Der Bundesrat hat in seiner 892. Sitzung am 10. Februar 2012 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die notwendige Umsetzung der Richtlinie 2002/15/EG nach Auffassung der Europäischen Kommission eine Anpassung des deutschen Rechts in Bezug auf selbständige Kraftfahrer erfordert.
Wie auch die Bundesregierung ist der Bundesrat allerdings der Auffassung, dass die Einbeziehung von echten Selbständigen in Arbeitszeitregelungen, die über die Lenk- und Ruhezeiten hinaus gehen, auf Grund der unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 561/2006 aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht geboten ist und zudem einen Fremdkörper im geltenden Arbeits- und Wirtschaftsrecht darstellt. Er bestärkt daher die Bundesregierung in ihrem Bemühen, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass entweder die bestehende Richtlinie sachgerecht ausgelegt wird oder eine Anpassung der Richtlinie erfolgt.
2. Zu § 3 Absatz 3 - neu -
Dem § 3 ist folgender Absatz anzufügen:
(3) Soweit aus objektiven, technischen oder arbeitszeitorganisatorischen Gründen in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung von Absatz 1 abweichende Arbeitszeit festgelegt wird, kann von einer der in den Unternehmen der Auftraggeber des selbständigen Kraftfahrers geltenden abweichenden Regelung auch durch den selbständigen Kraftfahrer Gebrauch gemacht werden. Die gewählte Regelung ist zur Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden zu dokumentieren. Die wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden darf dabei im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten nicht überschritten werden."
Begründung:
Selbständige Kraftfahrer unterliegen naturgemäß keinen Tarifverträgen. Die Regelungen zur Arbeitszeit in § 3 des Gesetzentwurfs würden dazu führen, dass für angestellte Kraftfahrer auf Basis des Artikels 8 der Richtlinie 2002/15/EG in Verbindung mit § 21a Absatz 6, § 7 Absatz 3 ArbZG und den entsprechenden Tarifverträgen/Betriebsvereinbarungen günstigere Regelungen angewendet werden können als für die Selbstständigen, da letztere nicht vom Anwendungsbereich der Tarif- beziehungsweise Betriebsvereinbarungen erfasst werden. In diesem Zusammenhang sind bereits jetzt zahlreiche Anfragen und Ausnahmeanträge durch die selbständigen Fahrer zu erwarten. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen und unnötigen bürokratischen Aufwandes im Vollzug sollte bereits in § 3 des Gesetzentwurfs eine Regelung geschaffen werden, welche die tarifvertraglichen Regelungen beziehungsweise Betriebsvereinbarungen unter den Voraussetzungen des Artikels 8 der Richtlinie 2002/15/EG für die selbständigen Fahrer für entsprechend anwendbar erklärt.
3. Zu § 8 Absatz 2
§ 8 Absatz 2 ist wie folgt zu fassen:
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfzehntausend Euro geahndet werden."
Begründung:
Durch die Neufassung des § 8 Absatz 2 wird die im Gesetzentwurf der Bundesregierung enthaltene Unterscheidung in der Bußgeldhöhe zwischen den Fällen des Absatzes 1 Ziffern 1 bis 4 und 5 bis 7 beseitigt. Die Tatsache, dass die Fallgruppen der Ziffern 5 bis 7, welche einen ordnungsgemäßen Vollzug absichern sollen, mit einem niedrigeren Bußgeld bedroht wären als die eigentlichen Gesetzesverstöße nach den Ziffern 1 bis 4, könnte in der Praxis dazu führen, dass die Betroffenen auf das Führen ordnungsgemäßer Aufzeichnungen verzichten, weil ihnen bei ordnungsgemäßer Aufzeichnung der Gesetzesüberschreitungen ein höheres Bußgeld drohen würde. Ein effektiver Gesetzesvollzug wäre auf Basis der im Gesetzentwurf getroffenen Unterscheidung nicht möglich. Insoweit sollte sich am Arbeitszeitgesetz orientiert werden. Dort ist für eine Beschäftigung von Arbeitnehmern über die Grenzen der nach § 21a ArbZG zulässigen Arbeitszeit hinaus dieselbe Bußgeldhöhe vorgesehen wie für einen Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten nach dieser Norm.