Der Bundesrat hat in seiner 829. Sitzung am 15. Dezember 2006 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 Nr. 4 Buchstabe a1 - neu - (§ 8 Abs. 2 Satz 2 - neu - BVFG)
In Artikel 1 Nr. 4 ist nach Buchstabe a folgender Buchstabe a1 einzufügen:
- "a1) Dem Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:
"§ 11 Abs. 2 ist auf diesen Personenkreis für die Dauer des Aufenthalts in einer Erstaufnahmeeinrichtung entsprechend anzuwenden.""
Begründung
:Die Innenminister und -senatoren der Länder haben mit Beschlüssen vom 04./05.05.2006 und 16./17.11.2006 eine gemeinsame Einreise der ausländischen Familienmitglieder mit den Spätaussiedlern vorgesehen, sofern diese deutsche Sprachkenntnisse nach A 1 nachgewiesen haben. Anders als die Spätaussiedler und die engeren Familienangehörigen nach § 7 BVFG haben diese Personen keinen Anspruch auf die Übernahme der Krankenkosten durch den Bund. Praktisch besteht während des Erstaufnahmeverfahrens auch kein Anspruch auf ALG II - Leistungen, der eine Krankenversicherung nach sich ziehen würde. Alle Neuankömmlinge werden einer Röntgenuntersuchung unterzogen, um insbesondere frühzeitig TBC-Erkrankungen erkennen und behandeln zu können. Die fehlende Regelung führt dazu, dass behandelnde Krankenhäuser in Niedersachsen, Hessen und Thüringen die Behandlungskosten nicht erstattet bekommen. Der Landkreis Göttingen hat eine Zahlungspflicht verneint, weil während des Erstaufnahmeverfahrens kein gewöhnlicher Aufenthalt in Friedland begründet werden kann. Es wäre auch unbillig, den Landkreis Göttingen mit den bedingt durch die Aufnahme der Spätaussiedler entstehenden Kosten einseitig zu belasten.
Mit dem Änderungsbegehren wird die Kostenpflicht des Bundes begründet und eine Regelung getroffen, die die über Jahre hinweg bis zum 30.04.2004 bestehende Praxis wieder aufnimmt.
2. Zu Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe a (§ 9 Abs. 1 BVFG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Möglichkeit geschaffen werden kann, auch Familienangehörigen nach § 8 Abs. 2 des BVFG einen Fahrkostenzuschuss zur Teilnahme an einem Integrationskurs zu gewähren, wenn ein Kursangebot nicht zumutbar erreichbar ist.
Begründung
:Vor dem Hintergrund, dass die aufzuwendenden Fahrkosten ein generelles Problem für Teilnehmer von Integrationskursen in Flächenländern darstellen, sollte die Fahrkostenregelung so gefasst werden, wie dies der Kontext der Wohnortzuweisung nahe legt: Neben Spätaussiedlern und deren Ehegatten oder Abkömmlingen im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 BVFG werden von der gesetzlichen Wohnortzuweisung auch die Familienangehörigen nach § 8 Abs. 2 BVFG des Bundesvertriebenengesetzes erfasst. Im Sinne der Gleichbehandlung sollte die letztgenannte Gruppe nicht von der Neuregelung ausgeschlossen werden und auch ihr die Gewährung von Fahrkostenzuschüssen ermöglicht werden, sofern Kursangebote nicht zumutbar erreichbar sind.
3. Zu Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b (§ 9 Abs. 3 Satz 3 - neu - und Satz 4 - neu - BVFG)
Dem Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b § 9 Abs. 3 sind folgende Sätze anzufügen:
- Der Antrag auf pauschale Eingliederungshilfe kann nur bis zum Ablauf von drei Jahren nach Ablauf des Monats, in dem die Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 ausgestellt wurde, gestellt werden. Die Frist endet frühestens am 31. Dezember 2009.
