Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. September 2009 zur Ermordung von Menschenrechtsaktivisten in Russland

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 316995 - vom 7. Oktober 2009.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 17. September 2009 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass sich die Russische Föderation als Mitglied des Europarates und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa verpflichtet hat, die Menschenrechte, die Grundfreiheiten und die Rechtsstaatlichkeit zu schützen und zu fördern,

B. in der Erwägung, dass eine verstärkte Zusammenarbeit und gutnachbarschaftliche Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland für die Stabilität, die Sicherheit und den Wohlstand ganz Europas von wesentlicher Bedeutung sind,

C. in der Erwägung, dass die Europäische Union eine strategische Partnerschaft mit Russland anstrebt, die auf den Werten der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit beruht,

D. in der Erwägung, dass sich die Situation der Menschenrechtsaktivisten besonders im Nordkaukasus drastisch verschlechtert,

E. in der Erwägung, dass die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen wie Memorial oder Demos für die Schaffung einer stabilen und freien Gesellschaft von großer Bedeutung ist und die russische Regierung daher stolz auf die wichtige Rolle sein sollte, die diese Organisationen spielen,

F. in der Erwägung, dass der Menschenrechtsanwalt Stanislaw Markelow, der unter anderen die ermordete Journalistin Anna Politkowskaja vertreten hatte, am 20. Januar 2009 gemeinsam mit der Journalistin Anastassija Barburowa, die noch versucht hatte, ihn zu retten, ermordet wurde,

G. in der Erwägung, dass am 10. Juli 2009 die Leiche des Menschenrechtsaktivisten Andrej Kulagin zwei Monate nach seinem Verschwinden in einer Sandgrube in Petrosawodsk aufgefunden wurde,

H. in der Erwägung, dass die Leiterin der Menschenrechtsorganisation Memorial in Tschetschenien, Natalja Estemirowa, 15. Juli 2009 in Grosny entführt und im benachbarten Inguschetien tot aufgefunden wurde; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament in seiner Sitzung am 16. Juli 2009 im Gedenken an Natalja Estemirowa eine Schweigeminute eingelegt hat; in der Erwägung, dass die Organisation Memorial nach der Ermordung Estemirowas ihre Arbeit in Tschetschenien eingestellt hat,

I. in der Erwägung, dass auf der Grundlage einer vom tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadirow wegen Rufmords eingereichten Beschwerde gegen Oleg Orlow, Vorsitzender des Menschenrechtszentrums der Organisation Memorial, im September 2009 in Moskau ein Verfahren wegen Verleumdung eröffnet werden soll, wobei Gegenstand des Verfahrens eine am 15. Juli 2009 auf der Website von Memorial veröffentlichte Äußerung Orlows sein wird, in der er Präsident Kadirow beschuldigte, in den Mord an Natalja Estemirowa verwickelt zu sein,

J. in der Erwägung, dass am 10. August 2009 die tschetschenische Bürgerrechtlerin Sarema Sadulajewa und ihr Ehemann, Alik Dschabrailow, die beide für die humanitäre Hilfsorganisation "Rettet die nächste Generation" arbeiteten, aus ihrem Büro in Grosny entführt und am nächsten Tag ermordet aufgefunden wurden,

K. in der Erwägung, dass am 4. Dezember 2008 die Büroräume des Forschungs- und Informationszentrums der Organisation Memorial in St. Petersburg von maskierten Männern der russischen Generalstaatsanwaltschaft gestürmt und Festplatten sowie CDs beschlagnahmt wurden, auf denen die gesamte Datenbank mit den Namen tausender Opfer der stalinistischen Unterdrückung gespeichert war, sowie in der Erwägung, dass diese Datenbank infolge einer gerichtlichen Verfügung an Memorial zurückgegeben wurde,

L. in der Erwägung, dass am 3. September 2009 die Wohnhäuser, in denen sich die Wohnungen von Oleg Orlow, Leiter des Menschenrechtszentrums von Memorial, und seinem Mitarbeiter Alexander Tscherkassow befinden, von Ermittlungsbeamten der Regierung durchsucht wurden, die vorgaben, für das Finanzamt zu arbeiten,

M. in der Erwägung dass der Oberste Gerichtshof Russlands am 3. September 2009 eine neue Untersuchung des Mordes an Anna Politkowskaja im Jahr 2006 verfügt hat, zwei Monate nachdem er die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen drei Verdächtige, die im Februar dieses Jahres freigesprochen wurden, angeordnet hat,

N. in der Erwägung, dass zahlreiche Beschwerden russischer Bürger beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eingereicht wurden,