegende Entwurf will die gesetzliche Mindestquote für alle börsennotierten Unternehmen einführen. Dementsprechend bedarf es einer Geltung der Quotennorm des § 96a AktG-E und der sie umsetzenden Regelungen zum Wahlverfahren in § 101 Abs. 1a AktG-E auch im Bereich der börsennotierten SE. Dies wird für die Vertreter der Anteilseigner durch einen Verweis auf die vorgenannten Bestimmungen des Aktiengesetzes in dem neuen Satz 2 des § 17 Abs. 1 SEAG erreicht (zur Umsetzung im Bereich der Arbeitnehmer-Vertreter der SE vgl. Artikel 7 ( § 36 SEBG)).
Zu Artikel 3 (Änderung des Montan-Mitbestimmungsgesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 5a MontanMitbestG -neu-)
Die Zusammensetzung des Aufsichtsrates wird bei mitbestimmten Gesellschaften eigenständig in den entsprechenden Mitbestimmungsgesetzen geregelt. Im Bereich der Montan-Mitbestimmung geschieht dies in §§ 4, 9 MontanMitbestG. Geregelt wird jeweils die Anzahl der Vertreter der Anteilseigner und der Arbeitnehmer (sowie im Falle der Montan-Mitbestimmung das weitere Mitglied gemäß § 4 Abs.1 Buchst. c MontanMitbestG). Zur Umsetzung der gesetzlichen Mindestquote bedarf es § 96a und § 101 Abs. 1a AktG-E entsprechender Normen in den Mitbestimmungsgesetzen. Zugleich ist zu gewährleisten, dass die gesetzliche Mindestquote jeweils auch für die Vertreter der Arbeitnehmer gilt. Dementsprechend werden in § 5a Satz 1 und 2 MontanMitbestG-E die Bestimmungen des § 96a Satz 1 und 2 AktG-E übernommen und zugleich auf die Vertreter der Arbeitnehmer ausgedehnt.
§ 101 Abs. 1a AktG-E gilt für die Wahl der Vertreter der Anteilseigner (§ 4 Abs. 1 Buchst. a, § 5 MontanMitbestG) durch die Hauptversammlung unmittelbar. Dagegen sind die Bestimmungen des § 101 Abs. 1a Satz 1, 3 und 4 AktG-E hinsichtlich der Wahl der Vertreter der Arbeitnehmer (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b MontanMitbestG) ausdrücklich für entsprechend anwendbar zu erklären. Dies geschieht in § 5a Satz 3 MontanMitbestG-E. Die Vertreter der Arbeitnehmer werden wie die Vertreter der Anteilseigner im Falle der Montan-Mitbestimmung von der Hauptversammlung als dem zuständigen Wahlorgan gewählt werden (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 Satz 1 MontanMitbestG). Die Hauptversammlung ist an die entsprechenden Wahlvorschläge der Betriebsräte gebunden (§ 6 Abs. 6 MontanMitbestG).
Zu Nummer 2 (§ 6 Absatz 6 MontanMitbestG)
Der komplizierte Wahlmechanismus des Montan-Mitbestimmungsrechts in Bezug auf die Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (bindende Vorschläge der Betriebsräte einerseits, Wahl durch die Hauptversammlung andererseits, s.o.) erfordert eine zusätzliche Regelung für den Ausnahmefall gemäß § 5a Satz 2 Buchst. b MontanMitbestG-E. Einerseits sollte die Kompetenz für die Feststellung des Vorliegens eines Ausnahmefalls ebenso wie die Zuständigkeit für die Wahl der Arbeitnehmer-Vertreter selbst bei der Hauptversammlung liegen. Dies wird durch den Verweis auf § 101 Abs. 1a Satz 3 und 4 AktG-E in § 5a Satz 3 MontanMitbestG-E erreicht.