Begründung
:Die pauschale Eingliederungshilfe erfüllt nur ihren Sinn und Zweck, wenn sie in den ersten Jahren nach dem Zuzug in das Bundesgebiet gewährt wird. Da außerdem für die öffentlichen Haushalte eine Mittel- und Personalplanung für die zu bewältigenden Aufgaben erforderlich ist, ist die Festlegung einer Frist für die Beantragung der pauschalen Eingliederungshilfe unumgänglich. Im Übrigen sind auch für alle anderen Leistungen im Bereich des Kriegsfolgenrechts Antragsfristen vorgesehen. Für die Fälle, in denen die Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG schon vor mehr als drei Jahren ausgestellt wurde und bisher kein Antrag auf pauschale Eingliederungshilfe gestellt wurde, endet die Antragsfrist frühestens am 31. Dezember 2009.
4. Zu Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b (§ 15 Abs. 2 Satz 1 BVFG)
In Artikel 1 Nr. 7 Buchstabe b sind die Wörter "des Status nach Art. 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie" zu streichen.
Begründung
:Für die vorgesehene Neufassung des § 15 Abs. 2 Satz 1 besteht kein Bedürfnis. Wie in der Begründung bereits ausgeführt ist, stellen bereits §§ 3 Nr. 4, 7 StAG klar, dass die deutsche Staatsangehörigkeit durch Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes erworben wird.
Auch ist die Formulierung "zum Nachweis des Status nach Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes" nicht richtig bzw. zumindest unscharf, da mit der Ausstellung der Bescheinigung die deutsche Staatsangehörigkeit erworben wird, d. h. die Rechtsstellung eines Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG wird in die deutsche Staatsangehörigkeit umgewandelt.
Im Übrigen ist auch in § 15 Abs. 1 BVFG für den Spätaussiedler selbst hinsichtlich des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit keine ausdrückliche "Klarstellung" enthalten.
5. Zu Artikel 1 Nr. 10 Buchstabe b (§ 27 Abs. 2 Satz 2 BVFG)
Artikel 1 Nr. 10 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:
- "b) Dem Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:
"Die Eintragung nach Absatz 1 Satz 2 wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Person nach Absatz 1 Satz 1 nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorgangs und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15, geboren wird."
Begründung
:Die vorgesehene Formulierung für die nachträgliche Einbeziehung von während des Aussiedlungsvorgangs geborenen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson ist missverständlich, da der Abkömmling und die Bezugsperson zunächst nicht gemeinsam aus dem Aussiedlungsgebiet ausreisen. Gemeint sind vielmehr die Fälle, in denen der Abkömmling nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern nach dem Verlassen des Aussiedlungsgebiets durch die Bezugsperson während des Aussiedlungsvorgangs und vor Erteilung der Bescheinigung nach § 15 BVFG geboren wird. Der dem Absatz 2 anzufügende Satz ist deshalb zur Klarstellung neu zu fassen.
6. Zu Artikel 1 Nr. 13 (§ 94 Abs. 1 BVFG)
Die Bundesregierung wird gebeten, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen,
- a) ob ein zeitgleiches Inkrafttreten des vom Deutschen Bundestag am 9. November 2006 beschlossenen Art. 2 Abs. 15 Buchst. b) des Personenstandsrechtsreformgesetzes (Art. 47 EGBGB n.F.) und des Siebten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes erreicht werden kann,
- b) ob § 94 BVFG und Art. 47 EGBGB in der Fassung des Personenstandsrechtsreformgesetzes in einer Norm zusammengeführt werden können.
Begründung
: zu Buchstabe a:Der Deutsche Bundestag hat am 09.11.2006 das Personenstandsrechtsreformgesetz (PStRG) beschlossen. In Art. 2 Abs. 15 Buchst. b) PStRG wird in den ersten Teil des EGBGB ein neues drittes Kapitel eingefügt (Art. 47 EGBGB n.F.), mit dem die Angleichung von Vor- und Familiennamen umfassend geregelt wird. Eine ausreichende Rechtsgrundlage für eine Namensangleichung gibt es derzeit nur über den Umweg einer öffentlichrechtlichen Namensänderung oder in den Fällen des § 94 BVFG für den dort genannten Personenkreis.
Mit der in Art. 1 Nr. 13 des Entwurfs eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vorgeschlagenen Änderung sollen die Formulierungen in § 94 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BVFG klarer gefasst und sprachlich an den im PStRG vorgesehenen Art. 47 EGBGB angeglichen werden.
