Der Deutsche Bundestag hat in seiner 61. Sitzung am 27. Oktober 2006 zu dem von ihm verabschiedeten Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben - Drucksachen 016/54 , 016/3158 - die beigefügten Entschließungen unter den Nummern IV bis VI der Beschlussempfehlung auf Drucksache 016/3158 angenommen.
unter Nummer IV:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
- 1. Sowohl die Richtlinien für die Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz (Planfeststellungsrichtlinien 2002 - PlafeR 02 -) als auch die Planfeststellungsrichtlinien (PF-RL) für den Erlass planungsrechtlicher Zulassungsentscheidungen für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes nach § 18 AEG sowie Betriebsanlagen von Magnetschwebebahnen nach §§ 1 und 2 MBPlG (Ausgabe 001/2006) enthalten eine Verpflichtung der Anhörungsbehörde, den Plan nach Eingang auf Vollständigkeit hin zu überprüfen. Dem Träger des Vorhabens ist mitzuteilen, welche Unterlagen ggf. nachzureichen sind. Weitere den Geltungsbereich des Gesetzes betreffende untergesetzliche Regelung sind nicht bekannt.
- 2. Der Bundesrat fordert in dem Gesetzentwurf zur Vereinfachung und Beschleunigung von Zulassungsverfahren für Verkehrsprojekte auf Drucksache 016/1338 die Verankerung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung in den Fachgesetzen. Dies bedarf jedoch keiner gesetzlichen Regelung, vielmehr ist es ausreichend, eine entsprechende untergesetzliche Vorschrift zu erlassen.
- 3. Mit einer solchen Regelung verbunden ist eine Chance zur Beschleunigung von Planfeststellungsverfahren. Der Träger des Vorhabens kann auf diese Weise zügig erfahren, welche Planunterlagen er nachzureichen hat. Die in oben genannten Regelungen getroffenen Verpflichtungen verringern bereits heute etwaige Anreize für die Behörde, den Zeitpunkt des Zugangs der vollständigen Unterlagen hinauszuzögern (daran sind wiederum andere Verfahrensfristen für die Behörde gebunden).
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf:
- 1. Die Anhörungsbehörden zu verpflichten, den Plan nach Eingang unverzüglich auf Vollständigkeit zu prüfen. Sie sind zudem zu verpflichten, dem Träger des Vorhabens mitzuteilen, ob und welche Unterlagen gegebenenfalls nachzureichen sind.
- 2. Die Verpflichtung soll untergesetzlich nach dem Vorbild der Richtlinien für die Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz (Planfeststellungsrichtlinien 2002 - PlafeR 02) und der Planfeststellungsrichtlinien (PF-RL) für den Erlass planungsrechtlicher Zulassungsentscheidungen für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes nach § 18 AEG sowie Betriebsanlagen von Magnetschwebebahnen nach §§ 1 und 2 MBPlG (Ausgabe 001/2006) getroffen werden.
- 3. Soweit es sich um Zulassungsverfahren handelt, die in die Zuständigkeit der Länder fallen, soll sich die Bundesregierung für eine entsprechende Regelung auf Länderebene einsetzen."
unter Nummer V:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
- 1. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) ist ein Rechtsmittelgericht, ausnahmsweise können ihm aber erstinstanzliche Zuständigkeiten übertragen werden. Die durch § 50 VwGO erstinstanzlich zugewiesenen Materien zeichnen sich dadurch aus, dass es sich um ein Verwaltungshandeln des Bundes auf bundesrechtlicher Grundlage handelt. Davon unterschied sich bereits bisher die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 5 Abs. 1 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes. Der Planfeststellungsbeschluss für Bundesfernstraßen wird von einer Landesbehörde erlassen. Die Landesbehörden werden zwar im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung tätig (Art. 90 Abs. 2 GG), die Länder verwalten dabei aber die Bundesfernstraßen eigenverantwortlich im eigenen Namen. Sie erfüllen zwar Bundesaufgaben, tun dies aber aus eigener Verwaltungskompetenz. Auch im Verhältnis zum Bund ist die Auftragsverwaltung Landesverwaltung. Bei der Aufgabenerfüllung ist vielfach auch Landesrecht anzuwenden. Gleichwohl wird die Zuständigkeit des BVerwG nach dem Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz unter Hinweis auf die bestehende Sondersituation nach der Wiedervereinigung, im Verkehrsinfrastrukturbereich bestand zwischen Ost und West unter anderem ein großer Nachholbedarf, der so schnell als möglich gedeckt werden sollte, als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen.
