A. Problem und Ziel
- Das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kinderschutzübereinkommen) hat das Ziel, den grenzüberschreitenden Schutz von Kindern zu verbessern. Das Übereinkommen fällt zum Teil in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft. Deutschland hat das Übereinkommen gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft am 1. April 2003 gezeichnet. Am 5. Juni 2008 hat der Rat die Mitgliedstaaten ermächtigt, das Übereinkommen im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu ratifizieren (ABl. L 151 vom 11.6.2008, S. 36). Die Ratifikation soll nach Möglichkeit bis zum 5. Juni 2010 erfolgen. Zur Umsetzung in das deutsche Rechtssystem bedürfen die Bestimmungen des Übereinkommens ergänzender nationaler Vorschriften.
B. Lösung
- Der Entwurf stellt die erforderlichen Ausführungsvorschriften zu dem Haager Kinderschutzübereinkommen in das Internationale Familienrechtsverfahrensgesetz ein.
- Zeitgleich mit diesem Entwurf wird der Entwurf eines Vertragsgesetzes zu dem Übereinkommen vorgelegt.
- Die Aufgaben der nach dem Übereinkommen neu einzurichtenden Zentralen Behörde werden dem Bundesamt für Justiz übertragen. Damit folgt der Entwurf insbesondere dem Vorbild des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes.
- Hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung sowie der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden sollen die im Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetz vorgesehenen Verfahrensvorschriften auch für das Haager Kinderschutzübereinkommen gelten.
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
- 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine
- 2. Vollzugsaufwand
Für den Bund wird durch die Einrichtung einer weiteren Zentralen Behörde beim Bundesamt für Justiz ein zusätzlicher jährlicher Vollzugsaufwand von zunächst bis zu 72 000 Euro entstehen, der im Einzelplan des Bundesministeriums der Justiz zu erwirtschaften ist. Sobald das Übereinkommen jedoch eine große Zahl an Vertragsstaaten gewonnen haben wird, kann sich der Personalbedarf und damit die jährliche Belastung des Bundeshaushalts verdreifachen. Die Kompensation dieses eventuellen Mehrbedarfs bleibt künftigen Haushaltsverhandlungen vorbehalten.
Zusätzliche Kosten für die Haushalte der Länder und Kommunen könnten in geringer, nicht quantifizierbarer Höhe entstehen.
E. Sonstige Kosten
- Kosten bei Wirtschaftsunternehmen entstehen nicht. Die Ausführung des Gesetzes wird keine Auswirkungen auf Einzelpreise oder das allgemeine Preisniveau haben.
F. Bürokratiekosten
- Es werden keine Informationspflichten für die Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 2. Januar 2009
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 13.02.09
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Das Internationale Familienrechtsverfahrensgesetz vom 26. Januar 2005 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 13 folgende Angabe eingefügt:
"§ 13a Verfahren bei grenzüberschreitender Abgabe".
- 2. § 1 wird wie folgt geändert:
- a) Nach Nummer 1 wird folgende Nummer 2 eingefügt:
"2. der Ausführung des Haager Übereinkommens vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (BGBl. 20.. II S. ...) - im Folgenden: Haager Kinderschutzübereinkommen;".
- b) Die bisherigen Nummern 2 und 3 werden die Nummern 3 und 4.
- 3. § 3 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- 4. In § 4 Absatz 2 werden nach dem Wort "nach" die Wörter "Artikel 54 des Haager Kinderschutzübereinkommens oder nach" eingefügt.
- 5. Dem § 9 Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:
"In den Fällen des Artikels 35 Absatz 2 Satz 1 des Haager Kinderschutzübereinkommens ist das Jugendamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk der antragstellende Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat."
- 6. In § 10 wird nach dem ersten Gedankenstrich folgender Gedankenstrich eingefügt:
"- den Artikeln 24 und 26 des Haager Kinderschutzübereinkommens,".
- 7. § 13 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1 Satz 2 wird die Angabe "Absatz 1" gestrichen.
- b) In Absatz 2 werden die Wörter "Europäischen Sorgerechtsübereinkommens oder des Haager Kindesentführungsübereinkommens" durch die Wörter "Haager Kinderschutzübereinkommens, des Haager Kindesentführungsübereinkommens oder des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens" ersetzt.
- 8. Nach § 13 wird folgender § 13a eingefügt:"
§ 13a Verfahren bei grenzüberschreitender Abgabe
- (1) Ersucht das Familiengericht das Gericht eines anderen Vertragsstaats nach Artikel 8 des Haager Kinderschutzübereinkommens um Übernahme der Zuständigkeit, so setzt es eine Frist, innerhalb derer das ausländische Gericht die Übernahme der Zuständigkeit mitteilen kann. Setzt das Familiengericht das Verfahren nach Artikel 8 des Haager Kinderschutzübereinkommens aus, setzt es den Parteien eine Frist, innerhalb derer das ausländische Gericht anzurufen ist. Ist die Frist nach Satz 1 abgelaufen, ohne dass das ausländische Gericht die Übernahme der Zuständigkeit mitgeteilt hat so ist in der Regel davon auszugehen, dass das ersuchte Gericht die Übernahme der Zuständigkeit ablehnt. Ist die Frist nach Satz 2 abgelaufen, ohne dass eine Partei das ausländische Gericht angerufen hat, bleibt es bei der Zuständigkeit des Familiengerichts. Das Gericht des ersuchten Staates und die Parteien sind auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen.
- (2) Ersucht ein Gericht eines anderen Vertragsstaats das Familiengericht nach Artikel 8 des Haager Kinderschutzübereinkommens um Übernahme der Zuständigkeit oder ruft eine Partei das Familiengericht nach dieser Vorschrift an, so kann das Familiengericht die Zuständigkeit innerhalb von sechs Wochen übernehmen.
- (3) Die Absätze 1 und 2 sind auf Anträge, Ersuchen und Entscheidungen nach Artikel 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens entsprechend anzuwenden.
- (4) Der Beschluss des Familiengerichts,
- 1. das ausländische Gericht nach Absatz 1 Satz 1 oder nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 um Übernahme der Zuständigkeit zu ersuchen,
- 2. das Verfahren nach Absatz 1 Satz 2 oder nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 auszusetzen,
- 3. das zuständige ausländische Gericht nach Artikel 9 des Kinderschutzübereinkommens oder nach Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 um Abgabe der Zuständigkeit zu ersuchen,
- 4. die Parteien einzuladen, bei dem zuständigen ausländischen Gericht nach Artikel 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens die Abgabe der Zuständigkeit an das Familiengericht zu beantragen, oder
- 5. die Zuständigkeit auf Ersuchen eines ausländischen Gerichts oder auf Antrag der Parteien nach Artikel 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens an das ausländische Gericht abzugeben, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar. Die Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen. Die in Satz 1 genannten Beschlüsse werden erst mit ihrer Rechtskraft wirksam. Hierauf ist in dem Beschluss hinzuweisen.
- (5) Im Übrigen sind Beschlüsse nach den Artikeln 8 und 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens und nach Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 unanfechtbar.
- (6) Parteien im Sinne dieser Vorschrift sowie der Artikel 8 und 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens und des Artikels 15 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 sind die in § 7 Absatz 1 und 2 Nummer 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit1 genannten Beteiligten. Die Vorschriften über die Hinzuziehung weiterer Beteiligter bleiben unberührt."