Andererseits ist zu bedenken, dass die Hauptversammlung in vielen Fällen die Feststellung, dass für die Besetzung der den Arbeitnehmer-Vertretern zustehenden Aufsichtsratssitze eine hinreichende Anzahl von Angehörigen eines Geschlechts nicht gewonnen werden konnte, aus eigener Kenntnis kaum wird treffen können. Sie bedarf daher einer entsprechenden begründeten Erklärung der die Wahlvorschläge unterbreitenden Betriebsräte. Eine solche Pflicht der Betriebsräte wird in § 6 Abs. 6 Satz 2 MontanMitbestG-E bestimmt. Da die Hauptversammlung an die Wahlvorschläge der Betriebsräte gebunden ist (§ 6 Abs. 6 MontanMitbestG), kann ihr indes kein Ermessen dahingehend zugebilligt werden, ob sie der Auffassung der Betriebsräte, es liege ein Härtefall i.S.v. § 5a Satz 2 Buchst. b MontanMitbestG-E vor, folgt. Vielmehr ist sie an die diesbezügliche Erklärung der Betriebsräte ebenso zu binden wie an deren Wahlvorschläge selbst. Dies geschieht in § 6 Abs. 6 Satz 3 MontanMitbestG-E. Liegt mithin eine Erklärung gemäß § 6 Abs. 6 Satz 2 MontanMitbestG-E vor, hat die Hauptversammlung die Feststellung entsprechend § 101 Abs. 1a Satz 3 und 4 AktG-E i.V.m. § 5a Satz 3 MontanMitbestG-E zu treffen.
Zu Nummer 3 (§ 15 MontanMitbestG)
Die in § 15 geregelte Ermächtigung der Bundesregierung zum Erlass von Vorschriften u.a. für das Verfahren der Aufstellung der in § 6 MontanMitbestG bezeichneten Wahlvorschläge wird um die Kompetenz zum Erlass von der gesetzlichen Mindestquote Rechnung tragenden Vorschriften erweitert.
Zu Artikel 4 (Änderung des Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 5 Abs. 2 MontanMitbestErgG)
Für den Bereich des Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetzes wird in § 5 Abs. 1 MontanMitbestErgG die Zusammensetzung des Aufsichtsrates geregelt. § 5 Abs. 2 MontanMitbestErgG verweist für die Bestellung der Vertreter der Anteilseigner auf § 5 MontanMitbestG. Sowohl für die Vertreter der Anteilseigner (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a MontanMitbestErgG) als auch für die Vertreter der Arbeitnehmer (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b MontanMitbestErgG) bedarf es zur Einführung der gesetzlichen Mindestquote und ihrer Umsetzung eines Verweises auf die Bestimmungen des § 96a Satz 1 und 2 AktG-E sowie des § 101 Abs. 1a Satz 1, 3 und 4 AktG-E (insofern nur für die Arbeitnehmer-Vertreter, vgl. § 5a Satz 3 MontanMitbestG-E). Dies geschieht in dem neuen § 5 Abs. 2 Satz 2 MontanMitbestErgG-E mittels eines Verweises auf die Verweisungsnorm des § 5a MontanMitbestG.
Im Bereich des Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetzes werden die Arbeitnehmer-Vertreter jedoch, insofern anders als nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz, nicht von der Hauptversammlung, sondern abhängig von der Anzahl der Konzernarbeitnehmer von den Arbeitnehmern oder von deren Delegierten gewählt (vgl. § 7 MontanMitbestErgG). Die Feststellung entsprechend § 101 Abs. 1a Satz 3 und 4 AktG-E kann daher nicht von der Hauptversammlung getroffen werden. Sie ist vielmehr von den nach § 7 MontanMitbestErgG Wahlberechtigten, d.h. entweder von den Arbeitnehmern oder von deren Delegierten zu beschließen (§ 5 Abs. 2 Satz 3 MontanMitbestErgG-E). Die Anfechtbarkeit eines Beschlusses, der zu Unrecht die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 MontanMitbestErgG-E i.V.m. § 5a Satz 2 Buchst. b MontanMitbestG bejaht, ist dementsprechend auch nicht gemäß § 251 Abs. 1 Satz 1 AktG, sondern nach § 10l Abs. 1 MontanMitbestErgG gegeben. Zuständig ist das Arbeitsgericht.
Zu Nummer 2 (§ 15 Nummer 9a MontanMitbestErgG)
Die Bundesregierung wird ermächtigt, die Wahlordnung zum Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetz vom 10. Oktober 2005 (BGBl. I S. 2927, 2932) (auch) zur Anpassung an die gesetzliche Mindestquote in § 5 Abs. 2 MontanMitbestErgG zu ändern.