- 2. Der Bund hat gute Erfahrungen mit der Verkürzung des Instanzenweges in den neuen Ländern gemacht. Dort betreut die DEGES (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH) rund 1.200 km der straßenseitigen Verkehrsprojekte Deutsche Einheit (VDE). Nach ihren Erkenntnissen sind gegen erlassene . Planfeststellungsbeschlüsse bzw. Plangenehmigungen rund 160 Klagen und Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig gemacht worden. Rund 150 davon konnten bereits mit einer durchschnittlichen Dauer der Klageverfahren von 10 Monaten und der Antragsverfahren von 7 Monaten abgeschlossen werden. Die kurze Verfahrensdauer war ein wesentlicher Grund für eine rasche Fertigstellung z.B. des VDE-Projekts A 14 Halle - Magdeburg in nur 10 Jahren und des VDE-Projekts A 20 Lübeck - Stettin in nur 13 Jahren.
- 3. Die Konzentration der gerichtlichen Überprüfung auf das BVerwG für Verkehrsvorhaben lässt sich jedoch nicht allein mit der Verkürzung des Zeitraums der gerichtlichen Überprüfung begründen. Denn eine Verfahrensbeschleunigung käme vielen mit Investitionsmaßnahmen verbundenen und damit vergleichbaren Materien zugute, die in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit fallen. Hinzutreten muss das Vorhandensein einer Sondersituation, welche die, Zuweisung ausnahmsweise rechtfertigt.
- 4. Eine solche Sondersituation liegt der Zuweisung durch das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz zugrunde. Dieses Gesetz .begrenzt die Zuständigkeit des BVerwG zunächst auf den Bereich einzelner Verkehrsvorhaben der Bereiche Straße, Schiene und Wasserstraße sowie Betriebsanlagen einer Magnetschwebebahn. Die Zuweisung erfolgt damit von vornherein projektbezogen, also zeitlich und sachlich begrenzt. Hinzu kommt die Festschreibung von Auswahlkriterien, welche alle ausgewählten Verkehrsvorhaben zu erfüllen haben. Zudem zeichnen sich z.B. die namentlich genannten Fernstraßenvorhaben durch ihre Einstufung in die Dringlichkeitsstufe "Vordringlicher Bedarf (VB)" des geltenden Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen aus (Abweichungen sind allein aus Gründen des Lückenschlusses aufgenommen worden). Nach diesen Kriterien wird deutlich, dass die Verwirklichung der namentlich genannten Verkehrsvorhaben besonders eilbedürftig ist. Diese besondere Eilbedürftigkeit rechtfertigt die ausnahmsweise Zuständigkeit des BVerwG.
- 5. Dem Gesetzgeber kommt bei der Einschätzung, welche Verkehrsvorhaben besonders eilbedürftig sind, eine weite Einschätzungsprärogative zu, zumal das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz ablöst. Die Vorhabenauswahl ist eine Momentaufnahme. Aus heutiger Sicht hält der Gesetzgeber die genannten Vorhaben für herausragend. Ihre Verwirklichung duldet keinen Aufschub. Diese Einschätzung des Gesetzgebers kann sich mit fortschreitendem Zeitablauf und veränderten Rahmenbedingungen natürlich ebenfalls ändern (unvorhersehbarer Verkehrsmehr- oder -minderbedarf etc.). Auch lässt sich nicht abschätzen, ob alle oder wie viele der Verkehrsvorhaben tatsächlich beklagt werden. Zudem verringert sich mit der Verwirklichung eines jeden Vorhabens die Wahrscheinlichkeit etwaiger Bundesverwaltungsgerichtsverfahren.