- 9. In § 18 Absatz 1 Satz 1 werden nach der Angabe "Verordnung (EG) Nr. 2201/2003" die Wörter "und des Haager Kinderschutzübereinkommens" eingefügt.
- 10. § 32 wird wie folgt gefasst:"
§ 32 Anerkennungsfeststellung
- Auf das Verfahren über einen gesonderten Feststellungsantrag nach Artikel 21 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, nach Artikel 24 des Haager Kinderschutzübereinkommens oder nach dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen, einen Titel aus einem anderen Staat anzuerkennen oder nicht anzuerkennen, sind die Unterabschnitte 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. § 18 Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die antragstellende Person die Feststellung begehrt, dass ein Titel aus einem anderen Staat nicht anzuerkennen ist. § 18 Absatz 1 Satz 3 ist in diesem Falle mit der Maßgabe anzuwenden, dass die mündliche Erörterung auch mit weiteren Beteiligten stattfinden kann."
- 11. § 33 wird wie folgt geändert:
- a) Dem bisherigen Wortlaut wird folgender Absatz 1 vorangestellt:
"(1) Umfasst ein vollstreckungsfähiger Titel im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, des Haager Kinderschutzübereinkommens oder des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens nach dem Recht des Staates, in dem er geschaffen wurde, das Recht auf Herausgabe des Kindes, so kann das Familiengericht die Herausgabeanordnung in der Vollstreckungsklausel oder in einer nach § 44 getroffenen Anordnung klarstellend aufnehmen."
- b) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 2.
- 12. In § 44 Absatz 1 Satz 1 werden nach der Angabe "Verordnung (EG) Nr. 2201/2003," die Wörter "nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen," eingefügt. 1 Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) nach Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) tritt am 1. September 2009 in Kraft.
- 13. In § 45 Satz 1 werden nach der Angabe "Verordnung (EG) Nr. 2201/2003" die Wörter "oder nach Artikel 33 des Haager Kinderschutzübereinkommens" eingefügt.
Artikel 2
Änderung der Justizverwaltungskostenordnung
Nach Nummer 208 der Anlage (Gebührenverzeichnis) zur Justizverwaltungskostenordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 363-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgende Nummer 209 eingefügt:
Nr. | Gebührentatbestand | Gebührenbetrag |
"209 | Unterstützungsleistungen des Bundesamts für Justiz als Zentrale Behörde nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen gegenüber Trägern der elterlichen Verantwortung | 10,00 bis 300,00 EUR". |
Artikel 3
Bekanntmachungserlaubnis
Das Bundesministerium der Justiz kann den Wortlaut des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes in der vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen.
Artikel 4
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt an dem Tag in Kraft, an dem das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die internationale Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (BGBl. 20.. II S. ...) nach seinem Artikel 61 Absatz 2 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt. Das Bundesministerium der Justiz gibt den Tag des Inkrafttretens im Bundesgesetzblatt bekannt.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
- 1. Deutschland hat gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft am 1. April 2003 das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die internationale Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kinderschutzübereinkommen) gezeichnet.
Das Übereinkommen regelt die internationale Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus anderen Vertragsstaaten in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung sowie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Gerichte und Verwaltungsbehörden. Es ist am 1. Januar 2002 nach der Ratifikation durch Monaco, die Slowakei und die Tschechische Republik in Kraft getreten und hat derzeit (Stand November 2008) fünfzehn Vertragsstaaten, davon sieben außerhalb der Europäischen Gemeinschaft (Albanien, Armenien, Australien, Ecuador, Monaco, Marokko und die Ukraine).
- 2. Das Übereinkommen ersetzt bzw. ergänzt die auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern bereits bestehenden internationalen Rechtsinstrumente. Wegen der Einzelheiten wird auf den Entwurf eines Vertragsgesetzes zu dem Übereinkommen Bezug genommen, der zeitgleich mit diesem Entwurf vorgelegt wird.
- 3. Die Bestimmungen des Haager Kinderschutzübereinkommens bedürfen der Ergänzung durch innerstaatliches Verfahrensrecht. Das Übereinkommen lässt den Mitgliedstaaten Spielraum, Einzelheiten so auszugestalten, dass sich die im Übereinkommen geregelten Verfahren nahtlos in das System des innerstaatlichen Prozessrechts einfügen.
Der Entwurf schlägt vor, die erforderlichen Ausführungsvorschriften in das Internationale Familienrechtsverfahrensgesetz vom 26. Januar 2005 (IntFamRVG, BGBl. I S. 162) einzustellen.
Dieses Gesetz enthält seit 1. März 2005 die Aus- bzw. Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. EU (Nr. ) L 338 S. 1 - Brüssel IIa-Verordnung), dem Europäischen Übereinkommen vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses (BGBl. 1990 II S. 206, 220 - Europäisches Sorgerechtsübereinkommen) sowie dem Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (BGBl. 1990 II S. 206 - Haager Kindesentführungsübereinkommen).
Die Vorschriften im IntFamRVG zur Durchführung der Brüssel IIa-Verordnung können im Wesentlichen auch für das Haager Kinderschutzübereinkommen gelten da beide Rechtsinstrumente große Ähnlichkeiten aufweisen. Die Brüssel IIa-Verordnung hat das Haager Kinderschutzübereinkommen als Vorbild verwendet und beruht - trotz einiger Abweichungen im Detail - auf einer vergleichbaren Grundkonzeption.
- 4. Die Zuständigkeit für Verfahren auf Anerkennungsfeststellung und Zulassung der Zwangsvollstreckung nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen soll nach dem Konzept des Entwurfs bei dem Familiengericht am Sitz des Oberlandesgerichts konzentriert werden in dessen Bezirk die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit des Familiengerichts erfüllt sind. Das entspricht der bisherigen Rechtslage für Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen und Anträge auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen nach der Brüssel IIa-Verordnung und dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen. Durch die Zuständigkeitskonzentration werden die besondere Sachkunde und die praktische Erfahrung bei den zentralisierten Familiengerichten am Sitz der Oberlandesgerichte gefördert (vgl. BR-Drucksache 715/98 vom 14. April 1998).
Die Zuständigkeitskonzentration hat sich in der Praxis bewährt und soll daher auch für das Haager Kinderschutzübereinkommen gelten.
- 5. Nach Artikel 26 Absatz 2 des Haager Kinderschutzübereinkommens wendet jeder Vertragsstaat auf die Vollstreckbarerklärung ein einfaches und schnelles Verfahren an. Diesen Anforderungen genügen die Vorschriften im IntFamRVG. Es sieht für die Durchführung der Brüssel-IIa-Verordnung die Erteilung der Vollstreckungsklausel in einem einseitigen Antragsverfahren vor. Das soll auch für das neue Übereinkommen gelten. Die Vollstreckungsklausel verdeutlicht dass der im Ursprungsstaat vollstreckbare Titel durch die Vollstreckbarerklärung zu einem im Inland durchsetzbaren Titel wird. Um im Einzelfall Entscheidungen aus anderen Vertragsstaaten auch im Inland einen vollstreckungsfähigen Inhalt zu verschaffen, ist eine Anpassung des Titels im Vollstreckbarerklärungsverfahren möglich.