Zu Artikel 5 (Änderung des Mitbestimmungsgesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 7a MitbestG)
Für den Geltungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes wird in § 7 Abs. 1 MitbestG die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder bestimmt. Auch hier bedarf es zur Einführung der gesetzlichen Mindestquote einer § 96a Satz 1 und 2 und § 101 Abs. 1 Satz 1, 3 und 4 AktG-E entsprechenden Norm. Der Entwurf sieht dies für die Vertreter der Anteilseigner und der Arbeitnehmer jeweils in § 7a Satz 1 und 2 MitbestG-E vor. Für die Wahl der Vertreter der Anteilseigner gilt sodann § 101 Abs. 1a AktG-E unmittelbar. Für die Wahl der Arbeitnehmer-Vertreter werden § 101 Abs. 1a Satz 1, 3 und 4 AktG-E in § 7a Satz 3 MitbestG-E ausdrücklich für entsprechend anwendbar erklärt.
Wie im Falle des Montan-Mitbestimmungsergänzungsgesetzes werden die Vertreter der Arbeitnehmer entweder von den Arbeitnehmern unmittelbar oder durch ihre Delegierten gewählt (§ 9 MitbestG). Wie in § 5 Abs. 2 Satz 3 MontanMitbestErgG-E wird daher in § 7a Satz 4 MitbestG-E bestimmt, dass über die Feststellung entsprechend § 101 Abs. 1a Satz 3 und 4 AktG-E von den nach § 9 MitbestG Wahlberechtigten (gesondert) zu beschließen ist.
Zu Nummer 2 (§ 39 Nummer 9a MitbestG)
Die Bundesregierung wird ermächtigt, die Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz vom 27. Mai Oktober 2002 (BGBl. I S. 1682, 1708, 1741) (auch) zur Anpassung an die gesetzliche Mindestquote in § 7a MitbestG zu ändern.
Zu Artikel 6 (Änderung des Drittelbeteiligungsgesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 4 Abs. 4 DrittelbG)
Das Drittelbeteiligungsgesetz regelt für seinen Geltungsbereich, insofern abweichend von anderen Mitbestimmungsgesetzen, nicht eigenständig die Größe des Aufsichtsrates eines mitbestimmten Unternehmens. Insofern gelten § 95 Satz 1 bis 4 AktG. In § 4 Abs. 1 DrittelbG ist allein geregelt, dass der Aufsichtsrat zu einem Drittel aus Arbeitnehmer-Vertretern bestehen muss.
Über den Regelungsgehalt der meisten anderen Mitbestimmungsgesetze hinaus gehend ist in § 4 Abs. 4 DrittelbG jedoch zusätzlich bestimmt, dass unter den Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer Frauen und Männer entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis im Unternehmen vertreten sein sollen (Repräsentationsprinzip). Diesebisher sanktionslose - Soll-Vorschrift ist entsprechend der Intention des Gesetzentwurfs zur Einführung eines gesetzlichen Mindestquote in eine zwingende Norm zu überführen. Zugleich soll zur Anpassung an die im Bereich der anderen Mitbestimmungsgesetze und für die Vertreter der Anteilseigner geltenden Quoten-Normen das Repräsentationsprinzip durch eine feste, grundsätzlich für alle Unternehmen einheitlich geltende gesetzliche Mindestquote ersetzt werden. Abgesehen von den technischen Problemen, die ein zwingendes Repräsentationsprinzip bereitet (Bsp.: 50 % Männer und Frauen im Unternehmen bei ungerader Sitzanzahl der Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat), ist nicht einzusehen, warum hinsichtlich der Anteilseigner- und der Arbeitnehmer-Vertreter unterschiedliche Maßstäbe gelten sollen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum für den Fall, dass die Arbeitnehmer eines Unternehmens überwiegend einem Geschlecht angehören, diese Arbeitnehmer nicht auch zu 30 % von den Angehörigen des anderen Geschlechts im Aufsichtsrat vertreten werden können. Abweichende Überlegungen, nach denen die Interessen der Angehörigen eines Geschlechts hinreichend nur von gleichgeschlechtlichen Arbeitnehmern vertreten werden können, dürften überholt sein. Soweit im Einzelfall die Erfüllung einer festen und einheitlichen Mindestquote wegen einer eklatant ungleichen Verteilung der Geschlechter unter den Arbeitnehmern des Unternehmens Probleme bereitet, kommt ohnehin die Anwendung der Härtefallregelung in Betracht..