- 6. Die ausnahmsweise Zuweisung der Vorhaben an das BVerwG lässt sich verfassungsrechtlich absichern mit einer Überprüfung der Festlegung der Auswahlkriterien und der Auswahl der Projekte nach einem gewissen Zeitraum. Hier kann das Vorliegen der Sondersituation dann bestätigt werden.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf:
- 1. Die Bundesregierung legt dem deutschen Bundestag nach 2 Jahren einen Erfahrungsbericht über die Handhabung der erstinstanzlichen Verfahren vor.
- 2. Die Bundesregierung überprüft die Aktualität der Voraussetzungen für die Zuweisung der ausgewählten Verkehrsvorhaben an das Bundesverwaltungsgericht im Zuge der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes mit seinen Ausbaugesetzen, damit der Deutschen Bundestag über den Fortbestand bzw. die Weiterentwicklung des Kriterienkataloges und der Vorhabenliste befinden kann."
unter Nummer VI:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
- 1. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Vereinfachung der Planungsverfahren von Infrastrukturvorhaben ist wegweisend für den Standort Deutschland mit allen positiven Auswirkungen für Wachstum und Beschäftigung. Die Planung von Infrastrukturprojekten wird effizienter, transparenter und schneller. Höhere Planungssicherheit, beschleunigte Entscheidungsprozesse und mehr Effizienz sind auch entscheidende Kriterien für private Investoren, um Kapital zur Verfügung zu stellen. Dies gilt insbesondere für den Infrastrukturbereich, gilt aber auch über ihn hinaus. Der Deutsche Bundestag begrüßt daher, dass der Gesetzentwurf neben den Planungsverfahren für Verkehrsprojekte auch die Zulassungsverfahren für Energieversorgungsleitungen einbezieht.
- 2. Das Gesetz ist für die Verbesserung der Investitionsbedingungen am Standort Deutschland insgesamt wichtig. Verbesserte Zulassungsverfahren ermöglichen den effizienten Einsatz vorhandener Finanzierungsmittel, den Gewinn neuen Kapitals und verbessern die Standortbedingungen in Deutschland.
- 3. Die Praxis erwartet eine möglichst einheitliche Regelung des Zulassungsrechts über die einzelnen Fachmaterien hinweg. Jede weitere Zersplitterung des Planfeststellungsrechts erhöht die Komplexität der Regelungen, macht die Regelungen für die Anwender schwerer verständlich und handhabbar und erhöht ihre Fehleranfälligkeit verbunden mit der Gefahr von Verzögerungen im Verfahrensablauf. Zugleich hätte eine Verankerung des Beschleunigungsgedankens im allgemeinen Verfahrensrecht den Vorteil, dass nach diesem Vorbild auch einfacher die landesrechtlichen allgemeinen Verfahrensregelungen angepasst werden könnten. Änderungen in einer Vielzahl der landesrechtlichen Fachplanungsregelungen wären so entbehrlich.
- 4. Der Bund verfügt allerdings nicht bei allen Zulassungsverfahren über die notwendige Gesetzgebungszuständigkeit. Um eine flächendeckende Änderung der Zulassungsverfahren zu gewährleisten, reicht eine Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) des Bundes nicht aus. Vielfach erfolgen die Planungen durch Landesbehörden. Damit kommen die Länderverwaltungsgesetze zur Anwendung. Angesichts des zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung mittlerweile erreichten Verfahrensstandes wird deshalb die Änderung der Fachplanungsgesetze an Stelle einer Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes derzeit noch für vertretbar gehalten. Bund und Länder haben sich zudem darauf verständigt, das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes stets im Zusammenspiel mit der Änderung der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder zu ändern. Dafür notwendig werdende 17 Gesetzgebungsverfahren lassen sich jedoch kurzfristig nicht bewerkstelligen.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf:
- 1. Die beschleunigenden Maßgaben des Gesetzentwurfs sind auf den gesamten Anwendungsbereich der Planfeststellungsverfahren auszudehnen und im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) des Bundes sowie der Länder sobald wie möglich einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren zu verankern.
- 2. Soweit einzelne Bereiche von den Änderungen nachvollziehbar und begründet nicht betroffen sein sollen, sind entsprechende Ausnahmeregelungen an geeigneter Stelle zu treffen.
- 3. Die Bundesregierung soll sich bei den Ländern für eine entsprechende Umsetzung in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder einsetzen."