- 6. Nach Artikel 40 des Haager Kinderschutzübereinkommens können die Behörden des Vertragsstaats, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder in dem eine Schutzmaßnahme getroffen wurde, dem Träger der elterlichen Verantwortung oder jedem, dem der Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes anvertraut wurde, auf dessen Antrag eine Bescheinigung über seine Berechtigung zum Handeln und die ihm übertragenen Befugnisse ausstellen. Die Richtigkeit der Bescheinigung wird nach Artikel 40 Absatz 2 des Übereinkommens bis zum Beweis des Gegenteils vermutet. Es ist den Vertragsstaaten freigestellt, ob sie eine Bescheinigung nach Artikel 40 des Haager Kinderschutzübereinkommens ausstellen wollen oder nicht (Erläuternder Bericht zu dem Übereinkommen von Prof. Paul Lagarde, Rn. 154).
Das deutsche Recht kennt eine vergleichbare Urkunde nicht. § 1791 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sieht lediglich eine Bestallungsurkunde für den Vormund vor, der jedoch keine Richtigkeitsvermutung zukommt. Dementsprechend wäre eine Umsetzung des Artikels 40 des Haager Kinderschutzübereinkommens in Deutschland mit einigem Aufwand verbunden. Denn es wäre sicherzustellen, dass eine solche Bescheinigung die Rechtslage jederzeit zutreffend wiedergibt. Dieser Aufwand stünde voraussichtlich nicht im Verhältnis zu dem Nutzen, den eine solche Bescheinigung für die betroffenen Elternteile hätte. Der Entwurf schlägt daher vor, Artikel 40 des Haager Kinderschutzübereinkommens zunächst nicht umzusetzen.
- 7. Das Übereinkommen schafft ein System Zentraler Behörden in den Vertragsstaaten.
Jeder Vertragsstaat hat eine solche Zentrale Behörde zu benennen.
Die Zentralen Behörden haben die Pflicht, untereinander eng zusammenzuarbeiten, über ihr nationales Recht und die danach zulässigen Schutzmaßnahmen zu informieren sowie die Zusammenarbeit der einzelnen Behörden zu verbessern. Sie sollen insbesondere den zwischenbehördlichen Informationsaustausch fördern, gütliche Einigungen z.B. durch die Vermittlung von Mediatoren erleichtern, Hilfe bei der Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen leisten, auf Anfrage den Aufenthalt eines Kindes ermitteln sowie auf begründetes Ersuchen die eigenen Behörden auffordern, die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen zu prüfen.
Die Gerichte und Verwaltungsbehörden der Vertragsstaaten können zum Zweck der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit die Hilfe der Zentralen Behörden in Anspruch nehmen. Sie können aber beispielsweise auch unmittelbar Ersuchen an die zuständigen Gerichte und Verwaltungsbehörden der anderen Vertragsstaaten richten.
Der Entwurf weist die Aufgaben der Zentralen Behörde nach dem Übereinkommen dem Bundesamt für Justiz zu. Das Bundesamt für Justiz, das insoweit Aufgaben des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof übernommen hat (vgl. Artikel 4 Absatz 11 des Gesetzes zur Errichtung und zur Regelung der Aufgaben des Bundesamts für Justiz vom 17. Dezember 2006, BGBl. I S. 3171), besitzt eine mehrjährige Erfahrung als Zentrale Behörde nach der Brüssel IIa-Verordnung, dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen und dem Haager Kindesentführungsübereinkommen. Dabei handelt es sich um ähnliche Aufgaben wie diejenigen, die es nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen zu erfüllen haben wird. Die Nutzung bestehender Strukturen, Erfahrungen und Kontakte beim Bundesamt für Justiz als Zentraler Behörde lässt Synergieeffekte erwarten.
- 8. Die Betrauung des Bundesamts für Justiz mit den Aufgaben der Zentralen Behörde nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen bedarf zusätzlicher Haushaltsmittel im Bundeshaushalt in Höhe von zunächst jährlich rund 72 000 Euro. Im Einzelnen ist mit Personalkosten in Höhe von zunächst jährlich rund 60 000 Euro sowie Personalneben- und Sachkosten in Höhe von zunächst jährlich rund 14 000 Euro zu rechnen. Dem stehen Einnahmen in Höhe von rund 2 000 Euro gegenüber.
Das Personalkonzept beruht auf einer vergleichenden Betrachtung mit den Aufgaben und der Arbeitsbelastung des Bundesamts für Justiz als Zentraler Behörde nach der Brüssel-IIa-Verordnung, dem Haager Kindesentführungsübereinkommen und dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen. Im Hinblick auf den weitgehenden Vorrang des Gemeinschaftsrechts innerhalb der Europäischen Gemeinschaft orientiert sich die Berechnung an dem Fallaufkommen nach den beiden Übereinkommen in Bezug auf Staaten, für die die Brüssel IIa-Verordnung nicht gilt (Nicht-EG-Mitgliedstaaten und Dänemark, das an der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen nach Artikel 61 und 65 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) nicht teilnimmt). Zunächst kann von acht Vertragsstaaten ausgegangen werden (Dänemark und die eingangs genannten sieben Vertragsstaaten außerhalb der Europäischen Union). Daher werden für die Anfangsphase 40 Fälle pro Jahr zugrunde gelegt, an denen das Bundesamt für Justiz beteiligt ist. Fallreduzierend wurde dabei berücksichtigt, dass das Bundesamt für Justiz im Anwendungsbereich des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens durch das neue Übereinkommen geringfügig entlastet werden dürfte. Wenn das Übereinkommen allerdings eine große Zahl an Vertragsstaaten außerhalb der Europäischen Union gewinnt, kann sich der Personalbedarf und damit die jährliche Belastung des Bundeshaushalts verdreifachen.
Allerdings ist damit nicht in naher Zukunft zu rechnen, sondern allenfalls langfristig.
Bei der Höhe des Vollzugsaufwands sind bereits Einnahmen des Bundes durch das Bundesamt für Justiz in Höhe von rund 2.000 Euro berücksichtigt. Die Zentralen Behörden und die anderen Behörden der Vertragsstaaten tragen zwar die Kosten, die ihnen bei der Durchführung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit entstehen. Sie können jedoch für erbrachte Dienstleistungen angemessene Kosten verlangen (Artikel 38). Der Entwurf enthält daher Regelungen über die Kosten für Unterstützungsleistungen des Bundesamts für Justiz gegenüber Trägern der elterlichen Verantwortung.
- 9. Auf die Länderhaushalte könnte ein geringer, nicht quantifizierbarer Mehraufwand zukommen.
Die in diesem Entwurf geregelten Verfahren waren im Wesentlichen auch schon bisher - wenn auch zum Teil nach anderen Vorschriften - durchzuführen.
- 10. Kosten bei Wirtschaftsunternehmen entstehen nicht. Die Ausführung des Gesetzes wird keine Auswirkungen auf Einzelpreise oder das Preisniveau haben.