Der Entwurf statuiert entsprechend den vorgenannten Linien in § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 DrittelbG-E eine § 96a Satz 1 und 2 AktG-E entsprechende Quoten-Norm auch für die Vertreter der Arbeitnehmer (für die Anteilseigner-Vertreter gelten § 96a Satz 1 und 2 AktG-E unmittelbar). § 4 Abs. 4 Satz 3 DrittelbG-E erklärt sodann § 101 Abs. 1a Satz 1, 3 und 4 AktG auch in Bezug auf die Vertreter der Arbeitnehmer für (entsprechend) anwendbar. Ähnlich wie in § 7a Satz 4 MitbestG-E wird schließlich in § 4 Abs. 4 Satz 4 DrittelbG-E bestimmt, dass die Feststellung entsprechend § 101 Abs. 1a Satz 3 und 4 AktG-E von den nach § 5 Abs. 2 DrittelbG Wahlberechtigten zu beschließen ist. Da das Drittelbeteiligungsgesetz eine Wahl durch Delegierte nicht kennt, sind dies die Arbeitnehmer des Unternehmens.
Zu Nummer 2 (§ 13 Nummer 6a DrittelbG)
Die Bundesregierung wird ermächtigt, die Wahlordnung zum Drittelbeteiligungsgesetz vom 23. Juni 2004 (BGBl. I S. 1393) (auch) zur Anpassung an die gesetzliche Mindestquote in § 4 Abs. 4 DrittelbG zu ändern.
Zu Artikel 7 (Änderung des SE-Beteiligungsgesetzes)
Zu Nummer 1 ( § 36 Abs. 3 SEBG)
Das SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) enthält für den Fall, dass die Voraussetzungen des § 22 SEBG vorliegen, in den §§ 35 ff. Regelungen über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer kraft Gesetzes. § 36 Abs. 3 SEBG bestimmt in diesem Zusammenhang, wie die auf das Inland entfallenden Arbeitnehmer-Vertreter des Aufsichts- bzw. bei monistischer Verfassung der SE des Verwaltungsorgans der SE ermittelt werden. Die Norm ist damit der richtige Standort für die Implementierung der gesetzlichen Mindestquote auch für die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsorgan einer börsennotierten SE (zu den Vertretern der Anteilseigner vgl. Artikel 2 ( § 17 SEAG)).
In Artikel 7 Nummer 1 Buchst. a wird zunächst § 6 Abs. 2 Satz 2 SEBG aus den Verweisungen in § 36 Abs. 3 Abs. 3 Satz 2 SEBG herausgenommen. Dabei handelt es sich um einen Verweis auf das in § 6 Abs. 2 Satz 2 SEBG ähnlich § 4 Abs. 4 DrittelbG im Wege einer "Soll-Vorschrift" geregelte Repräsentationsprinzip. Wie auch im Drittelbeteiligungsgesetz soll statt des Repräsentationsprinzips auch für die Arbeitnehmer-Vertreter der börsennotierten SE die zwingende gesetzliche Mindestquote eingeführt werden, soweit bei der dualistischen SE-Verfassung die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsorgan der SE betroffen sind. Dies geschieht in dem neuen § 36 Abs. 3 Satz 3 SEBG-E (Artikel 7 Nummer 1 Buchst. b). Dort werden § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 DrittelbG-E in Bezug genommen, d.h. die dort geregelte gesetzliche Mindestquote (Satz 1), ihre Ausnahmen (Satz 2) und das Wahlverfahren (Satz 3).