Art. 47 EGBGB soll gem. Art. 5 Abs. 2 Satz 1 PStRG erst am 01.01.2009 in Kraft treten, wohingegen das Siebte Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes am Tag nach der Verkündung in Kraft treten soll. An einem möglichst baldigen Inkrafttreten der umfassenden Regelungen des Art. 47 EGBGB n.F. zur Namensangleichung besteht ein großes praktischen Bedürfnis. Dem kann mit einem Inkrafttreten - im Gleichklang mit der Änderung des § 94 BVFG - Rechnung getragen werden. zu Buchstabe b:
Mit der umfassenden Regelung der namensrechtlichen Angleichung im EGBGB ist eine spezielle Regelung im BVFG entbehrlich. So sollen bereits die Erklärungstatbestände des § 94 Abs. 1 Satz 1 Nr. . 1 bis 3 BVFG wörtlich an die in Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. . 3 bis 5 EGBGB n.F. vorgesehene Fassung angeglichen werden. Die in § 94 Abs. 1 Satz 1 Nr. . 4 und 5 BVFG bereichsspezifisch für den dort genannten Personenkreis vorgeschlagenen Erklärungstatbestände können auch in Art. 47 EGBGB n.F. aufgenommen werden; ebenso die in § 94 Abs. 2 BVFG geregelte Möglichkeit, die Erklärung auch gegenüber dem Bundesverwaltungsamt abzugeben und die Befugnis des Bundesverwaltungsamts zur öffentlichen Beglaubigung bzw. Beurkundung der Namenserklärung.
Für Ehegatten und Abkömmlinge von Vertriebenen und Spätaussiedlern, die nicht Deutsche sind, und deren Namensführung sich daher weiterhin nach ausländischem Recht richtet, sollte - dann ebenfalls in Art. 47 EGBGB n.F. - die Abgabe entsprechender Namenserklärungen ausdrücklich gesetzlich zugelassen werden.
7. Zu Artikel 1 Nr. 16 (§ 100b Abs. 1 BVFG)
Artikel 1 Nr. 16 ist zu streichen.
Begründung
:Die bisherige Formulierung des § 100b BVFG gibt eindeutig vor, dass sich der Erwerb der Rechtsstellung eines Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG bei allen vor dem 01.01.2005 erfolgten Einbeziehungen nach § 4 Abs. 3 Satz 2 BVFG in der ebenfalls vor dem 01.01.2005 geltenden Fassung richtet. Die Übergangsregelung verhindert, dass Ehegatten, die ohne Mindestehedauer nach "altem" Recht einbezogen wurden (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG in der bis zum 01.01.2005 geltenden Fassung), nach der seit 01.01.2005 geltenden Neufassung des § 4 Abs. 3 Satz 2 BVFG auch ohne Mindestehedauer die Statusdeutscheneigenschaft erwerben können.
Mit der in § 100b Abs. 1 Satz 1 BVFG - neu - vorgesehenen Änderung wird die Anwendbarkeit des "alten" § 4 Abs. 2 Satz 3 BVFG auf die vor dem 01.01.2005 Einbezogenen beschränkt, die noch keine drei Jahre im Aussiedlungsgebiet verheiratet waren. Für die über drei Jahren Verheirateten, aber noch vor dem 01.01.2005 einbezogenen Ehegatten gilt hinsichtlich des Erwerbs der Statusdeutscheneigenschaft hingegen § 4 Abs. 3 Satz 2 BVFG in der ab dem 01.01.2005 geltenden Fassung. Im Gegensatz zur vorherigen Fassung setzt diese ausdrücklich eine Einbeziehung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG voraus.
Schon alleine aus Gründen der Rechtsklarheit sollte an der bisherigen Fassung des § 100b BVFG festgehalten werden.
So ist nicht eindeutig ausgeschlossen, dass die in § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG seit 01.01.2005 für eine Einbeziehung geforderten Voraussetzungen auch bei den nach altem Recht Einbezogenen erfüllt sein müssen (d. h. auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache und Nichtvorliegen von Ausschlussgründen gem. § 5 BVFG).