- 11. Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes, hinsichtlich der Mitwirkung der Jugendämter zusätzlich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 des Grundgesetzes. Die Erforderlichkeit bundesgesetzlicher Regelung (Artikel 72 Absatz 2 des Grundgesetzes) folgt daraus, dass unterschiedliche Verfahren bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit erhebliche Rechtsunsicherheiten und damit unzumutbare Behinderungen für den grenzüberschreitenden Rechtsverkehr erzeugen können. Darüber hinaus gibt es bereits bundesgesetzliche Regelungen in diesem Bereich. Wegen der sachlichen Nähe zu den bestehenden Aus- und Durchführungsvorschriften zur Brüssel IIa-Verordnung, dem Haager Kindesentführungsübereinkommen und dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen erscheint es geboten, auch die Ausführung des Haager Kinderschutzübereinkommens bundesrechtlich zu regeln.
- 12. Eine Befristung des Gesetzes erscheint nicht angezeigt. Es schafft die notwendigen Strukturen für die Ausführung eines internationalen Übereinkommens, das (vorbehaltlich einer Kündigung durch die Mitgliedstaaten der Brüssel IIa-Verordnung) für Deutschland auf Dauer gelten wird. Die Aufgaben nach dem Übereinkommen sind zu erfüllen, solange das Übereinkommen für Deutschland verbindlich ist.
- 13. Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.
- 14. Eine gleichstellungspolitische Relevanz ist nicht gegeben. Durch die Regelungen des Übereinkommens sind Mädchen und Jungen sowie Frauen und Männer gleichermaßen betroffen. Eine Ungleichbehandlung findet nicht statt. Es ergeben sich auch keine mittelbar geschlechtsspezifisch wirkenden Unterschiede. Die sprachlichen Regeln zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen wurden berücksichtigt.
- 15. Ergänzend wird auf den gleichzeitig vorgelegten Entwurf eines Vertragsgesetzes zu dem Haager Kinderschutzübereinkommen Bezug genommen.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Änderung des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes Artikel 1 enthält die Änderungen des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes (IntFamRVG).
Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)
Die Änderungen dienen der Anpassung der Inhaltsübersicht.
§ 1 IntFamRVG zählt die internationalen Rechtsinstrumente auf, zu deren Aus- und Durchführung das Gesetz dient. Als neue Nummer 2 wird in § 1 IntFamRVG das Haager Kinderschutzübereinkommen aufgenommen. Das Kinderschutzübereinkommen sollte unmittelbar nach der Brüssel IIa-Verordnung genannt werden, da die beiden Rechtsakte weitgehend denselben Regelungsgegenstand haben, große Ähnlichkeiten aufweisen und daher nach dem Entwurf im gesamten Gesetz soweit wie möglich nach denselben Regeln auszuführen sind. Die Abschnitte 1 bis 5 sowie 7, 8 und 10 IntFamRVG gelten damit auch für das Haager Kinderschutzübereinkommen.
§ 3 IntFamRVG weist die Aufgaben der Zentralen Behörden nach den unter das IntFamRVG fallenden internationalen Rechtsinstrumenten dem Bundesamt für Justiz zu.
Die Neuregelung überträgt dem Amt auch die Aufgaben der Zentralen Behörde nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen.
Nach Artikel 54 des Haager Kinderschutzübereinkommens müssen Mitteilungen an die Zentrale Behörde oder eine andere Behörde von einer Übersetzung in die Amtssprache des Empfangsstaats, oder, wenn eine solche Übersetzung nur schwer erhältlich ist, von einer Übersetzung ins Englische oder Französische begleitet sein. Ein Vorbehalt gegen die Verwendung entweder des Französischen oder des Englischen ist möglich und soll nach den Vorstellungen des gleichzeitig vorgelegten Entwurfs für ein Vertragsgesetz eingelegt werden. Nach dem Entwurf wird die geltende Vorschrift des § 4 Abs. 2 IntFamRVG auf Mitteilungen nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen erweitert.
§ 9 IntFamRVG regelt - unbeschadet der Aufgaben des Jugendamts bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit - die Mitwirkung des Jugendamts (Unterstützung der Gerichte und der Zentralen Behörde bei Maßnahmen nach dem IntFamRVG). Die Mitwirkung erstreckt sich nach § 1 Nummer 2 IntFamRVG-Entwurf auch auf Fälle im Anwendungsbereich des Haager Kinderschutzübereinkommens. Dabei sind die Aufgaben mit denen nach der Brüssel IIa-Verordnung vergleichbar.
Nach Artikel 35 Abs. 2 Satz 1 des Haager Kinderschutzübereinkommens können die Behörden eines Vertragsstaats, in dem das Kind keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, auf Antrag eines Elternteils, der sich in diesem Staat aufhält und der ein Recht zum persönlichen Umgang zu erhalten oder beizubehalten wünscht, Auskünfte oder Beweise erheben und Feststellungen über die Eignung dieses Elternteils zur Ausübung des Rechts zum persönlichen Umgang und die Bedingungen seiner Ausübung treffen. § 9 Absatz 1 Nummer 1 IntFamRVG umfasst diese Aufgabe bereits, denn Auskünfte über einen umgangsberechtigten Elternteil oder die Feststellung seiner Eignung zum Umgang betreffen die soziale Lage des Umfelds des Kindes. Örtlich zuständig soll nach dem Entwurf in diesem Falle das Jugendamt sein, in dessen Bezirk sich der antragstellende Elternteil gewöhnlich aufhält (§ 9 Absatz 2 Satz 3 IntFamRVG-Entwurf).
Die Änderung erstreckt die Regelungen des § 10 IntFamRVG zur örtlichen Zuständigkeit der Gerichte auch auf das Anerkennungsfeststellungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen.
§ 10 IntFamRVG sieht einen gestuften Tatbestand vor. Nach Nummer 1 kommt es vorrangig auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Person, gegen die sich der Antrag richtet, oder des Kindes an, auf das sich die Entscheidung bezieht. Unter mehreren danach zuständigen Gerichten hat die antragstellende Person die Wahl. Hat keine der in Nummer 1 genannten Personen ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so ist nach Nummer 2 der Ort maßgeblich, an dem das Interesse an der beantragten Feststellung hervortritt oder das Bedürfnis der Fürsorge besteht. Für die Fälle, in denen weder Nummer 1 noch Nummer 2 eingreift, sieht Nummer 3 eine Auffangzuständigkeit vor.
Die Vorschrift betrifft allein die örtliche Zuständigkeit für die Anerkennungsfeststellung und Vollstreckbarerklärung und nicht die direkte internationale Zuständigkeit der Gerichte und Verwaltungsbehörden. Letztere ergibt sich aus dem Übereinkommen.
Durch die Änderung gilt die Zuständigkeitskonzentration nach § 12 IntFamRVG für die Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen nicht nur für Titel aus Mitgliedstaaten der Brüssel IIa-Verordnung (EG-Mitgliedstaaten außer Dänemark), sondern auch für Titel aus Vertragsstaaten des Haager Kinderschutzübereinkommens, die nicht Mitgliedstaaten der Brüssel IIa-Verordnung sind. Für Anträge auf Feststellung der Anerkennung oder der Nichtanerkennung eines Titels gilt dies gleichermaßen.
Buchstabe a korrigiert ein Redaktionsversehen.