Die gesetzliche Mindestquote wird dagegen entsprechend den Grundlinien des Gesetzentwurfs nicht für das Aufsichtsorgan einer nicht börsennotierten SE und für das bei einer monistischen SE-Verfassung bestehende Verwaltungsorgan eingeführt. Bei Letzterem handelt es sich um das geschäftsführende Organ der monistischen SE (vgl. § 22 SEAG). Der Entwurf beabsichtigt indes nicht die Einführung einer gesetzlichen Geschlechterquote auch für geschäftsführende Organe wie z.B. den Vorstand einer Aktiengesellschaft. Es erscheint daher konsequent, auch den Verwaltungsrat einer monistisch strukturierten SE von der gesetzlichen Mindestquote auszunehmen. Da das Niveau der Gleichberechtigung der Geschlechter indes nicht hinter das bisherige Niveau zurückfallen soll, ist das ursprünglich in § 36 Abs. 3 Satz 2 SEBG für alle Formen der SE mittels eines Verweises auf § 6 Abs. 2 Satz 2 SEBG statuierte Repräsentationsprinzip für den SE-Verwaltungsrat und für Aufsichtsorgane nicht börsennotierter, dualistisch verfasster SE wieder im Gesetz zu verankern. Dies geschieht in § 36 Abs. 3 Satz 4 SEBG-E im Wege der Einfügung eines entsprechenden Verweises auf § 6 Abs. 2 Satz 2 SEBG.
Artikel 7 Nummer 1 Buchst. c enthält eine redaktionelle Folgeänderung.
Zu Nummer 2 ( § 36 Abs. 4 SEBG)
§ 36 Abs. 4 SEBG wird neu gefasst, wobei Satz 1 dem bisherigen Satz 1 entspricht. Der neue Satz 2 entspricht § 6 Abs. 6 Satz 2 MontanMitbestG-E. Auch die für das Aufsichtsorgan der SE zu bestellenden Arbeitnehmer-Vertreter werden von der Hauptversammlung auf bindenden Vorschlag hin gewählt. Daher bedarf es auch hier einer Erklärung zum Vorliegen eines Härtefalls seitens des vorschlagenden Wahlgremiums.
Der neue Satz 3 übernimmt sodann die Bindung der Hauptversammlung an den Wahlvorschlag des Wahlgremiums aus § 6 Abs. 6 SEBG der geltenden Fassung und erweitert, ähnlich wie in § 6 Abs. 6 Satz 3 MontanMitbestG-E, diese Bindung auf die Erklärung des Wahlgremiums nach § 36 Abs. 4 Satz 2 SEBG-E. Wird eine solche Erklärung des Wahlgremiums vorgelegt, ist von der Hauptversammlung entsprechend § 101 Abs. 1a Satz 3 und 4 das Vorliegen einer Ausnahme von der gesetzlichen Mindestquote festzustellen.
Zu Artikel 8 (§ 25 Abs. 3 MgVG)
Das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung regelt in § 23 ff. unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 MgVG die Mitbestimmung der Arbeitnehmer kraft Gesetzes. In § 25 Abs. 3 MgVG wird, ähnlich wie in § 36 Abs. 3 SEBG für den Bereich der SE, bestimmt, wie die auf das Inland entfallenden Arbeitnehmer-Vertreter des Aufsichts- oder Verwaltungsorgans der aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgehenden Gesellschaft ermittelt werden. Die Norm ist damit der richtige Standort für die Implementierung der gesetzlichen Mindestquote auch für die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsorgan einer solchen Gesellschaft, soweit sie börsennotiert ist.
In Artikel 8 Nummer 1 wird zunächst § 8 Abs. 2 Satz 2 MgVG aus den Verweisungen in § 25 Abs. 3 Satz 2 MgVG herausgenommen. Dabei handelt es sich um einen Verweis auf das in § 8 Abs. 2 Satz 2 MgVG ähnlich § 4 Abs. 4 DrittelbG und § 6 Abs. 2 Satz 2 SEBG im Wege einer "Soll-Vorschrift" geregelte Repräsentationsprinzip. Wie im Drittelbeteiligungsgesetz und im SE-Beteiligungsgesetz soll statt des Repräsentationsprinzips auch für die Arbeitnehmer-Vertreter der aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen, börsennotierten Gesellschaft die zwingende gesetzliche Mindestquote eingeführt werden, soweit bei einer dualistischen Gesellschaftsverfassung die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsorgan der Gesellschaft betroffen sind. Dies geschieht in dem neuen § 25 Abs. 3 Satz 3 MgVG-E (Artikel 8 Nummer 2). Dort werden § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3 DrittelbG-E in Bezug genommen, d.h. die dort geregelte gesetzliche Mindestquote (Satz 1), ihre Ausnahmen (Satz 2) und das Wahlverfahren (Satz 3).
