856. Sitzung des Bundesrates am 6. März 2009
A.
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt und unterstützt die Zielsetzung der Kommission, Menschen mit Behinderungen schnellstmöglich barrierefrei an der Informationsgesellschaft teilhaben zu lassen.
- 2. Der Bundesrat ist jedoch der Auffassung, dass die vorgeschlagene Maßnahme "bis 2010 öffentliche Websites zu 100 Prozent barrierefrei zugänglich zu machen", praktisch nicht erreichbar ist.
- 3. Der Bundesrat hält es für erforderlich, den Anspruch auf hundertprozentige Barrierefreiheit zu modifizieren und darauf zu orientieren, dass bestehende öffentliche Webseiten schnellstmöglich so barrierefrei wie möglich zu entwickeln sind. Alle Neuinstallationen sollten entsprechend der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0 des World Wide Web Consortium (W3C - aktuelle Version vom 11. Dezember 2008) erfolgen.
- 4. Der Bundesrat empfiehlt, in diesem Zusammenhang ein Procedere zum Einbringen der Belange von Behindertenverbänden bei allen E-Government-Projekten einzuführen. Auf diese Weise kann die Wirksamkeit der Bemühungen um eine barrierefreie Informationsgesellschaft optimiert werden.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Der Begriff "Barrierefreiheit" ist für Internetanwendungen weltweit noch nicht abschließend definiert. In der Bundesrepublik sind unterschiedliche Vorgaben entwickelt worden. Einige Länder wenden die "Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung" (BITV) des Bundes an.
Vor diesem Hintergrund wird der für die EU vorgesehene Ansatz der Barrierefreiheit über die Web Content Accessibility Guidelines unterstützt. Auch diese Richtlinien müssen aber weiterentwickelt werden. So wird darin beispielsweise gefordert, zu jedem nichttextlichen Inhalt alternativ eine Text-Variante zur Verfügung zu stellen. Dies ist gegenwärtig z.B. für eine interaktive Landkarte nicht möglich. Hier müssen auch andere Alternativen zur Vermittlung der Information (z.B. Suche nach Geoinformation über Ortsnamen) Berücksichtigung finden.
B.
- 5. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik und der Ausschuss für Kulturfragen empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.