Buchstabe b erweitert die Möglichkeit, einen Antrag bei dem nach § 12 IntFamRVG zuständigen (zentralisierten) Familiengericht zu stellen, auf Fälle, in denen ein Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat des Haager Kinderschutzübereinkommens hat. §§ 12 und 13 Absatz 1 Satz 1 IntFamRVG sehen schon bisher eine Zuständigkeitskonzentration für Verfahren über die Rückgabe des Kindes nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen sowie die Anerkennung oder Vollstreckung von Entscheidungen nach der Brüssel IIa-Verordnung und dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen vor. Zuständig ist grundsätzlich das Familiengericht, in dessen Bezirk das Oberlandesgericht seinen Sitz hat, bzw. im Bezirk des Kammergerichts das Amtsgericht Pankow/Weißensee (sog. zentralisierte Familiengerichte). Ziel der Zuständigkeitskonzentration ist es, diesen Gerichten den Erwerb besonderer Sachkunde in internationalen Familiensachen zu ermöglichen. Nach § 13 Absatz 2 IntFamRVG können auch andere Familiensachen, die die Herausgabe des Kindes oder das Sorge- oder Umgangsrecht betreffen bei diesen zentralisierten Familiengerichten anhängig gemacht werden, wenn ein Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Brüssel IIa-Verordnung, des Haager Kindesentführungsübereinkommens oder des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens hat. Künftig soll dies auch dann gelten, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Elternteils in einem Vertragsstaat des Kinderschutzübereinkommens liegt. Denn in allen diesen Fällen kann es typischerweise ein Bedürfnis geben, die besondere Sachkunde der zentralisierten Familiengerichte zu nutzen.
Die neue Vorschrift regelt das Verfahren bei Abgabe (bzw. nach dem Wortlaut des Artikels 15 der Brüssel IIa-Verordnung: "Verweisungen") an Gerichte eines anderen Vertragsstaats des Haager Kindesentführungsübereinkommens bzw. Mitgliedstaats der Brüssel-IIa-Verordnung.
Nach Artikel 15 der Brüssel IIa-Verordnung können die international zuständigen Gerichte eines Mitgliedstaats der Verordnung (EG-Mitgliedstaaten außer Dänemark) ihre Zuständigkeit unter bestimmten Voraussetzungen an die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats abgeben ("Verweisung an ein Gericht, das den Fall besser beurteilen kann"). Artikel 15 der Brüssel IIa-Verordnung regelt das Abgabeverfahren relativ ausführlich. Danach hat das (international) zuständige Gericht (Ausgangsgericht) zwei Möglichkeiten:
Es kann einmal das Verfahren aussetzen und die Parteien einladen, die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats anzurufen. Das zuständige Gericht setzt den Parteien hierfür eine Frist (Artikel 15 Absatz 4 der Brüssel IIa-Verordnung). Läuft die Frist ab, ohne dass eine Partei die Gerichte des anderen Staates angerufen hat, so bleibt es bei der Zuständigkeit des Ausgangsgerichts. Werden die Gerichte des anderen Staates angerufen, so können sich die Gerichte des ersuchten Staates innerhalb von sechs Wochen für zuständig erklären (Artikel 15 Absatz 5 der Brüssel IIa-Verordnung). Tun sie dies nicht, bleibt es bei der Zuständigkeit des Ausgangsgerichts.
Das Ausgangsgericht kann darüber hinaus - mit Zustimmung mindestens einer Partei - die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats um Übernahme der Zuständigkeit ersuchen. In diesem Falle kann der ersuchte Staat innerhalb von sechs Wochen die Zuständigkeit übernehmen (Artikel 15 Absatz 5 der Brüssel IIa-Verordnung). Anderenfalls bleibt es bei der Zuständigkeit des Ausgangsgerichts.
Umgekehrt kann auch ein eigentlich unzuständiges Gericht eines Mitgliedstaats - mit Zustimmung mindestens einer Partei - die international zuständigen Gerichte eines anderen Mitgliedstaats ersuchen, ihre Zuständigkeit nach Artikel 15 der Brüssel IIa-Verordnung abzugeben. Dies ergibt sich aus Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung. Das ersuchte Gericht verfährt anschließend wie oben beschrieben.
Artikel 15 der Brüssel IIa-Verordnung wurde nach dem Vorbild der Artikel 8 und 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens konzipiert. Diese sehen ebenso wie die Verordnung die Möglichkeit vor, die Zuständigkeit unter bestimmten Voraussetzungen abzugeben (Artikel 8 des Haager Kinderschutzübereinkommens) oder die eigentlich zuständigen Gerichte um Abgabe der Zuständigkeit zu ersuchen (Artikel 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens).
Die Vorschriften des Übereinkommens lassen jedoch mehr Spielraum für die Ausgestaltung des Verfahrens als Artikel 15 der Brüssel IIa-Verordnung, der das Verfahren eingehend regelt. § 13a Absatz 1 bis 3 IntFamRVG-Entwurf befassen sich daher nur mit der Abgabe nach Artikel 8 und 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens.
Dagegen gelten § 13a Absatz 4 bis 6 IntFamRVG-Entwurf sowohl für Artikel 8 und 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens als auch für Artikel 15 der Brüssel IIa-Verordnung. Die Ausführungsvorschriften sind jeweils mit den Vorschriften des Kinderschutzübereinkommens bzw. der Verordnung zusammen zu lesen. Denn insbesondere die inhaltlichen Voraussetzungen für eine Abgabe ergeben sich unmittelbar aus Artikel 8 und 9 des Übereinkommens bzw. Artikel 15 der Verordnung.
Absätze 1 bis 3
Der Entwurf schlägt in § 13a Absatz 1 bis 3 IntFamRVG-Entwurf vor, das Verfahren zur Anwendung der Artikel 8 und 9 des Übereinkommens nach dem Vorbild des Artikels 15 der Brüssel IIa-Verordnung auszugestalten. Insbesondere wird dem nach Artikel 5 oder 6 des Haager Kinderschutzübereinkommens international zuständigen Familiengericht, das die Zuständigkeit ins Ausland abgeben möchte, aufgegeben, dem ersuchten Gericht bzw. den Parteien eine Frist zur Übernahme der Zuständigkeit bzw. zur Anrufung des ausländischen Gerichts zu setzen. Ist die Frist ergebnislos abgelaufen, soll es grundsätzlich bei der Zuständigkeit des Ausgangsgerichts bleiben. § 13a Absatz 1 Satz 3 IntFamRVG Entwurf räumt dem Familiengericht etwas Flexibilität ein, wenn beispielsweise das ausländische Gericht die Übernahme des Verfahrens in Aussicht gestellt hat, falls noch eine fehlende Auskunft oder ein fehlendes Dokument nachgereicht wird. § 13a Absatz 1 Satz 4 IntFamRVG-Entwurf ordnet dagegen unmittelbar an, dass es bei der internationalen Zuständigkeit des Familiengerichts bleibt, wenn keine der Parteien das ausländische Gericht innerhalb der hierfür gesetzten Frist anruft. Wenn das ausländische Gericht die Übernahme der Zuständigkeit ausdrücklich ablehnt, bleibt es ebenfalls bei der Zuständigkeit des Familiengerichts. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Übereinkommen (vgl. Erläuternder Bericht zu dem Übereinkommen von Prof. Paul Lagarde, Anlage zur Denkschrift zu dem gleichzeitig vorgelegten Entwurf eines Vertragsgesetzes zu dem Haager Kinderschutzübereinkommen, Rn. 56) und bedarf keiner Anordnung im Ausführungsgesetz.