Die gesetzliche Mindestquote wird dagegen nicht für das Aufsichtsorgan einer nicht börsennotierten, aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft und für das bei einer monistischen Gesellschaftsverfassung bestehende Verwaltungsorgan eingeführt (s.o. zur SE in Artikel 7). Da das Niveau der Gleichberechtigung der Geschlechter indes nicht hinter das bisherige Niveau zurückfallen soll, ist das ursprünglich in § 25 Abs. 3 Satz 2 MgVG für alle Formen der aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangenen Gesellschaft mittels eines Verweises auf § 8 Abs. 2 Satz 2 MgVG statuierte Repräsentationsprinzip für den Verwaltungsrat und für Aufsichtsorgane nicht börsennotierter, dualistisch verfasster Gesellschaften wieder im Gesetz zu verankern. Dies geschieht in § 25 Abs. 3 Satz 4 MgVG-E im Wege der Einfügung eines entsprechenden Verweises auf § 8 Abs. 2 Satz 2 MgVG.
Artikel 8 Nummer 3 enthält eine redaktionelle Folgeänderung.
Zu Artikel 9 ( § 289 HGB)
Durch die Einführung einer erweiterten Berichtspflicht für große Kapitalgesellschaften wird die Einführung einer gesetzlichen Geschlechterquote ergänzt und ihr positiver Effekt unterstützt und verstärkt.
Während sich die gesetzliche Vorgabe einer verbindlichen Quote für beide Geschlechter auf die Besetzung von Aufsichtsratsgremien und damit auf höchste Führungspositionen in einem Gesellschaftsorgan beschränkt, erfasst die Berichtspflicht nach § 289 Abs. 3 Satz 2 HGB insbesondere auch die unterhalb des Top-Managements angesiedelten gehobenen Mitarbeiterpositionen. Insoweit herrscht ein besonderes Bedürfnis an verstärkter Transparenz: So können einer aktuellen Studie des Deutschen Juristinnenbundes (herausgegeben vom BMFSFJ, ("Aktionärinnen fordern Gleichberechtigung", Berlin 2010, S. 29 f., 44 ff.)) zufolge nur wenige DAX-Unternehmen den Geschlechteranteil auf den Führungsebenen des Managements unterhalb der unmittelbaren Gesellschaftsorgane beziffern. Soweit dagegen Angaben gemacht werden konnten, zeigte sich ein uneinheitliches, aber vorwiegend männlich dominiertes Bild. In den bisherigen Lagerberichten der Unternehmen wird insoweit nur selten dezidiert Stellung genommen. Spätere Mitglieder von Vorständen und Aufsichtsräten qualifizieren sich oft dadurch für ihre Mitwirkung in den obersten Gesellschaftsorganen, dass sie bereits auf den nachgeordneten Führungsebenen des betreffenden oder eines anderen Unternehmens Erfahrungen gesammelt und sich bewährt haben. Es ist daher wichtig, Klarheit darüber zu schaffen, wie hoch die Anteile beider Geschlechter an diesen Positionen sind.
Nicht nur lassen sich hieraus für das Unternehmen und seine Personalverwaltung selbst Anhaltspunkte dafür gewinnen, wie weit die Förderung der Chancengleichheit in einem Unternehmen fortgeschritten ist und wo gegebenenfalls Nachholbedarf besteht. Vielmehr werden über die reine Offenlegung und die hieraus erwachsende Möglichkeit der Reflexion hinaus die von den Gesellschaften auf die Geschlechteranteile zu erstreckenden Lageberichte auch besondere Bedeutung für die Auslegung und Handhabung der Härtefallregelungen erhalten. Insoweit ist die Unmöglichkeit vorausgesetzt, den persönlichen Anforderungen von Gesetz und Satzung entsprechende Bewerber des unterrepräsentierten Geschlechts für eine solche Kandidatur zu gewinnen (s.o.). Aus den Angaben über die Anteile beider Geschlechter auch in den Führungsebenen unterhalb der Organebene werden sich indes gewichtige Indizien ablesen lassen, ob das Unternehmen selbst nicht bereits Bewerber beiderlei Geschlechts herangebildet hat und demgemäß in der Lage wäre, Kandidatinnen bzw. Kandidaten aus den eigenen Reihen zu stellen. In letzter Konsequenz wird ein solcher Lagebericht auch Bedeutung im Rahmen eines Anfechtungsprozesses erlangen können, soweit ein Hauptversammlungsbeschluss unzulässig von der Ausnahmeregelung zur Quote Gebrauch macht.
