KOM (2004) 509 endg.; Ratsdok. 12993/04
Der Bundesrat hat in seiner 808. Sitzung am 18. Februar 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das mit der vorgeschlagenen Verordnung verfolgte Anliegen, zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft gegen Betrug und sonstige rechtswidrige Handlungen die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Verwaltungsbehörden und der Kommission auszubauen.
- 2. Der Bundesrat stellt mit Besorgnis fest, dass Umsatzsteuerbetrug, Geldwäsche und Erschleichen von Strukturfondsmitteln die öffentlichen Haushalte in Milliardenhöhe belasten. Er unterstützt Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Kriminalität auch auf europäischer Ebene.
- 3. Der Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die gegenseitige Amtshilfe zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft gegen Betrug und sonstige rechtswidrige Handlungen wirft im Bereich der Umsatzsteuer allerdings eine Vielzahl offener Fragen auf, so hinsichtlich der vorgesehenen Kompetenzen der Kommission bzw. des OLAF, der Auswirkungen auf die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten, der Unterstützung und Koordination der Verfahren durch das OLAF, der Zielerreichung der Bekämpfung der organisierten Kriminalität sowie der Auswirkungen auf die Haushalte der EU und der Mitgliedstaaten. Gegenwärtig ist eine abschließende Bewertung des Verordnungsvorschlags nicht möglich.
- 4. Die Bundesregierung wird jedoch gebeten, in den Verhandlungen auf europäischer Ebene dafür Sorge zu tragen, dass der vom Gesetzgeber zuletzt mit dem Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus ("Geldwäschebekämpfungsgesetz") vom 8. August 2002 (BGBl. I S. 3105) geschaffene Rahmen in rechtlicher wie in organisatorischer Hinsicht uneingeschränkt erhalten bleibt. Insbesondere sind alle Initiativen zu unterbinden, die die in Deutschland erfolgreich geübte Praxis der polizeilichen und justiziellen Geldwäschebekämpfung nachteilig beeinflussen, datenschutzrechtliche Probleme aufwerfen und eine Schwächung der mitgliedstaatlichen Kompetenzen bei der polizeilichen und justiziellen Strafverfolgung nach sich ziehen können.
So ist insbesondere sicherzustellen, dass
- - die Einheitlichkeit der Strafverfolgung hinsichtlich der geldwäscherelevanten Vortat und der Geldwäschehandlung als solcher uneingeschränkt erhalten bleibt und nicht etwa durch eine - ggf. auch nur partielle - Verlagerung von Aufgaben und Kompetenzen der polizeilichen und justiziellen Financial Intelligence Units (FIU) auf innerstaatliche Verwaltungsbehörden zerstört wird,
- - die Sachleitungskompetenz der Staatsanwaltschaft unangetastet bleibt und nicht durch das Entstehen eines von der Kommission dominierten formellen oder informellen Weisungsstrangs beeinträchtigt wird,
- - der Schutz personenbezogener Daten gewährleistet bleibt und nicht durch die Verpflichtung zu routinemäßigem Austausch von im Strafverfahren erhobenen personenbezogenen Daten mit nichtjustiziellen und nichtpolizeilichen Stellen der EU beeinträchtigt wird,
- - die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die polizeiliche und justizielle Strafverfolgung unberührt bleibt und nicht schleichend ermittlungskoordinierende Kompetenzen im justiziellen Verfahren zu Dienststellen der Kommission verschoben werden.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, ihn über den weiteren Verlauf der Beratungen zu unterrichten, und behält sich eine erneute Stellungnahme vor.