Dem Vorbild des Artikels 15 Absatz 5 der Brüssel IIa-Verordnung folgend kann das (eigentlich international unzuständige) Familiengericht, das von einem nach Artikel 5 oder 6 des Haager Kinderschutzübereinkommens zuständigen Gericht eines anderen Vertragsstaats um Übernahme der Zuständigkeit nach Artikel 8 des Haager Kinderschutzübereinkommens ersucht wird, dies nur binnen einer Frist von sechs Wochen nach seiner Befassung tun. Nach Ablauf dieser Frist ist das Ersuchen abzulehnen. Es bleibt bei der internationalen Zuständigkeit des Ausgangsgerichts.
Nach § 13a Absatz 3 IntFamRVG-Entwurf ist bei Ersuchen bzw. Anträgen nach Artikel 9 des Haager Kindschutzübereinkommens entsprechend zu verfahren wie bei solchen nach Artikel 8 des Übereinkommens. Das bedeutet in der Praxis Folgendes:
Möchte das (eigentlich international nicht zuständige) Familiengericht das nach Artikel 5 oder 6 des Haager Kinderschutzübereinkommens zuständige ausländische Gericht ersuchen, die Zuständigkeit an das deutsche Familiengericht abzugeben, oder lädt es die Parteien ein einen entsprechenden Antrag zu stellen, so setzt es eine Frist für die Mitteilung der Abgabe der Zuständigkeit oder der Anrufung des ausländischen Gerichts. Läuft die Frist ergebnislos ab, so ist dies in der Regel als Ablehnung der Abgabe der Zuständigkeit zu werten bzw. bleibt es bei der Zuständigkeit des ausländischen Gerichts (entsprechende Anwendung von § 13a Absatz 1 IntFamRVG-Entwurf).
Geht bei einem nach Artikel 5 oder 6 des Haager Kinderschutzübereinkommens zuständigen deutschen Familiengericht ein Ersuchen des Gerichts eines anderen Vertragsstaats oder ein Antrag der Parteien ein, die Zuständigkeit an das ausländische Gericht nach Artikel 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens abzugeben, so kann es die Zuständigkeit binnen sechs Wochen nach Eingang des Ersuchens bzw. des Antrags abgeben. Nach Ablauf dieser Frist ist das Ersuchen bzw. der Antrag zwingend abzulehnen (entsprechende Anwendung von § 13a Absatz 2 IntFamRVG-Entwurf).
Absätze 4 und 5
Die Absätze 4 und 5 der vorgeschlagenen Vorschrift regeln die Rechtsmittel gegen eine Abgabe ins Ausland. Weder das Übereinkommen noch die Brüssel IIa-Verordnung enthalten hierzu Vorgaben. Die Ausgestaltung ist daher dem nationalen Recht überlassen. Dabei ist jeweils zu berücksichtigen, dass sowohl der Fall eintreten kann, dass das deutsche Gericht ein Ersuchen nach Artikel 8 und 9 des Kinderschutzübereinkommens bzw. Artikel 15 der Brüssel IIa-Verordnung stellt oder das Verfahren nach diesen Vorschriften aussetzt ("ausgehende Verfahren"), als auch der Fall, dass ein ausländisches Gericht von den genannten Vorschriften Gebrauch macht ("eingehende Verfahren").
Dem Vorschlag für § 13a IntFamRVG-Entwurf liegen folgende Überlegungen zugrunde:
Erstens ist die Abweichung von der nach der Brüssel IIa-Verordnung bzw. dem Haager Kinderschutzübereinkommen vorgesehenen Zuständigkeitsordnung eine Ausnahme, die grundsätzlich der Rechtfertigung durch Überlegungen des Kindeswohls bedarf (vgl. Wortlaut der Artikel 8 und 9 des Übereinkommens und des Artikels 15 der Verordnung). Ein Rechtsmittel erscheint sinnvoll, wenn von der regelmäßigen Zuständigkeitsordnung abgewichen werden soll. Dagegen bedarf es weder einer besonderen Rechtfertigung noch eines Rechtsmittels, wenn es bei der allgemein geltenden Zuständigkeitsordnung der Verordnung und des Übereinkommens bleibt.
Zweitens ist es praktisch kaum möglich, ein einmal im Ausland anhängig gemachtes Ersuchen um Übernahme der Zuständigkeit ohne weiteres zurückzuziehen. Denn wenn das ausländische Gericht dem Ersuchen stattgibt und die Zuständigkeit übernimmt, wird es kaum gewillt sein, diese wieder an das ersuchende Gericht zurückzugeben. Daher eröffnet § 13a Absatz 3 IntFamRVG-Entwurf die sofortige Beschwerde bereits gegen den Beschluss, das ausländische Gericht um Übernahme der Zuständigkeit zu bitten oder das Verfahren mit dem Ziel auszusetzen, dass die Parteien die Übernahme der Zuständigkeit erwirken. Der Beschluss wird erst mit seiner Rechtskraft wirksam. Vorher darf das ausländische Gericht nicht um Übernahme des Verfahrens ersucht werden. Für den Fall, dass eine Partei das ausländische Gericht anrufen sollte, bevor der Aussetzungsbeschluss wirksam geworden ist, kann das ausländische Gericht dem Beschluss den Hinweis entnehmen dass er mangels Rechtskraft noch nicht wirksam ist.
Drittens sollte dem Beschleunigungsgebot soweit möglich Rechnung getragen werden.
Daher schließt § 13a Absatz 4 IntFamRVG-Entwurf Rechtsmittel gegen die Entscheidung aus durch die sich das (nach den allgemeinen Regeln international zuständige) deutsche Familiengericht nach der Übernahme der Zuständigkeit durch ein ausländisches Gericht für unzuständig erklärt. Denn die Zulässigkeit der Abgabe der Zuständigkeit konnte im Rahmen einer sofortigen Beschwerde gegen die vorangegangene Entscheidung nach Artikel 8 des Übereinkommens bzw. Artikel 15 der Verordnung geprüft werden.
Auch im Übrigen sind Rechtsmittel gegen Entscheidungen nach Artikeln 8 und 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens und Artikel 15 der Brüssel IIa-Verordnung nach § 13a Absatz 5 des Entwurfs ausgeschlossen. Dies betrifft folgende Fälle:
- - Das international zuständige Familiengericht lehnt es ab, das ausländische Gericht um Übernahme der Zuständigkeit nach Artikel 8 des Übereinkommens oder Artikel 15 der Verordnung zu ersuchen oder die Parteien einzuladen, einen entsprechenden Antrag zu stellen;
- - das international unzuständige Familiengericht lehnt die Übernahme der Zuständigkeit auf ein Ersuchen eines ausländischen Gerichts oder auf Antrag der Parteien nach Artikel 8 des Übereinkommens bzw. Artikel 15 der Verordnung ab;
- - das international unzuständige Familiengericht übernimmt die Zuständigkeit auf ein Ersuchen eines ausländischen Gerichts oder auf Antrag der Parteien nach Artikel 8 des Übereinkommens bzw. Artikel 15 der Verordnung;
- - das international unzuständige Familiengericht lehnt es ab, das zuständige ausländische Gericht nach Artikel 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens um Abgabe der Zuständigkeit zu ersuchen oder die Parteien einzuladen, einen entsprechenden Antrag zu stellen oder nach Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe c der Brüssel IIa-Verordnung bei einem ausländischen Gericht anzuregen, das Verfahren abzugeben;
- - das international zuständige Familiengericht lehnt es ab, dem Ersuchen eines ausländischen Gerichts oder dem Antrag der Parteien nach Artikel 9 des Übereinkommens auf Abgabe der Zuständigkeit an das ausländische Gericht stattzugeben.