Begrifflich knüpft der Entwurf an die Figur des leitenden Angestellten im Sinne des Betriebsverfassungsrechts ( § 5 Abs. 3 BetrVG) an. Danach ist der Sache nach der- bzw. diejenige ein(e) leitende(r) Angestellte(r), die/der wegen ihrer/seiner Tätigkeit oder der Bedeutung ihrer/seiner Funktion der Unternehmensleitung nahe steht, sei es aufgrund der Befugnis zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Personal, einer Generalvollmacht oder wegen sonstiger Aufgaben, die für den Bestand und die Entwicklung eines Unternehmens von Bedeutung sind. Leitende Angestellte nehmen danach unternehmerische Teilaufgaben wahr. Der bereits durch Rechtsprechung und Rechtspraxis des Betriebsverfassungsrechts konkretisierte Begriff des leitenden Angestellten eignet sich ohne größere Probleme für die Bestimmung derjenigen Mitglieder des Personals, über die im Rahmen des Lageberichts nach Geschlechteranteilen zu berichten sein soll. Auch ist zu vermuten, dass sich diejenigen Mitglieder von Aufsichtsratsgremien, die sich aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeit in dem betreffenden oder einem anderen Unternehmen qualifiziert haben, dies über eine Tätigkeit getan haben, die der Sache nach als die eines leitenden Angestellten in diesem Sinne zu charakterisieren wäre.
Wenngleich Lageberichte nicht lediglich von großen Kapitalgesellschaften zu erstellen sind, beschränkt der Entwurf die Berichtspflicht auf diese Unternehmen, deren gesonderte Behandlung in § 289 Abs. 3 GBH bereits de lege lata angelegt ist. Das primäre Ziel des Entwurfs ist die Quotierung von Aufsichtsratsgremien börsennotierter Unternehmen. Mit den großen Kapitalgesellschaften im Sinne von §§ 289 Abs. 3, 267 HGB sind stets die börsennotierten und darüber hinaus nur Unternehmen einer Größe und Marktmacht erfasst, die solchen Unternehmen vergleichbar sind. Kleine und mittlere Unternehmen sollen hingegen nicht durch zusätzliche Berichtspflichten belastet werden.
Zu Artikel 10 (Art. 69 EGHGB)
Die erweiterte Berichtspflicht nach Artikel 9 soll erstmals auf das Geschäftsjahr anzuwenden sein, welches auf das Jahr folgt, in welchem Artikel 9 in Kraft tritt. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die betroffenen Gesellschaften bereits zu Beginn des Geschäftsjahres darüber informiert und darauf vorbereitet sind, die entsprechenden Angaben zum Jahresende vorhalten zu können. Auf diese Weise wird der bürokratische Mehraufwand in geringen Grenzen gehalten werden.
Zu Artikel 11 (Änderungen zur schrittweisen Verbesserung der Gleichberechtigung)
Um den betroffenen Unternehmen eine hinreichende Vorbereitung und die (weitere) Qualifizierung insbesondere des weiblichen Führungskräftenachwuchses zu ermöglichen, bestimmt der Gesetzentwurf die stufenweise Einführung einer gesetzlichen Mindestquote von Angehörigen beider Geschlechter bei der Besetzung von Aufsichtsräten börsennotierter Gesellschaften (siehe oben zu A. II.1). Die erste Stufe mit einer gesetzlichen Mindestquote von 30 % findet rund fünf Jahre nach der anzunehmenden Verkündung des Gesetzes und seinem Inkrafttreten, am 1. Januar 2017, erstmals Anwendung (Artikel 12 Nummer 1). Die Regelungen der Artikel 1 bis 8 des Entwurfs enthalten diese Mindestquote von 30 % bzw. setzen sie um.
