Der Niedersächsische Ministerpräsident Hannover, den 13. Dezember 2006
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Harald Ringstorff
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierungschefs der Länder haben auf ihrer Sitzung am 13. Dezember 2006 die Einsetzung einer gemeinsamen Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen beschlossen und mich als Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz gebeten, den Antrag aller Länder zur Einsetzung einer gemeinsamen Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen dem Bundesrat mit der Bitte zuzuleiten, ihn auf die Tagesordnung der 829. Bundesratssitzung am 15. Dezember 2006 zu setzen und eine Beschlussfassung herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Wulff
Einsetzung einer gemeinsamen Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Einsetzung einer gemeinsamen Kommission
Der Bundestag und der Bundesrat setzen eine gemeinsame Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ein, in die sie je 16 Mitglieder sowie je 16 Stellvertreter entsenden.
- 2. Aufgaben der Kommission
Die Kommission erarbeitet Vorschläge zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen mit dem Ziel, diese den veränderten Rahmenbedingungen inner- und außerhalb Deutschlands insbesondere für Wachstums- und Beschäftigungspolitik anzupassen. Die Vorschläge sollen dazu führen, die Eigenverantwortung der Gebietskörperschaften und ihre aufgabenadäquate Finanzausstattung zu stärken. Dabei soll die in der Anlage aufgeführte offene Themensammlung zugrunde gelegt werden.
- 3. Bestimmung der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder
Von den vom Bundestag zu entsendenden 16 Mitgliedern der Kommission gehören vier der Bundesregierung an; sie werden von der Bundesregierung bestimmt. Die der Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen angehörenden Mitglieder des Bundestages einschließlich der Stellvertreter sowie der Mitglieder der Bundesregierung werden vom Deutschen Bundestag auf Vorschlag der Fraktionen durch Beschluss bestimmt. Die Stellvertreter können an allen Kommissionssitzungen teilnehmen und sind im Falle der Abwesenheit eines ordentlichen Mitglieds antrags- und stimmberechtigt.
- 4. Bestimmung der vom Bundesrat zu entsendenden Mitglieder
Jede Landesregierung bestimmt aus ihren Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern des Bundesrates eines zum Mitglied der Kommission. Sie bestimmt darüber hinaus ein stellvertretendes Mitglied. Die Stellvertreter sind im Falle der Abwesenheit des ordentlichen Mitglieds antrags- und stimmberechtigt. Sie können an allen Kommissionssitzungen teilnehmen.
- 5. Vorsitz und Sekretariat
Die Kommission wählt aus ihrer Mitte je ein vom Bundestag und ein vom Bundesrat entsandtes Mitglied zu Vorsitzenden. Der Vorsitz wird gemeinsam ausgeübt. Zwei stellvertretende Vorsitzende werden auf die gleiche Weise bestimmt.
Die Präsidenten des Bundestages und des Bundesrates treffen eine Vereinbarung über die Einrichtung eines Sekretariates der Kommission. Das Nähere regelt die Kommission.
- 6. Wechsel der Mitglieder und der stellvertretenden Mitglieder
Die Mitglieder sowie ihre Stellvertreter können von den entsendenden Stellen abberufen werden. Diese entscheiden auch über Nachbesetzungen, die sich aus vorzeitigem Ausscheiden ergeben.
- 7. Beteiligung von Landtagen und Kommunen
Mit Rede- und Antragsrecht, jedoch ohne Stimmrecht, nehmen stets vier Abgeordnete aus den Landtagen an den Sitzungen der Kommission teil. Die Landtage regeln das Verfahren der Benennung der von ihnen in die Kommission zu entsendenden Abgeordneten.
Die Kommunen sollen ebenfalls in geeigneter Weise einbezogen werden.
- 8. Verfahren
Für das Verfahren der Kommission gilt die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages entsprechend. Die Kommission entscheidet in Sachfragen im Sinne von Ziffer 2 mit einer 2/3-Mehrheit ihrer Mitglieder. In Fragen der Geschäftsordnung und des Verfahrens entscheidet sie mit einer 2/3-Mehrheit der anwesenden Mitglieder bei Widerspruchsmöglichkeit der Mehrheit der Bank von Bundestag bzw. Bundesrat.
- 9. Kosten
Die Kosten der Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen werden vom Bundestag und vom Bundesrat getragen.
Anlage zum Antrag vom 14.12.2006
Offene Themensammlung zu einer Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen (2. Föderalismusreformstufe)
- 1. Haushaltswirtschaft; Vorbeugung von Haushaltskrisen
- - Etablierung eines Frühwarnsystems (z.B. Aufwertung Finanzplanungsrat) zur Erkennung und Bekämpfung von Haushaltskrisen,
- - Entwicklung materieller Kriterien zulässiger Verschuldung (Einführung von Verschuldungsgrenzen und "Schuldenbremsen"), Änderung von Art. 115 und Art. 109 GG zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen,
- - Instrumentarium zur Durchsetzung dieser Kriterien (Anreizsysteme, Sanktionen, Gläubigerbeteiligung an Kosten einer Finanzkrise),
- - Strukturunterschiede zwischen den Ländern,
- - Vergleichbare Datengrundlagen.
- 2. Bewältigung bestehender Haushaltskrisen - Konzepte zur Sanierung, Konzepte erweiterter Autonomie - (insbesondere unter Berücksichtigung der Vorgaben des BVerfG)
- 3. Aufgabenkritik und Standardsetzung
- 4. Entbürokratisierung und Effizienzsteigerung
- - Aufgabenentflechtungen im Bereich der öffentlichen Verwaltung,
- - Ebenenübergreifende Bündelung von Verwaltungsaufgaben,
- - Einführung von IT-Standards und -Systemen / Vereinfachung länderübergreifender Regelungen.
- 5. Stärkung der aufgabenadäquaten Finanzausstattung u. a. Abarbeitung Prüfauftrag für 2008 aus Finanzausgleichsgesetz
- 6. Stärkung der Eigenverantwortung der Gebietskörperschaften
- 7. Verstärkte Zusammenarbeit und Möglichkeiten zur Erleichterung des freiwilligen Zusammenschlusses von Ländern
- 8. Bündelung fachpolitischer Leistungen und Auswirkungen auf die Bund-Länder-Finanzbeziehungen
- 9. Sonstiges