Für den Ausschluss des Rechtsmittels spricht zum einen das generelle Beschleunigungsgebot in allen die elterliche Verantwortung betreffenden Verfahren. Zum anderen führen die meisten der genannten Entscheidungen dazu, dass es bei der von der Verordnung und dem Übereinkommen vorgesehenen internationalen Zuständigkeitsordnung bleibt (Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes). Diese entspricht regelmäßig dem Wohl des Kindes am besten. Darüber hinaus ist auf die Frist von sechs Wochen hinzuweisen, die in Artikel 15 Absatz 5 der Brüssel IIa-Verordnung vorgesehen ist. Es wird normalerweise praktisch ausgeschlossen sein, eine Sechs-Wochen-Frist unter Einschluss eines Rechtsmittels einzuhalten. Lehnt das Familiengericht die Übernahme der Zuständigkeit ab, so hätte eine Beschwerde zum Ziel, dass die Zuständigkeit von den deutschen Gerichten übernommen wird. Dies wäre aber innerhalb der nach der Verordnung vorgesehenen Frist kaum möglich. Die Beschwerde würde daher in der Regel leer laufen. Daher kann ein Rechtsmittel im Zusammenhang von Artikel 15 Absatz 5 der Brüssel IIa-Verordnung nicht vorgesehen werden. Fälle nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen sollten aber - dem allgemeinen Konzept des Entwurfs folgend - genauso behandelt werden wie Fälle nach der Verordnung.
Zu Absatz 6
§ 13a Absatz 6 IntFamRVG-Entwurf definiert den Begriff "Partei". Die Verwendung des Begriffs ist insofern systemwidrig, als das Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)2, das für das IntFamRVG maßgeblich ist (vgl. § 14 IntFamRVG), nur Beteiligte kennt. Der Begriff "Partei" ist der Zivilprozessordnung vorbehalten. Sowohl die Brüssel IIa-Verordnung als auch das Haager Kinderschutzübereinkommen verwenden dagegen den Begriff "Partei", überlassen es aber dem nationalen Verfahrensrecht zu bestimmen, wer "Partei" im Sinne dieser Vorschrift ist. Dies regelt § 13a Absatz 6 des Entwurfs dahingehend, dass nur die antragstellende Person sowie jede durch das Verfahren unmittelbar in ihrem Recht betroffene Person die in Artikel 8 und 9 des Übereinkommens und Artikel 15 der Brüssel IIa-Verordnung vorgesehenen Rechte haben. Um eine begriffliche Übereinstimmung mit den genannten Vorschriften zu erreichen und die vom Abgabeverfahren besonders betroffenen Personen von sonstigen Beteiligten abzugrenzen, verwendet § 13a IntFamRVG-Entwurf ausnahmsweise den Begriff "Partei".
§ 18 IntFamRVG sieht entsprechend den Vorgaben in der Brüssel IIa-Verordnung für die erste Instanz des Vollstreckbarerklärungsverfahrens ein einseitiges Verfahren vor. Der verpflichteten Person und dem betroffenen Kind wird rechtliches Gehör erst in der Be2 Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) nach Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) tritt am 1. September 2009 in Kraft. schwerdeinstanz des Vollstreckbarerklärungsverfahrens gewährt. Das dient der Verfahrensbeschleunigung und ist durch die Erwägung gerechtfertigt, dass der Streit in der Sache selbst bereits vor den Gerichten des Ursprungsstaats auszutragen ist. Die Betroffenen können ihre Rechte im Inland durch Einlegung der Beschwerde geltend machen.
Wie die übrigen Vorschriften des IntFamRVG zum Vollstreckbarerklärungsverfahren kann auch § 18 IntFamRVG auf das Haager Kinderschutzübereinkommen Anwendung finden.
Denn das Übereinkommen überlässt die Ausgestaltung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens den Vertragsstaaten und verlangt lediglich, dass ein einfaches und schnelles Verfahren zur Anwendung kommt (Artikel 26 Absatz 2 des Übereinkommens). Im Interesse der Einheitlichkeit sieht der Entwurf daher vor, das im Rahmen der Brüssel IIa-Verordnung bereits bekannte Vollstreckbarerklärungsverfahren anzuwenden.
Das Haager Kinderschutzübereinkommen sieht die Anerkennung von Entscheidungen aus anderen Vertragsstaaten kraft Gesetzes und damit ohne ein vorgeschaltetes Anerkennungsverfahren vor (Artikel 23 Absatz 1). Zur Klärung der Rechtslage können die Betroffenen jedoch beantragen, dass über die Anerkennung oder Nichtanerkennung einer in einem anderen Vertragsstaat getroffenen Maßnahme gesondert entschieden wird (Artikel 24 des Übereinkommens). Eine ähnliche Regelung gibt es in Artikel 21 Absatz 3 in Verbindung mit Kapitel III Abschnitt 2 der Brüssel IIa-Verordnung. § 32 Satz 1 IntFamRVG-Entwurf verweist für das Anerkennungsverfahren zunächst wie bisher auf die Vorschriften über die Vollstreckbarerklärung. Die vorgeschlagenen neuen Sätze 2 und 3 der Vorschrift regeln den Sonderfall, dass die antragstellende Person die Feststellung begehrt, dass die Entscheidung nicht anzuerkennen sei. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft hat hierzu in einem Urteil zur Auslegung des Artikels 21 Abs. 3 der Brüssel IIa-Verordnung festgestellt, dass in diesem Fall die Partei, welche die Anerkennung der Entscheidung begehrt - also der Antragsgegner oder die Antragsgegnerin -, Gelegenheit zur Äußerung erhalten muss (Urteil vom 11. Juli 2008, Rechtssache C195/08 - Rinau -, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Rn. 107). § 32 Satz 2 und 3 IntFamRVG-Entwurf setzen dies um, indem sie klarstellen, dass § 18 Absatz 1 Satz 1 und 3 IntFamRVG, wonach nur die antragstellende Person an dem Verfahren zu beteiligen ist, keine Anwendung findet. Diese für die Brüssel IIa-Verordnung verbindliche Vorgabe für die Ausgestaltung des Anerkennungsverfahrens soll wegen der vergleichbaren Interessenlage auch für das Haager Kinderschutzübereinkommen und das Europäische Sorgerechtsübereinkommen gelten.
Nach den Vorstellungen des deutschen Rechts hat die Entscheidung über die Zuweisung der elterlichen Sorge rechtsgestaltende Wirkung, stellt aber nicht unmittelbar einen vollstreckbaren Titel auf Herausgabe des Kindes dar. Vielmehr muss das Familiengericht die Herausgabe des Kindes gesondert anordnen.