Nach Ablauf weiterer fünf Jahre soll zum 1. Januar 2022 die zweite Stufe mit einer gesetzlichen Mindestquote von 40 % in Kraft treten (Artikel 12 Nummer 2). Eine solche Quote erscheint notwendig, aber auch ausreichend, um eine hinreichende Gleichberechtigung der Geschlechter in den Aufsichtsräten börsennotierter Gesellschaften auf Dauer zu gewährleisten (s.o. zu A. I. 3 und II.1). Die betroffenen Unternehmen haben damit insgesamt einen großzügig bemessenen - Zeitraum von rund zehn Jahren seit der Verkündung des Gesetzes, um sich auf die endgültige Mindestquote von 40 % einzustellen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
In Artikel 11 Nummer 1 bis 4 werden die einzelnen Quoten-Normen des Aktiengesetzes und der Mitbestimmungsgesetze, soweit dies erforderlich ist, zwecks Erhöhung der gesetzlichen Mindestquote auf 40 % geändert. Soweit lediglich auf diese Quoten-Normen verwiesen wird (§ 17 Abs. 1 Satz 2 SEAG, § 5 Abs. 2 Satz 2 MontanMitbestErgG, § 36 Abs. 3 Satz 3 SEBG, § 25 Abs. 3 Satz 3 MgVG), bedarf es keiner Änderung der Verweisungsnormen, da mit der Änderung der in Bezug genommenen Norm die höhere gesetzliche Mindestquote automatisch auch für den Bereich der Verweisungsnorm gilt.
Eine Mindestquote von 40 % kann dort zu Problemen führen, wo ein Gremium oder Teil-Gremium (nicht mitbestimmter Aufsichtsrat, Anteilseigner-Vertreter, Arbeitnehmer-Vertreter) aus drei Mitgliedern oder nur einem Mitglied bestehen. Dies kann in bestimmten Konstellationen bei nicht mitbestimmten Aktiengesellschaften oder bei mitbestimmten Gesellschaften nach dem Drittelbeteiligungsgesetz vorkommen. So kann z.B. ein Aufsichtsrat, der gemäß § 95 Satz 1 AktG aus drei Mitgliedern besteht, rechnerisch nicht jeweils zu mindestens 40 % (d.h. mit jeweils 2 Personen) aus Frauen und Männern zusammengesetzt sein. Gleiches gilt für die Vertreter der Arbeitnehmer, wenn nach den Regelungen des Drittelbeteiligungsgesetzes die Arbeitnehmer mit einer oder drei Personen im Aufsichtsrat vertreten sind. Der Entwurf bestimmt daher mit Einführung der Mindestquote von 40 % in § 96a Satz 1 2. Hs. AktGE (Artikel 11 Nummer 1), dass sich ein Aufsichtsrat, der aus drei Mitgliedern besteht, aus Angehörigen beider Geschlechter, d.h. mindestens jeweils aus einer Frau und einem Mann zusammensetzt. Eine entsprechende Regelung wird in § 4 Absatz 4 Satz 1 2. Hs. DrittelbG-E (Artikel 11 Nummer 4) für die Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer getroffen, soweit der Aufsichtsrat aus mehr als einem Vertreter der Arbeitnehmer besteht.
Zu Artikel 12 (Inkrafttreten; Übergangsregelung)
Das Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft (Nummer 1 Satz 1). Die von ihm bestimmte gesetzliche Mindestquote soll in ihrer ersten Stufe (30 % Mindestquote) rund fünf Jahre nach Verkündung und Inkrafttreten des Gesetzes, am 1. Januar 2017, zur Anwendung kommen (Artikel 12 Nummer 1 Satz 2). Damit haben die betroffenen Gesellschaften hinreichend Zeit, um auf die neue Rechtslage zu reagieren und wirksame Maßnahmen zur (weiteren) Förderung des weiblichen Führungsnachwuchses zu ergreifen (vgl. bereits oben zu A. II.1 und zu Artikel 11). Zugleich wird ein Eingriff in laufende Amtszeiten von insbesondere männlichen Aufsichtsratsmitgliedern vermieden, die vor der Verkündung des Gesetzes bestellt worden sind (zur Höchstlänge der Amtszeit vgl. § 102 AktG).
Nach weiteren fünf Jahren, am 1. Januar 2022, tritt gemäß Artikel 12 Nummer 2 sodann die zweite, in Artikel 11 geregelte Endstufe (40 % Mindestquote) in Kraft. Auch hier wird den Unternehmen erneut ein hinreichender Zeitraum zur Verfügung gestellt, um sich auf die erhöhten Anforderungen an einen rechtmäßig zusammengesetzten Aufsichtsrat einzustellen.