A.
1. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat,
die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes mit dem Ziel der grundlegenden Überarbeitung des Gesetzes zu verlangen.
Begründung
- a) Der Bundesrat sieht die Gefahr, dass deutsche Unternehmen auf europäischer Ebene als Partner für eine Europäische Gesellschaft (SE) nicht in Betracht kommen werden.
Die Bundesregierung hat den von der Richtlinie vorgegebenen Spielraum zur Abwendung dieser Gefahr nicht genutzt. Sie will die Auffangregelung für die Mitbestimmung in Teil 3 des Anhangs der Richtlinie 2001/86/EG vielmehr ohne Ausnahmen in deutsches Recht umsetzen.
Nach den Regelungen zur Mitbestimmung kraft Gesetzes (§§ 34 ff. SEBG) bemisst sich der Anteil der Arbeitnehmer zwingend nach dem höchsten Arbeitnehmeranteil im Aufsichts- oder Verwaltungsorgan der beteiligten Gesellschaften vor Gründung der SE. Diese Regelung greift immer dann, wenn die Verhandlungen nicht innerhalb der vorgegebenen Frist zu einer Mitbestimmungsvereinbarung geführt haben und auch ein Beschluss über den Abbruch der Verhandlungen nicht gefasst wurde.
Es ist davon auszugehen, dass sich der höchste Arbeitnehmeranteil bei der Beteiligung eines deutschen Unternehmens aus dem deutschen Mitbestimmungsmodell ergibt. Da dieses bei ausländischen Investoren auf Bedenken stößt, dürfte deren Bereitschaft, mit deutschen Unternehmen eine SE zu gründen, eher gering sein.
Hieraus kann sich ein gravierender Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen und in der Folge auch für den deutschen Arbeitsmarkt ergeben. Der Bundesrat erkennt an, dass die Sicherung erworbener Mitbestimmungsrechte fundamentaler Grundsatz und erklärtes Ziel der Richtlinie 2001/86/EG ist und damit nicht zur Disposition des nationalen Gesetzgebers steht. Um dennoch die Attraktivität der SE im Hinblick auf die Fusion deutscher Unternehmen mit europäischen Partner zu steigern, wird die Bundesregierung aufgefordert, die nach der Richtlinie 2001/86/EG möglichen Maßnahmen hiergegen zu ergreifen und von der Ermächtigung in Artikel 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/86/EG Gebrauch zu machen.
Die Mitgliedstaaten können danach für den Fall der Verschmelzung von der Umsetzung der Auffangregelung zur Mitbestimmung (Anhang Teil 3) absehen.
Der Schutz der Mitbestimmung ist auch in diesen Fällen gewährleistet, da die Registrierung einer SE gemäß Artikel 12 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) davon abhängt, dass eine Vereinbarung nach Artikel 4 der Richtlinie 2001/86/EG über die Modalitäten der Beteiligung der Arbeitnehmer - einschließlich der Mitbestimmung - geschlossen wurde oder, dass keine der beteiligten Gesellschaften zuvor mitbestimmt war. Entsprechende ergänzende Regelungen sind im SE-Ausführungsgesetz (Artikel 1 SEEG) zu treffen.
Eine solche Umsetzung der Richtlinie 2001/86/EG würde einerseits dazu beitragen, die SE auch für eine Fusion mit deutschen Unternehmen attraktiver zu machen und andererseits Impulse für die Vereinbarung spezifischer, auf das Unternehmen zugeschnittener Mitbestimmungsregelungen geben.
- b) Der Bundesrat hält es darüber hinaus für erforderlich, dass die Mitbestimmung im monistischen System entsprechend dem in Erwägungsgrund 18 der Richtlinie 2001/86/EG festgeschriebenen Vorher-Nachher-Prinzip verfassungs- und europarechtskonform umgesetzt werden kann. Mitbestimmung im dualistischen System nach deutschem Recht bedeutet bisher im Wesentlichen die Wahrnehmung von Kontroll- und Überwachungsaufgaben im Aufsichtsrat. Nach dem Gesetzesbeschluss soll jedoch der Arbeitnehmeranteil aus dem Mitbestimmungsrecht des dualistischen Systems 1:1 in das auch für die Geschäftsführung zuständige Verwaltungsorgan nach dem monistischen System übertragen werden. Da sich die Aufgaben in einem Aufsichtsgremium erheblich von denen in einem Verwaltungsorgan unterscheiden, wird diese Lösung dem Grundgedanken des Vorher-Nachher-Prinzips nicht gerecht.
B.
2. Der federführende Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat,
zu dem Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.