Ausländische Sorgerechtsentscheidungen haben dagegen zum Teil nicht nur rechtsgestaltende Wirkungen, sondern können auch vollstreckbare Titel auf Herausgabe des Kindes sein ohne dass dies in der Entscheidung notwendigerweise mit derselben Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht wird wie nach deutschem Recht. Grundsätzlich ist ein Titel in Deutschland mit den Wirkungen anzuerkennen, die er nach dem Recht des Staates hat, in dem er geschaffen wurde. Allerdings stellt es für die mit den Gepflogenheiten anderer Rechtsordnungen nicht vertrauten deutschen Gerichte und Behörden eine gewisse Schwierigkeit dar, den Umfang der vollstreckbaren Verpflichtung festzustellen, wenn der Titel nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit einer zu vollstreckenden Anordnung genügt die nach deutschem Vollstreckungsrecht gefordert ist.
Die Änderung soll der Praxis den Umgang mit ausländischen Titeln erleichtern, die zwar ihrem Wortlaut nach scheinbar nur das Sorgerecht regeln, nach dem Recht des Staates, in dem der Titel geschaffen wurde, aber eine vollstreckbare Herausgabeanordnung umfassen.
Das Familiengericht kann die Herausgabeanordnung in diesem Falle klarstellend entweder in die Vollstreckbarerklärung aufnehmen oder - insbesondere wenn ein Titel nach Kapitel III Abschnitt 4 der Brüssel IIa-Verordnung unmittelbar vollstreckbar ist - bei der Anordnung von Vollstreckungsmaßnahmen zum Ausdruck bringen. Zwar wäre dies auch nach geltendem Recht schon möglich. Denn die Frage, ob der ausländische Titel (implizit) eine Herausgabeanordnung umfasst, ist eine Frage der Auslegung des Titels, der grundsätzlich mit dem Inhalt anzuerkennen (und ggf. für vollstreckbar zu erklären) ist, den er im Ursprungsstaat hat. Die Änderung macht dies jedoch für alle Beteiligten deutlicher.
§ 44 IntFamRVG enthält Vorschriften zur Vollstreckung, die den allgemeinen Regelungen nach § 33 FGG (künftig: Abschnitt 8 des Buchs 1 FamFG)3 vorgehen. Soweit § 44
IntFamRVG keine besonderen Vorschriften enthält, gilt ergänzend Abschnitt 8 des Buchs 1 FamFG, insbesondere § 89 FamFG. Dies ergibt sich aus § 14 Nr. 2 IntFamRVG, der das FamFG für anwendbar erklärt. Die in § 44 IntFamRVG vorgesehenen Sonderregeln sollen auch für Fälle des Haager Kinderschutzübereinkommens gelten. Denn die Sach- und Interessenlage ist vergleichbar.
Artikel 33 des Haager Kinderschutzübereinkommens regelt die Unterbringung von Kindern in einer Einrichtung oder Pflegefamilie eines anderen Vertragsstaats. Die mit der Unterbringung befasste Behörde zieht vor ihrer Entscheidung die Zentrale Behörde oder eine andere zuständige Behörde des anderen Vertragsstaats zurate. Die Entscheidung über die Unterbringung kann im ersuchenden Staat nur getroffen werden, wenn die zuständige Behörde des ersuchten Staats dieser Unterbringung zugestimmt hat. Eine ähnliche Vorschrift enthält Artikel 56 der Brüssel IIa-Verordnung.
Durch die vorgeschlagenen Änderungen sollen die Regelungen der §§ 45 bis 47 Int-FamRVG zum Konsultationsverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (Brüssel IIa-Verordnung) auch für das Haager Kinderschutzübereinkommen gelten.
Zu Artikel 2 (Änderungen der Justizverwaltungskostenordnung)
Bei den Unterstützungsleistungen durch das Bundesamt für Justiz handelt es sich um ein Justizverwaltungsverfahren ( § 3 Absatz 2 IntFamRVG). Hinsichtlich der Kosten gilt somit die Justizverwaltungskostenordnung (vgl. § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Justizverwaltungskostenordnung (JVKostO)], in die ein besonderer Gebührentatbestand eingestellt werden soll. Denn die Zentralen Behörden tragen nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen zwar die Kosten, die ihnen bei der Durchführung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit entstehen. Sie können jedoch für erbrachte Dienstleistungen angemessene Kosten verlangen (Artikel 38 KSÜ).
Das Bundesamt für Justiz soll für Unterstützungsleistungen gegenüber Trägern der elterlichen Verantwortung Gebühren mit einem Gebührenrahmen von 10 bis 300 Euro erheben.
Ein solcher Gebührenrahmen erscheint erforderlich, um der Vielzahl unterschiedlicher und zum Teil äußerst arbeitsintensiver Unterstützungsleistungen gerecht zu werden. Darunter fallen beispielsweise umfangreiche Auskunftsersuchen, die Organisation einer grenzüber3 Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) nach Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) tritt am 1. September 2009 in Kraft. schreitenden Mediation oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts eines Kindes. Eine einfache mündliche oder schriftliche Informationserteilung soll nicht unter den Begriff der Unterstützungsleistung fallen. Die Gebührenfestsetzung im Einzelfall richtet sich nach § 2 Absatz 2 JVKostO. Wer als Kostenschuldner zur Zahlung der Gebühr verpflichtet ist, folgt aus § 6 JVKostO. Nach § 12 JVKostO kann ausnahmsweise von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn dies mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen oder sonst aus Billigkeitsgründen geboten erscheint. Wird das Bundesamt für Justiz als Zentrale Behörde in einem Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung durch Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Länder eingeschaltet, so leistet es die Unterstützung gebührenfrei (§ 8 JVKostO).
Zu Artikel 3 (Bekanntmachungserlaubnis)
Das IntFamRVG ist in letzter Zeit mehrfach geändert worden. Zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für den Rechtsanwender ist eine Neubekanntmachung sinnvoll. Daher soll das Bundesministerium der Justiz ermächtigt werden, eine Neubekanntmachung des IntFamRVG vorzunehmen.
Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Das Haager Kinderschutzübereinkommen tritt für Deutschland am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde folgt. Da das Übereinkommen teilweise in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft fällt und die Mitgliedstaaten insoweit im Interesse der Gemeinschaft handeln, sollen die Ratifikationsurkunden der Mitgliedstaaten gleichzeitig hinterlegt werden. Vorgesehen ist eine Ratifikation bis zum 5. Juni 2010. Der tatsächliche Termin steht jedoch nicht fest. Der Tag des Inkrafttretens des Gesetzes ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 710:
Gesetz zur Änderung des internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes (Haager Kinderschutzübereinkommen)
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des o.g. Gesetzes auf Bürokratiekosten geprüft die durch Informationspflichten begründet werden.
Durch den Entwurf werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger eingeführt, geändert oder aufgehoben. Es entstehen keine neuen Bürokratiekosten für Wirtschaft, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger.
Der Nationale Normenkontrollrat hat daher im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
gez. | gez. |
Dr. Ludewig | Bachmaier |
Vorsitzender | Berichterstatter |